Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2072
Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis)
Die Herrenmühle
Die einst dem Deutschen Orden eigene Herrenmühle befindet sich in Taubernähe nördlich des Deutschordensschlosses in der Herrenmühlstraße am Mühlbach. Es war einst die wichtigste Mühle von dreien. Es gab zwar neben der Herrenmühle noch die Zaisenmühle und die Obere Mühle, doch die Bäcker der Stadt Mergentheim waren verpflichtet, ihr Mehl in dieser ordenseigenen Mühle zu beziehen, sie waren an diese Mühle "gebannt". nachdem die alte Mühle im 30jährigen Krieg zerstört worden war, entstand das heutige Gebäude im Barock. Seit 2008 ist hier eine Wohnanlage der FWD Hausbau mit seniorengerechten Wohnungen mit Betreuungsservice durch die Evangelische Heimstiftung e.V. entstanden, und im historischen Gebäude befinden sich die Gemeinschaftseinrichtungen im Erdgeschoß und drei weitere Eigentumswohnungen im Obergeschoß.
Hofseitig erkennt man an der Fassade einen Wappenstein des Hochmeisters Maximilian Franz Erzherzog von Österreich. Er war der 53. und der vorletzte Hochmeister des Ordens vor der Säkularisierung, und stilistisch verweist die Konsole mit den Lorbeer-Girlanden, den eckig eingerollten Ecken und der Leiste mit den vergoldeten Applikationen auf die Wende vom 18. zum 19. Jh.
Maximilian Franz Xaver Joseph Erzherzog von Österreich (8.12.1756-27.7.1801) war der jüngste Sohn von Kaiser Franz I. Stephan (8.12.1708-18.8.1765) und dessen Frau Maria Theresia Erzherzogin v. Österreich Königin v. Böhmen u. Ungarn (13.5.1717-29.11.1780). Mit seinen Eltern wurde der Wechsel von Habsburg zu Habsburg-Lothringen vollzogen, denn Kaiser Franz I. war der Sohn von Leopold Joseph Carl Hyacinth Agapitus Dominik Herzog v. Lothringen Herzog v. Teschen (11.9.1679-27.3.1729) und Elisabeth Charlotte d'Orléans Mademoiselle de Chartres (13.9.1676-23.12.1744), während Maria Theresia die Tochter von Kaiser Karl VI. (1.10.1685-20.10.1740) und Elisabeth Christina Prinzessin v. Braunschweig-Blankenburg (28.8.1691-21.12.1750) war. Somit war der Hochmeister hier der Bruder von Kaiser Joseph II. (13.3.1741-20.2.1790).
Im Alter von nur 12 Jahren wurde Maximilian Franz Xaver Joseph Erzherzog von Österreich am 3.10.1769 zum Koadjutor des vorherigen Hochmeisters gewählt, das war sein Onkel Karl Alexander Emanuel von Lothringen (12.12.1712-4.7.1780). Erst danach, am 9.7.1770, erfolgte die Aufnahme in den Deutschen Orden, nun 13 Jahre alt. Er war erst für eine militärische Laufbahn vorgesehen, dann für eine geistliche Karriere. Am 9.7.1780 bekam er die Tonsur, am 1.8.1780 die niederen Weihen. Für die höheren Weihen erhielt er einen fünfjährigen Dispens. Am 7.8.1780 erfolgte die Wahl zum Koadjutor in Köln, am 16.8.1780 diejenige zum Koadjutor in Münster. Am 25.10.1780 wurde er als Hochmeister des Deutschen Ordens in Mergentheim inthronisiert. Am 21.4.1784 wurde er Erzbischof von Köln und Bischof von Münster als Nachfolger von Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels. Aber erst am 8.12.1784 erfolgte die Weihe zum Subdiakon und am 21.12.1784 die Priesterweihe, am 8.5.1785 erst die Bischofsweihe im Bonner Münster durch Clemens Wenzeslaus von Sachsen, Erzbischof und Kurfürst von Trier, also über ein Jahr nach seiner Wahl. Er war es, der in Mergentheim die mittelalterliche Stadtmauer abbrechen ließ und den Schloßpark anlegen ließ. In Mergentheim folgte ihm nach seinem Tod Karl von Österreich-Teschen nach, in den beiden Fürstbistümern jedoch erst einmal niemand. Maximilian Franz Xaver Joseph Erzherzog von Österreich war der letzte Kurfürst von Köln und der letzte Fürstbischof von Münster, es folgte in Köln eine 23jährige Sedisvakanz, in Münster eine 19jährige, während der 1803 die geistlichen Fürstentümer aufgelöst wurden, die Säkularisierung stattfand, das Heilige Römische Reich 1806 endete und die Kurfürstentümer abgeschafft wurden.
Die jeweils geteilten Felder 1 und 2 des Hauptschildes enthalten die vier Elemente des Erzstifts Köln, Feld 1: oben das Erzstift Köln, in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz, unten das Herzogtum Engern, in Rot drei (2:1) goldene Herzen , Feld 2: oben das Herzogtum Westfalen, in Rot ein silbernes, aufspringendes Pferd, unten für die Grafschaft Arnsberg in Blau ein silberner Adler. Die Farben sind nicht immer korrekt wiedergegeben, aber im Falle des letzten Feldes bestätigt wenigstens die horizontale Schraffur die Farbe Blau.
