Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1762
Herzberg (Landkreis Osterode, Harz)
Schloß Herzberg (2): Wappen am Haupttor
Der
Stammhausflügel:
Der Stammhausflügel oder
Katlenburgerflügel ist der älteste Teil des nach 1510
erneuerten Welfenschlosses Herzberg. Erdgeschoß und erstes
Obergeschoß sind aus Stein errichtet worden, und darüber
befindet sich ein über die ganze Länge reichendes zweites
Obergeschoß aus Fachwerk. Dieses stammt aber nicht original aus
der Bauzeit, sondern wurde in der ersten Hälfte des 18. Jh.
erneuert. Dabei wurde der Flügel auch vereinfacht, der beim
Merian-Stich zu sehende Erker und die vier Zwerchgiebel
verschwanden ersatzlos, so daß die Dachlandschaft des Schlosses
heute viel schlichter daherkommt als im 17. Jh.
Abb.: Stammhausflügel
Hofseitig ist diesem Flügel ein vorkragendes Fachwerkgeschoß auf fünf massiven Holzsäulen vorgebaut, einen Turm mit polygonalem Grundriß und welscher Haube einschließend. Schwere Beschädigungen erfuhr der Stammhausflügel am 5.4.1945, als eine Minenfabrik am Fuße des Schloßberges in die Luft flog, und die Druckwelle Fenster und Türen herausschlug, das Dach abdeckte und kritische Risse im Mauerwerk verursachte. Erst 1985 konnte der wiederhergestellte und aufwendig gesicherte Stammhausflügel wiedereingeweiht werden; heute beherbergt er das Heimatmuseum.
Abb.: links der Neue Flügel, rechts im rechten Winkel anstoßend der Marstallflügel.
Der Neue
Flügel:
Nach Christian Ludwigs Tod
bekam der nächste Bruder, Georg Wilhelm, Celle und der dritte
der Brüder, Johann Friedrich, Calenberg, Göttingen und
Grubenhagen. Um genau zu sein: 1665 kam es nach dem Tod von
Christian Ludwig zu einem handfesten Krach zwischen den
verbliebenen drei Brüdern, denn Johann Friedrich hatte
kurzerhand das Fürstentum Lüneburg in einer Art Staatsstreich
an sich gerissen, denn es war das "bessere", reichere
Stück Kuchen. Seine beiden anderen Brüder zwangen ihn daraufhin
mit Waffengewalt, Vernunft anzunehmen und Lüneburg Georg Wilhelm
zu überlassen, der die besseren Rechte auf das Fürstentum
hatte. Damit wurde Johann Friedrich Herr in Hannover und auch in
Herzberg, wo er öfters weilte. Er trat 1651 zum Katholizismus
über und herrschte als absolutistischer Herrscher über sein
Land. Er erneuerte in Herzberg den Stammhausflügel. Sein mit
Namen bezeichnetes Wappen finden wir am Hauptportal von Schloß
Herzberg. Er war der letzte Welfenherzog, der in Herzberg eine
Hofhaltung unterhielt; 1668 wurde diese aufgehoben. Die
Landesherren weilten in Zukunft eher selten hier. Somit künden
die Wappensteine von der letzten Blüte des Schlosses, als es
noch Neben-Residenz war, ehe die politischen Geschäfte der
Welfen vollständig nach Hannover verlegt wurden.
Abb.: Neuer Flügel, Außenseite
Die Wappendarstellungen an der Innen- und an der Außenseite des den verlängerten Stammhausflügel (Neuer Flügel) durchquerenden Haupttores sind inhaltlich identisch. Beide zeigen das Wappen von Johann Friedrich Herzog von Braunschweig-Calenberg (25.4.1625-1679), und im oberen Teil erscheint das Sachsenroß (Welfenroß) zwischen den Giebelschrägen als Bekrönung.
Johann Friedrich war übrigens ein Freund und Verbündeter von Louis XIV. von Frankreich und ahmte diesen in Regierungsstil und hinsichtlich baulicher Prunkentfaltung eifrig nach, so ließ er nach dem Vorbild von Versailles Schloß Herrenhausen in Hannover erbauen.
Abb.: Wappen über der Außenseite des Haupttores, 2011 gerade frisch renoviert. Die Inschrift lautet: "V(ON) G(OTTES) G(NADEN) IOHAN(N) FR(IE)D(RICH) HERTZ(OG) ZV BR(AVNSCHWEIG) V(ND) L(ÜNEBVRG)"
Abb.: Über dem Wappenstein ist in einem gesprengten Dreiecksgiebel das silberne Sachsenroß (Welfenroß) zu sehen.
Abb.: Position des hier gezeigten Wappensteines
Das
äußere Wappen von Braunschweig-Lüneburg-Celle:
Zu den Inhalten: Das
zwölffeldrige Wappen, bei dem einzelne Felder noch einmal
unterteilt sind, enthält insgesamt zwölf Themen: Braunschweig, Lüneburg, Everstein,
Homburg, Bruchhausen, Hoya, Lauterberg, Klettenberg, Regenstein,
Blankenburg, Hohnstein und Diepholz. In seinem inhaltlichen
Programm ist es bis auf winzige Unterschiede identisch mit dem
Wappen am Uhrturmportal.
