Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 701
Wappen an
Bauten der Weser-Renaissance
Dörentrup: Schloß Wendlinghausen - 1. Teil
Ein
malerisches Schloß
Eines der malerischsten
Schlösser der Weserrenaissance ist Wendlinghausen in der
Gemeinde Dörentrup. Es wurde 1613-1616 erbaut von Hilmar von
Münchhausen und seiner Frau Doratia von Münchhausen. Hilmar von
Münchhausen ist der Sohn von dem nicht mit ihm zu verwechselnden
Hilmar von Münchhausen (1512 -
19.4.1573) und der 1539 geehelichten
Lucia von Reden, und hatte als Bruder Statius von Münchhausen, den Erbauer von Schloß
Bevern. Sie gehören der sog. Schwarzen Linie des
Geschlechtes an. Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von
Münchhausen (11.05.1720 - 22.02.1797), der berühmte Lügenbaron, war der Vetter von
Hilmar von Münchhausen, dem Erbauer des Schlosses hier. Er war
ein oft und gern gesehener Gast des Schlosses.
Schloß Wendlinghausen ist in einer Gräfte auf einem Fundament aus Eichenpfählen erbaut. Auf der Rückseite kann man den Blick auf das sich im Wasser spiegelnde Schloß genießen. Ursprünglich war das Schloß auf allen vier Seiten von Wassergräben umgeben. Als Baumeister gilt Eberhard Wilkening. Einst war das Schloß zweiflügelig, aber nur ein Flügel ist erhalten geblieben. Der Treppenturm, jetzt an der äußersten Seite des Schlosses, befand sich beim ursprünglich realisierten Konzept im Hofwinkel. Das Dachwerk stammt noch aus der Erbauungszeit und ist mit je drei Zwerchgiebeln auf jeder Seite erhalten. Gerade diese niedlichen Zwerchgiebel sind ein typisches Merkmal der Weserrenaissance und beliebtes Stilmittel zur Belebung der Fassade. Das Dach ist mit rötlichen Sandsteinplatten aus dem Solling eingedeckt, nur die Turmhauben sind geschiefert. Der erhaltene Flügel hat auf der Eingangsseite (Südwestfront) eine reichgeschmückte Auslucht, auch dies ein typisches Merkmal der Architektur der Weserrenaissance. Das Schloß weist gewisse Ähnlichkeiten mit Schloß Haddenhausen auf, das gleiche zweiflügelige Konzept, die Ausluchten ähnlich - was nicht sonderlich verwundert, denn Haddenhausen wurde für den Vater des hier tätigen Münchhausen errichtet. Zur Seeseite gibt es am linken Ende des Baus sechs asymmetrisch angeordnete Erkerchen, 1:3:2 auf die drei Geschosse verteilt.
Schloß Wendlinghausen ist ein seit Errichtung in Familienbesitz befindliches Anwesen, erst im Besitz der von Münchhausen, dann im Besitz der von Reden (1731 erworben), das zwar privat ist, aber für kulturelle Veranstaltungen oder private Feste für Gäste geöffnet ist. Es ist in hervorragendem Zustand, was es einer Restaurierung 2001-2003 verdankt.
Ein alter
Landschaftspark
Der umgebende Park ist als
Landschaftspark im englischen Stil angelegt und birgt einige
botanische Raritäten, netterweise beschildert. Der Park entstand
erst unter Johann von Reden (1731 -1791), der viele heute noch
existierende Bäume anpflanzen ließ, und vor allem unter Ernst
von Reden (1806 - 1869), der im Park botanische Seltenheiten
sammelte. Viele alte Solitäre stammen noch aus der Zeit. Einige
der herausragenden Bäume sind z. B. Tulpenbaum (Liriodendron
tulipifera), Flügelnuß (Pterocarya fraxinifolia), Japanische
Magnolie (Magnolia kobus), einige Riesenlebensbäume (Thuja
plicata) und Sapindusfichten (Picea orientalis). Jener Ernst von
Reden ist der Großvater von Otto von Reden (1877 - 1962), dessen
Wappen über dem Haupteingang prangt und der nach 1918 den
Königlich Preußischen Garteninspektor Paul Lässig aus
Magdeburg zur Umgestaltung des Parks engagierte. Im Park finden
auch Ausstellungen zeitgenössischer bildender Kunst statt.
