Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1654
Hartberg (Steiermark, Österreich)
Mariensäule auf dem Hartberger Hauptplatz
Die Mariensäule auf dem Hartberger Hauptplatz besitzt eine Basis von quadratischem Querschnitt, auf deren vier Flächen insgesamt vier Wappendarstellungen zu sehen sind, inhaltlich sind jeweils zwei gleich. Auf jeder Fläche befindet sich unten die in zwei Ziffernpaare aufgeteilte Jahreszahl 1675. Um den Sockel zieht sich unten noch eine Inschrift, die der Renovierung der Säule durch die "Civitas Hartbergensis" gedenkt, oben ist eine weitere Renovierungsinschrift unter der Säulenbasis.
Es handelt sich dabei um die Wappen der Familien v. Paar und v. Talmberg. Die einzelnen Flächen sind auf dem oberen bogenförmigen Rahmen jeweils namentlich zugeordnet: 2x identisch "MARIA G: VON PARR GEPORNE G VON PARR", "RVDOLPH G. VON TALMBERG" und "MARIA ANA G: VON TALMBERG GEBORNE G VON BMNR (unsachgemäß nachgezeichnet, soll sein: PARR)". Die beiden letzten Inschriften passen zu Rudolf Franz Ferdinand von Talmberg (geb. um 1645, gest. 12.5.1702), Kämmerer, vermählt in erster Ehe mit Maria Anna von Paar. Deren Eltern waren Julius Rupert Graf Paar und Maria Paar. Daß hier eine Paar einen Paar geheiratet hat, erklärt die Doppelung der Wappen und Namen. Ihre Tochter wird mit dem Wappen ihres Ehemannes repräsentiert. Insgesamt stehen die vier Wappen also für die Eltern, die Tochter und den Schwiegersohn. Cave: In zweifelhaften Quellen wird Talmberg zu "Calenberg" gemacht, was natürlich ein Irrtum ist.
Das Familienwappen Talmberg (auch Thalenberg, tschechisch Talmberkové oder z Talmberka) zeigt zwei unten miteinander verbundene, mit kurzen Trieben und Wurzeln versehene (ausgerissene), herzförmig oben gegeneinander geneigte, gestielte Seeblätter. Hier ist die Feldfarbe golden und die Farbe der Seeblätter grün; in der Literatur wird das Wappen jedoch in anderen Farben angegeben: In Rot zwei silberne Seeblätter wie beschrieben, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Flug, jeder Flügel belegt mit einer Hälfte der Schildfigur. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Mähren, S. 298, T. 214 unter den Olmützer Domherren. Die alte böhmische Familie, der in der zweiten Hälfte des 13. Jh. die Burg Talmberg bei Rataj na Sázave gehörte, erlangte mit Friedrich v. Talmberg 1629 den Freiherrenstand. Die beiden Ende des 16. Jh. entstandenen Zweige der Familie, die Talmberg von Smilkov, die auf den 1651 verstorbenen Kreisrat, Landesrichter, Kammermeister und Hauptmann des Kreises Elbe Johann zurückgeht, und die Talmberg von Wlaschim, die auf den 1623 verstorbenen Kreisrat, Landrichter, und Kämmerer Georg zurückgeht, starben im 17. Jh. bzw. 1735 aus. Der hier relevante Rudolf Franz Ferdinand entstammte der Linie der Talmberg von Wlaschim, und er war der Bruder des Bischofs von Königgrätz, Johann Franz Christoph von Talmberg (16441698), dessen Wappen im Gatz wiedergegeben wird, auch dort in den Farben rot-silbern.
Auf den anderen beiden Flächen befindet sich das Wappen der Familie v. Paar. Werfen wir zunächst ein Blick in die Quellenlage im Siebmacher (Band: Un Seite: 470 Tafel: 344, Band: FstA Seite: 212 Tafel: 267-269, Band: Mä Seite: 94 Tafel: 73, Band: Bö Seite: 198 Tafel: 86, Band: NÖ1 Seite: 325 Tafel: 172), die ziemlich unübersichtlich und vielgesichtig ist, aber folgende Entwicklung erkennen läßt (weitere, hier unerwähnte Varianten siehe Literatur):
Die Brüder Marcus und Martin v. Paar erhielten am 19.5.1528 zu Prag eine Adelsbestätigung und eine Wappenbesserung. Das Wappen von 1528 ist geteilt, oben in Silber ein roter Stier, zwischen den Hörnern eine goldene Krone, unten von Gold und Blau fünfmal schräggeteilt (v. Paar). Auf dem Helm mit rechts rot-silbernen und links blau-goldenen Decken der golden gekrönte, rote Stier wachsend.
