Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2226
Bad Camberg (Landkreis Limburg-Weilburg)

Der Amthof in Bad Camberg

Der Amthof ist ein sehr großes historisches Ensemble im Osten der Altstadt von Bad Camberg zwischen Obertorstraße und Amthofstraße, dessen Gebäude sich um einen trapezförmigen, im Westen auf der längeren Schmalseite des Trapezes offenen Hof gruppieren (Am Amthof 7-15). Er heißt Amthof, weil hier früher die kurtrierischen Oberamtmänner von 1564 bis 1803 ihren Dienst- und Wohnsitz hatten. Das Amt Camberg war lange Zeit gemeinsamer Besitz des Fürstbischofs von Trier und der Grafen von Diez. Mit der Säkularisierung 1803 und dem Ende des Alten Reiches entfiel die geistliche Landesherrschaft. Erst mit der Neuordnung entfiel die Funktion als kurtrierischer Amtssitz. Nassauer Amtmänner folgten; 1815 wurde das Amt schließlich aufgelöst.

Die südliche Baugruppe der ausgedehnten Mehrflügelanlage besteht aus zwei jeweils dreistöckigen Bauten, die im Erdgeschoß aus Bruchstein und in den darüber liegenden beiden Geschossen in Fachwerk ausgeführt sind. Der kleinere Bau ist das Rentmeisterhaus (Rentmeisterei); der größere Bau der sog. Hohenfeldbau. Beide Bauten sind mit einer Verbindungsbrücke aus Fachwerk in Höhe des ersten Obergeschosses miteinander verbunden. Das beste und schönste Fachwerk ist an den Gebäuden der Südseite zu finden; insbesondere die jeweils zweistöckigen Erker fallen durch reichen bauplastischen Zierat insbesondere an den beiden Freierkern auf. Im Osten der Anlage knickt der Bau im stumpfen Winkel nach Norden ab, und hier überspannt eine zweite Fachwerkbrücke die Straße und reicht an die 1672 errichtete Hohenfeldkapelle, so daß auch diese baulich angebunden ist. Die Front des Amthofes ist 140 m lang; damit ist das imposante Schmuckstück der Stadt Bad Camberg der größte Fachwerkbau im südlichen Hessen bzw. des früheren Regierungsbezirks Wiesbaden. Im weitläufigen Hof befindet sich der einst älteste Brunnen der Stadt, der 1980 wieder neu aufgebaut wurde.

Die bauliche Entwicklung ist teilweise am Fachwerk ablesbar. Bevor das in mehreren Bauphasen errichtete Ensemble mit siebenhundertjähriger Baugeschichte ein einheitliches, zusammenhängendes Aussehen erhielt, bestand es aus drei unterschiedlichen Einzelsitzen örtlich wichtiger Adelsgeschlechter. Die Einzelhäuser gehörten den von Heyden (von Heiden) bzw. von Metternich, den Riedesel und den Nassauern. Zwei davon wurden zum Amthof vereinigt. Ein Um- und Neubau auf älteren Grundmauern, Kellern und Erdgeschossen erfolgte durch Lubert (Lubbert) von Heyden im Jahr 1605 ff. Ab 1660 verschmolz Achatz (Achatius) von Hohenfeld die Einzelbauten zu einer zusammenhängenden, blockartigen Baugruppe. Am Hauptbau kann man gut die zwei Bauabschnitte nachvollziehen (1605 und 1669, Datierung am Erker). Das Rentmeisterhaus, der vom Kurhaus gesehen linke Teil, ist der ältere Bau und entstand 1605-1609, und in diese Zeit ist auch die überbaute Durchfahrt und der westliche Teil des Amthofgebäudes bis links vom ersten Erker zu datieren. Ein kleines Stück links vom linken Erker an der Amthofstraße ist eine Baunaht zu erkennen.

Dieser linke Abschnitt ist in einem Wappenfeld auf 1605 datiert. Die beiden geschnitzten Wappenfelder links der Durchfahrt gehören den Familien von Heyden (in Blau drei silberne Balken) und von Schönenberg (in Schwarz drei (2:1) silberne Tatzenkreuze). Es werden nur ovale Kartuschen mit den Schildbildern wiedergegeben. Lubert (Lubbert) von Heyden, Herr zu Hagenbeck, war Amtmann zu Limburg, Camberg und Vilmar. Seine Frau war U. von Schönenberg.

Vor Lubert von Heyden, der sein Amt als Limburger Amtmann 1595 antrat, war Gerhard von Heyden Amtsinhaber, seit 1581. Nach Lubert von Heyden folgten im Amt Limburg 1626 Johann Heinrich von Dietz und 1651 Hugo Reinhard von Hattstein, welcher dann 1676 von Lothar Freiherr von Hohenfeld abgelöst wurde.

