Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 823
Kirchen in
Franken: Friesenhausen
Schloß- und Pfarrkirche Friesenhausen
Die
Pfarrkirche Friesenhausen
Die ehemalige Schloßkirche
liegt südlich der Einfahrt zum Schloß Friesenhausen, ein
einschiffiger Bau mit 3 Jochen, eingezogenem Chor und
Einturmfassade. Sie ist seit 1885 katholische Pfarrkirche Mariä
Himmelfahrt. Hier in diesem kleinen Ort in den Haßbergen
begegnen wir mit dieser Kirche ganz großer Barockbaukunst, denn
der Architekt war kein Geringerer als der fürstbischöfliche
Stadt- und Landbaumeister Joseph Greissing (9.1.1664 in
Hohenweiler - 12.12.1721 in Würzburg), einer der ganz großen
Architekten des fränkischen Barocks, der unter anderem Schloß
Burgpreppach erbaute, in Würzburg ab 1711 die barocke
Umgestaltung der Neumünsterkirche vollbrachte, 1707-1715 die
Klosterkirche Comburg und ab 1715 die einstige
Benediktinerklosterkirche in Theres erbaute, 1717-1720 St. Peter
in Würzburg, 1716-1718 das Rathaus von Iphofen, ab 1715 den
Rückermainhof in Würzburg, 1687-1715 die
Augustiner-Chorherrenstiftskirche in Triefenstein, 1717-1718 das
Bürgerspital zum Hl. Geist in Würzburg, dessen Handschrift
vermutlich auch in den Entwürfen zur Klosterkirche Schöntal
steckt etc. Seine Kunst ist das Bindeglied zwischen Antonio
Petrini einerseits und seinem Amtsnachfolger Balthasar Neumann
andererseits. Und von diesem wurde die Schloß- und Pfarrkirche
in Friesenhausen 1713-1715 im Auftrag des Domherrn und
Hofkammerpräsidenten Johann Philipp Fuchs von Dornheim
auf dem Gelände seines privaten Rittergutes errichtet. Der
Bauherr war ein enger Vertrauter des Fürstbischofs Johann
Philipp von Greiffenclau-Vollraths (reg. 1699-1719), und das
erklärt auch die Wahl des Baumeisters, welcher der prägende
Architekt der Greiffenclau-Zeit war. Die Grundsteinlegung
erfolgte am 19.7.1713. Der Rohbau war im Sommer 1714 fertig. Bis
1715 wurde die Ausstattung angefertigt. Sonstige beteiligte
Handwerker und Künstler und andere Personen waren: Basilius und
Petrus Clausner, Johann Georg Bierdümpfel, Hofschreiner
Servatius Arendt, Hofmaler Georg Franz Mika (drei Altarblätter),
vermutlich auch Bildhauer Balthasar Esterbauer, Thomas Wagner,
Altarbauer Kilian Stauffer OFM und Franz Hardt sowie Matthäus
Haas.
Johann Philipp Fuchs von Dornheim (16.1.1646-20.6.1727) stammte aus der Mainsondheimer Linie der Fuchs von Bimbach und Dornheim, und er war der Sohn von Julius Gottfried Fuchs von Dornheim und Anna Barbara von Oberstein. Er wurde am 9.7.1655 Domizellar. Am 23.6.1681 wurde er Domkapitular, am 17.4.1687 Propst des Kollegiatstifts Neumünster, am 9.3.1691 Domscholaster, am 3.8.1700 Jubilaeus und schließlich am 18.12.1719 Dompropst in Würzburg. Er hatte auch eine Domherrenstelle in Bamberg, resignierte aber dort, um seine Karriere in Würzburg zu pflegen. Er wurde in Würzburg Geheimer Rat, Präsident der fürstlichen Hofkammer und des Kriegsrates. Mit ihm erlosch 1727 die Linie der Fuchs von Dornheim. Die Linie zu Bimbach blühte weiter. Er wurde 81 Jahre alt und ist im Würzburger Dom begraben, wo sich sein bronzenes Epitaph mit einer identischen 8er-Ahnenprobe befindet. Die Inschrift dort widmet sich ausgiebig seinem Curriculum Vitae. Sein Wappen ist in Würzburg auch am ehemaligen Dietricher Spital, Marktplatz 36, als Teil einer Dreiergruppe für das Domkapitel und seine beiden wichtigsten Stellvertreter angebracht.
