Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2127
Würzburg - ein heraldischer Leckerbissen

Domkreuzgang zu Würzburg, Schlußsteine im Nord-, West- und Südflügel (1)

Der Ostflügel des Würzburger Domkreuzgang wurde bereits separat beschrieben wegen der außerordentlichen Qualität und Üppigkeit des heraldischen Schmucks auf den Schlußsteinen, zum einen sticht dieser durch die Ausstattung der Wappen mit Helm und Kleinod hervor, zum andern durch die Einbettung in eine aus drei weiteren Schilden bestehende, ergänzende Ahnenprobe auf den jeweils drei am Schlußsteinen zusammenlaufenden Gewölberippen. In den drei anderen Flügeln des Kreuzgangs (im Bild unten der Nordflügel) ist die Ausschmückung des im Prinzip ähnlich mit alternierend asymmetrisch angebrachten Schlußsteinen am Treffpunkt von je drei Rippen aufgebauten Gewölbes nicht ganz so üppig, dafür weisen diese Schlußsteine ein anderes Kuriosum auf: Viele von diesen sind vierfeldrig aus den vier Schildinhalten einer Ahnenprobe zusammengesetzt.

Auch die Ausstattung mit Epitaphien ist unterschiedlich: Im Ostflügel stehen vor allem die künstlerisch hochwertigen Ritterepitaphien, während an den Längswänden der anderen drei Flügel vorwiegend Grabplatten Würzburger Domherren aufgestellt sind. Wie die obige Abbildung zeigt, sind nicht alle Schlußsteine mit Wappenschmuck erhalten, aber insgesamt können doch neunzehn vorgestellt werden.

Südflügel, zwölfter Schlußstein von Westen: Der am 5.12.1437 in Würzburg verstorbene Dieter von Erbach war nicht nur seit 1413 in Würzburg, sondern auch seit 1420 in Mainz Domherr. Die umlaufende Inschrift lautet: "diether(us) schenk d(omi)n(u)s de erpach Canonicus." Die vier Felder des gevierten Schildes stehen für seine Ahnen: Dieter von Erbach war der Sohn von Eberhard X. von Erbach (-1418) und Maria von Bickenbach (-1397). Sein Bruder war der spätere Mainzer Fürstbischof Dietrich von Erbach. Sein Großvater väterlicherseits war Heinrich I. von Erbach (-16.2.1387), seine Großmutter väterlicherseits war Anna von Erbach-Erbach (-29.11.1375), sein Großvater mütterlicherseits war Dietrich von Bickenbach (-24.8.1403) und seine Großmutter mütterlicherseits war Agnes von Isenburg. Entsprechend sehen wir hier zweimal ein rot-silbern geteiltes Erbach-Feld mit drei (2:1) Sternen in verwechselten Farben, ein Bickenbach-Feld mit zwei schrägrechts gestellten Reihen silberner (nicht goldener wie hier) Rauten auf rotem Grund und ein Isenburg-Feld mit zwei roten Balken auf silbernem Grund (in dieser Tinktur wäre das Niederisenburg, Dietrichs Großmutter Agnes entstammte aber dem Gerlachschen Stamm und müßte daher schwarze Balken führen).

Südflügel, zweiundzwanzigster und letzter Schlußstein von Westen: Die Inschrift weist diesen Schlußstein "Bruno de Ker(e) canonicus h(uius) eccl(esia)e" zu. Im Zentrum ist ausschließlich ein Familienschild zu sehen ohne Ahnenprobe, von Silber und Schwarz geteilt und mit einem Vogelbein in verwechselten Farben belegt. Bruno von der Kere (-22.1.1447) war 1431 zusätzlich Domherr in Bamberg.