Die Brüder Marcus und Martin v. Paar und Johannes v. Paar erhielten zu Gent am 1.5.1531 eine Bestätigung des alten Freiherrenstandes. Peter Joseph Paar, Oberpostmeister in Preßburg, erlangte 1560 den ungarischen Adelsstand und am 5.2.1574 den rittermäßigen Reichsadelsstand.
Als vermehrtes Wappen nach dem Diplom vom 5.2.1574 wird beschrieben: Geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer, gekrönter Adler, Feld 2 und 3: geteilt, oben in Silber ein wachsender roter Stier, unten von Blau und Gold fünfmal schräggeteilt. Auf dem Helm mit rechts blau-goldenen und links rot-silbernen Decken der rote Stier wachsend zwischen Flügeln, der rechte von Blau und Gold fünfmal schräglinksgeteilt, der linke rot mit silbernem Balken.
Weitere Bestätigungen folgten am 21.1.1606 zu Graz (Reichsfreiherrenstand) und am 4.3.1623 zu Regensburg für die Brüder und Vettern Rudolf Balthasar, Julius Rupert, Johann Friedrich und für Vespasian v. Paar zu Hartberg. Die Bestätigung von 1623 war mit einer Wappenbesserung verbunden (s. u.). Der genannte Julius Frhr. v. Paar erhielt das Oberhofpostmeisteramt für Ungarn, Böhmen und Österreich ob und unter der Enns, was sie zu der neben dem Haus Thurn und Taxis wichtigsten Familie für die Entwicklung und Aufrechterhaltung des Postwesens im Reich machte. In Böhmen hatte die Familie zudem ausgedehnten Besitz.
Das nächste vermehrte Wappen, wie es sich im alten Siebmacher von 1610 findet, ist gespalten und zweimal geteilt, Feld 1 und 4: in Silber ein schreitender roter Stier, Feld 2 und 5: in Gold ein schwarzer, gekrönter Adler, Feld 3 und 6: von Gold und Blau fünfmal schräggeteilt. Dazu zwei gekrönte Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der rote Stier wachsend zwischen zwei von Gold und Blau fünfmal schräggeteilten Flügeln, Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer, gekrönter Adler.
Verbessertes freiherrliches Wappen vom 4.3.1623: Auf der Brust eines gekrönten schwarzen Doppeladlers mit Kaiserkrone zwischen den Häuptern ein gevierter Hauptschild mit Herzschild, Feld 1 und 4: von Blau und Gold (oder umgekehrt, das wechselt öfters mal, genau wie die exakte Anzahl und ist leider mit einer gewissen Unschärfe zu sehen) fünfmal schräggeteilt, Feld 2 und 3: in Gold ein schwarzer, gekrönter Adler, Herzschild: in Silber ein wachsender roter Stier mit goldenen Hörnern. Interessant ist, daß der Stier, vorher ganz und schreitend, nun wieder halbiert und wachsend im Schild geführt wird. Ferner setzt sich im Laufe der Diplome die Tendenz fort, Stier und Schrägteilungen immer mehr voneinander zu separieren, und bei den Schrägteilungen setzt sich immer mehr Blau als oberste Farbe durch.
Einer der vier oben erwähnten Begünstigten, Johann Christoph Freiherr von Paar (-1636), Sohn von Johann Baptist Paar und Afra Sidonia v. Haim, seit dem 4.9.1624 Oberst-Hof-Postmeister in Ungarn und Böhmen, kaiserlicher Kämmerer, erlangte 1636 den Reichsgrafenstand, dem am 14.1.1654 für seinen Sohn Karl Franz Freiherrn v. Paar, k.u.k. Kämmerer, obersten Hof- und Erbpostmeister, die böhmische Grafenstandsbestätigung folgte. Johann Baptist von Paar, Johann Christophs Vater, seit 1570 Erbland-Postmeister in der Steiermark, hatte im Jahre 1571 das Schloß in Hartberg erworben, das viele Jahrhunderte in Familienbesitz bleiben sollte und seitdem nur noch "Schloß Paar" genannt wurde. Und er war es, der die mittelalterliche Burg in den Jahren 1576-1584 zu einem dreigeschossigen Renaissanceschloß umbauen ließ.