Der Schild ist zweimal gespalten und dreimal geteilt:
Abb. links: Westecke des
Innenhofes, genau im Eck hinter der Treppe das Ende der
Tordurchfahrt.
Abb. rechts: Tordurchfahrt von innen gesehen, mit innerem
Wappenstein (s. u.).
Das innere
Wappen von Braunschweig-Lüneburg-Celle:
Auch auf der Innenseite der
den Neuen Flügel schräg durchstoßenden Tordurchfahrt prangt
ein Wappenstein von Johann Friedrich Herzog von
Braunschweig-Calenberg (25.4.1625-1679).
Es ist genau gleich aufgebaut wie das Pendant auf der Außenseite, ebenfalls mit zwei goldenen Löwen als Schildhalter, aber ohne das Schriftband mit der Nennung des Bauherrn. Genau wie auf der Außenseite befindet sich über dem Wappen in einem gesprengten Dreiecksgiebel ein aufspringendes Welfenroß.
In seinem inhaltlichen Programm ist es identisch mit dem Wappen an der Außenseite, auch hier wird das sonst vorhandene Feld für Neu-Bruchhausen unterschlagen. Die Basis für beide Wappensteine sind die Komponenten, wie sie seit 1585 und dem Erwerb von Diepholz üblich waren und mit einer gewissen Variabilität mit gewissen, nicht ganz heraldisch korrekten und am Uhrturmportal erläuterten Eigentümlichkeiten kombiniert wurden.
Abb.: Position des hier gezeigten Wappensteines
Ausklang:
Die Zukunft ist der vierte und letzte Welfenbruder
Der vierte der vier
Welfenbrüder, Herzog Ernst August (20.11.1629-23.1.1698), der
anfangs als Jüngster nur mit einer Apanage abgefunden wurde,
überlebte seine beiden älteren Brüder Christian Ludwig und
Johann Friedrich. Während Georg Wilhelm weiter in Celle
residierte, erbte Ernst August nun 1679 Calenberg (Hannover) und
auch Herzberg. Da Georg Wilhelm keine Nachkommen hatte, geht die
gesamte Zukunft des Welfenhauses, die der Kurfürsten und Könige
von Hannover, die der Welfen auf dem englischen Thron etc. auf
den vierten und letzten Bruder, Herzog Ernst August, zurück, der
der erste Kurfürst von Hannover wurde. Ernst August wuchs wie
seine Brüder auf Schloß Herzberg auf, aber er blieb dort nur
bis zu seinem 8. Lebensjahr, denn dann mußte er mit seinem Vater
nach Hannover umziehen. Deshalb war seine Bindung an das Schloß
seiner Jugend geringer als bei seinen Brüdern Christian Ludwig
und Johann Friedrich. Sein Lebenslauf weist einige interessante
Positionen auf, so wurde er, der ursprünglich Erzbischof von
Magdeburg werden sollte, 1661 protestantischer Bischof von
Osnabrück und übernahm dort die Landesherrschaft. Und durch
seine Brautwahl schuf er die Voraussetzungen für den Anspruch
der Welfen auf den englischen Thron, denn seine Ehefrau war die
Enkelin des Stuartkönigs Jakob I. Und der spätere englische
König Georg II. von Hannover wurde immerhin ebenfalls auf
Schloß Herzberg geboren.
Literatur,
Links und Quellen:
Schloß Herzberg: http://www.museum-schloss-herzberg.de/
Hans Grüneberg, Schloß Herzberg und seine Welfen, Herausgegeben
von der Stadt Herzberg im April 1993, ASIN: B002BZDRKC
A. Böttcher, Schloß Herzberg (Harz), Herzberg 1953.
G. Ulrich Grossmann, Hannover und das südliche Niedersachsen. Du
Mont Kunst-Reiseführer. Geschichte, Kunst und Landschaft
zwischen Harz und Weser, DuMont Reiseverlag, Ostfildern, 5.
Auflage 1998, ISBN-10: 3770118642, ISBN-13: 978-3770118649
U. Mattke, H.-L. Meise W. Hetzer, Herzberg am Harz -
Vergangenheit und Gegenwart, Verlag: Erwin Jungfer, 1974, ASIN:
B005Y2KR3O
Hans Adolf Schultz: Burgen und Schlösser des Braunschweiger
Landes, Braunschweig, Waisenhaus- Buchdruckerei 1983, ISBN-10:
3878840128, ISBN-13: 978-3878840121, bzw. ISBN-10: 3927060011,
ISBN-13: 978-3927060012
W. Hetzer, Schloß Herzberg, Wiege der Könige, Herzberg 1974
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon
der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter
bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007,
ISBN 978-3-406-54986-1
Siebmacher, Landesfürsten (Souveräne), Teil 1, Teil 2 und Teil
4
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897,
Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Schloß Herzberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Herzberg
Merian-Stich: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Herzberg_Schloss_Merian.png&filetimestamp=20091008170249
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