Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1197
Coburg
(Oberfranken)
Coburg: Schloß Ehrenburg
Das Schloß Ehrenburg in Coburg hat zwei ganz unterschiedliche Baugruppen. Nach Nordnordosten öffnet sich eine große Dreiflügelanlage mit Mittelrisalit und zwei Eckrisaliten. Diesem Bau nach Süden vorgelagert ist ein älteres Ensemble, begrenzt von der Rückertstraße im Westen und der Steingasse im Süden, einen Binnenhof umschließend.
Erstes
Schloß
Die Wurzeln des Bauwerks sind
ein Franziskanerkloster, welches um 1250 errichtet und 1525 im
Zuge der Reformation aufgelöst wurde. 1543 bis 1547 wurde das
Schloß unter Herzog Johann Ernst I. v. Sachsen-Coburg (10.5.1521
- 8.2.1553) unter Beteiligung des Baumeisters Caspar Vischer
erbaut, damals war die Landesteilung noch nicht erfolgt. Das
Konzept bestand aus drei Bauteilen um einen Hof, dessen vierte,
östliche Seite die Stadtmauer bildete. Nach der Fertigstellung
des Fürstenbaus und zweier Nebengebäude zog der Hofstaat 1547
ein. Herzog Johann Ernst I. v. Sachsen-Coburg (10.5.1521 -
8.2.1553) war der Sohn von Johann Kurfürst v. Sachsen (30.6.1468
- 16.8.1532) und dessen zweiter Ehefrau Margarethe v.
Anhalt-Dessau (12.11.1494 - 1521). Er war selbst mit Katharina v.
Braunschweig-Herzberg (30.8.1524 - 24.2.1581) vermählt, die Ehe
blieb kinderlos. 1532 wurde er Herzog, 1542 übernahm er die in
Pflege Coburg in Alleinherrschaft. Aus diesem Anlaß begann er
mit dem Bau der Stadtresidenz als Ersatz für die Quartiere auf
der Veste Coburg, deren Räumlichkeiten, fernab der Stadt auf dem
Berg, er als altmodisch und einengend empfand. Dies war dem
Zeitgeist entsprechend, und z. B. sein Herzogskollege in Landshut
hatte gerade das Gleiche gemacht.
Abb.: Ansicht von Südosten, Fassade des Südtraktes zur Steingasse. Man beachte die gedoppelten Fenster, die in beiden Stockwerken von Volutengiebeln bekrönt werden. Das einzige umlaufende Gurtgesims ist zugleich Brüstungskante der Fenster im Obergeschoß, was dem Bau eine gewisse Monumentalität verleiht. In der Mitte das wappengeschmückte Prunkportal, rechts daneben eine kleinere Fußgängerpforte. Links ein Runderker an der Ecke. Die Zwerchgiebel des zweiten Obergeschosses entstammen der Zeit ab 1690.
Zweites
Schloß
Unter Johann Kasimir Herzog v.
Sachsen-Coburg (12.6.1564 - 16.7.1633), an den Coburg nach
einigen Verwicklungen 1572 fiel und dessen Regierungszeit synonym
ist mit Coburgs erster Blütezeit, fand eine Veränderung des
Steingassentraktes durch Michael Frey statt. Johann Kasimir
Herzog v. Sachsen-Coburg (12.6.1564 - 16.7.1633) war der Enkel
von Johann Friedrich Kurfürst v. Sachsen (30.6.1503 - 3.3.1554),
dem Stiefbruder des oben erwähnten Johann Ernst I. v.
Sachsen-Coburg (10.5.1521 - 8.2.1553). Unter seiner Herrschaft
wurden um 1600/1620 der Nordtrakt sowie die mittleren und
hinteren Hofgebäude errichtet, so daß bereits von einem zweiten
Hof gesprochen wurde, in den der mächtige Turm des Fürstenbaus
(Mitteltrakt) hineinragt. Hinter diesem zweiten Hof mit
Kapellentrakt, Magazintrakt und Küchentrakt befand sich noch ein
dritter Hof mit Waschhaus, Ställen, Marstall, Backhaus und
Brauhaus. 1623-27 erfolgte der Bau des Altanbaus im Stile
italienischer Renaissance, vermischt mit nachgotischen
Brüstungen, durch Giovanni Bonalino, die Ostseite des
Binnenhofes bildend. Unter Johann Kasimir Herzog v.
