Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 86
Wiesentheid in Franken - Teil 1

Kirche St. Mauritius in Wiesentheid

Die Kirche St. Mauritius, vis-à-vis vom Schloß, wurde 1727-1732 nach Plänen von Balthasar Neumann im barocken Stil erbaut. Mit der Ausführung war Johann Georg Seitz beauftragt. An der Fassade befindet sich ein gewaltiges Doppelwappen Schönborn/Hatzfeld, mit zwei gewaltigen gekrönten Löwen als Schildhaltern.

Heraldisch rechts ist das Wappen von Rudolph Franz Erwein von Schönborn (23.10.1677-22.9.1754), mit dem in Rot auf drei silbernen Spitzen schreitenden goldenen Löwen mit blauer Krone der Grafen von Schönborn im Herzschild inmitten seiner Titel und Besitztümer. Er heiratete am 14.11.1701 Maria Eleonore Gräfin von Dernbach, geborene von Hatzfeld-Gleichen, deren Wappen wir heraldisch links sehen. Deren Ehegeschichte illustriert, durch wieviele Hände Wiesentheid ging, ehe es in den Besitz der Grafen von Schönborn kam: Georg Adolf Fuchs von Dornheim heiratete Anna Maria Voit von Rieneck. Die verwitwete Anna Maria Fuchs von Dornheim ehelichte 1676 den Freiherren und späteren Grafen Johann Otto von Dernbach (1658-1697). So kam Wiesentheid in den Besitz derer von Dernbach. Dessen dritte Gattin, Maria Eleonore Gräfin von Dernbach, geborene von Hatzfeld-Gleichen, heiratete als Witwe schließlich Rudolph Franz Erwein von Schönborn.

Wappen der Grafen von Schönborn
Das Wappen der Grafen von Schönborn hat insgesamt 10 Elemente. Begonnen haben die Grafen von Schönborn mit einem Wappen, das dem hiesigen Herzschild entspricht, dem Stammwappen. Aus späterer Zeit kennen wir aus den Schönborn-Städten wie Mainz oder Würzburg die Kombination mit ihren Amtswappen, z. B. mit dem Bamberger Löwen, dem Fränkischen Rechen, der Würzburger Standarte oder dem Mainzer Rad etc. Dieses Schönborn-Wappen hier ist ein relativ spätes, das nur Titel und Ansprüche, aber keine Ämter zeigt. Es handelt sich um das reine Familienwappen, deswegen finden wir es auch übergreifend an vielen Schlössern der Schönborns. Viele der Besitztümer, Ansprüche und Titel in den übrigen Feldern kamen erst im späten 17. und frühen 18. Jh. zur Familie. Im einzelnen sind das:

Herzschild: Stammwappen der Grafen von Schönborn. In Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender goldener Löwen mit blauer Krone. Darüber: Reichsständische Grafenkrone. Die Grafen von Schönborn waren reichsunmittelbar.
Feld 1: Reichsständische Herrschaft Reichelsberg. Diese wurde 1671 vom Bistum Würzburg erworben. Damit waren Sitz und Stimme im Fränkischen Grafenkollegium verbunden. In Rot drei (2:1) silberne Schildchen.
Feld 2: Kaiserlicher Doppeladler. In Gold ein schwarzer Doppeladler, oben begleitet von einer goldenen Krone. Wurde mit der Verleihung der Reichsgrafenwürde als Gnadenzeichen angenommen.
Feld 3: Herrschaft Heppenheim, von Heppenheim genannt von Saal. Selbige Familie erlosch in direkter Linie im Jahre 1684 und fiel an die Verwandtschaft namens Grafen von Schönborn. In Blau ein silberner Balken, begleitet von 3 (2:1) silbernen Rauten.
Feld 4: von Buchheim. Die Güter derer von Buchheim kamen im Jahre 1711 zur Familie der Grafen von Schönborn, sie befinden sich in Österreich. In Schwarz 3 (2:1) goldene aufrechte Getreidegarben.
Feld 6: Erbtruchsessen-Amt in den österreichischen Landen ob und unter der Enns, Anspruch ab 1712. In Hermelin auf einem roten und mit goldenen Troddeln verzierten Kissen ein goldener Reichsapfel mit goldenem Kreuz.
Feld 7: Grafen von Wolfsthal. Die Familie erlosch, und im Jahre 1717 erbten die Schönborns Besitzungen und Titel und vermehrten ihr Wappen um den Wolf. In Gold ein schwarzer Wolf. Hier gewendet.
Feld 8: Dieses Feld enthält das Wappen des Erzherzogtums Österreich auf einem kleinen Schild: In Rot ein silberner Balken. Die Darstellung variiert, manchmal ist es von einem Hermelin-Wappenmantel umgeben, hier von einer Rangkrone überhöht. Es handelt sich hierbei um ein besonderes Gnadenzeichen, das zusammen mit dem Titel der von Buchheim von den Schönborns übernommen wurde
Feld 9: Wappen der Truchsess von Pommersfelden (nicht zu verwechseln mit dem Truchsessen-Amt in Feld 6). Im Jahre 1710 fielen die Besitztümer und Titel der Truchsess von Pommersfelden an die Grafen von Schönborn. In Silber ein blauer Löwe, belegt mit zwei roten Balken.

