Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 1935
Graach an der Mosel (Landkreis Bernkastel-Wittlich)
Der Josefshof in Graach
Im Nordwesten des am rechten Moselufer gelegenen Ortes Graach befindet sich etwas vom eigentlichen Ort abgesetzt der Josefshof. Dieser ist ein ehemaliger Klosterhof der Abtei St. Martin in Trier, die am Martinsufer zunächst vor der Nordecke der römischen und mittelalterlichen Stadtmauer an der Mosel lag (flußseitiger Wohnflügel noch vorhanden) und erst später in die Stadtbefestigung einbezogen wurde. Der Besitz des Josefshofs in Graach ist ab 1168 sicher bezeugt, und das Weingut, das wegen seiner hervorragenden Lagen eines der wertvollsten Güter der Abtei war, wird 1174 erstmals als Martinshof bezeichnet.
Ein auf 1672 datiertes Relief über der Kapellentür am Südostflügel zeigt den Hl. Martin bei seiner Mantelteilung mit dem Schwert und stellt so den Bezug zur Abtei St. Martin her, wo an der Südwand ein ebensolches barockes Relief zu sehen ist.
Das zwischen Hauptstraße und Gestade liegende Anwesen umschließt als Vierflügelanlage einen Hof, wobei die Flügel ganz unterschiedlichen Zeiten entstammen. Der älteste Teil ist der Südostflügel mit einer an seinem östlichen Ende angebauten Kapelle mit dreiseitigem Chorabschluß. Diesem alten Flügel wurde im Barock ein neuerer Bau zur Mosel hin vorgebaut. Und aus dem 19. Jh. stammt die südwestliche Bebauung mit dem neugotischen Turm, und aus dem 20. Jh. stammt schließlich der gläserne Verbindungsgang zwischen der westlichen und der östlichen Baugruppe.
Über einem weiteren Eingang, dem rechts neben dem Kapelleneingang, befindet sich ein ebenfalls auf 1672 datierter Wappenstein. Zwei Ovalschilde sind hier zusammengestellt, hinter dem rechten Schild ragt schrägrechts der Krummstab des Abtes hervor, auf dem linken Schild ruht die Inful. Da 1672 ein Abtswechsel in St. Martin stattfand, dürften hier jedenfalls Vorgänger und Nachfolger repräsentiert sein, da Krummstab und Inful quasi von beiden benutzt werden und der Bau wohl von dem einen begonnen und dem anderen vollendet wurde. Kein anderer als ein Abt hätte sich unter den Krummstab gesellen dürfen, deshalb kann davon ausgegangen werden, daß die beiden sich 1672 ablösenden Äbte repräsentiert sind. Der heraldisch rechte Schild zeigt einen abgeledigten Schräglinksbalken, überkreuzt von einem aufrechten Doppelhaken (Wolfsangel). Er müßte logischerweise zu dem 1668-1672 amtierenden St. Martiner Abt Albert Balthasari gehören. Das Motiv als solches gibt es leider vielfach, ein identisches Wappen mit dieser Hausmarke ist an einem Wegekreuz des Schöffen Johannes Keuffer an der Kirche (n. Clemen), und nach Meyer wird ein ganz ähnliches Wappen auch von einem Abt der Familie Scholer in St. Marien zu Trier geführt. Der heraldisch linke Schild zeigt zwei pfahlweise gestellte Anker, beseitet rechts und links von je einer Rose. Möglicherweise hat hier der vom 22.6.1672 bis 1680 amtierende Abt von St. Martin, Nikolaus Lyser (Liser, Lieser), ein Motiv gewählt, das seiner Herkunft aus einer alten Schifferfamilie entspricht (n. Clemen). Dieser Nikolaus Lyser war der Sohn des Schiffers Adolf Lieser (1624 "Frankfurter Marktschiffer") und seiner Frau Maria Anna Bredimus, die 1613 in St. Paulus in Trier geheiratet hatten. Nikolaus ist wohl der Klostername ihres Sohnes, denn getauft wurde er vermutlich am 13. Juli 1625 in Trier St. Paulus auf den Vornamen Johann.
