Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 415
Trier: Im Schatten der glanzvollen Kurfürsten

Der Petrusbrunnen auf dem Hauptmarkt

Der Brunnen wurde 1594/1595 von dem Bildhauer Hans Ruprecht Hoffmann erschaffen und gilt als Meisterwerk der Kunst des Manierismus. Er wurde im Südosten des Hauptmarkts etwa im Schnittpunkt von Grabenstraße und Dietrichstraße aufgestellt und ersetzte einen spätgotischen Marktbrunnen aus dem Jahr 1496. Die Meister Nicias, Matthias Windersdorf, Hans Eiffel und Dietz von Pallien sind als die am Kunstwerk tätigen Steinmetzen überliefert. Der Brunnen wurde früher von der Wasserleitung aus dem Herrenbrünnchen gespeist. Das rot-weiß gestrichene und innen mit Blei verkleidete Becken selbst ist sechseckig und mit einem niedrigen Gitterrand versehen. Die Seitenflächen werden jeweils mit einem liegenden Rautenmotiv verziert. Ein kleines Nebenbecken erlaubt die bequeme Wasserentnahme. Insgesamt fließt das Wasser aus acht Röhren auf zwei Ebenen, wobei die Röhren gegeneinander versetzt sind. In der unteren Ebene kommen die Röhren aus Löwenmäulern, auf der oberen Ebene aus Engelsköpfen.

 

Der sich auf quadratischem Sockel erhebende Brunnenstock ist in mehreren Etagen aufgebaut: Die unterste Ebene ist quadratisch und besitzt in der Mitte jeder Seite eine auskragende Konsole, die mit Fruchtgebinden verziert ist. Die verbleibenden Ecken tragen jeweils eine Sirene oder Melusine mit Fledermausflügeln und einem doppelten, eingeringelten Delphinschwanz, auf jeder Fläche einen und jeweils mit einer Endquaste. Die Ebene darüber hat den Grundriß eines jeweils in der Mitte der Seitenfläche kreuzförmig ausgezogenen Quadrates, denn die vorgenannten Konsolen tragen jeweils einen Sockel, und darauf sitzen die wasserspeienden Löwen der unteren Wasserspeierebene. Die Stirnseiten der Löwensockel tragen groteske Masken, z. B. einen Satyr mit menschlichen Zügen, wildem Bart und Bockshörnern. Die Hauptebene trägt vier allegorische Statuen der weltlichen Kardinaltugenden Justitia (Gerechtigkeit, mit Schwert und Waage, nach Südwesten schauend), Fortitudo (Stärke, mit einer zerbrochenen Säule, nach Südosten schauend), Temperantia (Mäßigung, mit Wein und Wasser, nach Nordosten schauend) und Prudentia (Klugheit, mit Spiegel und Schlange, nach Nordwesten schauend). Diese vier Figuren stehen auf den Quadratecken zwischen den Löwensockeln, also über den Melusinen der untersten Ebene.

Diese vier Figuren werden durch eine auf dem Rand des darüber befindlichen Scheinbeckens umlaufende lateinische Inschrift kommentiert, die lautet: "FOELIX RESPUBLICA UBI PRUDENTIA SCEPTRA TENET" (Glücklich das Staatswesen, in dem Klugheit das Zepter hält, ....), "SANCTA IUSTITIA BONOS TUETUR ET SONTAS GLADIO FERIT" (... die Heilige Gerechtigkeit die Guten schützt und die Schuldigen mit dem Schwert trifft, ...), "FORTITUDO IN ADVERSIS DOMINATUR" (....Stärke die Widrigkeiten überwindet.... ) und "ET LAUDABILIS TEMPERANTIA CUNCTA MODERATUR" (... und lobenswerte Mäßigung alles regelt).

Darunter vollendet auf einem Schaftring des Brunnenstocks eine zweite Inschrift diesen Spruch: "EX HIS VIRTUTIBUS VELUT AQUA DE FONTE SALUS POPULI OMNIAQUE REI PUBLICAE BONA PERMANAT" (aus solchen Tugenden entspringt gleich dem Wasser aus dem Brunnen alles Heil des Volkes und bleibendes Staatswohl). Natürlich nahm der Stifter dieses Brunnens diese Eigenschaften seiner Herrschaft als gegeben an und preist so seine eigene Regierung. Zugleich ist das ein hintersinniger Gruß des fürstbischöflichen Auftraggebers an den Rat der Stadt. Zwischen beiden Inschriften sind vier Engelsmasken angebracht, aus deren Mündern die wasserführenden Rohre der zweiten Wasserspeierebene herauskommen. Deren Wasserstrahl fällt vor den Tugendallegorien genau in die Lücke zwischen den Wasserstrahlen der Löwen auf der tieferen Ebene.

