Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1646
Stubenberg am See (Steiermark, Österreich)

Pfarrkirche von Stubenberg am See:
Herberstein-Epitaph

An der Südseite der Nikolauskirche von Stubenberg befindet sich ein bildhauerisches Meisterwerk aus der Zeit der Renaissance, das Herberstein-Epitaph, welches das bedeutendste Beispiel von Funeralkunst der Pfarrkirche darstellt. Es wurde errichtet für Georg Freiherr v. Herberstein (28.1.1529-1586), seine Frau und seine Nachkommen. Georg wurde 1580 Landeshauptmann der Steiermark. Er war der Sohn von Bernhardin Graf v. Herberstein (-10.3.1554) und dessen Frau Katharina v. Saurau (3.2.1519-28.2.1570). Georg war vermählt mit Barbara Schindel v. Dromsdorf, Tochter von Bernhard Schindel (-30.1.1549) und Katharina v. Boskovic. Das Epitaph aus dem frühen 17. Jh. mit zwei achtköpfigen Figurengruppen zu beiden Seiten eines Gekreuzigten und mit zwei Wappendarstellungen hoher künstlerischer Qualität im Sockelbereich umrahmt den Zugang zur Gruft unter der bis 1531 erbauten Dionysiuskapelle. Es ist nicht der ursprüngliche Aufstellungsort, denn das Epitaph stand erst innerhalb der Dionysiuskapelle und wurde erst 1760 abgebaut und an die südliche Außenwand versetzt. In seiner heutigen Form ist es aufgrund der veränderten Situation mit der Tür in der Mitte ein neuer Aufbau von 1856 unter Verwendung der Reliefs. Das Kreuz und das Schutzgitter stammen von 1856.

Auf der Männerseite optisch links vom Kreuz dominiert links außen der Pater familias, Georg Freiherr v. Herberstein (28.1.1529-1586), gen. der Breite, Landeshauptmann der Steiermark. Er war es, der um die Mitte des 16. Jahrhunderts damit begann, den namengebenden Stammsitz von einer mittelalterlichen Burg in ein repräsentatives Wohnschloß der Renaissance zu verwandeln, so gehen auf ihn z. B. der fünfgeschossige Südtrakt und die Ausstattung der dem Innenhof zugewandten Fassaden mit Portalen und Fenstern im Stile der Renaissance zurück. Neben Georg sind sieben seiner Söhne von links nach rechts nach Alter und Größe in zwei Reihen zum Kreuzschaft hin gestaffelt, darunter:

Die künstlerische und bildhauerische Qualität der Darstellungen, insbesondere der Rüstungen auf der Männerseite und auch der Gewänder auf der Frauenseite, ist herausragend. Diese Details machen es zu einem wichtigen Zeitdokument für Plattenharnische und Kostümgeschichte. Das Epitaph ist ein Werk von Anton Verda.

Auf dem Sockel optisch links neben der Zugangstür zur Gruft befindet sich das Wappen von Georg Freiherr v. Herberstein (28.1.1529-1586). Es hat hier die Inhalte, die seit 1542 gemäß einer Urkunde von Kaiser Ferdinand I. unter Anerkennung des Neubergschen Wappens von der Familie v. Herberstein geführt werden durften, und eine besondere Form, die die beiden neuen Komponenten als Beiwappen seitlich neben das bisherige Wappen stellt, genau wie auch im Bartsch (danach die Tinkturangaben im folgenden Text) wiedergegeben: Hauptwappen geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silberner Sparren (Stammwappen v. Herberstein), Feld 2 und 3: von Kaiser Karl V. gewährtes Gnadenwappen von 1522, gespalten, rechts in Rot ein goldener Zinnenturm (Kastilien), links in Rot ein silberner Balken (Österreich).

Der Trick an dieser Anordnung mit den beiden Beischilden ist, daß man so gut mit den fünf Helmen umgehen kann, ohne sie sehr in der Größe zu reduzieren, wie das bei einem Gesamtschild aus Platzgründen notwendig wäre. So kann man sogar die äußeren Helme des Hauptwappens nach außen verschieben, ohne daß es störend auffiele, im Gegenteil, alle fünf Helme bilden gemeinsam einen über die Gesamtkomposition gespannten Bogen. Man beachte in der Komposition auch die kleinen Details wie die zwischen Hauptwappen und Beiwappen entlang der ovalen Kartusche eingeschobenen menschlichen Figuren, rechts weiblich, links männlich, die den Schild des Beiwappens jeweils an einem Band halten und so für "Anbindung" sorgen. Durch die Komposition ergibt sich eine tiefere Position der beiden Beischilde; der Freiraum unter dem Hauptwappen wird mit einem geflügelten Engelskopf ausgefüllt.

