Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 33
Montabaur
(Westerwaldkreis)
Schloß Montabaur - Wappen von fünf Kurfürsten
Schloß
Montabaur: Anfänge und Mittelalter
Ursprünglich hieß der Ort
Humbach. Das Schloß wurde bereits 959 als "humbacense
castellum" urkundlich erwähnt. Es diente Herzog Hermann von
Schwaben als Wohnsitz und Verwaltungszentrum der in seinem Besitz
befindlichen Grundherrschaft "Humbach". Ab 1018 wurde
diese Grundherrschaft an Erzbischof Poppo von Trier übertragen.
Für die Trierer Fürstbischöfe war die Burg nicht nur ein
willkommener Stützpunkt und Verwaltungssitz für ihre im
Westerwald gelegenen Besitzungen, sondern auch ein wichtiger
befestigter Eckpfeiler ihres Territoriums zum Schutz gegen
Expansionsbestrebungen der Grafen von Nassau und gegen die immer
mächtiger und territorial anspruchsvoller werdenden
Adelsgeschlechter der Gegend. Weiterhin verlief hier eine
wichtige mittelalterliche Fernstraße von Trier über Koblenz,
Weilburg, Wetzlar bis weiter nach Thüringen, und er Ort war eine
Etappenstation auf dieser Handelsstraße. Die Trierer
Erzbischöfe konnten sich hier durchsetzen, unterstützt von der
großzügigen Kirchenpolitik der Ottonen und Salier. Kaiser
Heinrich II. gab dem Babenberger Erzbischof Poppo von Trier 1018
Stadt und Hof Koblenz, sowie das dortige Marienkloster, aus dem
später das Florinstift wurde. Und damit erwarb Kurtrier auch das
Eigentum an dem Haupthof in Humbach, denn Hermann von Schwaben
hatte seinerzeit die von ihm erbaute hölzerne Kirche unterhalb
seiner Burg Humbach und andere Güter besagtem Marienstift
geschenkt. Das war sozusagen der Fuß in der Tür in Montabaur
für Kurtrier. Andererseits ist 1018 das Jahr der Übernahme von
Montabaur durch Kurtrier.
Die Erzbischöfe waren um 1200 uneingeschränkte Territorialherren der Gegend. Erzbischof Dietrich von Wied (1212-1242) baute anstelle der alten Befestigung des Konradiners Hermann eine neue, großzügige Burg. Vorangegangen war im Jahre 1212 eine verlustreiche Schlacht, bei der die bisherige Burg zerstört und der Erzbischof in Gefangenschaft geraten war. Nach seiner Freilassung 1217 ließ der Erzbischof die Burg wieder aufbauen, größer, besser und stärker. In diese Zeit fiel auch die Umbenennung: Im Jahr 1227 wird die Burg erstmals urkundlich als "castrum Muntabur" erwähnt. Das lag an der der Ähnlichkeit des die südlich davon liegende Altstadt um 50 m überragenden Berges mit dem "Mons Tabor", und für die geistlichen Herren klang das viel besser als "Humbach", vor allem in Erinnerung an die Kreuzfahrt 1223/1224. Um 1280-1290 wurde die mittelalterliche Burg auf dem Basaltkegel, immerhin eine wichtige Grenzburg, noch einmal ausgebaut, von der im wesentlichen heute noch der 33 m hohe Bergfried zu sehen ist. Es kam zu einer Machtverschiebung im Reich, das Kaisertum wurde schwächer, und die Territorialherren konsolidierten ihre Macht, so konnte auch Trier seine Macht ausbauen. Die Siedlung (oppidum) Montabaur nahm einen gewaltigen Aufschwung mit einem florierenden Textil-, Leder- und Eisengewerbe und erhielt 1291 auf Betreiben des Trierer Kurfürsten Boemund I. von Warsberg Stadtrechte, gleichzeitig mit anderen Städten des Kurstaates wie Bernkastel, Wittlich, Welschbillig, Saarburg und Mayen. Um 1300 wurde die Stadt Montabaur ummauert. Zum Wohlstand trug auch die Lage an der Handelsstraße bei. Militärisch war dieser Außenposten zur Sicherung der rechtsrheinischen Gebiete für Kurtrier wichtig; um 1235 gab es bereits 28 Burglehen, wobei die Burgmannensitze teilweise auch in der Stadt lagen, und um 1400 lagen hier 53 Burgmannen, ein historischer Höchststand. Die beiden Kurfürsten Johann von Baden (regierte 1456-1503) und insbesondere Richard von Greiffenclau (regierte 1511-1531) waren es, die dann aus der mittelalterlichen Burg durch Umbau ein neuzeitliches Schloß im Stil der Renaissance machten, und hier wurde die Vierflügelanlage geschaffen. Montabaur wurde kurfürstliche Nebenresidenz. Von der Bausubstanz her ist der Bergfried noch hochmittelalterlich, und die beiden kleinen Türme vor der Nordwestfront sind spätmittelalterlich. Alles andere ist neueren Datums.
