Bernhard
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Photos schöner alter Wappen Nr. 1660
Ehrenhausen (Steiermark, Österreich)
Pfarr- und Wallfahrtskirche Ehrenhausen
Ehrenhausen, am südlichen Rand der Steiermark an einem strategisch wichtigen Murübergang gelegen, war ein Teil der Kette von mittelalterlichen Grenzbefestigungen gegen Einfälle der Ungarn und Türken aus Osten und Süden, die auf diesem Weg in die Ebene der Mur eindringen könnten. Im Laufe der Geschichte wechselten die Ortsherren, die die hoch über dem historischen Ortskern liegende Burg als Lehen des Benediktinerstiftes St. Paul im Lavanttal innehatten, zuerst waren es bis 1441 die von Pettau, danach bis 1543 die Schaunberger, schließlich erwarben es die Eggenberger.
Christoph von Eggenberg, der Radkersburger Linie entsprossen, kaufte Ehrenhausen am 24.4.1543 für 10800 Gulden von Graf Georg von Schaunberg. Es kam in der Eggenberger Zeit zu einem Linienwechsel, wobei der Besitz 1646 von der Radkersburger bzw. Ehrenhausener Linie auf die Grazer Linie überwechselte. Der neue Eigentümer war Johann Anton I. Fürst v. Eggenberg, Herzog v. Krumau, Graf v. Gradiska (1610-19.2.1649), Sohn von Johann Ulrich Fürst v. Eggenberg, Herzog v. Krumau, Graf v. Adelsperg (1568-18.10.1634), und Johann Antons Söhne waren Johann Christian Fürst v. Eggenberg Herzog v. Krumau (7.9.1641-14.12.1710) und Johann Seyfried Fürst v. Eggenberg Graf v. Gradisca (13.8.1644-5.10.1713).
Die letzten Eggenberger in Ehrenhausen waren Johann Anton II. Joseph Fürst v. Eggenberg, Herzog v. Krumau, Graf v. Gradisca (7.1.1669-9.1.1716), Landeshauptmann in Krain, und sein früh verstorbener Sohn Johann Christian Seyfried Fürst v. Eggenberg, Graf v. Gradisca (10.3.1704-23.2.1717). Nach dem Tod der verwitweten Fürstin Maria Charlotte Josepha v. Eggenberg geborene Gräfin v. Sternberg (-9.4.1754) ging die Herrschaft 1755 über die Töchter auf dem Erbwege an die Grafen von Leslie über. Die zwei Schwestern des eben erwähnten Johann Christian Seyfried, Maria Theresia Josepha v. Eggenberg (14.10.1695-24.11.1774) und Maria Eleonore v. Eggenberg (20.4.1694-28.9.1774), hatten zwei Brüder geheiratet, erstere Karl Cajetan Graf Leslie (11.8.1696-20.6.1761), Justizpräsident von Innerösterreich, letztere Joseph Siegmund Graf Leslie (8.10.1694-16.6.1732). Beide Ehemänner waren Söhne von Jakob Ernst Graf Leslie und Aloisia Josepha Franziska Prinzessin v. u. zu Liechtenstein (20.3.1670-29.8.1736).
Nach dem Aussterben der Grafen von Leslie kamen die Grafen Attems als neue Burg- und Ortsherren. Soweit zur komplexen Besitzgeschichte. Als sich die Herrschaft der Eggenberger schon langsam ihrem Ende zuneigte, entstand der Plan zur Schaffung einer eigenen Pfarrei mit Pfarrkirche, weil der Ort bisher zur Pfarrei St. Peter und Paul in Gamlitz gehörte und nichts Eigenes besaß. Fürstin Maria Charlotte zu Eggenberg für die Ortsherrschaft und der Salzburger Erzbischof Leopold II. Freiherr von Firmian schlossen 1749 einen entsprechenden Vertrag, und am 17.4.1751 wurde mit der Grundsteinlegung der Bau der Pfarr- und Wallfahrtskirche "Schmerzhafte Mutter Maria" auf der Stelle des herrschaftlichen Getreidespeichers begonnen. Der vom Marburger Kirchenbaumeister Johann Fuchs errichtete, am 5.6.1754 eingeweihte (vgl. Chronogramm an der Hauptfassade: "Ist haeC sIt tIbI DoLorosa Matri saCra" = 1754, ohne das nicht hervorgehobene "i" in Matri gerechnet) und 1755 fertiggestellte Neubau im Rokokostil ersetzte einen kleineren Vorgängerbau.