Genau dieser Entwicklungsstufe entspricht das Wappen hier an der Mariensäule, es hat den unterlegten Reichsadler, den gevierten Hauptschild, wobei in Feld 1 und 4 jeweils eine Teilung mehr zu sehen sind, so daß es in blauem Feld drei goldene Schrägbalken sind, und den wachsenden Stier im Herzschild, aber noch nicht die Elemente des nächsten, vermehrten gräflichen Wappens.
Als nächste Entwicklungsstufe nach dem hier abgebildeten Wappen folgt das vermehrte gräfliche Wappen. Neue Komponenten sind die Wappen der ausgestorbenen v. Schwanberg (Schwanenberg, Schwamberg, tschechisch ze vamberka, z Sswamberka, z Sswamberka und z Krasikowa) und v. Rosenberg (tschechisch Páni z Romberka), nachdem Karl Franz Graf v. Paar , k. u. k. Oberster Reichshof- und Generalpostmeister, am 28.11.1665 in Böhmen die Wappenvereinigung genehmigt wurde, denn er war mit Franziska Polyxena v. Schwanberg vermählt, der Erbtochter des Geschlechts der Freiherren von Schwanberg, Tochter des 1614 verstorbenen Georg Ernerich (Jirí Ernreich) von Schwanberg und Kryzelda von Donin. Johann Georg Freiherr von Schwanberg, Großonkel von Franziska Polyxena, hatte als Erbe seines Onkels Peter Wok, letzter Sproß der Herren v. Rosenberg, aufgrund eines Erbvertrages von 1484 am 24.2.1614 sein Stammwappen mit dem der v. Rosenberg vereinigt, und so hielten nun beide in Kombination Einzug in das Wappen der Grafen von Paar, welches nun wie folgt aussieht: Auf einem rotgezungten, golden gekrönten, nimbierten und bewehrten, schwarzen Doppeladler mit einer Kaiserkrone zwischen den Häuptern ein gekrönter, gevierter Hauptschild mit einem gekrönten Herzschild, der von zwei natürlichen oder schwarzen Bären gehalten wird (heraldisch ein ganz schlimmer Fehltritt, die Bären können aber auch fehlen und wurden im fürstlichen Wappen gänzlich wieder entfernt), Feld 1 und 4: von Blau und Gold fünfmal schrägrechts geteilt, Feld 2 und 3: in Gold ein gekrönter schwarzer Adler. Herzschild: halbgeteilt und gespalten, Feld 1 (oben rechts): in Silber ein rote Rose (Rosenberg), Feld 2 (links): in Rot ein silberner Schwan (Schwanberg), Feld 3 (unten rechts): in Rot drei silberne Schrägrechtsbalken ("Rosenberg"). Fazit: Neue Komponenten wurden hinzugewonnen, dafür wurde der Stier, immerhin eine Komponente des Stammwappens, nachdem er erst halbiert wurde, nun ganz aufgegeben und endgültig des Wappens verwiesen. Noch einmal zurück zu dem vereinigten Wappen Schwanberg-Rosenberg: Der Schwan gehört zu Schwanberg, die Rose zu Rosenberg, noch nicht diskutiert wurden die Schrägbalken. Diese beruhen auf einer unbelegten Legende, daß die Rosenberger von den Orsini abstammen sollten, was eine zur Hebung des Prestiges gerne erzählte Fiktion ist, bar jeder genealogischen Grundlage. Dennoch nahm man die rot-silbernen Schrägteilungen als Schrägbalken auf, und zwischen Rose und Schrägteilungen fehlt nur noch die Schlange zum Orsini-Wappen. Es war in jener Zeit durchaus Mode, sich eine Stammesverwandtschaft mit einem römischen Geschlecht anzudichten. Es ist übrigens bei weitem nicht die einzige absichtliche Fälschung in der Geschichte der Rosenberger.
