Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1266
Harburg (Schwaben, Landkreis Donau-Ries)
Burg Harburg
Rings um das Nördlinger Ries liegen mehrere, die Höhen beherrschende Burgen: Baldern, Flochberg, Harburg. Insbesondere die Harburg ist beeindruckend, vor allem wegen ihrer enormen Ausdehnung (220 x 120 m, vielleicht auf einer frühgeschichtlichen Wallburg beruhend), ihrer hervorragenden Erhaltung, die sie zu den besterhaltenen Burganlagen Bayerns zählen läßt, und auch wegen der atemberaubenden Lage am Rand des Rieses, dessen südöstlichen Zugang sie bewacht. Einst war es eine staufische Reichsburg, von der aus die Stauferherrscher (seit ca. 1150 Besitzer der Burg, erste Erwähnung) ihre machtpolitischen Unternehmungen z. B. gegen Flochberg durchführten. Ende des 13. Jh. (1295 oder 1299) wurde die Harburg an die Grafen von Oettingen, Gefolgsleute der Staufer, verpfändet, und seitdem ist die Harburg in deren Besitz, bis heute. Denn die Pfandschaft wurde nie eingelöst und immer wieder verlängert, bis sie 1418 vom Kaiser als Eigentum der Oettinger bestätigt wurde. Die Burg war Sitz der 1674 in den Fürstenstand erhobenen Linie Oettingen-Oettingen, die 1731 ausstarben; bei der Erbteilung kam die Harburg an die Linie Oettingen-Wallerstein, deren Eigentum sie heute ist. Die Burg wurde 2000 in die gemeinnützige Kulturstiftung des fürstlichen Hauses überführt und kann als Museum besichtigt werden. In nachmittelalterlicher Zeit war die Burg nur einmal noch Sitz kriegerischer Auseinandersetzungen, um 1800 beschoss das französische Heer die hier verschanzten Österreicher, die sich ergeben mußten, weil die Burg den eingesetzten Granaten nicht gewachsen war und in Flammen aufzugehen drohte.
Der Anblick von Burg Harburg von Südwesten her ist geprägt von der mächtigen und hohen Wehrmauer aus staufischer Zeit, hinter der die dahinterliegenden Gebäude (von links nach rechts Kastenbau, westlicher Bergfried, Saalbau) herausschauen. Während die anderen Seiten durch die Steilheit des Geländes zusätzlich gesichert waren, bot hier das sich nach Südwesten erstreckende Hochplateau einem Feind eine Angriffsmöglichkeit mit schwerem Gerät oder Geschütz. Deshalb wurde diese gefährdetste und anfälligste Seite durch eine äußerst starke Ringmauer mit niedrigerem, mit halbrunden Mauertürmen (rechts und links der Fichte zu sehen) versehenen Zwinger geschützt, der hussitenzeitlich einzuordnen ist.
Die weitläufige Burg besitzt reichlichen heraldischen Schmuck. Das erste Wappen (Abb. links) begegnet dem Besucher über dem äußeren Tor. Dieses ist im Westen gelegen und gibt Zugang zu einem kleinen Zwinger und hinter dem Unteren Tor zu der im Nordwesten vorgelagerten Vorburg mit ihren Wirtschaftsgebäuden. Der Stein ist auf 1594 datiert, und der Bauherr dieses Tores ist Graf Gottfried zu Oettingen. Er ließ das äußere Tor als Vorwerk errichten, weil das dahinterliegende ältere Tor aus der Stauferzeit nicht mehr ausreichte. Das Wappen der Grafen von Oettingen zeigt in golden-rotem Eisenhutfeh (genauer: im mit stehenden roten und gestürzten goldenen Eisenhütlein zu vier Reihen dreimal geteilten Schild) einen blauen Herzschild, über allem ein silberner Schragen. Helmzier ein wachsender, goldener Brackenrumpf mit roten Ohren, diese mit dem silbernen Schragen belegt, Helmdecken rot-golden. Früher kontrollierte hier eine Zugbrücke den Zugang, seit 1807 führt eine steinerne Brücke über den Graben. Nach Passieren des Zwingers und nach Durchschreiten des Unteren Tores gelangt man auf dem Weg zum nächsten, dritten, Tor zu der sog. Roten Stallung, einem reizvollen Ensemble aus Pferde- und Schweinställen mit einem Dreierrhythmus aus Fachwerk-Zwerchhäusern. Die Rückwand dieser Stallungen ist die staufische Mauer, die die Burg nach Südwesten sichert und zugleich die innere Begrenzung des äußeren Zwingers bildet.