Eine weitere Darstellung des Heiligen findet sich drei Türen weiter rechts vom oben genannten Relief in einen Türsturz integriert, wobei die Martinsdarstellung auf einem wie ein Pergament S-förmig gebogenen Hintergrund ist, der von zwei Weinbauern mit Stock und geflochtener Rückentrage gehalten wird. Dieses Relief ist aber erst später als das vorgenannte anläßlich einer Erweiterung entstanden.
Über dem besagten Türsturz befindet sich die folgende Inschrift (Abb. unten): mit dem Text "NON FASTVS SED NECESSITAS ME CONSTRVIT" - nicht Stolz und Hochmut, sondern die Notwendigkeit hat mich erbaut. Darin ist ein Chronogramm enthalten: V + D + C + I + M + C + V + I = 5 + 500 + 100 + 1 + 1000 + 100 + 5 + 1 = 1712.
Zur Moseluferstraße hin wird das Anwesen von einem zweistöckigen Barockgebäude mit Krüppelwalmdach beherrscht, dem repräsentativsten Teil des Gebäudekomplexes. Im Erdgeschoß und im Dachgeschoß der Giebelseite sind Zwillingsfenster, im ersten Obergeschoß einfache Fenster. Zwischen den beiden mittleren Fensters des Erdgeschosses befindet sich ein Wappenstein für den Abt von St. Martin, Benedikt Henn. Benedikt Henn, 1661 geboren, trat 1681 in das Benediktinerkloster St. Martin ein und wurde bereits mit 32 Jahren dessen Prior und acht Jahre später sein Abt. Insgesamt leitete er die Abtei 46 Jahre lang. Dreimal mußte er zusammen mit seinen Mitbrüdern aus dem Kloster vor französischen Truppen fliehen. Er baute die Abtei nach den Zerstörungen durch französische Heere wieder auf, ließ die Klostergebäude instand setzen und ordnete die Klosterfinanzen neu, und er schaffte es, das Kloster wieder schuldenfrei zu bekommen. Er starb am 30.1.1747 im Alter von 86 Jahren als einer der bedeutendsten Äbte in der Geschichte des Klosters. Sein Nachfolger wurde der 1747-1778 amtierende Paul Lejeune.
Gleichzeitig stellte die aus Büllingen bei St. Vith in der Nordeifel stammende Familie Henn drei Äbte in Trierer Benediktinerabteien, Alexander Henn war 1680-1698 Abt von St. Maximin, Benedikt Henn war 1701-1747 Abt von St. Martin und gilt aufgrund seines Engagements als ihr zweiter Gründer, und des Letzteren Bruder Wilhelm Henn war 1700-1727 Abt von St. Matthias. Das Familienwappen zeigt in blau-silbern geteiltem Schild oben drei silberne Hennen, unten drei grüne bzw. grüngestielte und -benapfte goldene Eicheln. Die Helmdecken wären blau-silbern. Hier ist das Wappen Henn nicht farblich gefaßt, aber von den Insignien eines Abtes überhöht, in der Mitte ein Vortragekreuz, rechts eine Inful, links der Abtsstab. Das redende Wappen der Familie und diese selbst werden ausführlich im Kapitel Trier, St. Matthias behandelt. Ein ähnliches Henn-Wappen läßt sich in Graach auch noch am alten Schulhaus (Mattheiser Hof) für Abt Wilhelm Henn finden. Man beachte, daß die Beiden Äbte verschiedener Abteien waren, und sie lassen sich dadurch unterscheiden, daß nur das Wappen von Wilhelm Henn Inful, Beil (Matthiasbeil oder Matthiashellebarde) und Krummstab hat, während das Wappen für Benedikt Henn Kreuz, Inful und Krummstab auf dem oberen Rand trägt.