Bei diesem Schlußstein (Südflügel, dreizehnter Schlußstein von Westen) der Brüder Friedrich IV. (20.3.1401-24.5.1474), Albert (Albrecht, -10.5.1449) und Gottfried (11.2.1403-1.4.1455) Schenk von Limpurg haben wir sowohl außen umlaufend als auch auf drei Seiten des Wappenschildes zuweisenden Text: "Fridericus Albertus Got(t)frid(us) fratres sche(n)ke(n) barones de limp(ur)g // Canonici huius Ecclessi(a)e". Friedrich der Jüngere war 1414-1417 Domherr zu Worms, 1419-1420 Student zu Heidelberg, 1422 Student zu Bologna, 1422-1437 Domherr zu Würzburg, 1422-1424 Domherr zu Bamberg, 1425 Domherr zu Augsburg, resignierte seine Pfründen 1437 und heiratete Susanna von Thierstein, und 1441 wurde er Herr zu Speckfeld und Obersontheim. Er starb als Laie. Albrecht war 1416-1449 Domherr zu Würzburg, 1425-1449 Domherr zu Mainz, 1425 Canonicus zu St. Peter und St. Alexander in Aschaffenburg, 1426-1428 Domscholastikus zu Speyer, 1427 Dompropst zu Meißen, 1427-1428 Domscholastikus in Mainz, 1428-1449 Canonicus zu St. Alban bei Mainz, 1433 Dompropst in Mainz, 1449 Archidiakon am Dom zu Würzburg. Gottfried war der erfolgreichste der drei Kleriker-Brüder, er wurde 1419 Domherr zu Würzburg, 1424 Canonicus zu Öhringen, 1424 Domherr in Bamberg, 1425-1444 Domdekan zu Bamberg, 14.8.1442-1444 zweiter Pfleger zu Würzburg, 19.11.1444 schließlich Fürstbischof in Würzburg. Die Eltern der drei Brüder waren Friedrich III. Schenk von Limpurg (-7.11.1414) und Elisabeth von Hohenlohe-Uffenheim-Entsee (-1445). Ihr Großvater väterlicherseits war Konrad II. Schenk von Limpurg (-17.4.1376), ihre Großmutter väterlicherseits war Ida von Weinsberg, ihr Großvater mütterlicherseits war Gottfried III. von Hohenlohe-Uffenheim-Entsee und ihre Großmutter mütterlicherseits war Anna Gräfin von Henneberg-Schleusingen (-27.7.1385). Entsprechend ist das Limpurg-Feld geviert, Feld 1 und 4: in Rot vier aufsteigende, silberne Spitzen, Feld 2 und 3: in Blau 5 (3:2) aufrechte silberne Heerkolben, das Hohenlohe-Feld zeigt in Silber zwei schreitende, hersehende Löwen (Leoparden), das Weinsberg-Feld in Rot drei (2:1) silberne Schildchen und das Henneberg-Feld in Gold auf einem Hügel eine schwarze Henne mit rotem Kamm. Diese drei Brüder hatten noch einen im Alter von nur 18 Jahren verstorbenen älteren Bruder, ebenfalls Friedrich mit Namen, für den es im Domkreuzgang eine Grabplatte gibt.

Dieser Schlußstein (Südflügel, vierzehnter Schlußstein von Westen) für Anton von Rotenhan (-5.5.1459) ist datiert und beschriftet: "anno d(omi)ni m cccc xxx i anthonius de Rotenhan p(rae)posit(us)". Anton von Rotenhan war 1398 Domherr in Bamberg, 1399 Pfarrer in Eltmann und 1404 Domherr in Würzburg. In Bamberg wurde er 1412 Domdekan. Er wurd 1424 zum Dompropst von Würzburg gewählt. Das Bamberger Domkanonikat resignierte er 1425. Der Schild hat in Silber einen schrägrechten roten Wellenbalken, oben links begleitet von einem roten, fünfzackigen Stern, auf dem ungekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Hahn (redendes Wappen). Eine größere Karriere machte Anton von Rothenhan aber nicht in Würzburg, sondern in Bamberg, denn dort wurde er 1431 zum Fürstbischof gewählt, trotz seiner Resignation 1425. Dafür resignierte er jetzt die Würzburger Pfründen (und die Bamberger ebenfalls). .