Sachsen-Coburg (12.6.1564 - 16.7.1633) blühte Coburg kulturell
und architektonisch auf, bis dem der 30jährige Krieg ein jähes
Ende bereitete, und nach dem Tod von Johann Kasimir fiel das
Coburger Land an andere ernestinische Linien.
Abb.: Prunkportal des Südtraktes zur Steingasse, 1592 ausgeführt von Steinmetz Hans Bischoff aus Gotha. Beiderseits des Wappens zwei Allegorien, rechts Frieden mit den Rüstungsteilen, links Gerechtigkeit mit der Schrifttafel, einst noch mit Waage und Schwert. In der Mitte über dem Wappen, hier im Bild abgeschnitten, befindet sich noch die Figur eines geharnischten Jünglings.
Unter Johann Kasimir Herzog v. Sachsen-Coburg (12.6.1564 - 16.7.1633) entsteht auch der plastische Schmuck am Tor zur Steingasse. Der Herzog kümmerte sich persönlich um Details seiner Residenz und legt auch Wert darauf, so fragt der Baumeister Michael Frey 1592 explizit an, wie denn der Torschmuck zu machen sei. Ausgeführt hat das plastische Wappen der Steinmetz Hans Bischoff aus Gotha. Dieses Portal ist Zeichen einer Achsenumkehr. Früher im ersten Schloßbau fand die Ausrichtung nach Norden statt. Der Norden wurde jetzt aber durch Wirtschaftsbauten abnehmender Bedeutung zugebaut, so daß der neue, repräsentative Eingang nach Süden verlegt wurde, eben jenes neu gestaltete Portal bildete den Hauptzugang zur Residenz, so daß der Besucher erst an den Verwaltungsgebäuden vorbei zum Fürsten gelangte. Frey hat aber nur die beiden Portale neugestaltet und das Innere verändert, der Bau selbst ist älter und gehört zum ersten Schloß.
Das
Wappen im Detail:
Der oben stark beschnittene
und an den Ecken eingerollte und unten in drei Lappen ausgeformte
Wappenschild ist zweimal gespalten und dreimal geteilt und
besitzt einen Herzschild an Position des 5. Feldes. Aufbau im
Detail:
Drei Helme:
Das gleiche Wappen für Herzog Johann Casimir ist am Gymnasium, am Stadthaus und über dem Chorbogen der Kirche St. Johannis in Rödental-Oeslau angebracht (siehe Kapitel dazu, dort auch Erläuterung weiterer geschichtlicher Zusammenhänge). Es kommt leider bei vielen Farbfassungen des Wappens von Johann Casimir aus der Zeit vor 1609 vor, daß Inhalte des Wappens nach 1610 für die Farbgebung Pate standen. Dadurch wurden beim "Abmalen" aus Unkenntnis jedoch Inhalte transferiert, die vor 1609 keinen Platz im Wappen hatten. Das Wappen am Gymnasium ist eines der wenigen (bis auf läßliche Kleinigkeiten) wirklich korrekt angestrichenen Wappen von Johann Casimir aus der Zeit vor Anfall der Ansprüche auf Cleve-Jülich-Berg.
Drittes
Schloß
Erst Albert (oder Albrecht)
Herzog v. Sachsen-Coburg (24.5.1648 - 6.8.1699) ließ sich wieder
in Coburg nieder und baute die Stadtresidenz weiter aus. Gegen
1690 begann man nach einem Brand und anschließender
Wiederherstellung mit dem Bau des nördlichen Ehrenhofes durch
Christian Richter. Das Konzept der nördlichen Wirtschaftshöfe,
die unter dem Brand am meisten gelitten hatten, wird aufgegeben,
statt dessen stoßen jetzt zwei lange Flügel nach Norden vor und
münden in Eckpavillons. Im Zuge der Bauarbeiten bekam der
Treppenturm im Binnenhof eine barocke, welsche Haube. Die
Hofkirche wird erbaut. Die Innenräume erhielten Stuckarbeiten
nach dem Geschmack der Zeit. Nach Herzog Albrechts Tod ohne
Nachkommen brachen wieder chaotische Zeiten an.
Umbau
im 19. Jh.
