Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 353
Meersburg - Kleinod am Bodensee und Residenz der Fürstbischöfe von Konstanz

In der Steigstraße in Meersburg

Die Steigstraße (nomen est omen) verbindet in Meersburg die Oberstadt mit der Unterstadt. Etwa auf halber Höhe mit der Burg Meersburg und dem Bergsporn im Rücken, befindet sich etwas freistehend ein ehemaliges fürstbischöfliches Dienstgebäude (Steigstraße 19). Das zweistöckige Haus steht mit dem Giebel zur Straße und mit der längeren Traufseite zu einem kleinen Platz hin. Im Vordergrund ist der Bärenbrunnen der "Gesellschaft der 101 Bürger" zu sehen, einer der ältesten Bürgergesellschaften Deutschlands. In der Nordwand des Hauses ist in Höhe des ersten Obergeschosses zwischen den beiden einzigen Fenstern dieser Etage und zentriert über dem großen Eingangsbogen des Erdgeschosses ein fürstbischöflicher Wappenstein eingelassen.

Der prächtig gerahmte Wappenstein ist auf 1628 datiert. Die Inschrift lautet: "Joannes von Gottesgenaden Bischoff zu Costantz Herr der Reichenau und Öhningen". Es handelt sich um den Konstanzer Fürstbischof Johann von Waldburg, genauer Johann Constanz Graf von Waldburg-Wolfegg (lebte 26.3.1598-15.12.1644, Fürstbischof von Konstanz 1628-1644).

 

Das Haus Waldburg ist ein welfisch-staufisches Ministerialengeschlecht, alter schwäbischer Adel (seit 1170 urkundlich belegt) mit der Stammburg in Waldburg in Oberschwaben, in viele verschiedene Linien aufgesplittet. Unser Bischof hier entstammt der Linie von Waldburg-Wolfegg. Johann Constanz Graf von Waldburg-Wolfegg war der Sohn von Heinrich Erbtruchseß von Waldburg Graf zu Wolfegg (8.3.1568-16.8.1637), kaiserlicher Rat, und dessen Frau, Maria Jakoba Gräfin von Hohenzollern-Sigmaringen (3.1.1577-18.3.1650). Seine Großeltern waren väterlicherseits Jakob V. Erbtruchseß Graf von Waldburg zu Wolfegg und Zeil (6.12.1546-20.5.1589) und Johanna von Zimmern-Messkirch (1548-1613) sowie mütterlicherseits Karl II. Graf von Hohenzollern-Sigmaringen (22.1.1547-8.4.1606) und Euphrosyne Gräfin von Oettingen-Wallerstein (1552-1590). Johann Constanz war das dritte von sieben Kindern. Sein jüngerer Bruder Jakob Karl von Waldburg zu Wolfegg und Zeil (6.3.1600-12.9.1661) wurde ebenfalls geistlich; er war Domherr zu Augsburg, wurde 1636 Dompropst zu Speyer und war ferner Reichskammergerichtspräsident. Der zweite und jüngste Bruder setzte den Stamm fort, das war Maximilian Willibald Erbtruchseß Graf von Waldburg zu Wolfegg und Zeil (1604-30.1.1667), der in erster Ehe Magdalena Juliana von Hohenlohe-Waldenburg (12.8.1619-21.11.1645) und in zweiter Ehe Clara Isabella von Arenberg (2.11.1629-7.9.1670) heiratete und in erster Ehe vier und in zweiter Ehe zehn Kinder hatte. Die Familie hatte unter dem Vater des Fürstbischofs, Heinrich Erbtruchseß von Waldburg Graf zu Wolfegg, am 27.9.1628 durch Kaiser Ferdinand II. den Reichsgrafenstand erlangt.

Johann Constanz Graf von Waldburg-Wolfegg hatte, als er die geistliche Laufbahn einschlug, mehrere Eisen in mehreren Hochstiften im Feuer: Er wurde 1614 Domherr in Köln und hatte 1616-1629 ein Kanonikat an St. Gereon in Köln inne. Am 23.12.1627 wurde er zum Fürstbischof von Konstanz gewählt, was am 20.7.1628 päpstlich bestätigt wurde. In der Zwischenzeit hatte er am 28.6.1628, ein halbes Jahr nach seiner Wahl, erst einmal die Priesterweihe empfangen. Wie der obige Blick auf die Familie zeigt, war man vorsichtig mit allzu frühen Weihen, falls ein geistlicher Familienangehöriger eventuell zum Erhalt der Familie resignieren mußte, und in der Generation von sieben Geschwistern wurden zwei Brüder geistlich, und der Fortbestand der Familie ruhte auf einem einzigen Schulterpaar. Am 4.2.1629 empfing Johann Constanz die Bischofsweihe durch den Konstanzer Weihbischof Johann Jakob Mirgel. Noch in seinem letzten Lebensjahr wurde er in Köln zum Chorbischof gewählt.

