Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 796
Im Banne der
Weser-Renaissance: Schwöbber
Rittergut Schwöbber, Münchhausen-Schloß - Teil 1
Traumhaftes
Schloß der Weser-Renaissance
Bei Aerzen-Königsförde
südwestlich von Hameln liegt eines der schönsten und
stilreinsten Renaissance-Schlösser des Weser-Raumes, eines der
bedeutendsten Beispiele für den Stil der Weser-Renaissance.
Es ist eine Dreiflügelanlage mit breitem eingeschlossenen Hof, der sich nach Südosten öffnet. Die schönste Zeit für einen Besuch ist daher der Vormittag, wenn schon von weitem das helle Schloß inmitten von Park, Feldern und Wiesen im Sonnenlicht leuchtet. Die beiden nördlichen Flügel sind baulich enger aneinander gefügt, der südliche Flügel ist durch ein kurzes Verbindungsstück etwas abgesetzt, was aber kaum auffällt. In beiden Winkeln des Innenhofes befinden sich Treppentürme. Der Südflügel ist zugleich Torhaus, hier führt der Haupteingang durch. Im Norden des Schlosses ist ein See, der bis an die Mauern reicht, Rest der ehemaligen Gräfte. Die Wirtschaftsgebäude des Rittergutes befinden sich im Süden der Anlage. Nach Südosten erstreckt sich ein großer, von einer Mauer mit zwei Eckrondellen eingefaßter, formal angelegter und hervorragend gepflegter Garten, außenherum Park (8.5 ha). Insgesamt ist es eine nicht nur perfekt erhaltene, sondern auch mustergültig gepflegte Schloßanlage. Diese Öffnung nach Süden ist erst neueren Datums, früher schlossen hier mittlerweile verschwundene Wirtschaftsgebäude die vierte Seite.
Heute wird das Rittergut Schwöbber als Hotel genutzt. Das Schloß war um die Jahrtausendwende in sehr schlechtem Zustand und teilweise akut einsturzgefährdet, vor allem nach einem Großbrand 1992 im Mittelflügel. Der letzte Bewohner hatte Schloß Schwöbber bereits 1985 verlassen. Ursula und Friedrich Popken erwarben das Anwesen im Jahre 2002 und restaurierten das Schloß in vorbildlicher Weise. 2004 eröffnete im aufwendig wiederhergestellten und modernisierten Schloß das 5-Sterne Golf-und Schlosshotel Münchhausen; schon 1985 - 2002 wurde das Schloß als Clubhaus und Hotel des Golfplatzes Schloss Schwöbber genutzt. Eine zurückhaltende Außenbesichtigung ist möglich, das Innere ist privat und Hotelgästen vorbehalten.
Geschichte
des Schlosses (1)
Schwöbber, ein Dorf, das
früher unter dem Namen Swicbere Besitz der Grafen von Everstein
war, ging 1282 größtenteils in den Besitz der Domkirche Minden
über. Der nächste Besitzer war das Bonifatius-Stift in Hameln,
und von diesem erhielt es die Familie von Münchhausen um
1510/1511 als Lehen.
Der Bauherr des Schlosses ist Hilmar von Münchhausen (1512 - 19.4.1573), ein Obrist und Söldnerführer, einer der bedeutenden Militärführer seiner Zeit. Seit 1557 war er Pfandinhaber von Amt und Landesburg Aerzen. 1564 bekam er die Erlaubnis vom Landesherrn, einen neuen, befestigten Adelssitz zu erbauen. Hilmar von Münchhausen war der Sohn von Statius von Münchhausen (gest. 1517) und Margarete von Oberg und einer der militärisch erfolgreichsten und dadurch auch reichsten Männer seiner Zeit. Er gehörte zur sog. "Schwarzen Linie" der Freiherren von Münchhausen.
Das Schloß wurde von Cord Tönnies, Baumeister aus Hameln, aus einem Guß geplant und in drei Bauabschnitten 1570-76, 1588 ff und 1602-04 errichtet. Cord Tönnies führte den Mittelflügel aus, denn sein Meisterzeichen findet sich am Giebel. Es war nicht der erste Auftrag, den Cord Tönnies für Hilmar von Münchhausen ausgeführt hat, vorher schon erbaute er ihm das Archivhäuschen in Rinteln. Der Nordflügel wird aufgrund von stilistischen Vergleichen Eberhard Wilkening zugeschrieben.
Der erste Bauabschnitt war der breite mittlere Flügel, dreigeschossig und ohne Zwerchgiebel, dafür aber mit zwei entzückenden, eingeschossigen Erkern, deren Giebel die Trauflinie durchbrechen. Asymmetrisch unter dem rechten Erker liegt das Portal. Der älteste Flügel ist an drei Stellen datiert, der Nordgiebel trägt die Zahl 1575 und das Meisterzeichen von Cord Tönnies, der südliche Giebel nennt 1574, und der Küchenkamin im Innern (Erdgeschoß) 1576. Auch die Gartenseite trägt Erker. Die beiden Hauptgiebel sind mit Rollwerk und gliedernden Lisenen ausgestattet. Am gartenseitigen Erker des mittleren Flügels befindet sich das Allianzwappen von Münchhausen / von Reden, und der nördliche der beiden achteckigen Treppentürme besitzt ein Allianzwappen von Münchhausen / von Münchhausen. Ersteres ist Hilmar von Münchhausen d. Ä. und seiner Frau Lucia von Reden zuzuordnen, letzteres Hilmar v. Münchhausen d. J., der den Besitz 1593 übernahm, und seiner Frau Dorothea von Münchhausen (Tochter von Borries von Münchhausen und Heilwig Büschen). Beide Treppentürme besitzen schräggeschnittene Fenster, die dem Lauf der Wendel im Innern folgen. Im Innern wird der Mittelflügel durch zwei massive Querwände in drei Abschnitte unterteilt. Einst gab es hier ein innenliegendes Wendeltreppenhaus, wie noch an den schräg zugeschnittenen Fenstern außen nachzuvollziehen ist, dieses wurde aber 1920 entfernt.