Reichsfürstliches Wappen von 1769: Johann Wenzel Graf von Paar (7.8.1719-4.7.1792), Sohn von Johann Leopold Graf Paar (4.7.1693-25.6.1741) und Maria Theresia Gräfin v. Sternberg (-29.3.1761), Wirkl. Geh. Rat und Kämmerer, Oberster Reichshof- und Generalpostmeister, vermählt mit Mária Antónia Esterházy (31.3.1719-12.3.1771), erwarb am 5.8.1769 den in der Primogenitur vererbten Reichsfürstenstand mit der Anrede "Hochgeboren", nachdem er bereits wenige Tage zuvor, am 1.8.1769, den in der Primogenitur vererbbaren böhmischen Fürstenstand erhalten hatte. Der Reichsadler blieb gleich; fürstliche Insignien hielten Einzug in das Wappen; die Bären als Schildhalter für den Herzschild flogen raus. Das reichsfürstliche Wappen sieht nun wie folgt aus: Auf einem rotgezungten, golden gekrönten, nimbierten und bewehrten, schwarzen Doppeladler mit einer Kaiserkrone mit abflatternden blauen Bändern zwischen den Häuptern ein mit einem hermelingestulpten Fürstenhut gekrönter, geteilter und zweimal gespaltener Hauptschild mit gekröntem Herzschild, Feld 1 und 6: von Blau und Gold fünfmal schrägrechts geteilt, Feld 2: in Rot eine goldene Königskrone, Feld 3 und 4: in Gold ein gekrönter schwarzer Adler, Feld 5: in Blau drei Königskronen übereinander. Herzschild: halbgeteilt und gespalten, Feld 1 (oben rechts): in Silber eine golden bebutzte und grün bespitzte rote Rose (Rosenberg), Feld 2 (links): in Rot auf grünem Boden ein schreitender schwarz bewehrter, silberner Schwan (Schwanberg), Feld 3 (unten rechts): in Rot drei silberne Schrägrechtsbalken ("Rosenberg"). Kuriosum am Rande: Wenn man zusammenrechnet, enthält das reichsfürstliche Wappen insgesamt elf verschiedene Kronen!
Auf Johann Wenzel Fürst Paar (7.8.1719-4.7.1792) folgten nacheinander als Fürsten sein Sohn Wenzel 2. Fürst Paar (27.1.1744-22.11.1812), dessen Sohn Johann Karl 3. Fürst Paar (15.6.1772-30.12.1819), dessen Sohn Karl 4. Fürst Paar (6.1.1806-17.1.1881) und dessen Sohn Karl Johann Wenzel 5. Fürst Paar (7.7.1834-21.4.1917), unter Überspringung von Alfons Graf Paar (14.5.1868-22.9.1903) gefolgt von des 5. Fürsten Enkel Alfons Maria Ernst Karl 6. Fürst Paar (15.12.1903-20.4.1979).
Die Familie erlangte am 18.4.1861 die erbliche Mitgliedschaft im Herrenhaus des österreichischen Reichsrates, als eines der wenigen fürstlichen Geschlechter, die nicht mediatisiert worden waren. Am 20.7.1905 wurde Karl Fürst v. Paar auf Hartberg und Krottenstein die Anrede " Durchlaucht" verliehen. Da der Fürstentitel in der Primogenitur vererbt wird, führen die jeweils Nachgeborenen den Titel "Graf v. Paar" bzw. "Gräfin v. Paar".
Literatur,
Links und Quellen:
Paar: http://www.coresno.com/aktuell/133-boehmen/2353-lex-paar.html
Paar: http://de.wikipedia.org/wiki/Paar_%28Adelsgeschlecht%29
Talmberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Talmberg
Paar, Haim und Talmberg in Hartberg: http://books.google.de/books?id=TDo-AAAAcAAJ.....e
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Schwanberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Schwanberg_%28Adelsgeschlecht%29
Schwanberg: http://www.ckrumlov.info/docs/de/region_histor_svambe.xml
Rosenberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Rosenberg_%28Adelsgeschlecht%29
Rosenberg: http://www.encyklopedie.ckrumlov.cz/docs/de/mesto_histor_rozmbe.xml
Wappen der Rosenberger: http://www.encyklopedie.ckrumlov.cz/docs/de/mesto_histor_roznak.xml
Peter Wok von Rosenberg: http://www.encyklopedie.ckrumlov.cz/docs/de/osobno_pevoro.xml und http://www.encyklopedie.ckrumlov.cz/docs/de/mesto_histor_porpvr.xml
Rosenberg, Genealogie: http://genealogy.euweb.cz/bohemia/rosenbg1.html
Annemarie Enneper, Rosenberg, in: Neue Deutsche Biographie,
Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005,
S. 57 f. - online: http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016410/images/index.html?seite=73
Hartberg, Schloß Paar: http://www.burgen-austria.com/Archiv.asp?Artikel=Hartberg%20-%20Schloss%20Paar
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Bände Fürsten, Krain
und Mähren.
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