Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1952
Esch (Landkreis Bernkastel-Wittlich)

Flurkreuz in Esch: sog. Koppensteinkreuz

Am Ortseingang von Esch (Brunnenstraße) befindet sich ein mit Wappen und Figuren geschmücktes und am Sims auf 1653 datiertes Flurkreuz, dessen aus Latein und Deutsch, aus Majuskeln und Minuskeln gemischte Inschrift uns verrät: "HON(OR)I CRVX CHR(IST)I BENEDICAT fructib(us) isti Et FVNDATORI quenq(uam) necesse mori" - das Kreuz zu Ehren Christi soll Gutes bringen diesen Früchten und dem Gründer (=Stifter), auch wenn es nötig sein sollte zu sterben. Darunter steht: "WOLFGANG FRI(E)DRICH VON KOPPENSTEIN Dieß CREVTZ undt GARTEN bawet Zum PARADEIS führts CREVTZ hinein Wer recht GLAVBT LIEBT und (VER)TRAWET."

Der Stifter dieses Kreuzes, Wolfgang Friedrich von Koppenstein, war Domherr zu Trier. Er war der Sohn von Friedrich Walrab von Koppenstein, Amtmann, vermählt mit Elisabeth von Steinkallenfels. 1613 wurde er Domizellar, 1627 Domkapitular und 1637 Domkantor. Er hatte in Esch einen Garten anlegen lassen und dieses Kreuz davor aufstellen lassen. Warum hat Wolfgang Friedrich von Koppenstein hier einen Garten angelegt? Es waren damals wilde Zeiten, Zeiten kurz nach dem 30jährigen Krieg, und Zeiten der Entzweiung von Fürstbischof Christoph von Sötern und Domkapitel. Es waren auch Zeiten der Zerstörung, und beides waren Gründe für Koppenstein, Trier zu verlassen und zeitweilig in Esch in den Resten der kurfürstlichen Burg zu Esch Wohnung zu beziehen. So gewinnt das Wort "Paradeis" eine ganz reale Bedeutung im Vergleich zum baulich zerstörten, personell zerstrittenen Trier. Er hatte hier weitläufige Verwandtschaft, denn Brigitta von Koppenstein (-1578) hatte einst Albrecht von Esch (-1574) geheiratet (vgl. Epitaph in der Pfarrkirche zu Sehlem). Wolfgang Friedrich von Koppenstein hatte einen Bruder namens Georg Gerhard von Koppenstein zu Kirchberg, Amtmann zu Dietz, der Maria Elisabeth Schenk von Schmidtburg geheiratet hatte und die Familie fortsetzte.

Der Garten, Wolfgang Friedrichs persönliches Paradies, ist lang verschwunden, und das Kreuz befand sich schließlich an einem Feldweg, was zu einer Bedrohung durch die vorbeifahrenden landwirtschaftlichen Maschinen führte. Deshalb wurde es in den 1970er Jahren am Rand des Kramesbachs versetzt, wo heute eine kleine Grünanlage das Kreuz wieder in eine blühende Umgebung einbettet wie ursprünglich der Koppensteinsche Garten. Unweit dieser Stelle mündet der Kramesbach in die Salm. Nach einer 2010 durch den Steinmetz Ulrich Becker durchgeführten Restaurierung erstrahlt das Kreuz wieder in frischen Farben und neuer Vergoldung und bildet ein Schmuckstück am Ortseingang.

Die Wurzeln der Herren von Koppenstein liegen im Hunsrück. Die namengebende Stammburg, die durch die Grafen von Sponheim errichtet worden war, liegt als Ruine im Soonwald bei Henau (Rhein-Hunsrück-Kreis) in der Nähe von Gemünden und Simmern. Sie entstammen einer illegitimen Linie der Sponheimer und nannten sich nach der Burg. Der Sohn von Graf Johann II. (-11.3.1340) hieß Walrabe, und fortan taucht dieser Name oder Beiname häufig bei den Herren von Koppenstein auf. Der väterliche Grafentitel blieb dieser Bastardlinie natürlich versagt, und es entsprach gängiger Praxis, daß der Name einer wichtigen Burg als Teil der väterlichen Herrschaft als neuer Geschlechtsname angenommen wurde. Die Herren von Koppenstein überlebten das Aussterben der Sponheimer Stammfamilie sowohl in der Vorderen als auch in der Hinteren Grafschaft um rund drei Jahrhunderte. Neben der Burg Koppenstein war ein wichtiger Familiensitz das Schloß der Herrschaft Mandel bei Bad Kreuznach, die sie von den Herren von Dalberg zu Lehen hatten.