Erst unter Herzog Franz Anton
und Herzog Ernst I kam es wieder zur Stabilisierung, vor allem
auch durch den Anschluß an den Deutschen Bund. Das 19. Jh.
brachte tiefgreifende Veränderungen des Stadtschlosses. Ab 1812
wurden alle Bauteile unter Ernst I. Anton Carl Ludwig Herzog v.
Sachsen-Coburg-Gotha (2.1.1784 - 29.1.1844), der die Regierung
1806 übernommen hatte und Coburg architektonisch zu neuer
Großartigkeit verhelfen wollte, gleichzeitig nach Entwürfen von
Karl Friedrich Schinkel unter der Leitung des Coburger
Bauinspektors Gottlieb Eberhard umgearbeitet, die alten
Wirtschaftsgebäude im Norden wurden 1830 abgerissen. 1812-1821
wurde der Ostflügel umgearbeitet, ab 1827 wurde in den
Mittelflügel ein neues Treppenhaus eingezogen, 1835-1841 wurde
der Westflügel umgestaltet. Der sog. Silberbau entstand im
Südosten.
Nicht nur wurde der Innenausbau komplett verändert, sondern die ganzen Trakte wurden mit Sandstein ummantelt, der im Zuge der Romantik eine Formensprache der englischen Gotik wählt, wie sie uns z. B. in der Fassadengestaltung der Bodleian Library in Oxford o. ä, begegnet, die gitterartige Gliederung, die kräftigen Horizontalbänder, die filigran durchfensterten Zinnenbänder, das eingezogene oberste Stockwerk des Mittelturmes, die Eckfialen wirken wie ein totaler Fremdkörper an einem von Renaissance und Barock geprägten Bau in einer oberfränkischen Stadt. wenn wir Geschmacksfragen mal außen vor lassen, ist die Ehrenburg kunsthistorisch eines der ersten Beispiele, wo man im Zuge der Neugotik eine repräsentative Stadtresidenz umgestaltete.
Abb.: Mitteltrakt, Fassade zum Binnenhof, sächsisches Wappen im neogotischen Phantasiestil, der mit vorbildgetreuer Heraldik nicht mehr viel zu tun hat, sondern nur noch mit Dekadenz. Oben die Einzel-Schildchen für Henneberg und Altenburg. Als Helm ein offener Visierhelm mit Krone ohne Kleinod.
Abb.: Nördlicher Ehrenhof, Wappenschilde auf gotisierenden Elementen (1). Die gesamte Fassade des Mitteltraktes sowie der beiden nördlichen Flügel hat unter den Doppelfenstern beider Stockwerke diese Elemente, wobei aber nicht alle Wappen tragen, sondern manchmal auch einfach nur Maßwerkfüllungen.
Abb.: Nördlicher Ehrenhof, Wappenschilde auf gotisierenden Elementen (2). Diese Vierpaßelemente treten immer paarweise auf und überziehen die streng gegliederten und ansonsten bis auf die Rastergliederung schmuckarmen Fassaden mit einem Rhythmus.
Abb.: Nördlicher Ehrenhof, Wappenschilde auf gotisierenden Elementen (3). Auch auf den Außenseiten der im 19. Jh. umgestalteten und mit Sandstein verblendeten Fassaden finden sich diese kleinen Schmuckelemente.
Abb.: Nördlicher Ehrenhof, Wappenschilde auf gotisierenden Elementen (4). Neben diesen kleinen heraldischen Elementen gibt es auf jeder Stirnseite des Eckpavillons beider nach Norden vorstoßenden Flügel ein größeres Wappen über dem mittleren Fenster des zweiten Stockwerks.
Nach 1918 wurde das Schloß Museum und beherbergt eine Landesbibliothek, das Landesarchiv bzw. das Stadtarchiv der Stadt Coburg (bis 1990) sowie Büros, Ämter und Wohnungen.
Genealogie von Sachsen-Coburg-Saalfeld 1699-1735 und Sachsen-Coburg-Gotha 1826-heute
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
(insbes. Bände Fürsten, Landesfürsten)
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Amtlicher Füher Schloß Ehrenburg Coburg, bearbeitet von Herbert
Brunner und Lorenz Seelig, herausgegeben von der Bayerischen
Schlösserverwaltung, 5. Auflage 2002, ISBN 3-932982-44-4
Sächsische Wappen (1), Ernestinische Linie - Sächsische Wappen (2), Albertinische Linie
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