 

Der Schaft trägt hinter den Tugendallegorien auf dem runden Schaft jeweils auf Lücke gestellt Affenmasken mit großen Ohren und mit Ring im Maul und herabhängenden Fruchtgebinden, und direkt hinter den Tugendallegorien sind herumalbernde Äffchen dargestellt, die das genaue Gegenteil der Tugenden tun und die Laster der Welt symbolisieren. Von Ring zu Ring ist ein Tuchstreifen um die Säule gezogen, der sich unter den Äffchen im Bogen durchzieht.

 

Unten sind zwischen den vier Tugenden wasserspeiende Löwen, die jeweils eine Schildkartusche mit Tierdarstellungen (Schildkröten, Krebse) halten. Auf dem "Deckel" des Scheinbeckens sind vier Gänse oder Schwäne angebracht; dazwischen sitzen auf Delphinen reitende Putten. Das ist die breiteste Stelle des Schaftes, und hier sitzen insgesamt acht Figuren auf derselben Ebene, wenn auch zwei verschiedene Arten abwechselnd. Auf einem quadratischen Stufensockel setzt sich dann der Schaft wieder als Säule fort, und hier verkünden Kartuschen mit römischen Zahlen das Baujahr des Brunnens, ANNO / DNI / MD / XCV = Anno Domini 1595.

Weiter oben am Schaft sind drei Adler mit jeweils einem Wappen angebracht. Nach Westen gerichtet ist das Wappen der Stadt Trier (in Rot der nimbierte hl. Petrus in goldenem Gewand mit goldenem Schlüssel in der Rechten und goldenem Buch in der Linken). Ganz oben auf dem Brunnen steht noch einmal die lebensgroße Darstellung des hl. Petrus, des Trierer Stadtpatrons. Er wendet seinen Blick nach Westen über die freie Fläche des Hauptmarktes in Richtung Steipe, schaut also in die gleiche Richtung wie das Stadtwappen am Schaft.

Nach Nordosten gerichtet sehen wir das Wappen des Trierer Kurfürsten Johann VII. von Schönenberg (reg. 1581-1599, in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz, darauf ein schwarzer Herzschild mit drei schwebenden silbernen Tatzenkreuzchen). Es hat hier eine reduzierte Form und verzichtet auf eine Quadrierung ebenso wie auf die Wiedergabe eines Symboles für Prüm. Unter diesem Fürstbischof entstanden mehrere bedeutende Kunstwerke, in Trier z. B. die Domkanzel, der Dreifaltigkeitsaltar und der Grabaltar des Jakob von Eltz, und in Prüm die Kanzel. Damit wird der Petrusbrunnen zu einem Eindringen kurfürstlicher Programmatik in den städtischen Raum: Als Gegenstück zu den im Dom aufgestellten (und z. T. vom gleichen Künstler geschaffenen) Kunstwerken wurde der Brunnen zu einer an die Bewohner und Besucher des Hauptmarktes gerichteten Vergegenwärtigung guter und tugendhafter kurfürstlicher Stadtherrschaft.

Der dritte Wappenschild am Schaft zeigt nach Südosten und trägt das Symbol des Kurfürstentums Trier (in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz). Der Wappenbereich ist die einzige dreizählige Zone (3 Adler, 3 Wappenschilde) des Brunnenschaftes, der ansonsten von einer Vierersymmetrie (4 Melusinen, 4 Tugenden, 4 Löwen, 4 Äffchen, 4 Schilde mit Wassertieren, 4 groteske Masken, 4 Obstgebinde, 4 Tücher um die Säule, 4 Kartuschen zur Datierung, 4eckiger Stufensockel etc.) bzw. doppelter Vierersymmetrie (2x 4 Wasserstrahlen, 2x 4 Figuren auf dem Scheinbecken, 2x 4 Fruchtgebinde, 2x 4 Delphinschwänze) beherrscht wird.