Abb.: Blick auf Schloß Montabaur von Süden
Schloß
Montabaur: Der Umbau zum barocken Schloß
1588 wurde das Torhaus der
Vorburg errichtet, das wurde aber 1709 noch einmal verändert.
Schloß Montabaur wurde im Dreißigjährigen Krieg zwischen 1632
und 1639 mehrfach belagert und von unterschiedlichen Truppen
besetzt. Der entscheidende Umbau, der dem Schloß das heutige
Aussehen gab, fand aber erst 1687-1709 statt. Erzbischof Hugo von
Orsbeck ließ die mittelalterliche Burg zu einer barocken
Schloßanlage vom Kastelltyp umbauen, wobei nur ganz wenig von
der spätmittelalterlichen Anlage erhalten blieb, das meiste
wurde vollkommen neu aufgeführt, auch die vier runden Ecktürme.
Natürlich knüpfte man an spätmittelalterliche Planungen und
die Platzvoraussetzungen auf dem Basaltkegel an, doch von den
vorhandenen Gebäuden konnte nur wenig übernommen werden. Es
entstand ein zweistöckiger Hauptbau mit vier Flügeln um einen
etwa quadratischen Innenhof herum, in dessen Ostecke noch der
mittelalterliche Bergfried steht, dessen oberer Abschluß aber an
die vier neuen, dreistöckigen Ecktürme angeglichen wurde, alle
erhielten glockenförmige Hauben. Der Hauptturm wurde 1687 noch
einmal erhöht. Die vier Ecken des Innenhofes sind eingezogen,
weil hier einerseits der Bergfried und andererseits die drei
Treppentürme vorspringen. Die Außen- und die Innenseite
erhielten regelmäßig angeordnete gekoppelte Fenster. Eine
einzige Unregelmäßigkeit gibt es an der Nordecke, wo der
ältere Küchenbau nach außen vorspringt, wodurch der nördliche
Eckturm nur einen halbkreisförmigen Grundriß erhält. Im
Küchenbau gibt es noch einen 1482 angelegten Brunnen. Die hohen
und steilen Schieferdächer sind mit zahlreichen Dachgauben
bestückt. Die ausführenden Baumeister waren der trierische
Hofarchitekt Johann Christoph Sebastiani (1640-1704), der auch
den Koblenzer Bischofshof (jetzt Pfarramt Liebfrauen) und die
alte Burg in Koblenz sowie die in Boppard umbaute und dessen
Handschrift auch an der Pagerie in Ehrenbreitstein, an den
"vier Türmen" und im Koblenzer Jesuitenkolleg zu
erkennen ist. Typisch für Sebastiani sind der strenge und
klassische Stil mit wenig Schmuckformen und die Zweierfenster mit
dunklen Gewänden. Nach Sebastianis Tod wirkte hier Joseph
Honorius von Ravensteyn. Dann folgte noch ein Innenausbau durch
Kurfürst Franz Georg von Schönborn, der hier seinen Baumeister
Johannes Seiz um 1754 den Innenausbau erledigen ließ, inclusive
Stuckdecken und neuer zeitgemäßer Möblierung.
Abb. Südansicht des Kernschlosses
Johannes
von Schönenberg als Bauherr
Das Wappen des Trierer
Kurfürsten Johannes VII. von Schönenberg von 1588 ist
an der Außenseite des Torgebäudes der Vorburg über der
Durchfahrt angebracht. Die Inschrift darunter lautet:
"IOANNES D(EI) G(RATIA) ARCHIEP(ISCOPV)S / TREVER(ENSIS) ET
PRINCEPS / ELECTOR ADMINISTRATOR / PRVMENSIS A(NNO) 1588",
Johannes von Gottes Gnaden Erzbischof von Trier und Kurfürst
Administrator von Prüm 1588. Diese Vorburg wurde in mehreren
Etappen errichtet, denn das Tor selbst stammt laut Inschrift von
1588, der runde Eckturm links daneben aber entstand erst 1690
durch Johann Christoph Sebastiani und ähnelt den Türmen des
Kernschlosses. Das Wappen beinhaltet wie bei allen Erzbischöfen
und Kurfürsten nach 1576 immer auch die Fürstabtei Prüm.
