Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 414
Trier: Im
Schatten der glanzvollen Kurfürsten
Bischöfliches Priesterseminar (Jesuitenkolleg, alte Universität)
Das bischöfliche Priesterseminar ist eine inhomogene Baugruppe, die Bauwerke gänzlich verschiedener Zeiten zu einem großen Komplex vereinigt. Zur Jesuitenstraße hin wird das Bild geprägt von einem winkelförmigen Bau aus der Zeit 1610-1614. Zur Straße hin wird der halboffene Hof (Altarhof) durch ein Eisengitter abgetrennt zwischen Torpfeilern, die aber nicht originär sind, sondern mitsamt den Torflügeln vom Ayler Schloß stammen. Dieser L-förmige Bau weist zwei polygonal gebrochene, überhöhte Türme auf. Es gibt keine Wappen mehr an den mit zeittypischem Rollwerk dekorierten und dem Bildhauer Hans Ruprecht Hoffmann zugeschriebenen Reliefs an diesen Türmen, die den Bamberger Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen als Erbauer des auf 1614 datierten östlichen Eckturms sowie den Speyerer Fürstbischof und späteren Trierer Kurfürsten Philipp Christoph von Sötern als Erbauer des westlichen Turms benennen. Das östliche Relief (links im Hof) besitzt Hermenpilaster und einen Aufsatz mit einem von Engeln gehaltenen Medaillon mit einer Mariendarstellung, aber das zentrale Feld, wo einmal ein kurfürstliches Wappen war, ist ausgeschlagen, nur unten sieht man noch die Ansätze von Krummstab und Schwert. Das westliche Relief hat im Aufsatz die Jesuiteninitialen JHS zwischen Engelsköpfen, aber ebenso zerstörte Inhalte im Zentralfeld, wo einmal ein Wappen war - Hinterlassenschaft der französischen Revolutionäre. Auf dem kleinen Zwerchgiebel mit nur einem einzigen Stockfenster ist noch einmal das Jesuitenmonogramm im Strahlenkranz zu sehen.
Dieser Neubau der Renaissance ersetzte ein mittelalterliches Franziskanerkloster. Im Jahre 1560 hatte Erzbischof Johann von der Leyen als Gegenmaßnahme zur Abwehr der Reformation und zur innerkirchlichen Konsolidierung die Jesuiten nach Trier geholt. Sie hatten ihr erstes Quartier in der Dietrichstraße, wo sie ihre erste Schule eröffneten. 1570 schließlich übergab Erzbischof Johann von Eltz das Franziskanerkloster an die Jesuiten. Die Franziskaner wurden in das St.-German-Kloster in der Neustraße umgesiedelt. Dann erfolgte der Neubau des Jesuitenkollegs, für den man Steine aus den abgebrochenen Barbarathermen verwendete. Dieser Bau wurde 1666-1668 nach Osten verlängert und bildet den Südflügel des anschließenden Innenhofs, dessen Nordseite von der Jesuitenkirche (ehemalige Franziskanerkirche) gebildet wird. Weitere Anbauten folgten 1694-1695. Der südliche Teil des den Innenhof im Osten begrenzenden Flügels wurde 1688 erbaut, der nördliche Teil um 1742.
Am 21.7.1773 wurde durch Papst Clemens XIV. (reg. 1769-1774) der Jesuitenorden durch die Bulle "Dominus ac Redemptor noster" aufgehoben, folglich mußte und durfte sich der Kurfürst ab sofort selbst um die Priesterausbildung kümmern und sie nach seinen Vorstellungen regeln sowie eine Seminar- und Studienordnung erlassen. Die Gebäude in der Jesuitenstraße wurden aber Sitz der Universität, die 1473 gegründet worden war, aber 1798 aufgelöst wurde. Das frisch gegründete Priesterseminar befand sich zuerst noch im Noviziatshaus (Mettlacher Hof) am Krahnen (das am 16.10.1773 gegründete Seminarum Clementinum). Der bisherige Ostflügel (Aulaflügel) des Jesuitenkollegs, in dem das ehemalige Sommerrefektorium lag, wurde 1774-1775 spätbarock umgebaut und zur Universitas Clementina. Die zweieinhalbgeschossige, sandsteingegliederte Hoffassade ist noch original. Die Struktur der Fassade zeigt die Handschrift des kurtrierischen Hofarchitekten Johannes Seiz (1717-1779). Die Bildhauerarbeiten mit Rocaille-Kartuschendekor am hofseitigen, zweiachsigen und übergiebelten Mittelrisalit wurden vom Bildhauer Jean Baptist Simar (ca. 1744-1794) angefertigt. Im Obergeschoß des Aulaflügels liegt eine prachtvolle Promotionsaula mit Stuck von Michael Eytel, deren Schmuck stilistisch an der Grenze zwischen Spätrokoko und Frühklassizismus steht. Auch im Außenbau verweisen die kannelierten, mit Fruchtgebinden verzierten Balkonkonsolen schon auf den Frühklassizismus, ebenso die Schmiedearbeiten des Balkongeländers.
