Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 509
Schloß
Wernstein bei Mainleus (Oberfranken)
Schloß Wernstein, Teil (2): Zugbrücke zum Hauptschloß
Nach den Zerstörungen im Markgräflerkrieg begann man zuerst, die Kernburg zu reparieren. Sie wurde dabei mit einem neuen Torsystem ausgestattet, das zwar im Aufbau mit Graben, Zugbrücke, Ketten, Kettenlöchern etc. noch ganz der mittelalterlichen Bauweise verhaftet war, andererseits in der Formensprache eindeutig das Programm der Renaissance zeigt. Die Toröffnung hat keine Nut, in die sich die Brücke hineinlegen kann, sondern einen hervorstehenden Schlußstein im Bogenscheitel, der genau dies verhindert. Die Verzierung mit Säulenvorlagen und Statuen auf den Podesten steht auch in krassem Widerspruch zur Verteidigungscharakter und machen das Tor zu keiner wirklichen, eher symbolischen Hürde für potentielle Angreifer, zumal die beiden einzigen Verteidigungsöffnungen die beiden annähernd quadratischen Öffnungen mit gestuften Laibungen im Obergeschoß sind.
Über dem Wappen hoch über der Zugbrücke ist folgende Inschrift zu lesen: "HANS FRIEDRICH V KINDSBERG VND VRSVLA GEBORENE FORTZSCHEN DEM GESCHLECHT KINDSBERG ZV EHR VND RVHM ... 1570"
Die Familiengeschichte ist zum Teil verwirrend: Die Ursula von Förtsch, die hier öfter an Schloß Wernstein auftaucht, ist immer die selbe. Ihr Ehemann aber wechselt. Hier ist es ihr erster Ehemann, Hans Friedrich von Künsberg. In den beiden anderen Wappen ist es ihr zweiter Ehemann, Georg von Künsberg, Verwandter des Hans Friedrich von Künsberg, der die Witwe aus "Besitz- und Finanzräson" geehelicht hatte. Die beiden Ehemänner, erst Hans Friedrich von Künsberg und dann Georg von Künsberg, waren Cousins fünften Grades. Die in der Literatur zu findende Angabe, es handele sich um Onkel und Neffe, wird durch die Ahnenproben widerlegt.
Man beachte auch die beiden Figuren, die auf den Podesten der Portalarchitektur stehen: Beide stützen sich auf einen Schild, der optisch linke auf einen Künsberg-Schild, der optisch rechte auf einen Förtsch-Schild.
Das heraldisch rechte Wappen des Hans Friedrich von Künsberg ist wie folgt zu beschreiben: In Blau eine silberne eingebogene Spitze. Helmzier ein silbern gestulpter flacher roter Hut, aus dem zwei rote Büffelhörner wachsen, an der Spitze meist (hier nicht erkennbar, da abgebrochen) jeweils mit einer Eichel besteckt. Helmdecken rot-silbern.
Das heraldisch linke Wappen der Ursula von Förtsch, Ehefrau des Hans Friedrich von Künsberg, ist im Kerbschnitt von Rot und Silber schrägrechts geteilt. Die Helmzier sind zwei schwarze aufgereckte Bärentatzen mit zwei goldenen Querbalken, Helmdecken rot-silbern.
Da es sich um die gleiche oben schon erwähnte Ursula von Förtsch handelt, tauchen hier wie dort die gleichen Wappenschilde der Ahnenprobe auf. Im einzelnen sind dies an der optisch rechten Halbsäule (von oben nach unten): Förtsch von Thurnau (siehe oben), von Vestenberg (in Grün ein silberner Balken), Stein vom Altenstein (in Rot 3 (2:1) goldene Hämmer) und von Waldenfels (in Blau ein silbernes Einhorn).
