Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1324
Freiburg (Breisgau)

Das historische Kaufhaus in Freiburg (2): Linker Erker

Der linke Erker wird hinsichtlich seines heraldischen Programms zur Gänze bestimmt vom damaligen Landesherrn im Breisgau und späteren Kaiser Ferdinand I (10.3.1503 - 25.7.1564), Bruder von Kaiser Karl V, Sohn von Philipp I König von Kastilien und León und Johanna Königin von Kastilien und Aragon. Alle hier aufzufindenden heraldischen Elemente sind Landesteile, in denen Ferdinand die Regierung innehatte. Hintergrund ist die Testamentsänderung 1516 zugunsten seines älteren Bruders Karl, wodurch Ferdinand die Regierung in Ober- und Niederösterreich bekam, ein Erbe, das er 1521 nach dem Teilungsvertrag zu Worms und Übergabe des Elsasses, der Steiermark, Kärntens, Krains, Tirols und Vorderösterreichs antrat. Ferdinand wurde nach dem Tod von König Ludwig II 1526 in der Schlacht von Mohács am 24.2.1527 König von Böhmen und am 5.11.1527 König von Ungarn.

Wappen 1: Linker Erker, 1. Feld (ganz links außen)
Der von zwei Löwen gehaltene, von einer Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies umgebene und von einem Fürstenhut (Erzherzogshut) bedeckte Wappenschild, der so ins Eck gequetscht ist, daß man ihn nicht frontal photographieren kann, ist geviert:

Zu Württemberg: Ferdinand I (10.3.1503 - 25.7.1564) war Herr von Württemberg, denn der Schwäbische Bund hatte dieses 1519 an Österreich verkauft, und Ferdinand wurde 1530 mit Württemberg belehnt (Reichslehen). Seit 1531 führt Ferdinand die drei Hirschstangen im Wappen. Als Herzog Ulrich von Württemberg sein Land mit der Hilfe protestantischer Fürsten 1534 wiedereroberte, kam es im Vertrag von Kaaden dazu, daß er es als Afterlehen von Österreich erhielt. Herzog Ulrich bekam sein Land wieder, erkannte aber Österreich als Lehnsherrn an. Dieser Zustand endete 1552 bzw. 1599. Im vollständigen Wappen der Habsburger verblieben die drei Hirschstangen aber bis 1804.

Zu Kyburg: Das war eine Grafschaft in der Schweiz in der Gegend des heutigen Kantons Zürich. Der erste Graf von Kyburg war Hartmann Graf von Dillingen, der die Erbtochter Adelheid aus dem Geschlecht der Herren von Winterthur (Udalrichinger) geehelicht hatte und sich nun nach dem neuen Herrschaftssitz "von Kyburg" nannte. Burg Kyburg befindet sich südlich von Winterthur. Als die Grafen von Lenzburg ausstarben, übernahmen die Kyburger die Grafenrechte im Zürichgau. Die Grafen von Kyburg vermehrten ihr Territorium durch geschickte Politik zu einem Gebiet, das den Bezirk Winterthur und das Züricher Oberland umfaßte. Als die Grafen 1264 ausstarben, fiel ihr Territorium an die Habsburger, weil Erbtochter Anna mit Eberhard von Habsburg-Laufenburg verheiratet war, und deshalb taucht hier dieses Feld auf. Eine eigene Linie Habsburg-Kyburg (Neu-Kyburg) starb 1419 aus. Stückweise kam das Gebiet an die Schweiz, 1424 durch Verpfändung an Zürich, 1452 und 1467 durch Verkauf. Der Anspruch wurde als Erinnerungswappen von den Habsburgern im Wappen behalten.

Zu Pfirt: Die Barben sind uns vom Wappen Mömpelgard vertraut, und in der Tat war die Grafschaft Pfirt im Sundgau bzw. südlichen Oberelsaß (Elsässer Jura) mit dem Hauptort Pfirt (Ferrette) durch Abtrennung von der Grafschaft Mömpelgard (Montbéliard) entstanden. Die Habsburger erwarben die Grafschaft (mit Thann) 1324 aufgrund einer Heirat, denn Herzog Albrecht II von Österreich hatte die Erbtochter Johanna von Pfirt geheiratet. Da der Lehnsherr eigentlich der Bischof von Basel war, wurden die Habsburger 1325 formell vom Bischof mit Pfirt belehnt. 1648 (Westfälischer Frieden) wurde das Territorium als Comté de Ferrette an Frankreich verloren.