Die drei gekrönten Helme des Hauptwappens (Tingierung nach Lit.): Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der König von Spanien im golden verzierten Harnisch, in der Rechten ein golden gegrifftes Schwert aufrecht haltend, in der Linken mehrere goldene Zepter haltend, auf dem Haupt eine Laubkrone, Helm 2 (Mitte): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der "römische König" in Krönungsornat mit römisch-deutscher Kaiserkrone, Zepter in der Rechten und Reichsapfel in der Linken, Helm 3 (links): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken der Zar der Russen in einem auf der Brust mit Tressen geschnürten Gewand, mit silbernem Hut mit braunem Pelzstulp, in der Rechten drei goldene Pfeile, hier von ihr herabhängend ein Krummsäbel, in der Linken eigentlich einen goldenen Bogen haltend (hier evtl. als freistehender Teil verloren gegangen). Es sei hervorgehoben, daß keines der drei Kleinode das historische Stammkleinod der von Herberstein ist, alle drei wurden 1522 neu geschaffen unter vollständiger Ablegung des bislang geführten, roten, mit dem Sparren belegten Flügels.

   

Abb. links: Beiwappen rechts: in schwarzem, mit goldenen, hier gestürzten Herzen bestreutem Feld ein aufspringender silberner, rotgezungter Wolf, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken zwischen einem schwarzen, mit goldenen, hier gestürzten Herzen bestreuten Flug ein wachsender silberner, rotgezungter Wolf (v. Neuberg).

Abb. rechts: Beiwappen links: in Rot ein goldenes Pferdekummet, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein goldenes Pferdekummet, an der Spitze gekrönt und mit einem schwarzen Federbusch besteckt (v. Hag).

Auf der Frauenseite optisch rechts vom Kreuz dominiert links außen die Mutter der vielen hier dargestellten Kinder, wobei die Aufzählung keineswegs vollzählig ist (denn wenn man die jung gestorbenen Kinder hinzurechnet, kommt man auf 22 Kinder insgesamt), Barbara Schindel v. Dromsdorf, Ehefrau von Georg Freiherr v. Herberstein (28.1.1529-1586). Neben ihr sieben ihrer gemeinsamen Töchter von rechts nach links in zwei Reihen nach Alter und Größe zum Kreuzschaft hin gestaffelt, alle in hervorragend gearbeiteter, aber stereotyper Kleidung, vermutlich handelt es sich um die nachfolgend aufgeführten Töchter, da die anderen sehr jung verstorben sind:

Auf dem Sockel optisch rechts neben der Zugangstür befindet sich das Wappen von Barbara Schindel v. Dromsdorf, Ehefrau von Georg Freiherr v. Herberstein (28.1.1529-1586). Das redende Wappen zeigt in Rot drei silberne, sich in der Mitte berührende Schindeln, deichselweise im Dreipaß gestellt, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken hier ein vermutlich roter Flug mit einem abgeledigten, vermutlich silbernen Sparren, eine unkorrekte und verunglückte Wiedergabe des Kleinods dieser schlesischen Familie. Korrekt wäre die Wiederholung der drei silbernen Schindeln innerhalb eines Kranzes zwischen einem roten Flug, wobei im Siebmacher mehrere unterschiedliche Varianten aufgeführt werden. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: SchlA1 Seite: 93 Tafel: 68, Band: Pr Seite: 354 Tafel: 406.

Das Schindelwappen taucht ferner aufgrund einer Heirat in dem vermehrten Wappen der v. Einem-Schindel (v. Einem gen. v. Schindel) auf, vgl. Siebmacher Band: PrE Seite: 59 Tafel: 49, denn Ida Augusta Octavia v. Schindel, die letzte des Geschlechtes, hatte 1865 den k. u. k. Rittmeister Johann Just von Einem geheiratet, der aufgrund des Erlöschens der Familie im Mannesstamm am 31.8.1867 die königlich-preußische Erlaubnis zur Vereinigung von Namen und Wappen erhielt.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567), Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen Anmerkungen von Dr. Josef v. Zahn und Heraldische Besprechung von Alfred Ritter Anthony v. Siegenfeld, Graz u. Leipzig, Ulrich Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1893, Seite 39 Tafel 23
http://de.wikipedia.org/wiki/Herberstein_%28Adelsgeschlecht%29
Valentin Einspieler, Herberstein, in: Neue Deutsche Biographie, Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, S. 577 f., online:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016409/images/index.html?seite=593
Kirchenführer von Stubenberg
Schloß Herberstein:
http://www.austria-lexikon.at/af/Heimatlexikon/Schloss_Herberstein
Familie Herberstein:
http://www.coresno.com/aktuell/133-boehmen/3009-lex-herberstein.html

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