Bei diesem Schlußstein (Südflügel, fünfzehnter Schlußstein von Westen), ebenfalls für den zuvor erwähnten Dompropst Anton von Rotenhan, lautet die umlaufende Inschrift: "anthoni(us) de Rotenhan P(rae)posit(us) eccl(es)i(a)e herbipolens(is)." Im Gegensatz zum zuvor gezeigten Schlußstein ist hier eine 4er-Ahnenprobe in einem gevierten Schild vereinigt. Die Eltern waren Ludwig von Rotenhan und Felicitas von Redwitz. Genealogie nach Salver: Sein Großvater väterlicherseits war Conrad von Rotenhan, seine Großmutter väterlicherseits war eine geborene von Seckendorff, sein Großvater mütterlicherseits war Martin von Redwitz und seine Großmutter mütterlicherseits war Elisabeth von Fuchs. Genealogie nach DI 27: Großeltern väterlicherseits Konrad II.von Rotenhan zu Rentweinsdorf und Kunigunde Fuchs, mütterlicherseits Martin von Redwitz und N. N. von Seckendorff. Entsprechend ist Feld 1 siebenmal silbern-blau geteilt mit einem schrägrechten, roten Wellenbalken (von Redwitz), Feld 2 silbern mit einem schrägrechten, roten Wellenbalken, oben links begleitet von einem roten, fünfzackigen Stern (von Rotenhan), Feld 3 golden mit einem roten Fuchs (von Fuchs) und Feld 4 silbern mit zwei roten, unten miteinander verbundenen, zu einer Acht verschlungenen und außen auf jeder Seite mit vier Blättern besteckten Lindenzweigen (von Seckendorff). Das väterliche Familienwappen steht hier nicht an erster Stelle.

Südflügel, elfter Schlußstein von Westen: Die Inschrift dieses Schlußsteines für Heinrich von Wechmar lautet: "Canonicus heinricus de wechmar." Er war 1416 und 1423 Generalvikar im Fürstbistum Würzburg. Die vier Felder für seine Ahnen enthalten die Schildbilder der von Wechmar (in Silber eineinhalb rote, rechte Seitenspitzen), von Beulwitz (in Blau eine silberne, gesichtete, mit den Spitzen nach rechts gekehrte Mondsichel, begleitet von drei (2:1) silbernen Sternen), von Ehenheim (in Schwarz ein silberner Balken), und als viertes Feld in Blau drei (2:1) silberne, rot bebutzte Rosen. Salver nennt als vierte Familie die von Trimberg. Welche Familie das genau ist, ob es zwei Familien des Namens gab, muß offen bleiben, weil die bekannte Familie der um 1376 erloschenen Herren von Trimberg, den Erbauern der Trimburg, ein gänzlich anderes Wappen führten, nämlich in Rot zwei silberne Pfähle. Der einzige Literaturnachweis für eine fränkische Familie des Namens Trimberg ("Trimperg") mit einem Rosenwappen findet sich im Alten Siebmacher, jedoch mit anderen Tinkturen als hier am Stein gewählt. Hinweise zur Klärung willkommen.

Südflügel, neunter Schlußstein von Westen: Die Inschrift dieses Schlußsteines für Jakob von Thüngfeld lautet: "Canonic(us) iacobus de thun(g)felt". Er wurde 1399 in Würzburg Domherr. Die vier Ahnenwappen sind die der Familien von Thüngfeld (in Silber eine rote, schräglinksgestellte Pferdebremse), von Fuchs (in Gold ein roter Fuchs), von Thüngen (in Silber ein fünfmal im Wellenschnitt golden-rot gespaltener Balken) und von Brende (in Silber ein schwarzes Hirschgeweih mit Grind). Jakob von Thüngfeld war ein Sohn von Heinrich von Thüngfeld und einer Frau von Thüngen. Er wurde 1399 Domherr in Würzburg. 1401 wurde er dazu noch Domizellar in Bamberg. Er studierte 1402 in Heidelberg. In Würzburg ist er als Archidiakon belegt. Er lebte bis zum 30.9.1433.