Die ebenfalls jeweils geteilten Felder 3 und 4 des Hauptschildes enthalten die vier Elemente des Hochstifts Münster, Feld 3: oben das Hochstift Münster, hier lt. Schraffur ein goldener Balken in Blau, eine zwar systematisch verwendete, aber irrige Tinktur, denn korrekt wäre in Gold ein roter Balken, unten die Herrschaft Borckelo oder Borculo (heute Berkelland), korrekterweise in Rot drei (2:1) goldene Kugeln (hier farblich falsch und wie Münzen mit einer Kopfprägung dargestellt), Feld 4: oben die Burggrafschaft Stromberg, eigentlich silbern-rot geteilt, oben hintereinander drei schwarze Krähen oder Raben, unten die Herrschaft Werth, eigentlich in Silber drei (2:1) schwarze Maueranker, hier schwebende Schragenkreuzchen. Auch hier ist die moderne Farbfassung größtenteils erratisch und berücksichtigt noch nicht einmal die vorhandene, korrekte vertikale oder horizontale Schraffur der Vorgabe für die Farbe Rot resp. Blau.
Über diesem aus den beiden Hochstiften zusammengesetzten Hauptschild liegt das Hochmeisterkreuz, ein schwarzes, silbern bordiertes, außen tatzenendig verbreitertes, schwarzes Kreuz, mit einem goldenen Lilienkreuz belegt, dem ein goldener Schild mit einem schwarzen Adler aufliegt. So wäre es klassisch, doch bei diesem Hochmeister hat man "gemogelt": Dem Kreuz liegt direkt das auf dem Hauptschild mit einer offenen Bügelkrone und auf dem Herzschild mit einem Fürstenhut gekrönte Familienwappen auf, und den Adler des Hochmeisterkreuzes hat man seines Schildes beraubt und direkt zwischen Mittel- und Herzschild mit den familiengebundenen Elementen geschoben, vermutlich, um eine Ebene zu sparen. Der Adler gehört auf jeden Fall nicht in das Familienwappen, sondern zum Hochmeisterkreuz, auch wenn er von diesem durch den Mittelschild getrennt wird. Es liegen also fünf Ebenen vor, von unten nach oben: Hauptschild mit den geistlichen Ämtern, Hochmeisterkreuz, Mittelschild = Hauptschild des Familienwappens, Adler zum Hochmeistertum ohne Schild, Herzschild des Familienwappens. Die moderne Farbfassung ist größtenteils erratisch und vollkommen abwegig, im folgenden werden die korrekten Tinkturen angeführt.
Das Familienwappen ist im Hauptschild geviert, Feld 1: gespalten, rechts siebenmal von Rot und Silber geteilt, Königreich Ungarn, Alt-Ungarn, links in Rot auf grünem Dreiberg ein silbernes Patriarchenkreuz (teilweise durch den Adler verdeckt), Neu-Ungarn, Feld 2: in Rot ein golden gekrönter silberner Löwe mit doppeltem Schweif, Königreich Böhmen, Feld 3: innerhalb eines roten Schildbordes fünfmal (hier sechsmal) von Gold und Blau schrägrechts geteilt, Herzogtum Burgund, Feld 4: in Gold fünf (2:2:1) rote Palle (Kugeln), oben begleitet von einer größeren blauen Kugel, diese belegt mit 3 (2:1) goldenen Lilien, Medici bzw. Großherzogtum Toscana. Der Herzschild ist gespalten, rechts in Rot ein silberner Balken, Erzherzogtum Österreich, links in Gold ein roter Schrägrechtsbalken, belegt mit drei silbernen Alerions, Herzogtum Lothringen.
Ein weiteres, aber früheres Wappen dieses Hochmeisters befindet sich am Kirchturm von Sondernohe, dort fehlen die beiden geistlichen Fürstentümer Köln und Münster. Durch das Vorhandensein dieser Elemente in dem Wappen an der Herrenmühle kann der Zeitraum auf die Jahre 1784-1801 datiert werden. Er war zwar schon 1780 Hochmeister, aber erst 1784 wurde er zweifacher Fürstbischof zusätzlich. Eine ganz dem hiesigen Wappen entsprechende Darstellung kann man im Schloß Ellingen auf einem dort ausgestellten Wappenkalender des Jahres 1783 sehen nebst einer weiteren, farbigen Darstellung von 1789. Ein weiterer Fundort ist die St. Elisabethkirche in der Lorenzer Altstadt in Nürnberg.
Literatur,
Links und Quellen:
Informationstafel am Objekt
Maximilian Franz Xaver Joseph Erzherzog von Österreich: http://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_Franz_von_Österreich
Günter Christ, Maximilian Franz, Erzherzog von Österreich,
Kurfürst und Erzbischof von Köln, in: Neue Deutsche Biographie,
Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN
3-428-00197-4, S. 502-506, online: http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016334/images/index.html?seite=516
Constantin von Wurzbach: Habsburg, Maximilian Franz, in:
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Band 7,
Verlag L. C. Zamarski, Wien 1861, S. 109 f.,
online: http://de.wikisource.org/wiki/BLKÖ:Habsburg,_Maximilian_Franz
800 Jahre Deutscher Orden, Ausstellung des Germanischen
Nationalmuseums Nürnberg in Zusammenarbeit mit der
Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des
Deutschen Ordens, Ausstellungskatalog, Bertelsmann Lexikon
Verlag, Gütersloh/Münschen 1990, ISBN 3-570-07434-x und
3-570-06676-2.
Die Hochmeister der Residenz Mergentheim, Heft 15 der
Schriftenreihe der Vereinigung zur Förderung der
wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Deutschen
Ordens e.V. und der Historischen Deutschordens-Compagnie Bad
Mergentheim e.V., 1997
Die Wappen der Hochstifte,
Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich
1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard
Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag
2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
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