Der Kirchenbau in Friesenhausen war richtungsweisend, denn es wurde die erste barocke Einturrmfassade Mainfrankens. Von der Qualität der Architektur und dem künstlerischen Stellenwert der Ausstattung liegt diese Kirche weit über dem üblichen Niveau durchschnittlicher Landkirchen. Hier waren hauptsächlich bekannte Würzburger Hofkünstler am Werk, hier wurde großartige Architektur geschaffen, und hier wurde an nichts gespart, um eine außergewöhnlich repräsentative Kirche wie ein Statussymbol zu erschaffen. Zugleich ist dieses Kirchenprojekt auch als Memorialbau zu verstehen, denn der Auftraggeber war der letzte seiner Familienlinie, und er brauchte auf die Ausgaben keine Rücksicht zu nehmen. Dafür schuf er etwas, das aufgrund seiner architektonischen Qualität auf immer an den Bauherrn erinnert.
In der Tat überraschen die Eleganz der Einturmfassade mit einem schlanken, nur zu einem Drittel vor die Fassade tretenden Turm und die Plastizität der Außenwände durch die stark profilierten Rahmenelemente um die Fenster und Nischen und die vielfältig gliedernden Gesimse und pilasterartigen Wandvorlagen. Drei Skulpturen in Nischen setzen sparsame, aber wirkungsvolle Akzente, rechts und links des Eingangs der hl. Burkard und die hl. Kunigunde, ersterer steht für Würzburg, letztere für Bamberg, die beiden für Friesenhausen wichtigen Hochstifte, und in der Mitte über dem Wappen und dem Hauptgesims befindet sich ein Christus Salvator. Insgesamt harmonieren die Elemente vorzüglich, die drei Statuen spannen ein inneres Dreieck auf, die Bekrönung des Turmes mit einer welschen Haube samt Laterne verbindet sich mit den beiden seitlichen Portalen zu einem äußeren Dreieck gleicher Proportion. Die sukzessive Abnahme der Höhe zwischen den Hauptgesimsen nutzt geschickt die Regeln der Zentralperspektive, um das Gebäude höher und schlanker wirken zu lassen.
Im Detail erscheinen einige Züge, die interessant sind, weil sie damals neu und innovativ in der mainfränkischen Architektur sind, wie die doppelte Kantenbrechung des Turmes in dem Teil, der vor die Fassade tritt. Würde man das im Grundriß vervollständigen, hätte man ein Zwölfeck, das sich oben im freistehenden Teil des Turms auf ein Achteck reduziert. Typischerweise bildet vor und nach Greissing das Quadrat die standardmäßige Grundform für einen Kirchturm, hier ist es ein quergelegtes Rechteck, was interessante und unterschiedliche Harmonien erzeugt, je nachdem, ob man die Vorderseite mit dem breiten Turm oder die Längsseite mit dem schmalen Turm anschaut. Querrechteckige Türme findet man sonst nur ein wenig später beim Architekten Lucas von Hildebrandt. Nur an den Gebäudeecken und unter den Figurennischen gibt es feine Bänderrustika. Rundum wird die Kirche durch Hausteinpilaster gegliedert. Vom Typus her haben wir hier eine in den Dimensionen reduzierte römische Fassade, die erstmalig mit dem Einturmmodell nicht nur kombiniert, sondern verschmolzen wird. Und das so erfolgreich, daß diese Kirche zum Prototyp mainfränkischer Einturmkirchenfassaden wurde. Balthasar Neumann machte schließlich später diesen Typ zum Markenzeichen Mainfrankens.