Heraldische Spuren der Herren von Koppenstein finden sich beispielsweise:

 

Links und rechts des Wappens sind an den beiden Schmalseiten die Reliefs zweier Heiligenfiguren zu sehen. Gemäß namentlicher Zuordnung auf dem Gesims der Vorderseite handelt es sich um die Figuren der beiden Namenspatrone des Stifters Wolfgang Friedrich von Koppenstein, den "S. WOLFGANGVS" (Abb. oben) mit Bischofsstab, Mitra und Buch (er war Bischof von Regensburg) und den "S. FRIDERICVS" (Abb. unten), wie zuvor, aber mit Schwert in der Linken (er war Bischof von Utrecht und fand den Tod durch ein Schwert).

 

Das auf der Frontseite zentral wiedergegebene Wappen der Herren von Koppenstein ist blau-golden geschacht mit einem roten Freiviertel, darin ein schwarzer Rabe, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein schwarzer Rabe zwischen zwei blau-golden geschachten Büffelhörnern. Das Wappen der von Koppenstein wird beschrieben im Gruber, im Loutsch, im Zobel und bei Hauptmann. Das Freiviertel ist bei Gruber heraldisch rechts oben unter Verweis auf ein Siegel des Walrabe von Koppenstein von 1450. Im hier vorliegenden Fall ist es heraldisch links, wobei auch die Ausrichtung des Raben im Kleinod eine linke ist, was an eine absichtliche Wendung denken läßt, deren Grund sich heute nicht mehr feststellen läßt, weil das Kreuz nicht mehr am Originalstandort steht, sondern in den 1970er Jahren zum Dorfeingang versetzt worden ist. Das Wappen wird gleichfalls bei Loutsch auf Seite 484 beschrieben, ebenfalls mit einem rechten oberen Freiviertel: Échiqueté d'or et d’azur, au franc-quartier de gueules au corbeau de sable. Cimier: Le corbeau (tenant en son bec un annelet d'argent), entre deux proboscides échiquetées d'or et d’azur. Loutsch beschreibt also einen silbernen Ring im Schnabel des Raben des Kleinods, von dem jedoch hier am Kreuz und auch in den anderen Quellen nichts zu sehen ist.

Das Wappen findet sich weiterhin im Siebmacher Si2, 102 (wegen der Position optisch links oben auf dem Blatt gewendet), in den Supplementen 3, 6 (Obereck heraldisch links und Helmzier linksgerichtet) und im Band: ThüA Seite: 62 Tafel: 48, dort jedoch mit abweichenden Angaben: Von Blau und Gold geschacht, im linken roten Obereck ein silberner Vogel mit krummen Schwanzfedern, dito im Kleinod - abgebildet ist jedoch ein rechtes Freiviertel, so wie im Siebmacher häufig Diskrepanzen zwischen Text und Abbildungen hinsichtlich der Seiten-Deskriptoren zu finden sind, außerdem mag die Farbangabe des Raben als silbern zwar heraldisch einen Farbverstoß vermeiden, steht jedoch in Widerspruch zu allen anderen Quellen, vermutlich ein Interpretationsfehler älterer Zeichnungen. Zobel bildet auf Tafel 180 das Wappen wie im Gruber ab und gibt auf den Tafeln 179-180 weitere Varianten wieder.

Es ist von Interesse, dieses Wappen in einem größeren Zusammenhang zu sehen, denn es bildet mit mehreren anderen geschachten Wappen der Region zwischen Mittelrhein und Mosel eine Wappengruppe, deren Mitglieder alle mehr oder weniger direkt mit den Sponheimer Grafen zu tun hatten, von der es zwei Hauptlinien gab. Das Schach wird von der Vorderen Grafschaft Sponheim blau-golden geführt, von der hinteren Grafschaft Sponheim rot-silbern. Die Varianten entstehen durch Hinzufügen eines Freiviertels mit irgendeiner Figur zur Differenzierung, und auch durch Änderung der Farben des Schachs. Die Sponheimer selbst machten es vor und differenzierten z. B. durch ein goldenes Freiviertel mit einem schwarzen Löwen (Propst Heinrich von Sponheim) oder durch ein Ankerkreuz in einem Freiviertel (Schultheiß Johann von Sponheim) oder durch einen Flügel im Freiviertel (Hermann von Sponheim 1437). Die Ulner von Sponheim (Ulner -> olla, Topf) nahmen einen Topf ins Freiviertel auf. Welches Verhältnis genau zwischen all diesen herrschte, ob Verwandtschaft, Ministerialität oder Burgmannschaft, ist bei vielen noch ungeklärt.

