Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1273
Schöntal (Jagst, Hohenlohekreis)

Kloster Schöntal (Teil 2)

Das Wappen am Treppenturm der Alten Abtei
Die Alte Abtei ist ein zweiflügeliger und zweistöckiger Bau im Stile der Renaissance mit einem polygonalen Treppenturm mit geschrägten Fenstern und geschweifter Haube im Winkel. Das Bauwerk wurde 1617/18 errichtet unter Theobald II Fuchs (Abt 1611–1621). Durch den in West-Ost-Richtung verlaufenden Flügel führt die Toreinfahrt. Im Osten wurde an das Ende dieses Flügels 1697 der Archivturm angebaut, ein massiver Bau mit vier Gewölben zur Aufbewahrung der Dokumente der klösterlichen Verwaltung, so sicher, daß er nach der Säkularisierung als örtliches Gefängnis benutzt wurde.

1678-1740 war der Bau im rechten Bild die Wohnung des Abtes von Kloster Schöntal. Heute ist hier das kath. Pfarramt St. Joseph untergebracht. Der linke Flügel war früher Refektorium.

Ein auf 1617 datierter Wappenstein krönt das Portal des Renaissance-Treppenturmes. Die Inschrift nennt als Bauherrn F(uchs) Theobaldus Abbas z(u) S(chöntal). Der optisch linke Schild zeigt das Familienwappen des Abtes, einen einwärts (da gewendet) aufspringenden Fuchs, die Farben wären Rot für den Fuchs und Silber für das Feld. Der andere Schild zeigt den geschachten Schrägbalken der Zisterzienser, die Farben wären Schwarz für das Feld sowie Silber und Rot für das Schach. In der Mitte über der Lücke zwischen beiden Schilden eine reichverzierte Inful, dahinter ein Abtsstab mit S-förmig abwehendem Sudarium. Der Schaft des Abtspedums setzt sich zwischen den beiden Schilden bis unten fort.

Der Bau wird von mehreren reichverzierten Giebeln bekrönt, einem an der südlichen Giebelseite (rechte Abb.), einem hofzugewandten Zwerchgiebel am Nord-Süd-Trakt (linke Abb.) und weiteren über der Tordurchfahrt innen und außen (s. o.).

Abb.: Position des besprochenen Wappens im Grundriß.

Das Wappen an der Pistorei
Die Pistorei ist Teil der langgestreckten Linie der den Klosterkomplex nach Westen abschließenden Wirtschaftsgebäude. Hinter dem Namen verbirgt sich die Bäckerei des Klosters. Das zweistöckige Haus mit Satteldach wurde 1585-1586 unter dem Abt Johannes IV Lurtz erbaut, amtierend 1584–1607. Heute wird das Gebäude privat genutzt.

Zwischen den Fenstern des Obergeschosses befindet sich der Wappenstein mit der Zuschreibung des Bauherrn Lurtz. Der obere Teil nennt "IOHANNES ABBAS SCHÖNTHAL 1586", der untere Teil zeigt zwei nebeneinandergestellte Renaissance-Wappenschilde mit abwechselnd nach vorne und nach hinten eingerollten Rändern. Zwischen beiden Schildkartuschen schwebt oben ein geflügelter Engelskopf, und hinter jedem Schild steht ein auswärts geneigter Krummstab.

Der heraldisch rechte Schild zeigt das Zisterzienser-Wappen, in Schwarz ein rot-silbern zu zwei Reihen geschachter Schrägbalken, hier schräglinks, weil der Schild gewendet ist. Der heraldisch linke Schild zeigt das Familienwappen des Abtes Lurtz, in Rot zwei schräggekreuzte silberne Messer. Ein zweites Mal kann man sein Wappen auf dem Epitaph in der Klosterkirche sehen.

Abb.: Position des besprochenen Wappens im Grundriß.

Das Wappen an der Neuen Abtei
Der Grundstein für die neuen Abteigebäude wurde 1716 unter Abt Benedikt Knittel, im Amt 1683–1732, gelegt. Aber erst 1738 wurde der Bau nach Plänen von Johann Leonard Dientzenhofer begonnen, schon unter dem Nachfolger des Grundsteinlegers, Abt Angelus Münch, amtierend 1732–1761. Im Jahre 1748 erfolgte die Fertigstellung des prächtigen Barockbaus, ein dreistöckiger Längsbau in Nord-Süd-Richtung mit zwei dreiachsigen Eckrisaliten und Mittelrisaliten, die die jeweils sechsachsigen Trakte dazwischen um ein weiteres Geschoß über dem Hauptgesims überragen, der Mittelrisalit noch zusätzlich mit einem dreieckigen Giebel.

Hinter dem barocken Eingangsportal (linke Abb.) über einer zweiläufigen Freitreppe befindet sich das sich über drei (!) Stockwerke erstreckende Rokoko-Treppenhaus von Johann Ludwig Deisinger (Pläne) und Caspar Bayerschmidt (Zimmermann und Baumeister) mit Deckengemälde von Ferradini. Im Inneren finden wir auch weitere Wappen, am schmiedeeisernen Geländer das von Abt Brunnquell, redend mit dem Springbrunnen.

Heute wird der Bau als Bildungshaus der Diözese Rottenburg-Stuttgart genutzt. Der im Osten hinter der Neuen Abtei gelegene Konvent wurde 1701-1749 erbaut, ebenfalls unter Abt Benedikt Knittel begonnen und unter seinem Nachfolger Angelus Münch fertiggestellt. Der rückwärtige Konvent umschließt auch den Kreuzgang mit der Grablege der Herren von Berlichingen.

