Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 607
Gochsheim
(Kraichgau)
Das Schloß in Gochsheim
Gochsheim gehörte früher zum Besitz des Klosters Lorsch, im 12. Jh. kam es an die Grafen von Eberstein. 1250 erhielt Gochsheim unter Otto von Eberstein Stadtrechte. 1504 kam Gochsheim im Bayrischen Erbfolgekrieg an die Herzöge von Württemberg, die es wieder als Lehen vergaben. Da hatten die Grafen von Eberstein schon erheblich an Bedeutung eingebüßt und verloren buchstäblich an Boden gegen die beiden benachbarten Giganten, die Herzöge von Württemberg und die Markgrafen von Baden. Das Graf-Eberstein-Schloß in Gochsheim wurde 1521-1566 erbaut. Einst war die Anlage wesentlich größer, bestand aus einer einheitlichen Renaissance-Anlage mit Hinterschloß und Vorderschloß, zwischen beiden ein von Säulengängen umrahmter Hof. Davon hat nur das Vordere Schloß überlebt, der hintere Teil wurde im 19. Jh. abgebrochen. Vom säulenumstandenen Hof ist nur noch eine einzige Seite übrig. Einst hatte dieses Schloß insgesamt sieben Türme, davon waren vier Treppentürme in den Ecken des Hofes. Was wir heute sehen, ist also nur ein kleiner, aber schöner Teil der einstigen Gesamtanlage. Noch ein bißchen Gnadenfrist hatten die Ebersteiner, bis sie die Bühne der Geschichte verlassen mußten. Die letzte Tochter Albertine Sophie Esther Gräfin von Eberstein (1661-1728) heiratete schließlich einen Herzog von Württemberg aus einer Nebenlinie, wodurch Gochsheim jetzt endgültig in die Hände der Württemberger kam. 1679 wurde Gochsheim württembergische Landesstadt. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde das Schloß 1689 durch französische Truppen zerstört, erst 1698 wieder aufgebaut.
Abb.: Blick aus dem Kraichbachtal auf das über den Kalksteinterrassen gelegene Schloß mit hohem Giebel in den Formen der Renaissance, flankiert von zwei achteckigen Türmen. Rechterhand das idyllische kleine Städtchen.
Über dem Haupteingang befindet sich das folgende Allianzwappen. Der heraldisch rechte Wappenschild des Ehemannes Herzog Friedrich August von Württemberg-Neuenstadt (Initialen FAHZW = Friedrich August Herzog zu Württemberg, 1654-1716) zeigt eine Form des Württemberger Wappens, wie sie zwischen 1495 und 1707 gebräuchlich war. Datiert ist das Wappen auf 1685 AD. Dies gilt aber nur für den Schild, denn bei den Helmzieren kam es im Jahre 1593 noch zu einer Änderung, da wurde deren Anzahl von zwei auf drei erhöht, was aber hier nicht von Belang ist, da sie ohnehin nicht abgebildet sind. Der Wappenschild zeigt im Detail:
Die drei Helmzieren wären theoretisch (hier nicht abgebildet, stattdessen über beiden Wappenschilden ein Herzogshut):
Heraldisch links befindet sich der Wappenschild der Ehefrau aus dem Hause der Grafen von Eberstein, (Initialen ASEHZWGVE = Albertine Sophie Esther Herzogin zu Württemberg Gräfin von Eberstein): Das ist ein uraltes Adelsgeschlecht, das seinen Stammbaum auf Eberhard von Eberstein zurückführt, der gegen Ende des 12. Jh. auftritt. Stammwappen seit ältester Zeit ist in Silber eine rote Rose mit blauem Butzen (Feld 1 und 4). Sie ist seit 1207 AD nachweisbar. Nun folgten die Grafen von Eberstein 1586 zwei Modeströmungen zugleich: Zum einen war es Mode geworden, seinen Schild zu quadrieren, zum anderen waren redende Wappen Mode geworden. Da sie keine weitere Herrschaft hinzubekommen hatten, mit der zu quadrieren es sich gelohnt hätte, quadrierten sie ihren Schild aus freien Stücken mit einem redenden Element: In Gold auf grünem Boden ein schwarzer Eber (Feld 2 und 3). Dieses Wappen ist ein Beweis dafür, daß redende Wappen nicht notwendigerweise mit dem Bürgertum verbunden sind, wie vielfach behauptet wird, sondern daß es sich um eine Zeiterscheinung nachmittelalterlicher Wappengestaltung handelt, die auch der Adel mitmacht.