Die Anordnung der einzelnen Felder kann variieren. Die Felder 4 und 6 sind in anderen Darstellungen (Aschaffenburger Wappenbuch) vertauscht.

Interessant ist, auf welche Weise das Schönborn-Wappen der heraldischen Coutoisie entspricht: Der Schönborn-Löwe im Herzschild ist nicht gewendet, wohl aber der Wolf in Feld 7. Das heißt, daß sich die Courtoisue nur auf das Schönbornwappen ihn sich selbst, nicht aber auf das Ehewappen erstreckt.

Dazu passen nach der Literatur folgende sieben Helmzieren (hier nicht abgebildet):

Wappen der Grafen von Hatzfeld-Gleichen:
Das ritterbürtige Geschlecht derer von Hatzfeld stammt aus Oberhessen. Das Stammhaus ist Hatzfeld bei Battenburg an der Eder. Sie sind alte hessische Landsassen und Vasallen. Der älteste bekannte Stammvater ist Craft von Hatzfeld, 1301 urkundlich erwähnt.

Durch Heirat des Johann von Hatzfeld (1354-1407) mit der Schwester des letzten Edelherrn von Wildenberg an der Sieg (auch Wildenburg, gest. 1420), Jutta, kam die Familie Hatzfeld in den Besitz dieser reichsunmittelbaren Herrschaft. Das Wappen derer von Hatzfeld ist nun geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer Maueranker (altes Stammwappen von Hatzfeld, auch als doppeltes Wolfseisen bezeichnet). Felder 2 und 3: in Silber 3 (2:1) rote Mispelblüten mit goldenem Butzen und grünen Kelchblättern. Die Mispelblüten sind das Stammwappen derer von Wildenberg/Wildenburg. Ihr gemeinsamer Sohn, Godhard von Hatzfeld (gest. 1420) ist der erste, der die beiden Bestandteile im Schild führen kann. Diese beiden Elemente sind hier im rechten Wappen in den Feldern 3 und 5 zu sehen. Dazu gehört als Helmzier zwischen einem goldenen und jeweils mit einem schwarzen Maueranker belegten Flug (Stammkleinod) ein wachsender schwarz gewandeter graubärtiger Männerrumpf ohne Arme, mit goldenem Kragen und 8 goldenen Knöpfen, mit einem schwarzen niederen Hut mit silbernem Aufschlag.

Sebastian von Hatzfeld (gest. 1630) stieg in den Freiherrenstand auf. Sebastians Sohn, Melchior von Hatzfeld zu Wildenberg, wurde 1639 zusammen mit seinem Bruder von Kurmainz nach Aussterben der Grafen von Gleichen mit Graf Johann Ludwig 1631 mit der Burg Gleichen, dem Ort Wandersleben und der Herrschaft Blankenhain in Thüringen belehnt.

1632 wurde Melchior von Hatzfeld zu Wildenberg von den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach mit der Herrschaft Rosenberg (ebenfalls verwaist) in Franken belehnt.

1635 wurden zwei Linien der von Hatzfeld in den Reichsgrafenstand erhoben. Als Grafen von Hatzfeld-Gleichen ist das Wappen ab 1639 umfangreicher gestaltet. Das komplette Wappen der Grafen von Hatzfeld-Gleichen hat 6 Felder:

Feld 1: in Silber ein schwarzer Adler, golden bewehrt und rot gezungt (preußischer Adler), Gnadenzeichen. Zugehörige Hemzier der Adler.
Feld 2: in Blau ein silberner Löwe, golden gekrönt (altes Stammwappen der Grafen von Gleichen), wird auch doppelschweifig abgebildet. Seine Krone ist eigentlich mit 3 Straußenfedern in den Farben blau-silbern-blau geschmückt, dies ist aber kein Muß. Auch wird im Stammwappen der Löwe nicht schreitend dargestellt, sondern aufgerichtet. Zugehörige Helmzier der Löwe aus dem Schild, sitzend.
Feld 3: in Gold ein schwarzer Maueranker (altes Stammwappen von Hatzfeld). Ursprünglich war das noch kein Maueranker, sondern ein doppeltes Wolfseisen, wie es noch in sehr alten Darstellungen abgebildet wird. Das Bild wird unterschiedlich angesprochen. Zugehörige Helmzier ein Flug, beiderseits mit dem Schildbild belegt.
Feld 4: in Silber eine eigentlich grünbespitzte rote Rose mit goldenem Butzen. Hier ist sie nur vierzählig abgebildet, Kelchblätter fehlen. Das ist das Wappen der Herrschaft Crottorf, die den verstorbenen Grafen von Selbach gehört hatte. Zugehörige Helmzier die Rose vor einem silbernen Flügel oder Flug.
Feld 5: in Silber 3 (2:1) je nach Darstellung und Zeit rote Rosen mit goldenem Butzen (hier) oder grünbespitzte rote Mispelblüten mit grünem Butzen (altes Stammwappen der Edelherren von Wildenberg/Wildenburg). Zugehörige Helmzier ein wachsender schwarz gewandeter graubärtiger Männerrumpf ohne Arme, mit goldenem Kragen und 8 goldenen Knöpfen, mit einem schwarzen niederen Hut mit silbernem Aufschlag.
Feld 6: silbern-rot geteilt und 4x gespalten mit wechselnden Tinkturen (Herrschaft Rosenberg). Zugehörige Helmzier eine rote Rose zwischen einem roten und einem silbernen Schwanenhals, später auch zu Büffelhörnern umgewandelt.

Zu diesem Wappen gehören nach der Literatur beispielsweise folgende drei Helmzieren (alternativ andere Auswahl aus dem Pool möglicher Helmkleinode) :

Entwicklung des Hatzfelder Wappens:
nach dem Westfälischen Wappenbuch:

Stammwappen: In Gold ein schwarzer Maueranker. Auf gekröntem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein offener goldener Adlerflug, jeweils belegt mit einem schwarzen Maueranker.

Hatzfeld-Wildenburg: Geviert: Feld 1 und 4: Im Gold ein schwarzer Maueranker. Feld 2 und 3: in Silber drei (2:1) rote Rosen (Mispelblüten), auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarz mit silbernen Aufschlägen und einer schwarzen, silbern aufgeschlagenen Mütze gekleideter Mannesrumpf zwischen einem Adlerflug, rechts silbern, belegt mit drei (2:1) roten Rosen (Mispelblüten), links golden, belegt mit einem schwarzen Maueranker.

Grafen von Hatzfeld-Gleichen: Gespalten und zweimal geteilt. Feld 1: in Blau ein silberner, goldengekrönter Löwe, einwärtsgewendet. Feld 2: in Silber ein schwarzer, goldengekrönter Doppeladler. Feld 3: in Gold ein schwarzer Maueranker. Feld 4: in Silber eine rote, goldenbebutzte Rose. Feld 5: in Silber drei (2:1) rote Rosen (Mispelblüten). Feld 6: von Rot und Silber geteilt und viermal gespalten. Drei gekrönte Helme: Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein goldener Adlerflug, jeweils belegt mit einem schwarzen Maueranker. Helm 2 (Mitte): auf dem gekrönten Helm ein sitzender, goldengekrönter silberner Löwe, aus dessen Krone drei Straußenfedern wachsen. Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm ein schwarzer, golden gekrönter Doppeladler. Helmdecken rechts schwarz-golden, links blau-silbern.