Über der Freitreppe ist das Wappen des Abtes Angelus Münch, amtierend 1732–1761. Der ovale Schild ist einem Doppeladler aufgelegt, um daran zu erinnern, daß dieses Kloster reichsfrei war. Der Schild ist zweimal gespalten, wobei der erste und der dritte Pfahl einmal und der mittlere Pfahl zweimal geteilt sind. Diese Einteilung hat sich entwickelt aus einem geteilten und zweimal gespaltenen Hauptschild mit Herzschild. Entsprechend finden wir das persönliche Wappen des Abtes in der Mitte, dem Herzschild entsprechend. Angelus Münch (1732 - 1761) führt einen gerüsteten Engel. Die Äbte des Klosters Schöntal entstammten meistens nicht der Aristokratie, sondern waren Söhne des Landes und kamen als solche nicht mit einem existierenden Familienwappen in das Amt. Aus diesem Grunde sind von den Äbten des Klosters Schöntal viele redende Wappen bekannt. Hier haben wir das Wappen des Angelus Münch, und der gerüstete Engel spielt auf seinen Vornamen Angelus an. Ein interessantes Phänomen, wir müssen aber bedenken, daß Abtswappen Personenwappen waren, die Äbte ohne Wappen ins Kloster kamen und es an keinen Nachfahren weitergeben konnten und die Wappen von daher rein persönliche Symbole waren. Ganz analog die oben beschriebenen Wappen Fuchs und Knittel, das unten beschriebene Wappen für Maurus Schreiner (1784 - 1802) mit dem Mohren. Weitere, hier nicht abgebildete redende Wappen Schöntaler Äbte sind das für Augustin Brunnquell (1761 - 1784) mit einem Springbrunnen und das für Christoph Haan = Christophorus Gallus (1636 - 1675) mit einem Hahn.

Die anderen sechs Komponenten des Wappens gehören zum Kloster: In Feld 1 ganz typisch in Schwarz der silbern-rot geschachte Schrägrechtsbalken, das Wappen der Zisterzienser. Optisch links unten sehen wir einen aus dem Schildrand kommenden Arm, der einen Abtsstab in das Feld hält, das eigentliche Klosterwappen, hier gewendet, vgl. oben am Torturm. Es soll hier nach der Lit. der von Abt Johannes III Hoffmann (1486-1492) sein (unbelegt), einem Abt aus der reichsfreien Zeit. Der schwarze Eber in der Mitte unten in goldenem Feld ist eine relativ neue Komponente im klösterlichen Wappen. Abt Benedikt Knittel kaufte 1698 Rittergut und Schloß Ebersberg bei Backnang. Schloß und Herrschaft Ebersberg waren erst durch Herzog Friedrich von Württemberg an Valentin von Helmstatt als 'Ehevogt' seiner Frau Helena Maria von Massenbach 1601 verliehen worden, dann an Melchior Jäger von Gärtringen 1606 verkauft worden, dann an Sigmund Moser 1649, weiterhin an Jeremias Volmar Schenk von Winterstetten 1654 und schlußendlich an das Kloster Schöntal im Jahre 1698. Doch auch Schönthal mußte sich wieder von Ebersberg trennen, unter dem letzten Abt Maurus Schreiner mußte Ebersberg verkauft werden, um die Prozeßkosten von 40 000 Gulden bezahlen zu können, die sich wegen seines Amtsvorgängers Augustin Brunnquell und seiner problematischen Amtsführung angehäuft hatten. Das rote, fünfspeichige Rad in goldenem Feld wird in der Lit. in Zusammenhang mit den von Berlichingen gebracht, aber die führen andere Farben. Auch die von Aschhausen führen ein fünfspeichiges Rad, wieder in anderen Farben. Letztlich ist die Zuordnung des Rades ungeklärt. Goldener Löwe in blauem Feld (Zuordnung ungeklärt) und rote zweitürmige Burg in silbernem Feld sind uns bereits am äußeren Torturm begegnet, wobei die Burg mit den zwei Zinnentürmen an den Klosterstifter Wolfram von Bebenburg erinnert (siehe dort).

Abb.: Position des besprochenen Wappens im Grundriß.

Literatur, Links und Quellen:
kulturelles Kloster Schöntal: http://www.kloster-schoental.de/
Hinweistafeln an den einzelnen Gebäuden
Kloster Schöntal:
http://www.schloesser-magazin.de/de/kloster-schoental/Startseite/267825.html
Maria M. Rückert, Kloster Schöntal:
http://maja.bsz-bw.de/kloester-bw/klostertexte.php.......Geschichte
Maria M. Rückert, Von der frommen Adelsstiftung zur reichsunmittelbaren Abtei: Kloster Schöntal in den ersten 250 Jahren seines Bestehens. In: D. R. Bauer (Hrsg.): Unter Beobachtung der heiligen Regel. Zisterziensische Spiritualität und Kultur im baden-württembergischen Franken (Forschungen aus Württembergisch Franken 48). Stuttgart 2002, 25-38.
Urkunden von Kloster Schöntal:
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=17306
Wolfgang Kootz, Kloster Schöntal, Kloster Lädle, J. Hofmann, Schöntal-Kloster, 2003.
Paul Bauer, Foto Besserer, Ein Gang durch's Kloster Schöntal, Hrsg. Kath. Kirchengemeinde St. Joseph Kloster Schöntal, Aquarell Verlag und Druckerei, Lauda-Königshofen.
Georg Himmelheber, Die Kunstdenkmäler des ehem. Oberamtes Künzelsau, Verlag Wolfgang Weidlich, Frankfurt 1983.

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