Auf der Rückseite des südlich angebauten Barockbaus ist eine weitere Inschrift an der Außenseite über einem großen Portalbogen mit dem Wortlaut: "SANCTE MAGNERICE FVNDATOR ORA ET PVGNA PRO NOBIS" - Heiliger Magnerich, Gründer, bete und kämpfe für uns. Das bezieht sich auf den Klostergründer, Bischof Magnericus, der im 6 Jh. und ca. 566-586 Bischof in Trier war. Nach einer Urkunde von 975 soll Magnericus dem Kloster den Josefshof geschenkt haben, wohl eine Fälschung. Auch in dieser Inschrift steckt ein Chronogramm: C + M + I + C + V + D + V + I = 100 + 1000 + 1 + 100 + 5 + 500 + 5 + 1 = 1712, genau wie am erstgenannten Türsturz auf der Hofseite.
Liste der Äbte von St. Martin vom 14. Jh. bis zur Auflösung (hervorgehoben die hier mit Wappen vertretenen Äbte):
Das Weingut gehörte dem Trierer Benediktiner-Kloster bis zur französischen Besetzung des Mosellandes 1794, danach wurde es kurzerhand konfisziert und zum Nationaleigentum erklärt, das man meistbietend versteigerte. Erwerber war der Trierer Kommerzienrat Matthias Joseph Hayn (Heyn), und erst dieser gab dem für 247 Gulden erworbenen Anwesen den Namen Josefshof. Nach ihm verkaufte sein Schwiegersohn Mohr das Anwesen für 58000 Taler im Jahre 1858. Käufer war der Graf von Kesselstatt, und unter diesem fanden diverse Um- und Neubaumaßnahmen statt, und in der Zeit entstanden die Neubauten des Westteiles auf alten Fundamenten. Der Reichsgraf von Kesselstatt hatte außerdem noch andere Weingüter aus ehemaligem Klosterbesitz erworben, darunter den Domklausenhof in Piesport, den Abteihof in Oberemmel und den St. Irminenhof in Kasel. Das Weingut Reichsgraf von Kesselstatt wurde von Günther Reh gekauft. 1997 wurde in den Gebäuden ein Wohnheim des DRK-Sozialwerks Bernkastel-Wittlich gGmbH eröffnet mit Wohn- und Betreuungsangeboten für Menschen mit sozial-emotionalem Handicap, mit geistiger Behinderung und herausforderndem Verhalten.
Abb. oben: Wappen an einem auf 1882 datierten Torpfostenpaar im Osten des Anwesens. Abb. unten: hofseitig angebrachtes Wappen am dem im 19. Jh. errichteten Westtrakt. Beide Steine zeigen das Wappen der Reichsgrafen von Kesselstatt. Hauptschild: In Gold ein rotes Schragenkreuz, bewinkelt von vier grünen, rund ausgeschnittenen Seeblättern (Orsbeck), Herzschild: in Silber ein roter geflügelter Drache mit gewundenem Stachelschwanz (Kesselstatt). Drei gekrönte Helme, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender schwarzer Adler (Gnadenzeichen), Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der auffliegende Drache wachsend (Kesselstatt), Helm 3 (links): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein silberner Pferderumpf mit rotem Zaum und roten Zügeln (Orsbeck).
