Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1939
Kröv (Landkreis Bernkastel-Wittlich)
Der Pfarrhof in Kröv
Der Pfarrhof liegt im Zentrum von Kröv auf der östlichen Seite der Robert-Schumann-Straße direkt gegenüber der Pfarrkirche (Nr. 41). Drei zweistöckige Gebäude aus verschiedenen Zeiten umstehen einen trapezförmigen Hof, der zur Straße hin mauerbegrenzt ist und von dieser durch einen großen, gerade überbauten Torbogen zugänglich ist.
Die nordöstliche Baugruppe, die ca. um 1700 auf der Basis älterer Vorgängerbauten in der heutigen Form entstand, besteht aus zwei winkelständigen Gebäuden mit jeweils einem Krüppelwalmdach und mit einem halbrund vorspringenden Treppenturm am höher bedachten Haupthaus, und davon ausgehend verläuft ein auf eine Mauer gelegter Fachwerkgang zum Obergeschoß des südwestlich stehenden Baus, der ebenso wie der nördliche Flügel mit seiner Schmalseite bis zur Straße vorgezogen ist. Dieser rechte Bau, der drei Zellen und einen Abort enthielt, ist der ältere Teil des Ensembles.
An der der Straße zugewandten Giebelseite des nördlichen Flügels befindet sich unter den drei Fenstern des Obergeschosses ein eingemauerter älterer Wappenstein von 3,55 m Länge und 45 cm Höhe, der auf 1593 datiert ist. Er stammt von einem Vorgängerbau und wurde in das barocke Gebäude integriert. Diese Datierung paßt stilistisch zu der Bauzeit des südwestlichen Flügels.
Der heutige Pfarrhof ist der ehemalige Echternacher Hof, eine Niederlassung der Abtei Echternach im Großherzogtum Luxemburg. Der optisch linke der drei Wappenschilde zeigt denn auch das Wappen der Abtei, eine aufrechte Schwurhand, die aus Wolken hervorwächst, auf einem Kreuz, welches hier dreiblättrig wie bei einer Lilie endende Arme besitzt (Glevenkreuz).
Das zweite Wappen ist das des Echternacher Abtes Jean Glatz = Johann Gladt. Er war der 61. Abt und leitete das Kloster von 1586 bis 1594, was zu der Jahreszahl 1593 paßt. Nach Loutsch führte er als Wappen einen gespaltenen Schild, darin rechts in Rot ein silberner, mit drei goldenen Pilgermuscheln belegter Schräglinksbalken, links in Gold ein aus dem linken Schildrand hervorkommender, rot gekleideter Arm, dessen naturfarbene Hand eine aufrechte, sich um den Arm windende naturfarbene Schlange haltend. Französischer Blason: Parti, au 1 de gueules à la barre d’argent chargée de trois coquilles d’or, au 2 d’or à une main de carnation parée de gueules, mouvant en pointe du flanc sénestre de l'écu, en bande, empoignant une couleuvre au naturel. Die Farben sind nach der entsprechenden Äbtetafel angegeben.
Der dritte Schild schließlich ist ganz auf der optisch rechten Seite und zudem etwas von den beiden abgerückt, deutlich auf dem schlechtesten und unbedeutendsten Platz in der Reihe, aber dennoch eine Einheit mit den zuvor beschriebenen Schilden bildend. Der Inhalt ist eine Marke, bestehend aus einem vierschenkligen Mühleisen, aus dem oben ein Schaft mit Kopfschragensprosse wächst, beseitet von zwei sechszackigen Sternen. Im unteren Bereich ist das Wappen durch die Initialen RVB personalisiert. Hierbei handelt es sich um das Wappen des Priesters Johann Ratz oder Raetz oder auch latinisiert Johannes Ratzius, der vor 1550 in Böwingen (Boevange/Attert, Großherzogtum Luxemburg) geboren wurde und 1597 in Kröv verstarb. Johann Ratz war 1583 Pfarrer in Abweiler, und 1586-1597 war er Pfarrer in Kröv. Sein Bruder Michel Ratz war Pächter der Mühle von Boevange. Johann Ratz wird 1590 auch als Kaplan ("capellan") des Echternacher Abtes erwähnt, ferner war er seit 1589 Mitglied der Koblenzer Annen-Bruderschaft (s. Oehms, Familienbuch Kröv). Damit stehen die Buchstaben für Ratz von (aus) Böwingen.