An der nach Süden ausgerichteten und durch einen 53 m hohen Turm akzentuierten Hauptfassade, die durch vier Kolossalpilaster in drei Achsen mit je einem Portal und einem Rundbogenfenster darüber gegliedert ist, begegnet uns in dem Dreiecksgiebel unterhalb der Figurenebene mit insgesamt fünf figürlichen Steinplastiken von Philipp Jakob Straub (in der Mitte eine Mater Dolorosa, dem Kirchenpatrozinium entsprechend, umgeben vom Hl. Dismas links und vom Evangelisten Lukas, ganz außen links die Hl. Maria Magdalena, ganz außen rechts vermutlich der Hl. Johannes Evangelista) ein Allianzwappen in spätbarockem Stil, welches von zwei Putten begleitet wird. Hier nützt uns, daß vorhin auf die Genealogie während des Überganges von den Eggenbergern auf die Grafen von Leslie so detailliert eingegangen wurde, denn genau diese beiden Wappen sind hier zusammengestellt.
Heraldisch rechts befindet sich der gräflich gekrönte Wappenschild der Grafen von Leslie, in Silber ein mit drei goldenen Schnallen belegter blauer Balken, hier als Variante zwischen zwei Lilien, vgl. Siebmacher: Band: Kro Seite: 102 Tafel: 73, Band Bö Seite: 143 Tafel: 67, Band Fürsten, weiterhin Tyroff'sche Wappenbücher. In der Lit. wird das Wappen überall ohne die beiden Lilien wiedergegeben, die ungeklärt sind und vielleicht ihren Ursprung in mißverstandenen Damaszierungen haben könnten. Es ist ferner interessant, daß die Familie schottischen Ursprungs, deren Mitglieder dann in habsburgische Militärdienste traten, in der schottischen Variante die Schnallen auf einem blauen Schrägbalken führt, in der österreichischen Variante jedoch auf einem Balken. Es gibt weiterhin noch Literaturangaben, die den Balken als rot statt blau beschreiben, wobei ersterer z. B. im Rietstap für die pommersche und schlesische Linie angegeben wird und letzterer für die österreichische Linie, ebenso wird im Gatz der rote Balken für Wilhelm Graf von Leslie, Fürstbischof von Laibach, angegeben. Die Familie erhielt übrigens am 5.6.1648 den Grafenstand in Erinnerung an blutige Ereignisse vom 25.2.1634 in Eger (Ermordung Wallensteins); die Begünstigten waren die Brüder Walter (-4.3.1667) und Alexander Leslie. Walter, der als kaiserlicher Oberwachtmeister an der Ermordung des abgesetzten und zum Hochverräter erklärten Generals Wallenstein teilgenommen hatte, wurde Feldmarschall und kommandierender General an der slavonischen Grenze. Die Familie erlosch in Österreich am 22.2.1802. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu blau-goldenen Decken Kopf und Hals eines goldenen Greifen wachsend.
Heraldisch links befindet sich der mit einem Fürstenhut versehene Wappenschild mit dem Stammwappen der Fürsten von Eggenberg (in Silber eine goldene Laubkrone zwischen drei (2:1) im Dreipaß gestellten, auf die Krone zufliegenden, goldengekrönten schwarzen Raben, die Krone gemeinsam mit ihren Schnäbeln haltend, vgl. Siebmacher Band: Kro Seite: 221 Tafel: 160, Band: BayA1 Seite: 68 Tafel: 69, Band: NÖ1 Seite: 74 Tafel: 37, Band: Un Seite: 150 Tafel: 118, Band: OÖ Seite: 34 Tafel: 17.).
Noch eine Ergänzung zu Maria Eleonore v. Eggenberg (20.4.1694-28.9.1774): Joseph Siegmund Graf Leslie (8.10.1694-16.6.1732) war ihr erster Mann, und er war zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Kirche bereits verstorben. Nach ihm ging sie am 28.10.1733 eine Verbindung mit Andreas Siegmund v. Welz(er) zu Eberstein und danach eine dritte am 26.9.1740 mit Johann Leopold Franz Graf v. Herberstein (1712-1789) ein. Kinder sind keine bekannt.
Ihre jüngere Schwester Maria Theresia Josepha v. Eggenberg (14.10.1695-24.11.1774) hatte mit Karl Cajetan Graf Leslie (11.8.1696-20.6.1761) mehrere Kinder, Franz Leopold Graf Leslie (25.4.1727-21.12.1774, vermählt mit Maria Franziska Ludovika v. Waldstein, keine Kinder), Antonius Leslie, Carl Joseph Leslie, Maria Cajetana Leslie, Maria Rosalia Leslie und Anton Joseph Graf Leslie (1787 Majoratsherr, kinderlos, gest. 22.2.1802, letzter im Mannesstamm). Die letzte der Familie war Maria Rosalia Leslie (7.9.1732-2.2.1807), die mit Maria Franz Xaver Anton Adolf Graf v. Attems (17.7.1729-13.3.1788) verheiratet war, und so kam Ehrenhausen an die Grafen Attems.