Die
Wappen am nördlichen Treppenturm
Ein doppeltes Wappen empfängt
den Besucher über dem Erdgeschoß-Eingang zum nördlichen
Treppenturm, zweimal der Mönch von Münchhausen,
links Hilmar, rechts Dorothea.
Die von Münchhausen führen ein redendes Wappen, den Mönch, sowohl im Schildbild als auch als Helmzier. Seit dem 14. Jh. gibt es zwei Linien, die weiße und die schwarze Linie (Hilmar v. M. gehört zur schwarzen Linie). Die verschiedenen Linien unterscheiden sich nur durch die jeweils inverse Tingierung des Mönchsgewandes:
Variationen: Das Brevier wird in der Literatur auch als Laterne bezeichnet, was eine offensichtliche Fehlinterpretation im Siebmacher Band Hansestädte ist. Der Mönch wird bisweilen (Siebmacher Mecklenburg) auch mit einem Rosenkranz in der Hand anstelle des Brevieres beschrieben. Im Siebmacher Ost wird am linken Arm zusätzlich ein roter Riemen mit daran hängendem schwarzen Kreuz erwähnt. Für den Hirtenstab werden die Farben rot und schwarz genannt, für das Buch meistens rot, aber auch silbern.
Zu den verwendeten Begriffen:
Die
Wappen über dem Haupteingang
Über dem Haupteingang in den
mittleren Flügel befindet sich ein weiteres Allianzwappen über
der Inschrift "Dies Haus Schwoebber wurde nach dem Brande AD
1908 wiederhergestellt und erweitert von Domänenrat Eduard Meyer
und Helene geborene Freiin von Wangenheim in schwerer Zeit
1921-1923" und wesentlich kleiner "durch Architekten
Jürgen von Wangenheim und F. Lüpke". Jürgen von
Wangenheim war ein Architekt aus Wunstorf, F. Lüpke kam aus
Osnabrück. Die historistischen Bildhauerarbeiten, das
Hauptportal und die Freitreppe, sind von Bildhauer M. von Hugo
aus Hannover ausgeführt worden. Das Wappen Meyer
zeigt einen aus dem Schildrand kommenden Arm, der ein gekrümmtes
Messer in der Faust hält. Helmzier ein abgewinkelter Arm, in der
Hand ein Büschel von drei Federn (ohne Beleg).
Der Schild der Freiherren von Wangenheim ist gespalten, vorn in Silber ein aufgerichteter, roter Windhund mit goldenem Halsband, hinten in Gold 6 schwarze Balken, oft - wie auch hier - paarweise als drei schwarze Zwillingsbalken angeordnet. Helmzier ein roter, silbern (auch Hermelin) gestulpter Hut, in dessen Stulp rechts ein roter und links ein silberner Adlerflügel stecken. Helmdecken rechts rot-silbern, links schwarz-golden. Das Geschlecht stammt aus Thüringen, war auch in Anhalt, Brandenburg und Sachsen ansässig. Gehört zur eingewanderten Hoya'schen Ritterschaft.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
(Lippe, Hannover, Braunschweig, Anhalt, Mecklenburg, Thüringen,
Preußen etc. )
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont
Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Meiner Mutter Ursula Peter ein herzliches Dankeschön für
umfangreiche Vorarbeit
Erholung mit Kunst und Kultur:
Die Weserrenaissance 1-3, herausgegeben vom
Fremdenverkehrsverband Teutoburger Wald e.V. in Detmold,
Bielefeld 1988, ISBN 3-926843-16-0
Hans Joachim Tute,
herausgegeben von F. Popken: Schloß Schwöbber: Geschichte und
Gegenwart. Hildesheim u. Lamspringe: Quensen, 2005. ISBN
3-922805-89-2
Claus Bieger: Schloß Schwöbber: Aus der Geschichte eines
Kulturdenkmals. In: Niedersächsische Denkmalpflege
Ernst Andreas Friedrich: Wenn Steine reden könnten. Band IV,
Landbuch-Verlag, Hannover 1998, ISBN 3-7842-0558-5
Schloß Schwöbber: http://www.schlosshotel-muenchhausen.com/, http://www.schlosshotel-muenchhausen.com/schloss/schloss_cont.htm und http://www.schlosshotel-muenchhausen.com/home/index_fs.htm
Aerzen (Landkreis Hameln-Pyrmont): Schloß Schwöbber (1) - Schloß Schwöbber (2)
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