Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1792
Linz am Rhein (Landkreis Neuwied)
Ehem. Zollhaus (Burgplatz 1)
Der Burgplatz der Stadt Linz liegt direkt hinter dem flußseitigen Rheintor aus dem Jahrer 1329 im Westen der Innenstadt, das gemeinsam mit dem östlich der Altstadt gelegenen Neutor die letzten Überbleibsel der mittelalterlichen, kurz nach Erlangung der Stadtrechte um 1320 in den Jahren 1320-1329 errichteten Stadtbefestigungen darstellt, denn die Mauern wurden längst im 19. Jh. abgetragen. Das Rheintor ist aber nicht mehr der ursprüngliche Bau, sondern es wurde im 15. oder 16. Jh. erneuert. Nur der Pulverturm ist ansonsten noch von der Stadtbefestigung übriggeblieben. Im Norden wird der Burgplatz von der ehemaligen kurfürstlichen Burg begrenzt, die 1365 als Zoll- und Zwingburg durch den Landesherrn erbaut wurde und hier in randständiger Lage das Nordwesteck der Altstadt bildet. Natürlich wurde die Anlage vielfach umgebaut, so daß der heutige Baubestand wesentlich später zu datieren ist. Während sich weder außen noch im Innenhof der einstigen kurkölnischen Burg heraldische Spuren der Fürstbischöfe finden, treffen wir an dem südlich an das Rheintor angesetzten historischen Gebäude (Burgplatz 1) auf ein Wappen derselben über dem Eingang zu einem eckständigen, polygonalen Treppenturm. Auf den verbliebenen Seiten wird der Burgplatz von einem Fachwerkensemble und von Neubauten eingerahmt. Der größte Teil des Burgplatzes gehörte früher noch zum Burggelände; hier waren der Burgweiher (Wassergraben) und die Brückenauffahrt zur Burg. Ein Gang führte von der Burg zum städtischen Tor und zum Zollhaus daneben. Der Portalsturz des wappentragenden Gebäudes, in dem sich heute das Atelier Hofer für Malerei und Graphik-Design befindet, ist auf 1599 datiert, während auf beiden Längsseiten die Maueranker die Jahreszahl 1748 formen. Dieses Haus ist das ehemalige kurkölnische Zollhaus, deshalb der kurfürstliche Bezug durch das Wappen. Zwischen Rhein und Zollhaus befand sich noch die Stadtmauer, aber die Zollbediensteten hatten eine kleine Tür, so daß sie direkt zur Schiffslände gelangen konnten. Der Zoll war eine wichtige Einnahmequelle für die Kurfürsten, und er wurde oft und gerne zur Verbesserung der Liquidität verpfändet. Erst war der kölnische Zoll in Andernach, dann wurde er im späten 14. Jh. nach Linz verlegt, und schließlich erhob man seit dem 15. Jh. an beiden Stellen Zoll. Für die Schiffer und Händler war der Rheinzoll eine teure Angelegenheit, denn zwischen Mainz und Köln gab es nicht weniger als elf Zollstellen unterschiedlichster Landesherren.
Das kurkölnische Wappen am Linzer Zollhaus ist wie folgt aufgebaut:
Das Wappen wird von einer Kartusche mit seitlichem Ornamentwerk eingefaßt. Auf der Schildkartusche ruht ein Kurhut; hinter dem Schild sind schrägrechts der Krummstab und schräglinks das Schwert des geistlichen Kurfürstentums zu sehen.
Welcher kölnische Fürstbischof und Kurfürst aus dem Hause der Wittelsbacher ist es? Stilistisch gehört das Wappen in die Barockzeit. Es muß nicht zum Türsturz von 1599 passen, das wäre stilistisch zu früh. Es kann zur Renovierung mit den Mauerankern 1748 passen, muß aber ebenfalls nicht. Und hier hat das Fürstbistum Köln fünf aufeinanderfolgende Wittelsbacher auf dem Bischofsstuhl zu bieten, um die Qual der Wahl noch größer zu machen. Das Fürstbistum Köln war von 1583 bis 1761 nämlich durchgehend "wittelsbachisch". Alle fünf waren zeittypische Multi-Bischöfe, Pfründensammler und Ämterakkumulierer:
Wir sehen außer den kölnischen Feldern des Hauptschildes keine weiteren Bistümer. Das kann daran liegen, daß der Kurfürst zum Zeitpunkt der Anfertigung nur dieses eine Fürstbistum innehatte. Daran messen wir die fünf genannten Wittelsbacher auf dem Kölner Bischofsstuhl, und wir stellen fest, daß jeder dieser fünf Wittelsbacher zu keinem Zeitpunkt ausschließlich Fürstbischof nur von Köln war! Folglich hat man sich hier nur auf das relevante Kurfürstentum bezogen, und unter Vereinfachung des möglichen Wappens andere, für Linz jetzt eher weniger relevante Fürstbischofswürden etc. weggelassen. Da diese unterscheidenden anderen Hochstifte etc. im Wappen fehlen, ist die genaue personelle Zuordnung offen. Wenn das Wappen zeitgleich mit den Mauerankern anläßlich einer Renovierung an das Gebäude kam, wäre es das vereinfachte von Clemens August I. von Bayern, was aber eher unwahrscheinlich ist, denn jener Fürstbischof führte meist das ganze "Register". Von seinen Amtsvorgängern Ferdinand von Bayern (1577-1650) und Joseph Clemens von Bayern (1671-1723) ist jedoch bekannt, daß sie im Kölner Raum auch ein reduziertes Wappen mit nur den Feldern des Hochstifts Köln und dazugehörigen Inhalten führten, so daß einer dieser beiden am wahrscheinlichsten ist, vorbehaltlich weiterer Beweise. Auch sprechen stilistische Überlegungen eher für Ferdinand, Maximilian Heinrich oder Joseph Clemens, einen der drei mittleren der Kölner Wittelsbacher. Eine aufgrund der Datierung im Türsturz getroffene Zuordnung zu Ernst, wie oft angegeben wird, ist aus stilistischen Gründen unwahrscheinlich, da zu früh.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers
Wappenbücher,
insbesondere Band Bistümer
Linzer Stadtgeschichte: http://www.linz.de/html2005/deutsch/stadt/st-3.htm
Burg Linz: http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1
Altstadtführer Linz: http://www.linz.de/pdf/Altstadtfuehrer_Linz.pdf
Hermann Burghard, Cordula Casper, Linz am Rhein, die Geschichte
der Stadt von der Frühzeit bis zur Gegenwart, Böhlau
Verlag
Köln, 2002, ISBN 3-412-06602-8, Leseprobe online: http://books.google.de/books?id=EZT8DU4mrUYC
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