Heraldik
am Schloß
Zwei schöne Wappensteine
besitzt das Schloß, einen aus der Erbauungszeit, datiert auf
1614, und einen aus der Neuzeit, datiert auf 1935. Der ältere
von beiden ist am polygonalen Treppenturm. Über dessen Pforte
befindet sich das datierte Doppelwappen von Hilmar von
Münchhausen und Doratia von Münchhausen ("MONCHVSEN")
Zwei
Linien Münchhausen - zwei Wappen
Die von Münchhausen führen
ein redendes Wappen, den Mönch, sowohl im Schildbild als auch
als Helmzier. Seit dem 14. Jh. gibt es zwei Linien, die weiße
und die schwarze Linie. Die verschiedenen Linien unterscheiden
sich nur durch die jeweils inverse Tingierung des
Mönchsgewandes:
Wappen der weißen Linie: In Gold ein schreitender, halbrechts gekehrter Zisterziensermönch in silberner Kutte, mit schwarzem Scapulier und Kragen und schwarzer hinten herabhängender Kapuze, in der Rechten einen oben gekrümmten schwarzen oder roten Stab (Hirtenstab) haltend, in der Linken an rotem Riemen ein Brevier haltend in rotem Futteral mit goldenen Verzierungen. Auf dem schwarz-golden bewulsteten Helm wiederholt sich der Mönch. Helmdecken schwarz-golden. (Vgl. Siebmacher Oldenburg, Ost, Braunschweig, Hannover, Lippe, Sachsen, Preußen)
Wappen der Schwarzen Linie: In Gold ein schreitender, halbrechts gekehrter Mönch in schwarzer Kutte, mit silbernem Scapulier und Kragen und silberner hinten herabhängender Kapuze, in der Rechten einen oben gekrümmten schwarzen oder roten Stab (Hirtenstab) haltend, in der Linken an rotem Riemen ein Brevier haltend in rotem Futteral mit goldenen Verzierungen. Auf dem schwarz-golden bewulsteten Helm wiederholt sich der Mönch. Helmdecken schwarz-golden. (Vgl. Siebmacher Brandenburg, Hannover, Hansestädte, Mecklenburg)
Variationen: Das Brevier wird in der Literatur auch als Laterne bezeichnet, was eine offensichtliche Fehlinterpretation im Siebmacher Band Hansestädte ist. Der Mönch wird bisweilen (Siebmacher Mecklenburg) auch mit einem Rosenkranz in der Hand anstelle des Brevieres beschrieben. Im Siebmacher Ost wird am linken Arm zusätzlich ein roter Riemen mit daran hängendem schwarzen Kreuz erwähnt. Für den Hirtenstab werden die Farben rot und schwarz genannt, für das Buch meistens rot, aber auch silbern.
Zisterzienserkleidung: Der Mönch wird als Zisterzienser beschrieben. Die Zisterziensermönche tragen eine weiße oder graue Tunika, darüber ein schwarzes Skapulier. Als Chorgewand wird darüber eine weiße Kukulle getragen. Für Novizen ist das Skapulier weiß, mit der einfachen Profeß bekommt der frischgebackene Mönch ein schwarzes Skapulier. Folglich ist nur der Mönch der weißen Linie als Zisterzienser zu bezeichnen.
Abb.: Das Wappen des Ehemannes. Da er der schwarzen Linie entstammt, hat der Mönch eine schwarze Kutte (Habit), mit silbernem Scapulier und Kragen und silberner hinten herabhängender Kapuze. Das Wappen ist aus Courtoisie gewendet, daher sind die Gegenstände in seinen Händen vertauscht.
Scapulier: Der Begriff leitet sich ab vom lateinischen Wort scapularium, Schulterkleid. Es handelt sich um ein Bestandteil der Ordenstracht verschiedener klösterlicher Gemeinschaften (z. B. Benediktiner, Zisterzienser, Karmeliter, Dominikaner) und ist ein Überwurf über die Tunika. Es ein langes Tuch mit Öffnung für den Kopf, das vorne und hinten herabfällt und fast bis zum Boden reicht. Normalerweise ist es rechteckig geschnitten und kann an den Schultern in die Breite gehen. Einen praktischen Nutzen hat ein Skapulier nicht.
Brevier: Der Begriff leitet sich ab vom lateinischen Wort brevis, kurz. Es ist ein Buch mit den Texten für die Stundengebete der Kirche. Dabei waren die darin enthaltenen Texte früher kürzer als die, die beim gemeinsamen Chorgebet gebetet wurden, daher Brevier. Ein Brevier wurde von Mönchen oder Klerikern benutzt, wenn sie nicht am gemeinsamen Chorgebet teilnahmen.
Die
Freiherren von Münchhausen
Die von Münchhausen sind eine
uradelige Familie aus Niedersachsen, die schon 1183 urkundlich
erwähnt wird. Das Stammhaus ist Monckhusen bei Loccum im ehem.
Fürstentum Calenberg, und sie gehören zur eingeborenen
Calenberg-Göttingen'schen Ritterschaft. Die Herren von
Münchhausen waren Erbmarschälle des Fürstentums Minden
1433-1618. Mehreren Linien ist der freiherrliche Titel verliehen
worden, anderen die Führung desselben anerkannt worden. Die
weiße Linie ist bzw. war zu Hessisch-Oldendorf, Remeringhausen
etc. ansässig, die schwarze Linie zu Schwöbber, Leitzkau,
Bevern etc. Berühmte und bekannte Familienmitglieder der
Freiherren von Münchhausen:
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
http://www.schloss-wendlinghausen.de/
http://www.eghn.org/wendlinghausen-garten
http://www.ostwestfalen-lippe.de/_gartenland/kleine_paradiese/wendlinghausen.shtml
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont
Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Ein herzliches Dankeschön an
Herrn Günter Deigmüller für
wertvolle Hinweise
Schloß Wendlinghausen - 1. Teil - Schloß Wendlinghausen - 2. Teil
Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright/Urheberrecht für Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2007
Impressum