Südflügel, achter Schlußstein von Westen: Dieser Schlußstein mit lediglich zwei Kleinoden ist mittels der umlaufenden Inschrift datiert: "anno d(omi)ni m cccc xx v iiii." Das erste Kleinod zeigt zu rot-silbernen Decken einen roten Köcher, aus dem ein ebensolcher, oben mit einem schwarzen Hahnenfederbusch besteckter Schaft herausragt, das zweite Kleinod zeigt zu rot-silbernen Decken einen wachsenden, bärtigen Mannesrumpf in rotem Gewand, auf dem Kopf eine schwarze, silbern aufgeschlagene Mütze. Der Domherr ist nicht identifiziert (Hinweise zur Zuordnung willkommen).

Südflügel, siebter Schlußstein von Westen: Die Inschrift dieses Schlußsteines für Friedrich von Schoder lautet: "Canonicus frid(e)ricus schoder." Er war nicht nur Domherr (seit 1409), sondern auch Propst beim Stift Haug. Er galt im Domkapitel als entschiedener Gegner von Bischof Johann von Brunn, der hier auch mit einem Schlußstein vertreten ist. Das Zerwürfnis zwischen den beiden ging so weit, daß der Bischof den Domherrn 1437-1440 auf der Festung Marienberg als Gefangenen einsperrte. Erst sein Amtsnachfolger Siegmund von Sachsen befreite den Domherrn. Er starb spätestens 1444. Seine vier Ahnen entstammten den Familien Schoder von Tief (hier blau mit silbernem Schildhaupt, nach Lit. jedoch korrekterweise silbern-schwarz geteilt oder schwarz mit silbernem Schildhaupt), von Reinstein (hier unter silbernem, mit einem schwarzen, schreitenden Löwen belegten Schildhaupt in Rot eine schwarze Hirschstange, gemäß Lit. jedoch korrekterweise geteilt, oben in Gold ein schwarzer, schreitender Löwe, unten in Rot eine silberne Hirschstange), von Grumbach (in Gold ein schwarzer Mohr mit drei roten Blumen in der Rechten) und nach Salver "von Homburg", was aber nicht zur vorliegenden Farbfassung paßt, denn hier sehen wir unter goldenem, mit drei roten Rauten belegtem Schildhaupt ein lediges und blaues Hauptfeld, was dem Wappen der von Wilhermsdorf entspricht. Gemeint ist wohl bei Salver die Familie von Hohenburg oder Hohenberg, die jedoch korrekterweise die Rauten silbern in rotem Feld und unten Silber hätte. Der Sachverhalt ist ungeklärt, möglicherweise ist es einfach eine falsche Farbfassung, Hinweise willkommen. Das Wappen Schoder steht in dieser Ahnenprobe nicht an erster Stelle.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenwerk
Bistum Würzburg:
http://www.bistum-wuerzburg.de/
St. Kilians-Dom:
http://www.dom-wuerzburg.de/index.php?r=t/
Beschreibung in: Joh. Octavian Salver, Proben des hohen deutschen Reichs Adels oder Sammlungen alter Denkmäler
http://books.google.de/books?id=ZONWAAAAcAAJ S. 247, 257, 259-262, 272, 275.
Trimberg im Alten Siebmacher:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Trimberg_Siebmacher129_-_1703_-_Franken.jpg
Ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise zu den verschiedenen Wappen Trimberg an Herrn Andreas Praefcke
Die Deutschen Inschriften, hrsg. von den Akademien der Wissenschaften in Düsseldorf, Göttingen, Heidelberg, Mainz, München und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, 27. Band, Münchener Reihe 7. Band, Die Würzburger Inschriften bis 1525, auf der Grundlage des Nachlasses von Theodor Kramer, unter Mitarbeit von Franz Xaver Herrmann, bearbeitet von Karl Borchardt, Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden 1988, S. 98-102, Nr. 220

Ein Erbstreit und die heraldischen Folgen: das Schicksal des Limpurger Territoriums

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