Weitere Wappen der Familie finden sich im Innern der Kirche (ohne Abb.) an Grabsteinen der Eggenberger und ihrer Gemahlinnen, darunter Hanns Christoph von Eggenberg (gest. 3.5 1581) und sein Bruder Bartolome von Eggenberg (1547-5.3.1585), des Letzteren Ehefrau Justine von Breuner ("Prainerin", 1555-1592, Farbangaben nach Bartsch: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber ein in zwei Reihen schwarz-golden geschachter Pfahl, Feld 2 und 3: in Gold ein aufspringender natürlicher (schwarzer) Biber, Herzschild: in Silber ein aufspringendes schwarzes Pferd, vgl. Siebmacher Band: Bö Seite: 108 Tafel: 59, Band: FstA Seite: 25 Tafel: 23-24, Band: Un Seite: 85 Tafel: 69, Band: Kro Seite: 21 Tafel: 16-17, Band: NÖ1 Seite: 40 Tafel: 23) und des Ersteren Ehefrau Maria von Galler ("Gallerin", in Schwarz ein goldener Schrägbalken, vgl. Siebmacher Band: Krai Seite: 9 Tafel: 7, Band: Kro Seite: 222 Tafel: 161, Band: Mä Seite: 288 Tafel: 205, Band: NÖ1 Seite: 113 Tafel: 55). Gegenüber befindet sich ein zweiteiliges Epitaph für Christoph von Eggenberg (gest. 1553) und seine Frau Helena geb. Fueger (Helene von Fieger, ohne Sterbedatum); in den halbkreisförmigen Aufsätzen befinden sich die beiden Vollwappen (Eggenberg wie oben, Fueger/Fieger von Hirschberg: geviert, Feld 1 und 4: in Rot eine ausgerissene silberne Kleestaude mit ihren Wurzeln und zwei auswärts geneigten Blätterstengeln, Feld 2 und 3: in Silber eine schwarze Gemse (oft als Steinbock dargestellt, vgl. Siebmacher Band: OÖ Seite: 45 Tafel: 20-21).
Emmabrunnen Ehrenhausen
Unweit der Kirche befindet sich der sog. Emmabrunnen am Hauptplatz vor dem Rathaus, auch dieser trägt ein Allianzwappen der Grafen von Leslie heraldisch rechts und der Fürsten von Eggenberg heraldisch links wie zuvor beschrieben. Der Wasserausfluß befindet sich unterhalb des Wappensteines; oberhalb des Gesimses befindet sich eine barocke Skulpturengruppe (der Hl. Nepomuk kniet vor der thronenden Madonna, ein Werk von Philipp Jakob Straub). Der Brunnentrog wurde erneuert.
Literatur,
Links und Quellen:
Peter Stauder, historisches
Ehrenhausen: http://www.ehrenhausen.at/Historisches-Ehrenhausen.5.0.html
Genealogie der Eggenberger: http://genealogy.euweb.cz/bohemia/eggenbg.html
Peter Stauder, Pfarrei Ehrenhausen: http://88.116.171.246/pfarre/chronik/festschrift650/pstauder_ehrenh.htm#Ehrenhausen
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Schloß Ehrenhausen: http://www.burgen-austria.com/Archiv.asp?Artikel=Ehrenhausen
Turmuhr: http://www.uhrenstube-aschau.at/forschung_publikation/DGC_Ehrenhausen.pdf
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere die Bände
Niederösterreich, Oberösterreich, Krain, Kroatien, Böhmen und
Fürsten.
Breuner: Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567),
Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen Anmerkungen
von Dr. Josef v. Zahn und Heraldische Besprechung von Alfred
Ritter Anthony v. Siegenfeld, Graz u. Leipzig, Ulrich Mosers
Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1893, Seite 8 Tafel 56
Galler: Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567),
Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen Anmerkungen
von Dr. Josef v. Zahn und Heraldische Besprechung von Alfred
Ritter Anthony v. Siegenfeld, Graz u. Leipzig, Ulrich Mosers
Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1893, Seite 25 Tafel 55
Leopold von Beckh-Widmanstetter, Studien an den Grabstätten
alter Geschlechter der Steiermark und Kärntens (1877), http://www.archive.org/details/studienandengra00widgoog (cave, z. T. unstimmige Daten im Vergleich zu
obigen Quellen)
Horst Schweigert, Die Pfarrkirche und das Eggenberger Mausoleum
in Ehrenhausen, Christliche Kunststätten Österreichs, Nr. 294,
Verlag St. Peter Salzburg, 1. Auflage 1996.
Die Wappen der Freiherren und Fürsten von Eggenberg
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