Weiterhin wurde 1775-1779 vom letzten Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1739-1812) nach Plänen des Hofbaumeisters Seiz in südlicher Verlängerung des zuvor umgebauten Ostflügels ein neuer Trakt für das Priesterseminar angebaut, das Clementinum, das heute den zweiten, südlichen Hof im Osten begrenzt. Dann kam es zur nächsten großen Rochade: 1779 wurde das Priesterseminar dorthin verlegt, die theologischen Lehrstühle der Universität und des Priesterseminars wurden vereinigt, die ehemals in der Engelsgasse ansässigen Alexianer machten Platz und zogen in das ehemalige Noviziatshaus, und die ehemalige Jesuitenkirche wurde dem Priesterseminar übereignet und damit zur Seminarkirche. Das Clementinum, also der südliche Teil des Ostflügels, ist nach wie vor das eigentliche Hauptgebäude des Priesterseminars. Das Clementinum ist in seinen äußeren Formen bereits vom Stil des aufblühenden Klassizismus geprägt.
Der Trierer Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Sachsen (regierte 1768-1801) ist auf dem hofseitigen Westgiebel des Aulaflügels mit seinem von zwei Löwen gehaltenen Wappen vertreten. Im Laufe seines Lebens hatte er viele Bischofssitze inne, teils aufeinanderfolgend, teils überlappend. Er war gleichzeitig Bischof von Augsburg und Erzbischof von Trier, aber in Augsburg regierte er länger als in Trier. Demzufolge finden wir kein Wappen aus der Trierer Zeit ohne die Augsburger Komponente. Aber erst Jahre nach Antritt des Trierer Amtes bekam er die Propstei Ellwangen, also gibt es zwei Trierer Wappen-Varianten: 1768-1787 ohne Ellwangen und 1787-1803 mit Ellwangen.
Hier sehen wir erstere Variante, ohne Ellwangen. Deshalb kann dieser Wappengiebel in die Zeit 1768-1787 datiert werden. Das Wappen hat drei Ebenen, die untere ist der Hauptschild mit den Kirchenämtern, Kurfürst und Erzbischof von Trier sowie Fürstbischof von Augsburg, die mittlere Ebene ist der Mittelschild mit weitreichenden familiären Ansprüchen auf Polen und Litauen, denn Clemens Wenzeslaus Hubertus Franziskus war Prinz von Polen, die oberste Ebene ist der Herzschild mit dem Familienwappen, denn er war gebürtig ein Wettiner und Herzog von Sachsen.
Das frühe Wappen dieses Fürstbischofs ist im Detail wie folgt aufgebaut:
Wir sehen also zwei verschiedene Rangkronen: Auf dem Herzschild ruht die polnische Königskrone, und über der gesamten Konstruktion ist der Kurhut zu sehen, der ihm als Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches zustand. Um den Schild ist ferner noch eine Ordenskette gelegt, deren achtspitziges Kreuz mit einem Adler darauf auf einem über den unteren Giebelrand hängenden Tuch zu sehen ist. Es handelt sich dabei um das Zeichen des 1705 von August dem Starken gegründeten polnischen Orden vom Weißen Adler. Das Kreuz ist rot, der Adler silbern, und in den Ecken des Kreuzes schießen goldene Flammen hervor.