Die von Koppenstein, die auch den Beinamen Walrabe trugen, führten passenderweise den Raben im Freiviertel. Sie stammen von einem unehelichen Sohn des am 11.3.1340 verstorbenen Grafen Johann II. von Sponheim-Kreuznach ab (Vordere Grafschaft). Eine andere Variante des Wappens der Walrabe von Koppenstein ist in blau-golden geschachtem Schild ein mit drei schwarzen Raben belegter roter Pfahl. Eine weitere Familie dieser Gruppe sind die Faust von Stromberg, die einen schwarzen Stern im ersten Feld eines golden-roten Schachs führten. Die Wolf von Sponheim führen einen schwarzen Adler (auch doppelköpfig) in einem silbernen (auch goldenen) Freiviertel. Die von Argenschwang, die auch zum Umfeld der Sponheimer gehörten, führten einen schwarz-golden geschachten Schild und differenzierten munter mit verschiedenen Freiviertelinhalten weiter. Weitere Namen dieser Wappengruppe sind die von Ansenbruch, die von Allenbach, die von Wiltperg und die von Mannendal.

 

Das Wappen der im Jahre 1768 mit Jakob Adolf von Koppenstein ausgestorbenen Herren von Koppenstein hat übrigens in mehr oder weniger veränderter Form Eingang in einige Kommunalwappen gefunden, die mit dieser Familie in historischem Zusammenhang stehen:

Literatur, Links und Quellen:
Koppensteinkreuz: http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einObjekt.php?id=6965
Burg Koppenstein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Koppenstein
von Koppenstein:
http://www.ingelheimer-geschichte.de/index.php?id=411
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der 'landeskundlichen Vierteljahresblätter'
Dr. Jean-Claude Loutsch, Armorial du pays de Luxembourg, 1974
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Felix Hauptmann (1856-1934), Zehn mittelrheinische Wappengruppen, Jahrbuch der Heraldischen Gesellschaft "Adler" in Wien 1900, 10, S. 1-43, http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2008/10203/ und http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2008/10203/pdf/E001616955.pdf
Gehlweiler:
http://www.kirchberg-hunsrueck.de/wappenbeschreibung07.html
Mandel:
http://www.gemeinde-mandel.de/index.php?option=com_content&task=view&id=41&Itemid=69
Steinbach im Hunsrück:
http://www.steinbach-hunsrueck.de/_rubric/index.php?rubric=Geschichte
Gerda Hoffmann, als die Häuser in Schutt und Asche lagen, Artikel im Trierer Volksfreund vom 25. Januar 2012, online
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/wittlich/aktuell/Heute-i.......37,3041443
Neuer Blickfang am Ortseingang, Artikel im Trierer Volksfreund vom 9. September 2010, online
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/wittlich/ak.....543150
Hans Rademacher, die Frühgeschichte der Herren von Koppenstein von ihren Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters, Mainz 1981
Martin Wenz, Koppenstein - eine Höhenburg mit Stadtrecht, in: Olaf Wagener (Hrsg.): Burgen im Hunsrück - eine Burgenlandschaft im Fluß der Zeit. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2011, ISBN 978-3-86568-744-9, S. 135-148.
Hartmut Geißler, Adelsfamilien in Ingelheim und ihre Grabmale in der Burgkirche, hrsg. vom Förderverein zur Erhaltung der Burgkirche zu Oberingelheim e.V., Eckoldt-Druck, Ingelheim 2011
Koppenstein-Epitaph:
http://www.ingelheimer-geschichte.de/index.php?id=442
Koppenstein-Epitaph:
http://www.bildindex.de/dokumente/html/obj20504584#|home
Koppenstein-Epitaph:
http://www.regionalgeschichte.net/fileadmin/Superportal/Bibliothek/Autoren/Kern/Kirchberg_St.Michael_Inschriften.pdf
Über Friedrich Wolf v. Koppenstein: Kurtrierisches Jahrbuch, 42. Jahrgang 2002,
http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a138449.pdf
Genealogie Koppenstein: nach Humbracht

Sehlem: Pfarrkirche St. Georg, Georg von Esch - Pfarrkirche St. Georg, Retabel - Pfarrkirche St. Georg, Albrecht von Esch
Esch:
ehem. Burgkapelle

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