Das Wappen des Auftraggebers, des Domherren Johann Philipp Frhr. Fuchs von Dornheim befindet sich in monumentaler Größe über dem nördlich ausgerichteten Kircheneingang. Das Wappen zeigt in Gold einen springenden roten oder natürlichen Fuchs. Helmzier ist der Fuchs sitzend, hier auf einem roten, entweder silbern oder mit Hermelin gestulpten runden Turnierhut. Der Barock nahm hier keine Rücksicht mehr darauf, daß Helm und Helmzier in die gleiche Richtung schauen sollen. Die Helmdecken sind eigentlich rot-golden. Die heraldischen Farben sind hier nicht gewählt worden, die Bildhauerarbeit hebt sich cremefarben von rötlichem Hintergrund ab. Der Schild ist eigentlich nicht mehr als Schild dargestellt, sondern eher als Loch eines opulenten Rahmens, der insgesamt 8 Wappen der Ahnenprobe enthält, darunter heradisch rechts die Schilde von Fuchs (der Fuchs wie im Hauptwappen), von Wiesenthau (in Silber oder Gold ein aus waagerecht liegenden roten Wecken gebildeter Pfahl), Echter von Mespelbrunn (in Blau ein mit drei blauen Ringen belegter silberner Schrägbalken), der letzte zerstört (hier sollte der Logik nach das Einhorn von Waldenfels sein (in Blau ein aufspringendes silbernes Einhorn). Gegenüber auf der heraldisch linken Seite sind die Wappenschilde der von Oberstein (in Silber ein gekrönter roter Löwe), der Vogt von Hunolstein (in Gold zwei rote Balken, begleitet von 12 (5:4:2:1) roten Schindeln), der Schliderer von Lachen (in Schwarz ein silberner Schrägrechtsbalken, belegt mit drei roten Kugeln) und der von Warsberg (in Schwarz ein gekrönter silberner Löwe).
Alles wird von einem gerafften Tuch eingerahmt, das seinen Ausgang unter einem kleinen Baldachin über der Helmzier nimmt und an vier Punkten gerafft ist, um dem komplexen Umriß zu folgen. Interessant ist, daß der Architekt Greissing hier die Ahnenprobe zum zentralen Motiv der Fassadendekoration macht. Das wird vom selben Baumeister später an der Kirche zu Steinbach bei Lohr noch weitaus aufwendiger gemacht. Die Abstammung des Bauherrn im Detail:
Und auf der mütterlichen Seite noch eine Generation weiter zurück: Rudolf von Oberstein war der Sohn von Johann Sifrid von Oberstein (-12.9.1556) und Margareta Wilch von Alzey (-2.3.15639), und Johann Schweickard Vogt von Hunolstein (Hunoldstein) war der Sohn von Johann Vogt von Hunolstein (Hunoldstein) und Elisabeth von Hagen zur Motten.
Literatur,
Quellen und Links:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@50.1618962,10.4876239,19z?hl=de - https://www.google.de/maps/@50.1618667,10.4876238,48m/data=!3m1!1e3?hl=de
Siebmachers Wappenbücher
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und
Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag -
Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher
Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Eugen Schöler, Historische
Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan,
Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag
ISBN 978-3-7686-2515-9
Gemeinde: http://www.gemeinde-aidhausen.de/html/friesenhausen.html
Hassberge - ein Kunst- und Kulturführer durch den
Landkreis, herausgegeben vom Landkreis Haßberge
Joseph Greising: http://deu.archinform.net/arch/20803.htm
Biedermann, Kanton Baunach
Ein ganz herzliches Dankeschön an
Herrn Rolf v. Loeffelholz für
wertvolle Hinweise zur Genealogie.
Johannes Mack: Der Baumeister und
Architekt Joseph Greissing, mainfränkischer Barock vor Balthasar
Neumann, hrsg. von der Gesellschaft für fränkische Geschichte,
VIII. Reihe: Quellen und Darstellungen zur fränkischen
Kunstgeschichte, c/o Verlag Ph. C. W. Schmidt, 1. Auflage 2009,
797 S., ISBN-10: 3866528167, ISBN-13: 978-3866528161, S. 464-468,
S. 636-637
Joh. Octavian Salver, Proben des hohen deutschen Reichs Adels
oder Sammlungen alter Denkmäler http://books.google.de/books?id=ZONWAAAAcAAJ
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