Zu Schwaben: Das Herzogtum Schwaben wurde einst von verschiedenen Familien regiert, den Hunfridingern/Burchardingern, den Konradinern, den Babenbergern/Liudolfingern. 1079 übertrug Heinrich IV die Herzogswürde auf Friedrich von Staufen, und die Staufer regierten das Herzogtum bis 1268. Nach dem Aussterben der Staufer wurde der Kuchen aufgeteilt, wovon vor allem die Grafen von Württemberg profitierten. Die Habsburger waren stets an einer Wiederherstellung des Herzogtums Schwaben interessiert. Ersatzweise wurden Reichslandvogteien in den Restgebieten errichtet. Die Herrschaft der Habsburger in einst zum Herzogtum Schwaben gehörenden Gebieten war letztendlich die eines Lehnsherrn über verstreute Landgrafschaften. Dennoch führte Maximilian I den Titel eines "Fürsten in Schwaben", und die schwäbischen Löwen verblieben bis 1804 in den Siegeln der Habsburger.

Wappen 2: Linker Erker, 2. Feld (Mitte links)
Der von einer Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies umgebene und mit einer Krone bedeckte Wappenschild ist geviert:

Ferdinand wurde am 5.11.1527 König von Ungarn (daher die flache Krone auf dem Schild). Dalmatien war erst eine Provinz im römischen Imperium mit dem Zentrum Split. Slawische Stämme wanderten danach ein, und die Oberherrschaft Ostroms war nur noch eine theoretische. Die regional bedeutendere Macht wurde der Nachbar Kroatien. Zum Königreich geeint wurde Kroatien unter Tomislav (910–928), und die Könige von Kroatien dehnten ihre Herrschaft über das nördliche und mittlere Dalmatien aus. Und Kroatien wiederum kam 1100 in Personalunion zum Königreich Ungarn, die bis 1526 bestand. 1186 erklärte Byzanz endgültig den Verzicht auf Dalmatien und Kroatien. Doch 1420 kam Dalmatien an die Republik Venedig (Ladislaus von Anjou hatte im Jahr 1409 Dalmatien für 100.000 Dukaten an die Republik Venedig verkauft). Zu Beginn des 16. Jh. eroberten türkische Heere Dalmatien, danach kam es zurück an Venedig. Erst 1797 fiel Dalmatien im Vertrag von Campo Formio an Österreich. 1805 kam es an das napoleonische Königreich Italien, 1814 wieder an Österreich. 1920 wurde es Teil von Jugoslawien. Kroatien blieb theoretisch sogar bis 1918 in Personalunion mit dem Königreich Ungarn verbunden, mit Ausnahme größerer Umwälzungsphasen wie der Expansion des Osmanischen Reiches im 16., 17. und frühen 18. Jh. und mit Ausnahme der Habsburgerzeit. Das kroatische Parlament rief die Habsburger als Schutzmacht, wodurch de facto die Verbindung mit Ungarn 1526 durch die Regentschaft der Habsburger abgelöst wurde. Da Ferdinand aber sowieso kurz darauf ungarischer König wurde und 1527 als Gegenleistung für die militärische Hilfe gegen die Türken durch den kroatischen Adel zum König von Kroatien gewählt wurde, war das Ergebnis das gleiche. Kroatien wurde für längere Zeit unter Führung der Habsburger das Bollwerk Europas gegen osmanische Expansionsgelüste. Erst 1918 löste sich Kroatien aus der Monarchie Österreich-Ungarn. Somit ist dieses Wappen ein ungarisches mit Darstellung der einst in Personalunion regierten Küstenkönigreiche, in denen gerade Europa gegen die Osmanen verteidigt wurden. Ferdinand wehrte Türkenangriffe auf Wien ab, erreichte zwar 1529 einen Rückzug der Türken, aber keine entscheidende Niederschlagung. Später kam es sogar zur Vereinbarung eines 5jährigen Waffenstillstandes mit Suleiman dem Prächtigen gegen jährliche Tributzahlungen.

Wappen 3: Linker Erker, 3. Feld (Mitte)
Der von einer Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies umgebene und mit einer Kaiserkrone bedeckte goldene Wappenschild enthält einen schwarzen, golden bewehrten und rot gezungten, golden nimbierten Doppeladler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation mit einem gespaltenen Brustschild, rechts in Rot ein silberner Balken, Erzherzogtum Österreich, links hier in Gold zwei blaue Schrägbalken, gemeint ist das Herzogtum Burgund. Eigentlich ist der Adler ein Vorgriff, denn Ferdinand wurde am 5.1.1531 zum römischen König und Nachfolger des Kaisers gewählt und am 11.1. in Aachen gekrönt, und am 12.9.1556 (Anerkennung 1558 in Frankfurt) wurde er römischer Kaiser. 1532 war Ferdinand schon König, aber noch nicht Kaiser, folglich würde der einfache Adler besser passen als der doppelköpfige, und auch die Kaiserkrone ist ein Vorgriff, wenn wir den linken Erker wirklich rein Ferdinand zuordnen wollen.