Mindestens neunmal wurde der Petrusbrunnen seit seiner Erstherstellung renoviert (1724, 1753, 1820, 1865, 1904, 1938, 1983, 2004, 2013). Die Originale der Brunnenfiguren befinden sich seit 1976 im Städtischen Museum Simeonstift; am Brunnen sind nur Kopien. Die vorletzte größere Auffrischungsaktion fand 1983 in Vorbereitung der 2000-Jahr-Feier Triers statt. Der Anstrich, das Gitter und das kleine, seitliche Überlaufbecken wurden erneuert. Dabei wurde dem Brunnen seine Farbigkeit im Stile des Manierismus wiedergegeben, nach dem Vorbild anderer Arbeiten aus der Hoffmann-Schule mit erhaltener Farbgebung, sehr zum Schock der Trierer Bürger, die sich an das jahrelange Grau in Grau gewöhnt hatten und sehr überrascht waren, wie farbenfroh die ohnehin üppige Plastik des Manierismus schon zur Zeit der Herstellung angestrichen war. Aber mittlerweile haben sich selbst diejenigen, die damals "grauenvoller Kitsch" und "bonbonbunter Zuckerguß" gezetert und einen heftigen Kulturschock erlitten haben, an die Farbenfreude gewöhnt, die gar nicht so unpassend zur wasserspendenden Lebensfreude des Brunnens ist.

 

2004 bekam der Brunnen lediglich einen neuen Anstrich. Ein weiteres Mal wurde der Petrusbrunnen im Jahr 2013 vier Monate lang gründlich renoviert, nachdem erhebliche Schäden durch Algen, Moos, Risse und Vandalismus entstanden waren. Die Bleiverkleidung des Beckens war so porös, daß bereits 2012 das Grünflächenamt den Wasserhahn zugedreht hatte. Es waren außerdem eine ganze spiegelhaltende Hand, ein halber Delphin und ein ganzer Schwan (oder Gans) zwischenzeitlich verlorengegangen.

Diese neuerliche Renovierung hat 107000 € verschlungen, die von der Stadt (35000 €), der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (10000 €) und der Mainzer Generaldirektion Kulturelles Erbe (ca. 15-20000 €) und durch Spenden, insbesondere durch eine Initiative der Trier-Gesellschaft (40000 €) finanziert wurden. Der Denkmalrettungsverein Trier-Gesellschaft hatte seit seiner Gründung 1982 bereits 99 Projekte gefördert, so daß der Petrusbrunnen die Zahl 100 seiner mitfinanzierten Projekte voll machte. Die Gesellschaft kümmerte sich auch um die Bauherrschaft und die finanzielle und technische Abwicklung der Renovierungsmaßnahmen, so daß aktuell der Brunnen mit erneuerter Technik und frischen Oberflächen wieder ein Schmuckstück des Hauptmarktes ist.

Literatur, Links und Quellen:
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 17.1, Hrsg. im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur vom Landesamt für Denkmalpflege: Stadt Trier, Altstadt, bearbeitet von Patrick Ostermann, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 2001, ISBN 3-88462-171-8, S. 244
Hans Petzholdt (Hrsg.): Trier, 2000 Jahre Stadtentwicklung, Katalog zur Ausstellung in der Tuchfabrik Weberbach 1984, Selbstverlag des Baudezernates der Stadt Trier, S. 72
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Petrusbrunnen:
http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einObjekt.php?id=3890
Hauptmarkt mit Petrusbrunnen:
http://moseltouren.de/1-trier-bernkastel-kues/1-01i-hauptmarkt-marktplatz/index.html
Trierer Brunnen:
http://www.quellenatlas.eu/media/f8d4c94263061c53ffff807dfffffff4.pdf
Hauptmarkt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hauptmarkt_(Trier)
Restaurierung des Petrusbrunnens:
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-Verjuengungskur-fuer-den-Petrusbrunnen;art754,3414711
Restaurierung des Petrusbrunnens:
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-Petrusbrunnen-Die-Rueckkehr-des-Kitschs;art754,3476620
Johann von Schönenberg:
http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/J/Seiten/JohannVIIvonSchoenenburg.aspx
Johann von Schönenberg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_VII._von_Schönenberg
Bernhard Endrulat: Johann VII, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 427 f.
https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Johann_(Erzbischof_von_Trier)
Johann von Schönenberg:
http://www.saarland-biografien.de/Schoenenberg-Johann-von
Martin Persch: Johann von Schönenburg, in: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon 3 (1992), Sp. 175-178.

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