Der vom Kurhaus aus gesehen rechte, östliche Abschnitt des Amthofes, der sog. Hohenfeldbau, ist der jüngere Bau und trägt am rechten Erker zwar die Jahreszahl 1669, andererseits taucht hier erneut das gleiche Wappenpaar von Heyden und von Schönenberg seitlich am rechten Freierker auf, diesmal jedoch als Vollwappen. Die Helmzier der aus dem niederrheinischen und westfälischen Gebiet stammenden von Heyden zeigt zu blau-silbernen Decken eigentlich einen wie der Schild bez. Flug, hier abweichend von den Literaturangaben (Siebmacher Band: PrA Seite: 27 Tafel: 20, invertiert bei Max von Spießen) am Übergang von den Saxen zu den Schwungfedern noch einmal invertiert. Das Kleinod der von Schönenberg zeigt zu schwarz-silbernen Decken einen Turnierhut mit schwarzem Stulp, darauf drei silberne Tatzenkreuze, auf dem Hut eine silberne, hahnenfederbesteckte Kugel.

 

Diese Wappen müssen also bereits vor dem Umbau durch Achatz von Hohenfeld dagewesen sein, während die Jahreszahl den Umbau durch letzteren markiert. Vermutlich war der Fachwerkbau bereits in Teilen vorhanden, wurde dann aber um- oder ausgebaut unter Verwendung der bestehenden Teile. Dafür spricht auch, daß das Fachwerk beider Bauten in Bezug auf beide Obergeschosse links und nur das erste Obergeschoß rechts einheitlich ist und als typisches Motiv beiderseits neben den Ständern hochgestellte Andreaskreuze über zwei Gefachen besitzt. Das zweite Obergeschoß rechts ist aber deutlich anders mit geschweiften Kopfbändern. Auch das deutet auf einen zeitnahen Baubeginn des rechten Teiles bis zur zweiten Geschoßgrenze hin; aber eine Vollendung erfolgte deutlich später unter Achatz von Hohenfeld unter Wechsel des Fachwerkmusters. Das Datum der Vollendung ließ er unter den Wappen der vorherigen Bauherren einschnitzen.

Auf dem rechten, östlichen Freierker an der Amthofstraße gegenüber dem Kurhaus sind auf den Brüstungsfeldern des ersten Obergeschosses die Allegorien des Gottes Merkur mit dem geflügelten Hut und dem von Schlangen umwundenen Stab links und der Roma mit Zepter und Löwe rechts eingeschnitzt. Die S-förmigen Einfassungen rechts sind oben als Greifen gestaltet. Auch der linke, westliche Freierker besitzt entsprechende Schnitzereien in den Brüstungsfeldern, dort sind es ein schwarzer Doppeladler und ein Vogel Strauß mit Hufeisen im Schnabel.

Rechts der Durchfahrt neben der Rentmeisterei sind als geschnitzte Schmuckmotive ein sich aus roten Flammen erhebender, schwarzer Phoenix (Abb. unten) und ein seine drei Jungen mit dem Blut seiner Brust atzender Pelikan (Abb. oben) zu finden.

Im Osten der Anlage schließt ein kurzer Flügel den Hof ab und verbindet die beiden Baugruppen am Kurhaus und entlang der Obertorstraße. Dieser Flügel ging aus einem Umbau des 18./19. Jh. hervor und ist im Vergleich zu den anderen Bauten schmuckarm.

Die Bebauung im Norden ist niedriger, nur zweigeschossig; auch dort bestehen das Erdgeschoß aus Stein und das Obergeschoß aus Fachwerk. Die Nordbebauung geht zurück auf eine Erweiterung des Amthofes unter Achatius von Hohenfeld. Einst waren hier Stallungen und Remisen, die aber 1952 zwecks Einrichtung von Flüchtlingswohnungen und erneut ab 1988 für eine moderne Nutzung umgebaut wurden und ihr Aussehen verändert haben.

Die Abbildung oben zeigt die zur Obertorstraße gerichtete Außenfassade der nördlichen Bebauung. Über dem Durchgang befindet sich eine barocke Kartusche, die in gespaltenem Feld unter einer Laubkrone die Einzelwappen des Bauherrn Achatz Freiherr von Hohenfeld (1610-1672) und seiner Frau Anna Ursula von Metternich zeigt. Der Bauherr, Sohn von Ludwig Herr von Hohenfeld (1576-1644) und dessen Frau, Clara von Neydegg, war kaiserlicher Rat, seit 1658 kaiserlicher Reichspfennigmeister in den drei oberen Reichskreisen. Er war kaiserlicher Gouverneur der Grafschaft Diez, kurtrierischer Geheimer Rat und Hofkammerpräsident, und er wurde 1667 mit seinem Bruder und dem gesamten Geschlecht in die rheinische Ritterschaft aufgenommen.