Anordnung | ||||||||||||||||||||
|
Da es sich um eine Schwester der Barbara von Förtsch, Ehefrau des Hans Georg von Giech zu Thurnau, handelt, tauchen hier wie dort am Thurnauer Schloß die gleichen Wappenschilde der Ahnenprobe auf. Die Zahlen in der Tabelle geben die Relativ-Position in der Ahnentafel an und damit die Rangfolge des Wappens in der Ahnenprobe. Folglich ergeben sich nachfolgende Abhängigkeiten für die Ahnentafel (Ergänzungen gerne willkommen):
1 Künsberg | 5 Truchseß von Wetzhausen | 3 Wolfstein | 7 Schaumberg | 2 Fuchs | 6 ??? | 4 Fuchs | 8 ??? |
1 Künsberg | 3 Wolfstein | 2 Fuchs | 4 Fuchs | ||||
1 Künsberg | 2 Fuchs von Gleißenau | ||||||
1 Künsberg |
für den Ehemann, Hans Friedrich von Künsberg
Eltern des Hans Friedrich von Künsberg (1524-1572), alias von Königsberg, zu Wernstein, Schmeilsdorf, Hain, 1/2 Thurnau, Gunzendorf und Troschenreuth, Heirat 1524:
Großeltern des Hans Friedrich von Künsberg:
1 Förtsch | 5 Nothafft | 3 Stein von Altenstein | 7 Grumbach | 2 Vestenberg | 6 Bibra | 4 Waldenfels | 8 Rotenhan |
1 Förtsch | 3 Stein von Altenstein | 2 Vestenberg | 4 Waldenfels | ||||
1 Förtsch | 2 Vestenberg | ||||||
1 Förtsch |
für die Ehefrau, Ursula von Förtsch
Eltern der Ursula Förtsch von Thurnau, Heirat 1532:
Großeltern der Ursula Förtsch von Thurnau (vgl. ihre Schwester Barbara in Thurnau)
Hintergrund
1: Die Andechs-Meranier
Das 11.-12. Jh. brachte
bedeutende Umwälzungen der politischen Landschaft Oberfrankens:
Viele alteingesessene und mächtige Geschlechter erloschen und
hinterließen ein Machtvakuum. Beispiele: Die Herren von
Schlüsselberg, die Walpoten, die Grafen von Schweinfurt
(Aussterben 1058). Ihre Gebiete wurden schnell von anderen
Mächtigen vereinnahmt. Einige dieser Gebiete wurden zur
Ausstattung des Bamberger Hochstiftes verwendet, andere Gebiete
rissen sich in der Mitte des 12. Jh. die Grafen von
Andechs-Dießen, die späteren Herzöge von Andechs-Meranien
durch geschickte Heirat unter den Nagel und kamen so in den
Besitz des früheren Schweinfurt-Kulmbacher Gebietes. Arnold von
Dießen hatte die reichen Güter am oberen Main über seine Frau
Gisela erhalten. Berthold II hatte eine Tochter des Grafen von
Weimar-Orlamünde geheiratet, und Boppo hatte Kunigunde von Giech
geehelicht, alles lukrative Ehen mit bedeutendem Zuwachs an
Herrschaftsgebiet. 1158 erbten sie von den Grafen von Formbach
Gebiete an Inn und Donau, u.a. Neuburg, Schärding und Windberg.
1173 bekamen sie Istrien als Lehen, 1180 wurden sie Herzöge von
Meranien (Kroatien und Dalmatien). Die Andechs-Meranier waren
damals wichtige Reichsfürsten, zu ihrer Blütezeit neben den
Welfen das bedeutendste Geschlecht Süddeutschlands, und
beherrschten ca. ein Jahrhundert lang große Teile von
Oberfranken. Die wichtigsten Burgen und tragenden Pfeiler ihrer
Herrschaft waren die Orte Kulmbach, Hof, Bayreuth und
Blassenburg. Hier liegen auch die Wurzeln der bedeutenden Festung
Plassenburg in Kulmbach: Graf Berthold von Andechs war 1135 im
Besitz einer Burg namens Blassenberg (unweit der heutigen
Plassenburg) und nannte sich Graf von Blassenberg. Einer seiner
Nachfolger, Otto II., Herzog von Meranien, baute eine zweite,
neue Burg an der Stelle der heutigen Plassenburg. Der Stern der
Andechs-Meranier sank mit der angeblichen Beteiligung an der
Ermordung Philipps von Schwaben. 1248 erlosch das Geschlecht im
Mannesstamm. In Franken wurden sie von den Burggrafen von
Nürnberg, den Grafen von Orlamünde, den Bamberger Bischöfen
und den Grafen von Truhendingen beerbt.
Hintergrund
2: Aufblühen der Reichsritterschaft
Die Herrschaft der
Andechs-Meranier brauchte treue Verwalter, die ihr schnell
gewonnenes und großes Herrschaftsgebiet effektiv und weitgehend
selbständig verwalteten. Das war die Geburtsstunde vieler
reichsfreier Adelsgeschlechter, die als Ministerialen im Dienste
der Herzöge von Andechs-Meranien die Burgen und zugehörigen
Herrschaften verwalteten und schließlich die Namen der Burgen
als Namen des Geschlechtes annahmen.
Hintergrund
3: Die Wurzeln der von Künsberg
Vor diesem Hintergrund
entstanden die Künsberg. Die oberfränkische Familie von
Künsberg ist eine Nachfolgefamilie der andechs-meranischen
Ministerialen von Blassenberg. Dabei muß angemerkt werden, daß
dieses Rittergeschlecht Blassenberg nicht mit dem Fürstenhaus
der Andechs-Meranier verwandt war, auch wenn deren Hauptburg
ebenso hieß und sie sich selber teilweise auch nach ihr nannten.