Besitz und Wappen von Orsbeck kamen durch Erbschaft an das Haus Kesselstatt, nachdem das Geschlecht der Freiherren von Orsbeck mit dem Trierer Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck (gest. 1711, Onkel von Reichsfreiherr Kasimir Friedrich von Kesselstatt) ausgestorben war. Verwandt wurden diese beiden Adelsgeschlechter durch die Heirat zwischen Freiherr Johann Eberhard von Kesselstatt und Freiin Anna Antoinette von Orsbeck, der ältesten Schwester des Kurfürsten. Hugo von Orsbeck verfügte in seinem Testament, daß das Wappen seines Hauses Orsbeck mit dem des Hauses von Kesselstatt vereint werden sollte. In der vorliegenden Form mit der dritten Helmzier in der Mitte wurde das Wappen der Freiherren von Kesselstatt (Erhebung zu Wien am 07.04.1718) seit der Erhebung in den Reichsgrafenstand (zu Wien am 15.01.1776) geführt. Das Wappen Orsbeck wird beschrieben im Gruber und bei Zobel auf Tafel 252 und im Siebmacher, das Wappen Kesselstatt im Gruber, bei Zobel auf Tafel 174, im Aschaffenburger Wappenbuch und im Siebmacher Band: Bad Seite: 34 Tafel: 21, Pr Seite: 197 Tafel: 246, Pr Seite: 14 Tafel: 15, Bay Seite: 13 Tafel: 7.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers
Wappenbücher wie
angegeben
Paul Clemen, Die
Kunstdenkmäler der
Rheinprovinz, Band 15, Abt. 1, Die Kunstdenkmäler des Kreises
Bernkastel, 1935, S. 192-198
DRK-Sozialwerk: http://drk-sozialwerk.de/angebote/wohnen-fuer-erwachsene/statio.....phshof.html
Günther Molz, drei Hennen und drei Eicheln - das Wappen einer
Familie des Trierer Landes, Teil 1, in: Familienkundliche
Blätter, hrsg. v. d. Westdeutschen Gesellschaft für
Familienkunde, Heft 16, Juli 2007, online: http://trier.wgff.net/download/FamNach/Heft-16_2007_07.pdf, Teil 2 in Heft 17, Dezember 2007, online: http://trier.wgff.net/download/FamNach/Heft-17_2007_12.pdf
Wappen Henn: Georg Jakob Meyer, Hausmarken und Wappen aus dem
moselländischen Raum, Band 3, Wappen bürgerlicher
Familien aus
dem Raum Trier, Trier 1963, S. 11 und 11a.
Karl Oehms, Anmerkungen zur Genealogie der Familie Henn, in:
Familienkundliche Blätter, hrsg. v. d. Westdeutschen
Gesellschaft für Familienkunde, Heft 17, Dezember 2007,
online: http://trier.wgff.net/download/FamNach/Heft-17_2007_12.pdf
Weingut Reichsgraf von Kesselstatt: http://www.kesselstatt.com/upload/dokumente/prospekt.pdf
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels,
Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls
veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der
'landeskundlichen Vierteljahresblätter'
Rolf
Zobel: Wappen an
Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009,
ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Alfred F. Wolfert,
Aschaffenburger
Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983
Friedhelm
Jürgensmeier, die Männer- und Frauenklöster
der
Benediktiner in Rheinland-Pfalz und Saarland, in Verbindung mit
Regina Elisabeth Schwerdtfeger (= Germania Benedictina IX:
Rheinland-Pfalz und Saarland, hrsg. von der Bayerischen
Benediktinerakademie München in Verbindung mit dem
Abt-Herwegen-Institut Maria Laach), St. Ottilien 1999.
Karl Oehms: Die Fourille'schen Kontributionen und die Stadt
Wittlich, in: Familienkundliche Blätter, hrsg. von der
Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde e. V., Heft 31.
Dez. 2014, S. 8
Herrn Karl Oehms ein herzliches Dankeschön für
wertvolle
Hinweise zur Genealogie von Abt Nikolaus Lieser
Kloster St. Martin: https://www.studiwerk.de/upload/dokumente/20061.pdf
Kloster St. Martin: http://www.mosel.de/region/baukultur/details/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=152&cHash=3db3c54d9cfa3893f1cba0e4dc5675b2
Kloster St. Martin: https://de.wikipedia.org/wiki/Abtei_St._Martin
Kloster St. Martin: http://www.klosterlexikon-rlp.de/mosel-saar/trier-st-martin.html
Dorothe Trouet: Die Hofgüter der Abtei St. Martin in Trier,
ihre
Geschichte, Funktion und architektonische Gestaltung, in:
Rheinische Heimatpflege, Jahrgang 2/1997.
Mattheiserhof / Schulhaus - Hauptstraße 128
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
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