Seine Frau war die Tochter von Lothar Reichsfreiherr von Metternich-Winneburg (-1663) und Magdalena Ursula Cordula von Heyden, aus genau der Familie, die den ersten Teil des Amthofes errichten ließ. Ursula von Heyden war die Erbin zu Camberg und die Tochter des oben erwähnten Lubert von Heyden und dessen Frau U. von Schönenburg. Den 1621 geschlossenen Ehevertrag zwischen Lothar und Ursula hatten neben dem Bräutigam Johann Reinhard von Metternich, Lubert von Heyden, Wilhelm von Metternich, A.V. von Scharffenstein, Hugo Eberhard Cratz von Scharffenstein, Philipp Anton von Stein, Philipp Dietrich von Schönenburg (mit dem die Familie 1632 ausstarb), Philipp Eberhard zu Camberg, Damian Waldbott, Hans Georg von der Leyen, Johann Caspar von der Leyen, Joachim Wildberger und Carl Rudolf Eichter gesiegelt. Achatz von Hohenfeld heiratete also die Enkelin des Erbauers des Amthofes, erheiratete und vollendete das Gebäude und arrondierte den Besitz. Das Paar hatte 15 Kinder, und ein Sohn wurde dann auch Camberger Oberamtmann.

Das Wappen außen über dem Fußgängerdurchgang zum Hof ist gespalten. Die Hohenfeld-Hälfte ist geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz zwei mit dem Rücken zueinander und mit den Mundstücken nach oben gekehrte silberne, golden beschlagene Jagdhörner (Hifthörner, Trinkhörner) mit roten Bändern (Wappen der abgestorbenen von Symanning), Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Balken, belegt mit einer roten Rose (Stammwappen von Hohenfeld). Die Metternich-Hälfte ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Rot ein schrägrechter, staffelförmiger, silberner Balken, oben und unten begleitet von goldenen Kreuzchen (Winneberg), Feld 2 und 3: in Rot drei (2:1) silberne Hifthörner mit goldenen Spangen (Braunshorn-Beilstein), Herzschild: in Silber 3 (2:1) schwarze Jakobsmuscheln (Stammwappen Metternich).

Der Amthof, der sich seit 1942 im Eigentum der Stadt Bad Camberg befindet, wurde ab 1967 unter Freilegung des Fachwerks saniert und noch einmal 1988-1993 vorbildlich restauriert. Die heutige Nutzung ist eine gemischte: Die Hohenfeld-Kapelle enthält das Stadt- und Turmmuseum. In dem repräsentativen Amthofgebäude sind seit 1993 Teile der städtischen Verwaltung untergebracht, darunter das Standesamt, das Ordnungsamt, das Stadtarchiv und die Kurverwaltung. Auch der Bürgermeister besitzt hier ein Amtszimmer. In einem anderen Teil, dem ehem. Rentmeisterhaus, wird die Amthofgalerie beherbergt. Hier trifft sich seit 1981 der 1978 ins Leben gerufene Künstlerstammtisch der Künstler und Hobbykünstler aus der Stadt und dem umliegenden Goldenen Grund, der die Keimzelle des 1987 gegründeten Vereins "Amthof-Galerie Bad Camberg - Verein für Kunst und Kunstförderung e.V." bildete. Auch die Photo-AG hat hier ihren regelmäßigen Treffpunkt. Neben Ausstellungen und Künstlervernissagen finden in den Räumen auch bisweilen Lesungen und musikalische Veranstaltungen statt. In anderen Bereichen sind Geschäfte, Mietwohnungen, in der nördlichen Bebauung auch eine Sparkassenfiliale, ein Café und die örtliche Polizeidienststelle untergebracht.

Literatur, Quellen und Links:
Historische Bauten in Bad Camberg: http://www.goldenergrund.org/portal/pgg_sehenswert.htm
Amthof, Obertorturm und Hohenfeldkapelle http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=50323&session=1601220&event=Query.Details
Gesamtanlage Altstadt Bad Camberg: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=50319&session=1601220&event=Query.Details
Amthof: http://www.sundp-architekten.de/index.php?id=19
Bad Camberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Bad_Camberg
Amthofgalerie: http://www.bad-camberg.info/cms/index.php/profile/kunst-a-kultur/2715-amthof-galerie-bad-camberg und www.amthof-galerie.de
Geschichte von Bad Camberg: http://www.deutsche-staedte.de/bad-camberg/geschichte.html
Genealogie: http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=185&klassId=4&tektId=0&id=0817&bestexpandId=2&expandId=1
Genealogie: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Ludwig Corden: Limburger Geschichte, Band III (1406-1806), aus dem Lateinischen übersetzt von Joseph Wingenbach und bearbeitet von Franz-Karl Nieder, 2007, S. 217

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