Liste
ausgewählter Echternacher Äbte (unter Hervorhebung
des hier
vertretenen)
Johann von
Winningen = Jean de
Winningen (40. Abt 1340-1353)
Johann de Neuville = Jean de Neuville (41. Abt 1353-1362)
Wilhelm von Kerpen (42. Abt 1362-1372)
Hartwin Boos von Waldeck (43. Abt 1372-1375)
Peter von Gymnich (47. Abt 1399-1413)
Nikolaus von Gymnich (48. Abt 1414-1424)
Pierre de Hubines = Peter von Hübingen (49. Abt 1424-1437)
Winand von Gluwel = Wynant de Gluwel (50. Abt 1437-1465)
Colin Plick von Oirwick (51. Abt 1465-1476)
Francis Plick von Oirwick (52. Abt 1476-1477)
Burkard Posswyn = Burkhard Poissgen = Burchard Poszwin von
Neuerburg (Abt 1490-1506)
Robert von Monreal (Abt 1506-1539)
Matthias von Lützeradt = Mathias de Lutzeradt (56. Abt 1539)
Gottfried von Aspremont = Godefroid d’Aspremont (Abt
1540-1562)
Antonius Hovaeus = Antoine Hovay = Antoon van Hove = Antonius van
der Hoef (-8.10.1568, 59. Abt 1563-1568)
Martin Maas = Marten Maes a Meerbeeck = Martinus Masius
(1520-1585, 60. Abt 1569-1585)
Jean Glatz = Johann Gladt (61. Abt 1586-1594)
Johannes Bertels = Johan Bertels (1544-19.6.1607, 62.
Abt 1595-1607)
Pierre Richardot = Petrus Richardotus (ca. 1575-1628, 63. Abt
1607-1628)
Petrus Fisch (64. Abt 1628-1657)
Richard Paschasius (65. Abt 1657-1667)
Philippe de la Neufforge (Neuveforge, Neuforge)
(8.5.1621-10.9.1684, 66. Abt 1667-1684)
Willibrord Hotton (67. Abt 1684-1693)
Benedikt Zender = Benoît Zender (68. Abt 1694-1717)
Matthias Hartz (69. Abt 1717-1728)
Gregorius Schouppe (70. Abt 1728-1751)
Michael Hormann (71. Abt 1751-1775)
Emmanuel Limpach (72. Abt 1775-1793)
Gegenüber dieses Pfarrhofes befindet sich der Treppenaufgang zur Pfarrkirche St. Remigius. Auf dem Schlußstein des Torbogens zur Straße befindet sich eine moderne Nacharbeit (Abb. oben) des Wappens der Abtei Echternach mit der aus Wolken hervorkommenden Schwurhand auf einem Glevenkreuz. Bauherr dieser Kirche war die Abtei Echternach, die das Kirchenpatronat innehatte (im Goldenen Buch von Echternach ist von der Schenkung einer Kapelle in Kröv in der Mitte des 8. Jh. die Rede). Die Abtei stellte auch den Pfarrer von Kröv. Die Pläne für den barocken Neubau von St. Remigius machte der kurfürstliche Baumeister Ravensteyn.
Literatur,
Links und Quellen:
Paul Clemen, Die
Kunstdenkmäler der
Rheinprovinz, Band 12, Abt. 4, Die Kunstdenkmäler des Kreises
Wittlich, 1934, S. 91-92 bzw. 901-902
Liste der Kulturdenkmäler: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kulturdenkm%C3%A4ler_in_Kr%C3%B6v
Wappen der Echternacher Äbte: http://wiesel.lu/heraldik/wappenkunde/eglise/echternach/
Wappen von Johannes Gladt: http://wiesel.lu/heraldik/wappenkunde/eglise/echternach/johannes-gladt/
Dr. Jean-Claude Loutsch, Armorial du pays de Luxembourg, 1974, S.
388
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Karl G. Oehms für
wertvolle
Hinweise zu dem Ratz-Wappen
Karl G. Oehms: Leben 'im rych zu croeve' - Die Bürger und ihre
Familien seit 1600 (Familienbuch Kröv), Kröv und
Kövenig bis
1899; Kinheim bis 1803; Kinderbeuern und Hetzhof bis 1798; Bengel
und Springiersbach bis 1798; die Höfe im Alftal bis 1798,
Veröffentlichung der Westdeutschen Gesellschaft für
Familienkunde e.V. Köln, Nummer 248 (= Deutsche
Ortssippenbücher der Zentralstelle für Personen- und
Familiengeschichte, Serie A, Nummer 498), 2 Bde. zusammen 1692 S.,
Köln 2009, ISBN 3-86579-057-7, Johann Ratz = Nr. 4342.
Grabkapelle Kesselstatt - Echternacher Hof
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