Die Helmzieren der Ebersteiner wären theoretisch zweie:
Eine andere Variante begegnet uns in der sog. Zimmernschen Chronik aus dem 16. Jh. Dort wird das vermehrte Ebersteiner Wappen mit folgenden Helmen abgebildet, bei dem statt der Rose der Eber zwischen den Hörnern geführt wird:
Die Stammburg der Edelfreien von Eberstein ist Burg Alteberstein, heute im Ortsteil Ebersteinburg der Stadt Baden-Baden gelegen, erbaut ca. 1050 AD. Im 12. Jh. kamen sie zu umfangreichem Besitz im Ufgau und im Kraichgau und bauten eine reiche Herrschaft im nördlichen Schwarzwald auf. Ein Teil ihres Besitzes waren Lehensgüter des Bistums Speyer, z. B. Gut Rotenfels im Murgtal, ein anderer Teil Rodungsgüter im Murg- und Albtal. Hausklöster und geistliche Zentren wurden das Zisterzienserkloster Herrenalb (1148 gegründet) und das Benediktinerinnenkloster Frauenalb (1180/85 gegründet). Die Ebersteiner hatten Besitz im Elsaß, im Ortenau-Kreis, in den Tälern von Murg, Alb und Pfinz, dazu im Kraichgau und auch in der Pfalz. Eberhard von Eberstein legte sich einen Grafentitel zu, offensichtlich ohne jemals ein Grafenamt ausgeübt zu haben. Neben den Markgrafen von Baden waren die Grafen von Eberstein die mächtigste und angesehenste Familie im Nordschwarzwald, und geschickte Heiraten verbanden sie mit den Herzögen von Teck, den Grafen von Zweibrücken etc. Verschiedene Städte gehen auf Gründungen der Ebersteiner Mitte des 13. Jh. zurück: Kuppenheim, Gernsbach, Bretten, Gochsheim und Neuburg am Rhein. Die Ebersteiner gingen an Erbauseinandersetzungen, Fehden und Schulden zugrunde: 1283 wurde die Stammburg, die Ebersteinburg, von Otto von Eberstein an den Markgrafen Rudolf von Baden verkauft, der mit Kunigunde von Eberstein verheiratet ist. Die Ebersteiner wohnten seitdem auf dem Ebersteinschloß über Gernsbach im Murgtal. 1387 wurde die Hälfte der Herrschaft von Graf Wolf von Eberstein (legendär: Grafensprung) wegen überhandnehmender Schulden an die Markgrafen von Baden verkauft. Aus einem der wohlhabendsten und mächtigsten Geschlechter war ein heruntergekommenes, verschuldetes, nur noch regionale Bedeutung besitzendes Geschlecht geworden, während die Nachbarn, die Herzöge von Württemberg und die Markgrafen von Baden, immer mächtiger wurden. Die Grafen von Eberstein starben 1660 mit Graf Casimir im Mannesstamme aus. Als dieses Wappen der Tochter von Graf Casimir gehauen wurde, lebten die Ebersteiner bereits nur noch in ihren Töchtern fort, und der größte Teil ihrer Herschaft war bereits an die Markgrafen von Baden gefallen. Die letzte Angehörige des Geschlechts der Grafen von Eberstein brachte Gochsheim als Besitz mit in die Ehe, dazu weitere Besitztümer im Kraichgau wie Waldangelloch sowie einige Güter an der Grenze zu Lothringen. Herzog Friedrich August und seine Frau ließen sich 1682 auf dem alten Ebersteinschen Schloß in Gochsheim nieder und renovierten es. Dabei wurde auch das besagte Allianzwappen angebracht.
Als alter Ebersteinscher Besitz führt Gochsheim eine doppellagige rote Rose mit blauem Butzen in Silber selbst als Stadtwappen. Gochsheim verdankt den Ebersteinern immerhin seine Gründung und Existenz. Viele Städte aus alter eberstein'scher Herrschaft verwenden die Rose mehr oder weniger modifiziert als Element.
