Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1630
Bisperode (Coppenbrügge, Kreis Hameln-Pyrmont)

Die Kirche von Bisperode

Westlich der Wirtschaftsgebäude des Rittergutes steht die Ev. luth. Kirche St. Peter und Paul, auf einer Anhöhe etwas über dem eigentlichen Dorf gelegen. Sowohl am Nord- als auch am Südportal finden wir interessante heraldische Objekte. Das Nordportal erinnert an die Geschichte des Rittergutes vor der Übernahme durch die Wolff-Metternich zur Gracht unter den früheren Ortsherren aus der Familie von Werder.

Nordseite der Kirche. Das Wappen befindet sich über der rechten der beiden grünen Türen.

Einst gehörte das Land dem Bistum Hildesheim, das hier eine Rodesiedlung (Rodung eines Bischofs, wie der Name "Biscopincgerothe" andeutet, unter dem der Ort 1219 erstmalig urkundlich erscheint) sein eigen nannte. Das Bistum vergab die Ortsherrschaft als Lehen an Henrizius aus Kemnade, den ersten einer Familie, die sich in Folge nach dem Ort "von Biscopingerrode" nannte.

Nach deren Aussterben übernahmen die von Werder de Insula 1491-1665 das Lehen, eine seit dem 12. Jh. urkundlich belegte Familie aus der Hildesheimer Ritterschaft. Die von Werder waren bereits ortsansässig, denn sie hatten Besitzungen in Bisperode, Bessingen und Harderode. Nun wurden sie Ortsherren und Lehnsnehmer. Nach dem Dreißigjährigen Krieg war das Anwesen vollständig zerstört und gebrandschatzt und die gewohnte Welt in Trümmern. Die Familie von Werder hatte sich dem Protestantismus zugewandt und auf Seiten des Königs Gustav Adolf v. Schweden gekämpft, was nicht nur die Zerstörung des Gutes durch kaiserliche Truppen unter dem kaiserlichen General Tilly 1625/1638 zur Folge hatte, sondern auch nach Beendigung des Krieges verhinderte, daß die von Werder, die durch Ankauf verwüsteten Bauernlandes ihre Besitzungen nach Kriegsende noch vergrößert hatten, erneut mit Bisperode belehnt wurden. Es wurde deswegen sogar ein Prozeß geführt, der nach 40jähriger Dauer 1720 zugunsten der Wolff-Metternich ausging, die das Anwesen erhalten hatten, 1683 die Untergerichtsbarkeit über Bisperode und Bessingen erworben hatten und unter denen das Schloß längst zu seinen heutigen Ausmaßen ausgebaut worden war.

Heraldische Spuren der Familie von Werder sind am Nordportal der Kirche zu sehen. Das Wappen gehört zum letzten männlichen Nachkommen der Familie auf Bisperode, der zugleich der letzte Ortsherr aus dieser Familie war: Jobst (Jos) von Werder, vermählt mit Margarete (Margreta) von Grone, starb 1665 und hinterließ 5 Töchter. Nach seinem Tod hielten die Wolff-Metternich Einzug auf Bisperode.

Das Wappen der von Werder (früher auch "von dem Werder") zeigt in Blau ein silbernes, rotgezäumtes und gesatteltes Pferd, auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit blau-silbernen Decken ein silbernes, rotgezäumtes und gesatteltes Pferd vor einen blauen oder goldenen Schaft, der mit einem natürlichen Pfauenwedel besteckt ist. Bei Grote wird noch ein vermehrtes Wappen beschrieben, geviert, 1 und 4 Stammwappen, 2 und 3 in Blau ein silbernes, verflochtenes Schräggitter, dazu Stammhelm. Beide Wappen werden ferner im Siebmacher Band: Pr Seite: 443 Tafel: 484 etc. beschrieben. Die aus dem südlichen Niedersachsen stammende und zur Hildesheimer Ritterschaft gehörige, ferner in Anhalt und im Magdeburgischen begüterte Familie hat nichts mit dem märkischen Geschlecht gleichen Namens, aber völlig anderen Wappens zu tun.

Das Wappen der von Grone zeigt drei fächerförmig gestellte Pfeile, auf dem bewulsteten Helm die drei Pfeile nebeneinander. Max von Spießen gibt ein solches Wappen Grone an mit Grün als Feldfarbe und Silber als Farbe der gemeinen Figuren, dort sind allerdings die Pfeile der Helmzier gestürzt.

1716 wurde die im Grunde aus dem 12./13. Jh. stammende Kirche, deren hohes Alter die romanischen Säulen, die Kreuzgratgewölbe im Turm und der bergfriedartige Wehrturm mit seinen extrem dicken Mauern belegen, im barocken Zeitgeist modernisiert. Der wuchtige Turm erhielt eine barocke, geschwungene Haube, das Langhaus wurde barock als Saalkirche erneuert und die Altarwand wurde ornamentreich neu gestaltet.

Südseite der Kirche. Das Wappen befindet sich über der grünen Tür.

Über dem südlichen Eingangsportal der Kirche befindet sich ein vermehrtes Wappen der Wolff-Metternich zur Gracht, es ist geviert: Feld 1 und 4: geteilt, oben in Blau ein silberner, dreilätziger Turnierkragen, unten in Silber ein natürlicher Wolf (Stammwappen). Feld 2 und 3: in Gold eine rote Lilie, auf jedem der oberen Seitenblätter ein grüner nach innen gewendeter Sittich (Vogel) sitzend (v. Elmpt-Burgau). Ein Oberwappen fehlt hier, stattdessen sehen wir hier eine sehr große fünfzackige Laubkrone. Das Wappen stellt einen späteren Entwicklungszustand des Wappens dar, denn Franz Joseph, Sohn des Johann Adolf Wolff Metternich zur Gracht (1651-1722) und der Anna Maria Therese Truchsess zu Wetzhausen, wurde am 17.5.1731 in den Reichsgrafenstand erhoben, und das Wappen derer von Elmpt wurde hinzugefügt, weil die Familie kurze Zeit die Besitzungen einer Linie der von Elmpt besessen hatten. Der Erhobene war mit Maria Isabella Theresia v. u. z. Gymnich vermählt; und ihr Sohn war Franz Joseph Graf Wolff Metternich zur Gracht (-17.1.1752), kurkölnischer Kammerherr und Geheimrat, vermählt mit Sophia Brigitta Franziska Freiin v. d. Asseburg (1701-4.2.1768).

Ausschnitt aus der Genealogie der Wolff-Metternich zur Gracht:

Literatur, Links und Quellen:
Informationstafeln am Rittergut
Bisperode:
http://www.bisperode.de/
Verein zur Förderung des Rittergutes Bisperode e.V.
http://www.bisperode.de/ritter/index.htm
Geschichte:
http://www.bisperode.de/ritter/geschichte/geschichte.htm, Kirche: http://www.bisperode.de/ritter/geschichte/kirche.htm, Texte jeweils zusammengestellt von Anneliese von Arnswaldt
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Dr. H. Grote, Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogtums Braunschweig.
von Werder:
http://de.wikipedia.org/wiki/Werder_(Adelsgeschlecht)
Max von Spießen (Hrsg.): Wappenbuch des Westfälischen Adels, mit Zeichnungen von Professor Ad. M. Hildebrandt, 1. Band, Görlitz 1901 - 1903.

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