Das Wappen des Konstanzer Bischofs ist auf drei Schilde aufgeteilt:

Die Mitra auf dem Puttenkopf wird zur heraldisch Rechten flankiert von dem Helm des Hochstifts Konstanz, auf einem roten Kissen mit goldenen Troddeln ein mit Pfauenfedern bestecktes, achteckiges silbernes Schirmbrett mit rotem durchgehenden Kreuz, Helmdecken rot-silbern. Beide Helme sitzen nicht einem Schild auf, sondern schweben über den Köpfen der beiden seitlichen Schildhalter.

Zur heraldisch Linken ist die Helmzier aus dem Stammwappen der Truchsessen von Waldburg, auf einem roten Kissen mit goldenen Troddeln eine goldene Krone, daraus ein Pfauenstoß hervorkommend. Dahinter eine Fahne, die das Schildbild derer von Waldburg zeigt. Das Kissen ist offensichtlich künstlerische Freiheit und gehört eigentlich nicht zum Oberwappen. Die Stammhelmzier ist nur der Pfauenstoß auf gekröntem Helm, spätere Darstellungen zeigen auch die Fahne. Die Helmdecken sind schwarz-golden.

Zur Übersicht: Die Bischöfe von Konstanz
Burkhard II. von Randegg (1462-1466)
Hermann III. von Breitenlandenberg (1466-1474)
Ludwig von Freiberg (1474-1481, Bistumsstreit, Kandidat des Papstes)
Otto IV. von Sonnenberg (1474-1491, Bistumsstreit, Kandidat des Domkapitels und des Kaisers)
Thomas Berlower (1491-1496)
Hugo von Hohenlandenberg (1496-1532, 1526 Auszug aus Konstanz, Verlegung der Residenz nach Meersburg, Rücktritt 1529)
Johann von Lupfen (1532-1537)
Johann von Weeze (1537-1548)
Christoph Metzler (1549-1561)
Mark Sittich von Hohenems (1561-1589)
Andreas von Österreich (1589-1600)
Jakob Fugger (1604-1626)
Sixt Werner von Praßberg und Altensummerau (1626-ca. 1628)
Johann Constanz Graf von Waldburg-Wolfegg (1628-1644)
Johann Franz I. von Praßberg und Altensummerau (1645-1689)
Marquard Rudolf von Rodt (1689-1704)
Johann Franz II. Schenk von Stauffenberg (geb. 1658, reg. 1704-1740, Baubeginn des Meersburger Neuen Schlosses, auch Fürstbischof von Augsburg)
Hugo Damian von Schönborn (1740-1743, auch Fürstbischof von Speyer, Fortführung des Baues des Meersburger Neuen Schlosses)
Kasimir Anton von Sickingen (1743-1750, Fortführung des Baues des Meersburger Neuen Schlosses)
Kardinal Franz Konrad von Rodt (1750-1775, Vollender des Meersburger Neuen Schlosses)
Maximilian Christof von Rodt (1775-1800)
Karl Theodor von Dalberg (1800-1817, weitere Bischofsthrone in Worms, Regensburg und Mainz, Fürst von Aschaffenburg, Großherzog von Frankfurt)
Ignaz Heinrich von Wessenberg (Sonderstellung: 1817 Bistumsverweser bis zur Auflösung des Bistums 1821, nicht Bischof)

Georgische Linie Waldburg-Wolfegg und die Trennung in Waldburg-Wolfegg-Wolfegg und Waldburg-Wolfegg-Waldsee, bis zur Erhebung letzterer in den Fürstenstand:
Der Bischof entstammte der gräflichen Linie von Waldburg-Wolfegg vor der Aufspaltung in Wolfegg-Wolfegg und Wolfegg-Waldsee unter seinen beiden Neffen. Erstere Linie ist 1798 erloschen, letztere Linie ging 1803 über in das Fürstenhaus Waldburg-Wolfegg-Waldsee, das heute noch blüht.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbes. Band Bistümer
Informationsbroschüre Meersburg:
http://www.total-lokal.de/pdf/88701_50_12_10_01.pdf
Johann Constanz Graf von Waldburg-Wolfegg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_von_Waldburg
Johann Constanz Graf von Waldburg-Wolfegg:
http://www.catholic-hierarchy.org/bishop/btvww.html
Haus Waldburg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Waldburg-Wolfegg
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9

Die Wappen der Fürstbischöfe und Bischöfe von Konstanz
Die Wappen der Truchsesse von Waldburg und der gräflichen und fürstlichen Linien

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