Phototip: Für das Wappen braucht man Vormittagslicht, die Talansicht ist spätnachmittags am schönsten.
Genealogie:
Abstammung der Ehefrau:
1. Eberhard von Eberstein,
Ehefrau unbekannt
2. Gebhard von Eberstein, Ehefrau unbekannt
3. Adalbert von Eberstein, Ehefrau unbekannt
4. Bertoldus de Eberstein (geb. ca. 2010), Ehefrau unbekannt
5. Bertold II von Eberstein (geb. ca. 1045), verheiratet mit
Adelheid
6. Berthold III. von Eberstein (geb. ca. 1073), verheiratet mit:
Uta von Calw zu Sinsheim (geb. ca. 1104), Stifter von Kloster
Herrenalb
7. Eberhard d. Ä. von Eberstein (geb. ca. 1123), Ehefrau
unbekannt
8. Eberhard III. Graf von Eberstein (1144-1219), verheiratet mit:
Kunigunde von Andechs (geb. 1146)
9. Otto I. Graf von Eberstein (gest. 1279) 1219 Graf auf
Neu-Eberstein, verheiratet 1252 mit: Beatrix von
Crutheim/Krautheim (ca. 1210 - nach 1262)
10. Heinrich I. Graf von Eberstein (1240-14.3.1322), verheiratet
1270 mit: Clara von Frundsberg (vor 1322 - vor 1327)
11. Heinrich II. Graf von Eberstein (1294-1367), verheiratet 1335
mit: Margarete von Oettingen (vor 1360 - nach 1393)
12. Wilhelm II Graf von Eberstein in Neu-Eberstein (1350 -
9.3.1385), verheiratet mit: Margareta von Erbach-Erbach
(1348-1395)
13. Bernhard I. Graf von Eberstein in Neu-Eberstein (1381-1440),
1412-1420 pfälzischer Unterlandvogt im Elsaß, 1420 Vogt von
Ortenberg, Mitgründer von Herrenalb, begraben zu Herrenalb,
verheiratet 1420 mit: Agnes von Vinstingen-Brackenkopf (geb.
1398, gest. nach 1420)
14. Johann/Hans III. Graf von Eberstein in Neu-Eberstein
(1.6.1421-1479), 1459 herzoglich-bayrischer Rat, 1474
erzherzoglich-österreichischer Rat, verheiratet 1434 mit: Merge
(Maria) von Eppenstein/Eppstein (geb. 1422, gest. nach 1461 /
nach 29.6.1463)
15. Bernhard III. Graf von Eberstein in Neu-Eberstein
(1459-1526), 1505 Belehnung mit einem Viertel der Herrschaft
Eberstein durch den Markgrafen von Baden, kurpfälzischer Rat,
1510-1520 Reichskammergerichtspräsident, verheiratet am
11.11.1494 mit: Kunigunde von Waldburg-Sonnenberg (1482-1538)
16. Johann Jakob I. Graf von Neu-Eberstein (20.1.1517-8.3.1574),
verheiratet 1542 mit: Barbara von D(h)aun-Oberstein (geb. 1512,
gest. 14.2.1546)
17. Johann Bernhard Graf von Neu-Eberstein (26.6.1545-1574),
verheiratet 31.12.1567 mit: Margarethe von Dietz
(14.10.1544-1608)
18. Johann Jakob II. von Neu-Eberstein (1574-20.3.1638 in
Strassburg), verheiratet am 18.2.1609 mit: Margarethe zu
Solms-Laubach (29.11.1580-31.1.1635)
19. Johann Friedrich Graf von Neu-Eberstein (10.1.1611-5.2.1647),
verheiratet 1637 mit Anna Amalia von Criechingen (1616-16762)
20. Casimir Graf von Neu-Eberstein (19.4.1639-22.12.1660),
verheiratet am 5.5.1660 mit Maria Eleonore Gräfin von
Nassau-Weilburg (12.8.1636-16.12.1678). Man beachte, daß er nur
wenige Monate nach der Eheschließung verstarb. Seine Tochter
wurde ihm posthum geboren.