Das nächste Wappen begegnet dem Besucher am Oberen Tor, dem dritten, was durchschritten wird. Es ist wie oben aufgebaut, allerdings ohne Helm und Helmzier, dafür mit einem Fürstenhut versehen. Das obere Tor gibt den Zugang frei zum weitläufigen inneren Burghof. Die rechte Abb. zeigt den Blick aus demselben auf das zwischen der 1562 erbauten Burgvogtei links im Bild (westlich des Tores, einst Sitz des Burgvogtes, des Verwalters der Burg und des Vertreters des Burgherrn während dessen Abwesenheit, heute Gastronomie) und dem rechts im Bild gelegenen, einst als Gefängnis verwendeten Weißen Turm (aufgestockt 1782) eingepaßte Tor, das noch ein exquisites Fallgatter mit eisenbeschlagenen Spitzen auf der Innenseite hat. Es wurde 1752 von Johan Michael Vogt als Ersatz für das kaputte Vorgängermodell gezimmert, und seine Maße sind 2.5 x 5 m. Es konnte in zwei seitlichen Führungen gleitend an Ketten aufgezogen und bei Gefahr herabgelassen werden.
Im großzügig angelegten inneren Burghof befinden sich mehrere separate Baueinheiten aus ganz verschiedenen Zeiten. Im Süden des Beringes stehen der westliche Bergfried, der Saalbau und der östliche Bergfried. Im Westen befindet sich das Kastenhaus (im Bild) zwischen dem westlichen Bergfried (im Bild, romanische Bausubstanz) und der Burgvogtei (s. o.). Im Osten beherrscht der Fürstenbau als eigentliches herrschaftliches Logis die Anlage. In dessen Norden befinden sich die Kapelle und der Pfisterbau. Im Norden trennt eine von Osten nach Westen verlaufende Wehrmauer mit drei viereckigen Türmen und hölzernem Wehrgang die Kernburg von der Vorburg ab. Am Kastenhaus von 1594-1595, das einst der Lagerung der Getreidevorräte für die Burg diente und später als Marstall (Pferdestall) und Arsenal (Rüstkammer), ist ein weiteres Wappen des Grafen Gottfried zu Oettingen, der uns schon am äußeren Tor begegnet ist. Dieser Stein ist auf MDXCV = 1595 datiert. Fürstenbau, Kastenbau und Burgvogtei entstammen allesamt einer Ausbauphase in der zweiten Hälfte des 16. Jh., in deren Verlauf auch die bestehenden Wehreinrichtungen modernisiert wurden.
Eine besonders interessante, auf 1496 datierte Dreierkombination von Wappenschilden findet sich am Saalbau. Der in wuchtigen Quadern gemauerte Saalbau diente einst der Unterbringung der Burgmannschaft. Eine Aufstockung erfolgte 1720 unter Fürst Ernst Albrecht, der innen auch einen Saal mit Stuckdekor einrichten ließ; allgemein kam es nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg im 18. Jh. zu einer Überformung der Wohnbauten im barocken Stil. Hier interessiert aber dieses Wappenrelief: Die Inschrift nennt W... Graf zu Oettingen, das Wappen folgt dem allgemeinen Aufbau aller hier vorhandenen Oettinger Wappen wie oben beschrieben. Graf Wilhelm von Oettingen-Oettingen (- 12.3.1467) war vermählt mit Beatrice della Scala (- 14.2.1466), deren Wappenschild optisch rechts unten zu sehen ist (in Rot zwei silberne aufspringende Hunde, meistens Windspiele, hier Bracken, mit silbernen oder goldenen Halsbändern, die eine silberne Leiter halten). Aufgrund der Daten muß es sich bei den Beiden um die Eltern des Auftraggebers im Jahr 1496 handeln, und als solcher kommt nur Wolfgang Graf zu Oettingen-Oettingen (16.5.1455 - 29.1.1522) in Frage. Der dritte Wappenschild (in Gold ein schwarzer Adler, auf der Brust belegt mit einem silbernen Mond) steht für die Mutter besagten Wilhelms, Euphemia Herzogin v. Schlesien-Münsterberg (ca. 1390 - 1447), zweite Ehefrau des Friedrich III. Graf v. Oettingen (ca. 1370 - 23.1.1423). Damit wird der Stein zur Ahnenprobe des Bauherrn mit den Schilden für Vater/Großvater, Mutter und Großmutter.
