Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1632
Celle (Niedersachsen)

Das Alte Rathaus in Celle

Das Alte Rathaus von Celle ist eines der schönsten und am üppigsten dekorierten historischen Steingebäude der Celler Altstadt. Der erste Bau an dieser Stelle stammt aus der Zeit, als Herzog Otto der Strenge 1292 die Stadt nach seinen Vorstellungen anlegen ließ, und im Ratskeller kann man noch die alten gotischen Kreuzgratgewölbe sehen. Der Überbau entstammt hingegen dem 16. Jh. Er ist im Stile der Weserrenaissance erbaut worden. Der längsrechteckige Bau hat an der östlichen Traufseite eine einstöckige Auslucht links, zwei Zwerchgiebel und einen übergiebelten Erker im ersten Obergeschoß. Rechts im Bild erkennt man die Voluten des künstlerisch besonders hervorzuhebenden Stirngiebels, der mit Pilastern in dorischer, ionischer und korinthischer Ordnung gegliedert wird. Das ganze Haus ist mit Illusionsmalerei verziert, die im unteren Geschoß Bossenquader darstellt und im oberen Stockwerk Schmucknischen zwischen einer Säulenordnung. Die heutige Farbfassung geht auf originale Befunde zurück und entspricht einer Fassung aus dem 17. Jh. Erbaut wurde das Rathaus ca. 1560-1579. Die verantwortlichen Architekten waren der Ratsmaurermeister Friedric Soltesburg und Jacob Rieß. Zwischen der Auslucht zur Linken und dem Erker zur Rechten befinden sich im Untergeschoß drei Rundarkaden, zwischen deren Bögen jeweils zwei reichverzierte Rahmen mit Wappen der Landesherren eingelassen sind.

Zur Linken sehen wir das Wappen mit der Inschrift "VON GOTTES GNADEN WILHELM DER IVNGER HERTZOG ZV BRAVNSCHWEIG VND LVNEBVRCK". Dabei handelt es sich um Wilhelm V. Herzog v. Braunschweig-Lüneburg-Celle (4.7.1535-1592), der 1559 Herzog wurde, den Sohn von Ernst I. Herzog v. Braunschweig-Lüneburg-Celle (1497-11.1.1546) und von Sophie v. Mecklenburg-Schwerin (12.4.1508-17.6.1571). Wilhelm war einer von vier Söhnen, und zwar der jüngste. Sein ältester Bruder, Franz Otto, trat nach des Vaters Tod die Herrschaft in Lüneburg an, starb aber schon 1559. Zu dem Zeitpunkt war ein weiterer Bruder, Friedrich, bereits ohne Nachwuchs verstorben. Wilhelm und sein verbliebener Bruder Heinrich regierten bis 1569 gemeinsam von Celle aus, bis sich der ältere Bruder mit einer Abfindung nach Dannenberg zurückzog und eine Nebenlinie gründete, während Wilhelm die Regierungsgeschäfte in Celle allein übernahm. Wilhelm unterstützte die Reformation und die Neuordnung des Rechtswesens. Unglücklicherweise war er in höherem Alter immer wieder wegen geistiger Verwirrung regierungsunfähig. Sein Wappen ist wie folgt aufgebaut: Gevierter Schild, Feld 1: Fürstentum Braunschweig, in Rot zwei goldene schreitende, hersehende Löwen (Leoparden) übereinander, Feld 2: Fürstentum Lüneburg, golden und bestreut mit roten Herzen, darin ein blauer Löwe, rotbewehrt und rotgezungt, Feld 3: Grafschaft Everstein, in Blau ein silberner Löwe, golden gekrönt, Feld 4: Herrschaft Homburg, innerhalb eines blau-silbern gestückten Bordes in Rot ein goldener Löwe. Auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken eine rot-goldene Säule (früher mal ein Hut!), oben mit hier vergoldeten, eigentlich natürlichen Pfauenfedern besteckt; zu beiden Seiten der Säule sind zwei hier golden gestielte, silberne Sicheln angebracht, deren Rücken mit hier goldenen, eigentlich natürlichen Pfauenfedern besteckt sind. Zwischen den Sicheln erscheint ein laufendes silbernes Pferd.