Nur 15 Jahre später, am 8.8.1794, wurde die Stadt Trier durch französische Revolutionstruppen besetzt. Die theologische Fakultät wurde aufgehoben, der Klerus mußte den Eid auf die republikanische Verfassung leisten, der Seminarbetrieb kam nach einem eigenen Dekret des französischen Nationalkonvents gegen das Trierer Priesterseminar zum Erliegen, das Priesterseminar hatte Strafzahlungen zu leisten, die Gebäude waren zu verkaufen. Französische Abgesandte teilten dem damals amtierenden Regens Conrad kurzerhand mit, daß er abgesetzt sei und daß die Seminarkirche nun ein Tempel der Vernunft sei. Ganze 25 Jahre hatte die Gründung von Clemens Wenzeslaus von Sachsen durchhalten können, ehe die Aufhebung der Universität und der theologischen Fakultät erfolgte. Erst am 21.02.1804 konnte Bischof Charles Mannay (amtierte 1802-1816) die Rückgabe des Priesterseminars erwirken und das Priesterseminar 1805 wieder eröffnen. Erst der preußische Staat erkannte 1821 in einem Konkordat die Existenz von Priesterseminaren an und regelte die staatliche Beteiligung an der Finanzierung. Das nächste Tief kam 1874 im Kulturkampf, denn das Priesterseminar wurde wieder bis 1886 geschlossen. Eine kurze Blüte folgte, in der sogar gegen Ende des 19. Jh. ein Erweiterungsbau, das Felicianum, unter Bischof Felix Korum gebaut wurde. Nach Kriegswirren und Rückgang der Anzahl der Seminaristen wurde 1950 eine theologische Fakultät päpstlichen Rechts am Priesterseminar gegründet, und die Priesterausbildung wurde wiederbelebt. Aktuell, 244 Jahre nach der Gründung, steht die von Monsignore Michael Becker geleitete Institution jedoch wieder vor dem Aus: Die Priesterausbildung ist rückläufig, und die gewaltigen Gebäudetrakte beherbergten zuletzt noch sieben Seminaristen in Ausbildung, wo dreißig Jahre früher noch 160 Seminaristen lebten. Bischof Stephan Ackermann entschied daraufhin, ab dem Wintersemester 2017/2018 alle Trierer Priesteramtsstudenten an die Theologische Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt wechseln zu lassen, um eine gute Ausbildung sicherzustellen. Nur die erste Phase der Ausbildung (Felicianum) und die dritte Phase der Priesterausbildung, der Pastoralkurs, werden in Zukunft nach wie vor in Trier absolviert.
Literatur,
Links und Quellen:
Denkmaltopographie
Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz,
Band 17.1, Hrsg. im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft,
Weiterbildung, Forschung und Kultur vom Landesamt für
Denkmalpflege: Stadt Trier, Altstadt, bearbeitet von Patrick
Ostermann, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 2001, ISBN
3-88462-171-8, S. 126-136
Josef Steinruck: Jesuiten, in: Klöster in Trier von der
Spätantike bis zur Gegenwart, Katalog zur Ausstellung der
Katholischen Erwachsenenbildung anläßlich der 2000-Jahr-Feier
der Stadt Trier vom 25.3. bis 1.11.1984 im Domkreuzgang,
Konzeption: Prof. Dr. Franz J. Ronig
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Band Bistümer
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im
Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von
Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer,
Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Bischöfliches Priesterseminar: https://de.wikipedia.org/wiki/Bischöfliches_Priesterseminar_Trier
Bischöfliches Priesterseminar, eigene Webpräsenz: http://www.ps-trier.de/
Geschichte des Priesterseminars: http://www.ps-trier.de/priesterseminar/geschichte/
Bibliothek des Priesterseminars: http://www.bps-trier.de/
ehemaliges Jesuitenkolleg: http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einObjekt.php?id=23412
Priesterseminar: http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einObjekt.php?id=66
Kremb/Lautzas: Landesgeschichtlicher Exkursionsführer
Rheinland-Pfalz, Bd.2, 1991; Verlag Arbogast, 6756 Otterbach
Reliefs am Jesuitenkolleg: http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einObjekt.php?id=17869
Deutsche Inschriften Band 71, Stadt Trier, Teil II, Nr. 598
(Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di071mz11k0059802 - https://www.inschriften.net/trier-ii/inschriften/inschrift/nr/di071-0598.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=04c72e4b2247c49ba2821a2f033d2360
Deutsche Inschriften Band 71, Stadt Trier, Teil II, Nr. 597
(Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di071mz11k0059703 - https://www.inschriften.net/trier-ii/inschriften/inschrift/nr/di071-0597.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=d4717a5694b25817a11816e99a119f1a
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