Der Fürstenbau an der Ostseite des inneren Burgberings ist das eigentliche herrschaftliche Wohngebäude. Der Bau entstammt in seiner heutigen Form im wesentlichen dem 16. Jh., Reste des staufischen Palas sind integriert. Ein älterer Stein findet sich an der Außenmauer eingelassen, der das Oettinger Wappen als relativ einfaches Relief mit vertieften Linien innerhalb eines sehr schönen Rahmenwerkes zeigt. In diesem Bauwerk wohnte die gräfliche Familie. Insgesamt war die Burg aber nur ca. 80 Jahre lang permanente Haupt-Residenz (von 1493 bis 1549), danach nur zeitweilig, z. B. für Jagdgesellschaften. Später folgten verschiedene Nutzungen, als Getreidespeicher und im 19. Jh. als Aufbewahrungsort für die fürstliche Bücher- und Kunstsammlung. Im Vordergrund fällt der Blick auf den Burgbrunnen, heute noch 53 m tief, früher wohl bis zur Talsohle reichend.
Auch in der im Nordwesten angrenzenden, tiefergelegenen und durch eine Wehrmauer mit drei Türmen vom oberen Burghof abgetrennten Vorburg wird der Wappenliebhaber fündig, denn sowohl am Amtspflegerhaus (linke Abb.) als auch am Zehentstadel (rechte Abb.) finden sich barocke Varianten des Oettinger Wappens. Die linke Abb. folgt dem klassischen Bild mit aufrechten Eisenhüten in vier Reihen; die rechte Darstellung von 1679 folgt der Mode, die beiden mittleren Reihen in der Höhe zu verringern und den Linienverlauf ein wenig zu verändern, so daß der Eindruck beiderseits des Herzschildes liegender Eisenhüte entsteht (vgl. dazu die Gesamtdarstellung der Wappen der Grafen und Fürsten von Oettingen).
Linke Abb.: von Südosten hat man einen guten Blick auf den hier steil über dem in das Wörnitz-Tal abfallenden Jura-Felsen thronenden Fürstenbau an der Ostseite der Kernburg. Rechte Abb.: Die staufische Ringmauer wurde im 15 ./16. Jh. weiter ausgebaut, mit einem hölzernen Wehrgang versehen und mit zeitgemäßen Schießscharten versehen, z. B. mit dieser Kugelscharte für Gewehre, in der sich eine durchbohrte hölzerne Kugel in weitem Winkel in alle Richtungen drehen ließ und maximale Beweglichkeit bei gleichzeitig minimalem Risiko für den Verteidiger erlaubte.
Abb.: Blick durch den Wald auf die Harburg von Südosten. Von links nach rechts erkennt man den westlichen Bergfried, den Saalbau, den östlichen Bergfried und den angrenzenden Fürstenbau. Eine tiefe Schlucht trennt hier schon den Burgberg vom Standort, die einzig sinnvolle Angriffsrichtung wäre von Südwesten (links im Bild) über das Hochplateau. Beide aus staufischen Buckelquadern gemauerten Bergfriede stehen auf der gefährdeten Seite des Berings. Sie haben eine Seitenlänge von 9.5 m. Der westliche ist noch sehr gut erhalten und enthält noch ein nachmittelalterliches Verlies mit Haspelaufzug, der östliche hingegen wurde innen im 18. Jh. umgebaut und erhielt ein zeittypisches Dach.
Linke Abb.: Detail des Fürstenbaues mit anstoßendem östlichem Wehrgang. Man beachte, daß alle Fensterläden in den Oettinger Farben Rot und Gold gestrichen sind und auch das Schragenmotiv aufgreifen, wenngleich diese Farbkombination nicht dem Schildbild entspricht. Rechte Abb.: Detail des hölzernen Fallgatters am oberen (inneren) Tor.
Genealogie der Grafen und Fürsten von Oettingen-Oettingen:
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Fürsten A1.3.3.A, Die Fürsten des HRR, M-Z, und
Fürsten M 1.3.1., Die mediatisierten Fürstengeschlechter in
Deutschland.
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Burg Harburg: http://www.hdbg.de/burgen/burgen_suche-burgen_detail.php?id=brn-0008
Ein hervorragend gemachter Rundgang durch die Burg: http://www.stadt-harburg-schwaben.de/harburg/harburg.htm
Burg Harburg: http://www.burgenseite.de/html/harburg.html
F. Diemand, Harburg. Ein
Führer durch die Burg und ihre Geschichte, Manz
Verlag/Verlagsanstalt, Regensburg, 1902, Taschenbuch 1930.
Wilfried Sponsel und Hartmut Steger, Vergangene Burgen und
Herrensitze. Eine Spurensuche im Blickfeld des Rieses, 2004.
Die Wappen der Grafen und Fürsten von Oettingen
Ortsregister - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter
2010
Impressum