21. Albertine Sophia Esther von Neu-Eberstein
(20.5.1661-24.5.1728), verheiratet mit Friedrich August Herzog
von Württemberg-Neuenstadt (12.3.1654-6.8.1716), 14 Kinder,
wovon nur 3 Mädchen das Erwachsenenalter erreichten. Eine wurde
Äbtissin, eine andere Kanonissin. Die dritte Tochter, Auguste
Sophie, heiratete 1709 Friedrich Eberhard Graf von
Hohenlohe-Langenburg-Kirchberg. Sie starb kinderlos. Mit ihr
erlosch die gesamte, auch weibliche Nachkommenschaft der
Ebersteiner.
Genealogie:
Abstammung des Ehemannes:
1. Ludwig I. Graf von
Württemberg (vor 1136/1139-1158)
2. Ludwig II. Graf von Württemberg (vor 1166-1181), verheiratet
mit Willibirg von Kirchberg
3. Hartmann Graf von Württemberg (ca.1160-19.8.1239/1240),
verheiratet mit Bertha? von Veringen
4. Hermann I. Graf von Württemberg (ca.1190-1231/1236),
verheiratet mit Irmengard von Ulten (ca.1202 - nach 1231 / nach
1236)
5. Ulrich I. Graf von Württemberg (ca.1222-25.2.1265),
verheiratet mit Agnieszka von Schlesien (-13.3.1265)
6. Eberhard I. (II) Graf von Württemberg (13.3.1265-5.6.1325),
verheiratet mit Margarethe von Lothringen (-vor.1296)
7. Ulrich III. Graf von Württemberg (1298-11.7.1344),
verheiratet mit Sophie von Pfirt (1295/1300-25.3.1344)
8. Eberhard II. (III) Graf von Württemberg (nach
1315-15.3.1392), verheiratet mit Elisabeth von Henneberg
(1319-30.3.1389)
9. Ulrich Graf von Württemberg (nach 1340/1342-23.8.1388),
verheiratet mit Elisabeth von Bayern (1329/1332-2.8.1402)
10. Eberhard III. (IV) Graf von Württemberg
(nach1362/1364-1417), verheiratet mit Antonia Visconti
(ca.1360-26.3.1405)
11. Eberhard IV. (V) Graf von Württemberg (1388-2.7.1419),
verheiratet mit Henriette Gräfin von Mömpelgard
(1383/1387-1444)
12. Ulrich V. Graf von Württemberg (1413?-1.9.1480), verheiratet
mit Elisabeth von Bayern (1419-1.1.1451)
13. Heinrich Herzog von Württemberg Graf von Mömpelgard
(7.9.1448-16.4.1519), verheiratet mit Eva von Salm und Chiney
(ca.1468-26.4.1521)
14. Georg Graf von Mömpelgard (4.2.1498-18.7.1558), verheiratet
mit Barbara Landgräfin von Hessen (1536-8.6.1597)
15. Friedrich I. Herzog von Württemberg (19.8.1557-29.1.1608),
verheiratet mit Sibylla von Anhalt (1564-1614)
16. Johann Friedrich Herzog von Württemberg-Stuttgart
(1582-18.7.1628), verheiratet mit Barbara Sophie von Brandenburg
(1584-1636)
17. Friedrich Herzog von Württemberg-Neuenstadt
(19.12.1615-24.3.1682), verheiratet mit Klara Augusta Herzogin
von Braunschweig-Lüneburg (25.6.1632-6.10.1700)
18. Friedrich August Herzog von Württemberg-Neuenstadt
(12.3.1654--6.8.1716, Gochsheim), verheiratet mit Albertine
Sophia Esther von Neu-Eberstein (20.5.1661-24.5.1728)
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Hartmut Riehl: Burgen und Schlösser im Kraichgau, Verlag
Regionalkultur 1997, ISBN 3-929366-51-7
Zwischen Fürsten und Bauern - Reichsritterschaft im Kraichgau,
hrsg. von Clemens Rehm und Konrad Krimm, Heimatverein Kraichgau,
Sinsheim 1992, 2. Auflage 1993, ISBN 3-921214-04-1
Prof. Herbert Stoyan,
Adel-digital, WW-Person auf CD, 7. Auflage 2004, Degener Verlag
ISBN 3-7686-2512-5
http://worldconnect.rootsweb.com
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in
Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1.
Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 270
Die Entwicklung des Württemberger Wappens
Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2007
Impressum