Zur Rechten sehen wir das Wappen seiner Gemahlin, "VON GOTTES GNADEN DOROTHEA GEBORNE AVS KONIGLICHEM STAM ZV DENNEMARCK HERTZOGIN ZV BRAVNSCHWEIG VND LVNEBVRG". Dabei handelt es sich um Dorothea von Dänemark (1546-1617), Tochter von Christian III. König von Dänemark (12.8.1503 - 1.1.1559) und von Dorothea v. Sachsen-Lauenburg-Ratzeburg (9.7.1511 - 7.10.1571). Ihr Wappen ist wie folgt aufgebaut: Der Hauptschild ist über einem Schildfuß durch den Danebrog geviert, Feld 1: in goldenem, mit roten Herzen bestreuten Feld drei blaue, hersehende, gekrönte Löwen (Leoparden) übereinander (Königreich Dänemark), Feld 2: in Rot ein goldener Löwe, der in den Vorderpranken eine krummgestielte, hier goldene, eigentlich silberne Streitaxt schwingt (Königreich Norwegen, wurde seit der Zeit Eriks VII. von Pommern Bestandteil des Wappens), Feld 3: in Blau drei (2:1) goldene Kronen (Königreich Schweden, wurde seit der Zeit Eriks VII. von Pommern Bestandteil des Wappens, später auch Kalmarer Union Dänemark/Schweden/Norwegen), Feld 4: in Gold ein schreitender, hersehender blauer Löwe (Leopard) über 9 (4:3:2) roten Herzen (König der Goten, ein gemindertes dänisches Wappen, zuerst von König Christian I. geführt, dann wieder weggelassen, von Christian III. wieder aufgenommen), Schildfuß: in Rot ein goldener Drache oder Lindwurm (Königreich der Wenden. 1440 wurde dieses Element unter König Christoph III von Bayern hinzugefügt, um auf den früheren Sieg über die heidnischen Wenden hinzuweisen, seitdem blieb es im Schild). Der Mittelschild ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold zwei blaue Löwen übereinander (Herzogtum Schleswig, seit 1245 bekannt, wurden 1460 unter Christian I Teil des Wappens des dänischen Königs), Feld 2: in Rot ein silbernes Nesselblatt, je nach Darstellung an den drei Ecken zu einem Nagel ausgezogen, in der Mitte ein silbern-rot geteiltes Schildchen (Herzogtum Holstein, ursprünglich das Wappen der Schauenburger, kam 1460 unter König Christian I ins Wappen), Feld 3: in Rot ein silberner Schwan mit einer goldenen (hier ebenfalls silbern gestrichenen) Krone um den Hals (Herrschaft Stormarn, kam zum ersten Male 1476 in einem Siegel des späteren König Hans (Johann I) als Electus vor und gelangte unter König Christian II 1515 dauerhaft ins Wappen). Herzschild: in Gold zwei rote (hier fälschlicherweise in Rot zwei silberne) Balken (Grafschaft Oldenburg, wurden zuerst in das Wappen Christians I. aus dem Hause Oldenburg eingefügt). Ein Oberwappen gibt es nicht; die dänischen Könige hatten schon länger auf die Wiedergabe von Helmen und Kleinoden verzichtet. Stattdessen dient ein geflügelter Engel als Schildhalter.

Genealogie des Fürstentums Braunschweig-Lüneburg-Celle:
Die in Celle regierende Linie war eine Linie der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. Sie endete 1705 und fiel an das Kurfürstentum Hannover, die ehemalige Linie zu Calenberg.

Medaillons mit den Brustbildern von Herzog Wilhelm und Prinzessin Dorothea.

Literatur, Links und Quellen:
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Welfen:
http://www.welfen.de/
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7, S. 132.
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Landesfürsten
Wilhelm der Jüngere:
http://www.welfen.de/WilhelmJung.htm
O. Hohnstein. Braunschweigische Geschichte, Braunschweig 1908

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