Als allererster faßbarer Stammvater gilt Eberhart
puer, der Knabe, 1216 urkundlich erwähnt. Der Name
Künsberg, auch Kindsberg, Künßberg ist vermutlich abgeleitet
von einer Burg namens Kindesperc, Alten-Künsberg bei
Creussen (Oberfranken), erbaut 1218. Der erste Künsberg, der den
Namen Künsberg verwendet und nicht mehr von
Blassenberg, ist derselbe Eberhard von Kindesperc in einer
Urkunde aus dem Jahre 1223. Ein neuer Geschlechtsname ist
geboren. Weitere diesem Geschlecht der Blassenberg entstammende
fränkische uradelige Rittergeschlechter sind z. B. die von
Guttenberg und die von Weidenberg. Welche Schreibweise ist
richtig? In den Inschriften aus der Renaissance findet sich die
Schreibweise"Kindsberg" oder "Kindtsberg".
Später wurde das zu "Künsberg" gebeugt. Bei Rahrbach
findet sich der Hinweis, daß sich die evangelischen Linien
Künßberg schreiben, die katholischen
Künsberg.
Hintergrund
4: Stammland der von Künsberg
Ihr Besitz liegt im Bereich
des Landkreises Pegnitz (Oberschwarzach, Tiefenthal,
Altencreußen, Stemmenreuth etc.), des Landkreises Bayreuth
(Dörflas, Draisenfeld, Birk, Wallenbrunn etc.), des Landkreises
Lichtenfels (Wolfsloch, Rothwind etc.) sowie des Landkreises
Kulmbach (Bärenreuth, Danndorf, Frankenberg, Schmeilsdorf etc.).
Stammsitze sind jedoch Altenkünsberg, Wernstein und
Schnabelwaid. Mit den drei Burgen Kindesberg, Emtmannsberg und
Schnabelwaid konnten sie eine wichtige Handelsstraße komplett
kontrollieren.
Hintergrund
5: Aufbau der Herrschaft Wernstein
Friedrich I. von Künsberg
(auf Burg Emtmannsberg, gest.1381) hatte zusammen mit seinem
Bruder Heinrich II. bereits Güter bei Bärenstein, dem späteren
Wernstein. Heinrich II. (ca. 1323-1390) ist der Stifter der Linie
von Künsberg (Kindsberg) zu Wernstein. Er stand in Diensten der
Andechs-Meranier und war Amtmann in Berneck. Er bekam die
meranische Burg Bärenstein (das spätere Wernstein) zum
Wiederaufbau und errichtete die erste Burg der Künsbergs zu
Wernstein. Die Herrschaft der Herren von Künsberg entwickelte
sich in einem komplizierten Kräftefeld: Auf der einen Seite
waren die Markgrafen von Kulmbach Lehnsherren, und ein Teil deren
Land war den Wernsteiner Freiherren und Ministerialen
unterstellt, auf der anderen Seite waren die Fürstbischöfe von
Bamberg mit ihren territorialen Interessen, und zwischendrin die
Freiherren, späteren Grafen von Giech, die ebenfalls in diesem
Grenzbereich verschiedener Hoheitsansprüche ihr eigenes
Süppchen kochten und nach Selbständigkeit strebten, mit denen
die Künsberg sogar zeitweise gemeinsam den Thurnauer Besitz
teilten und mit denen sie verschwägert waren.
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Genealogien: http://worldroots.com
Eugen Schöler, Historische
Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und
Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag -
Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher
Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Friedrich-Wilhelm Krahe: Burgen des Deutschen Mittelalters,
Grundriß-Lexikon, Bechtermünz Verlag, Lizenz-Ausgabe im
Weltbild-Verlag 1996, ISBN 3-86047-219-4
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder, 6.
Auflage 1999, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt,
Originalausgabe Beck'sche Verlagsbuchhandlung München 1988
http://www.mainleus.de
Herrm Daniel Freiherr von Künßberg ein herzliches Dankeschön
für wertvolle Hinweise zur Genealogie
Dr. Albert Elstner, Geschichte der Freiherren von Künsberg:
http://www.art-connection.de/Pages/kuensberg.history.1.html,
http://www.art-connection.de/Pages/kuensberg.history.2.html,
http://www.art-connection.de/Pages/kuensberg.history.3.html
Wernstein (Oberfranken): Schloß, Tor der Vorburg - Inneres Tor - Rundturm
Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2007
Impressum