Fürsten von Hatzfeld-Trachenberg (Preußisches Diplom vom 10.7.1803): Zweimal geteilt, oben zweimal, in der Mitte und unten einmal gespalten. Feld 1: in Silber der schwarze preußische Adler mit Krone, Reichsapfel und Zepter. Feld 2: in Silber ein schwarzer, goldengekrönter Doppeladler. Feld 3: in Blau ein silberner, goldengekrönter Löwe, aus dessen Krone drei Straußenfedern hervorkommen, eine silberne zwischen zwei blauen. Feld 4: in Gold ein schwarzer Adler, belegt mit einer liegenden silbernen Mondsichel, in der Höhlung mit einem silbernen Kreuzchen besteckt. Feld 5: in Silber drei (2:1) rote Rosen (Mispelblüten). Feld 6: in Silber eine rote, goldenbebutzte Rose. Feld 7: von Rot und Silber geteilt und viermal gespalten. Herzschild, von einem Fürstenhut überdeckt: in Gold ein schwarzer Maueranker. Sieben gekrönte Helme: Helm 1 (ganz rechts): ein goldener Adlerflug, jeweils belegt mit einem schwarzen Maueranker. Helm 2: ein schwarz mit silbernen Aufschlägen und einer schwarzen, golden aufgeschlagenen Mütze gekleideter Mannesrumpf. Helm 3: ein schwarzer, goldengekrönter Doppeladler. Helm 4 (Mitte): ein sitzender, goldengekrönter silberner Löwe, aus dessen Krone drei Straußenfedern wachsen, eine silberne zwischen zwei blauen. Helm 5: ein schwarzer Adler, belegt mit einer liegenden silbernen Mondsichel, in der Höhlung mit einem silbernen Kreuzchen besteckt. Helm 6 eine rote Rose (Mispelblüte) zwischen zwei rot-silbern gestreiften Büffelhörnern. Helm 7 (ganz links außen): ein silberner Flug, belegt mit einer roten Rose. Decken rechts schwarz-golden, links rot-silbern. Schildhalter zwei doppelschwänzige auswärtsblickende silberne Löwen, aus dessen goldenen Kronen je drei Straußenfedern wachsen, eine silberne zwischen zwei blauen. Um alles Wappenmantel und Fürstenhut.

Es werden im Siebmacher noch weitere Varianten für andere Linien der reichverzweigten Familie beschrieben.

Die Stammfolge der Grafen von Schönborn - Teil 1: Der Aufstieg
Der Aufstieg der Familie Schönborn ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Einst ein reichsritterschaftliches Geschlecht aus dem Taunus und dem Westerwald, Burgleute und Amtmänner, schafften sie es in bedeutende Regierungspositionen und an die Spitzen bedeutender geistlicher Fürstentümer und prägten ihre Zeit nachhaltig. Man ist direkt geneigt, von einer Schönbornzeit zu sprechen, denn rund ein halbes Jahrhundert prägen die Schönborns die Geschichte des Reiches, der katholischen Kirche und der Kunst maßgeblich.

Die Stammfolge der Grafen von Schönborn - Teil 2: Das Schönborn-Zeitalter
Beginnen wir neu mit dem letzten der obigen Reihe, dem Stammvater der "mega-erfolgreichen" Schönborns. Faszinierend an diesen verwandtschaftlichen Verflechtungen ist nicht nur, daß hier sechs Kirchenfürsten aus der gleichen Familie engstens zusammenkommen, daß zeitweise Reichskanzler und Reichsvizekanzler aus der selben Familie kamen, sondern daß auch vier Brüder Kirchenfürsten wurden und drei deren Schwestern Mütter von drei weiteren Fürstbischöfen (Seinsheim, Ostein, Limburg-Styrum) wurden, abgesehen von weiteren hohen und höchsten Ämtern in der Familie:

Die Stammfolge der Grafen von Schönborn - Teil 3: Drei Linien
Beginnen wir neu mit Rudolf Franz Erwein Graf von Schönborn-Wiesentheid, dem Stammvater der drei Linien, die sich bildeten:

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere, Die Fürsten des Heiligen Römischen Reiches A-L, Fürsten A 1,3,3A, s. 94 ff.
Stephan Mauelshagen, Ordensritter - Landesherr - Kirchenfürst: Damian Hugo von Schönborn, Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Band 18, Verlag Regionalkultur, 2001, ISBN 3-89735-173-0
Hartmut Platte: Das Haus Schönborn, Grafen, Fürstbischöfe und Mäzene, Börde-Verlag Werl, 2006, Reihe Deutsche Fürstenhäuser Heft 13, ISBN 3-980 9107-3-3
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Ausstellungskatalog "Die Grafen von Schönborn. Kirchenfürsten, Sammler, Mäzene", Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1989
Das Haus Schönborn:
http://www.schoenborn.de/
Aschaffenburger Wappenbuch
http://www.wiesentheid.de
Eugen Schöler, Fränkische Wappen erzählen Geschichte und Geschichten. Verlag Degener 1992.
Max von Spießen (Hrsg.): Wappenbuch des Westfälischen Adels, mit Zeichnungen von Professor Ad. M. Hildebrandt, 1. Band, Görlitz 1901 - 1903.

Die Entwicklung des Wappens der von Schönborn
Das Feld für die Grafschaft Gleichen und seine Verbreitung in deutschen Adelswappen

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