Wappen 4: Linker Erker, 4. Feld (Mitte rechts)
Der von einer Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies umgebene und von einem Fürstenhut (Erzherzogshut) bedeckte Wappenschild ist geviert mit Herzschild:

Zu Brabant: Das Herzogtum entwickelte sich aus der Landgrafschaft Brabant, und Heinrich I nahm 1183 den Titel eines Herzogs von Brabant an. Als Johanna Herzogin v. Brabant (geb. 24.6.1322, Tochter von Johann III. Herzog v. Brabant) in zweiter Ehe Wenzel Herzog v. Luxemburg (25.2.1337 - 7.12.1383) heiratete, wurden beide Herzogtümer vereinigt. Nach Wenzels Tod bestimmte seine Witwe Johanna zum Erben ihre Nichte Margarete, 1383 Gräfin v. Flandern Comtesse de Nevers, Rethel et d'Artois, Markgräfin v. Antwerpen, 1404 Herzogin v. Brabant u. Limburg (1350 - 16.3.1405), Ehefrau von Philippe II Herzog von Burgund (15.1.1342 - 27.4.1404), gen. der Kühne, 1384 Graf v. Flandern, 1396 Herzog v. Limburg. Die Regierung übernahm erst der gemeinsame Sohn Anton Herzog v. Brabant u. Limburg Markgraf v. Antwerpen (1384 - 25.10.1415), nach dessen Tod in der Schlacht von Azincourt dessen Söhne Johann IV. Herzog v. Brabant u. Limburg (1403 - 1427) und Philipp Herzog v. Brabant u. Limburg Graf v. Ligny u. St. Pol (1404 - 4.8.1430), danach - sie waren kinderlos - fiel die Herrschaft 1430 an Philippe III Duc de Bourgogne (30.6.1396 - 15.6.1467), gen. Philipp der Gute, er war der Enkel von Philipp II und Margarete. So kam Brabant an das Haus Valois-Burgund.

Zu Burgund: Das alte Burgunder Wappen ist in Feld 3 zu sehen. Später wurde es mit dem Inhalt von Feld 2 geviert. In dieser Form ist es das gevierte Burgunder Wappen des zweiten Kapetinger-Hauses. Die Farben der Touraine waren die Wappenfarben von Philippe le Hardi, der zunächst die Touraine als Apanage erhielt und später zusätzlich Burgund bekam (1363-1404), wo er das zweite herzogliche Kapetinger-Haus gründete. Der gestückte Bord war eine Brisur für einen jüngeren Sohn des französischen Königshauses. Philippe II "le Hardi" de France (1342-1404) war Herzog der Touraine, Herzog von Burgund, Pair von Frankreich, Graf von Flandern, des Artois, der Pfalzgrafschaft Burgund, von Nevers, von Rethel, von Etampes und von Gien. So kam es zur Kombination dieser beiden Elemente im Wappen der Valois-Burgund. Sein Nachfahre Philipp der Gute hatte aus der Ehe mit Dona Isabel de Portugal (1397 - 17.12.1472) zum Sohn Charles Duc de Bourgogne (10.11.1433 - 5.1.1477), gen. Karl der Kühne oder Charles le Téméraire, auch le Hardi, comte de Charolais, 1467 Duc, der um ein burgundisches Königtum kämpfte und der berühmteste und zugleich letzte Herzog aus dem Haus Valois-Burgund war. Bei Grandson und Murten wurde er von den Schweizern geschlagen. Seine einzige Tochter, Maria Herzogin de Bourgogne (1457 - 27.3.1482), heiratete am 20.8.1477 in Gent den Erzherzog und späteren Kaiser Maximilian I. (22.3.1459 - 12.1.1519), und so kam Burgund mit Brabant, Flandern und den anderen niederländischen Provinzen an das Haus Habsburg. Dadurch wurde Maximilian zum territorial bedeutendsten Fürsten Europas. Und so ging auch der Orden vom Goldenen Vlies, dessen Collane um jeden Wappenschild gelegt ist, auf das Haus Habsburg über.

Wappen 5: Linker Erker, 5. Feld (ganz rechts außen)
Dieser von einer Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies umgebene und von zwei Damen in Renaissance-Gewandung gehaltene Wappenschild ist geviert:

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Rosemarie Beck, Helmut Hartwig, Vom Adler zum Kreuz, Wappen in Freiburg erzählen Geschichte, 1993, Rombach Verlag Freiburg, ISBN 3-7930-0676-X.
Peter Kalchthaler, Freiburg und seine Bauten, ein kunsthistorischer Stadtrundgang, Prom Verlag GmbH Freiburg, 2006, ISBN 978-3-923288-45-8.
Habsburger-Wappen: Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Erich Zöllner, Geschichte Österreichs - von den Anfängen bis zur Gegenwart, Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1990, ISBN 3-7028-0304-1, Oldenbourg Verlag, München, ISBN 3-486-46708-5

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