Variationen ist es nicht unterworfen, denn Trier war sein
einziges Hochstift. Der Hauptschild ist geviert, Feld 1 und 4: in
Silber ein durchgehendes rotes Kreuz (Hochstift Trier, Kurtrier),
Feld 2 und 3: in Schwarz drei (2:1) silberne Tatzenkreuze,
Stammwappen von Schönenberg (von Schönburg,
von Schönenburg vor dem Saane), Herzschild: in Rot (oft zusätzlich auf
grünem Grund) ein silbernes, wahlweise golden nimbiertes Lamm,
das ein silbernes Fähnchen trägt, dieses mit rotem Kreuz belegt
(sog. Prümer Lamm der Fürstabtei
Prüm).
Abb. links: Vorburg von außen. Abb. rechts: Schönenberg-Wappen über der Toreinfahrt der Vorburg.
Im Prinzip sind drei Helme möglich, sowohl auf einem roten Kissen eine Bischofsmütze, als auch das Familienstammkleinod, zu schwarz-silbernen Decken ein schwarzer Turnierhut mit schwarzem Stulp, auf dem Hut eine silberne hahnenfederbesteckte Kugel (von Schönenburg). Realisiert wurde hier nur der dritte der möglichen Helme, auf einem roten Kissen auf einem an den oberen drei Ecken mit Pfauenfederbüscheln besteckten silbernen Schirmbrett ein rotes durchgehendes Kreuz (Hochstift Trier, Kurtrier), auf dem Herzschild verkleinert der Schild mit dem Familienwappen, in Schwarz drei (2:1) silberne Tatzenkreuze. Hier hat das Schirmbrett die Form eines heraldischen Schildes. Wer die Variante mit allen drei Kleinoden sehen will, bei denen dieses hier die Position 2 (rechts) einnimmt, muß in Koblenz am Jesuitenkloster schauen, alternativ am Grabaltar im Trierer Dom sowie am Johannesaltar am selben Ort.
Abb. links: Schönenberg-Wappen über der Toreinfahrt der Vorburg, Detailvergrößerung. Abb. rechts: Vorburg von innen.
Johann von Schönenberg wurde um 1525 auf Burg Hartelstein bei Schwirzheim als Sohn von Johann von Schönenberg und Elisabeth Weyer von Nickenich geboren. Seine Stationen in der Trierer Verwaltungshierarchie waren: 1538 Domizellar (Kanonikatanwärter) am Trierer Dom, 1548 Domkapitular, 1567 Domkustos, 1570 Dompropst. Nachdem Johann von Schönenberg bereits unter seinem Vorgänger Jakob von Eltz 1580 Statthalter von Trier geworden war und Rektor der Trierer Universität, erlangte er den Höhepunkt seiner Laufbahn, als er am 31.7.1581 vom Trierer Domkapitel zum Fürstbischof gewählt wurde, was am 26.1.1582 von Papst Gregor XIII. durch Verleihung des Palliums bestätigt wurde. Er verstarb am 1.5.1599 in Koblenz, ist aber im Trierer Dom bestattet. Wichtige Ereignisse während seiner Amtszeit waren die Umsetzungen der Beschlüsse des Konzils von Trient und die entsprechenden Reformen, Gegenreformation, Judenausweisung und Hexenverfolgungen. Sein Nachfolger wurde Lothar von Metternich (s. u.).
Abb.: Vorburg, Innenseite der Tordurchfahrt, Orsbeck-Wappen
Johann
Hugo von Orsbeck als Bauherr
Auf der Innenseite der
Tordurchfahrt durch die Vorburg hindurch begegnet uns das erste
Wappen des Trierer Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck,
das erste von sehr vielen. Die meisten seiner Wappen an Schloß
Montabaur sind einfach und reduziert und bestehen aus einem
Hauptschild für das Hochstift Trier, in Silber
ein rotes Kreuz, dem ein Herzschild mit dem Familienwappen Orsbeck
aufgelegt ist, in Gold ein rotes Schragenkreuz, begleitet von
vier grünen, nierenförmigen Seeblättern. Auf dieser einfachen
Kartusche ruht ein Kurhut; hinter der Kartusche sind schräglinks
das gestürzte Schwert und schrägrechts der Bischofsstab zu
sehen. Dieses Wappen entstand in der zweiten Bauphase der
Vorburg, als auch der runde Eckturm angefügt wurde.
Abb.: Vorburg, Innenseite der Tordurchfahrt, Orsbeck-Wappen, Detailvergrößerung
Der Kirchenfürst Johann Hugo von Orsbeck wurde 1634 auf Burg Großvernich bei Weilerswist (Herzogtum Jülich; Erzbistum Köln) geboren als Sohn von Wilhelm von Orsbeck, Herr von Vernich und Kammerherr von Jülich, und seiner Frau Katharina von der Leyen. Seine geistliche Laufbahn begann 1650. Seine Ausbildung setzte er am Collegium Germanicum in Rom ab 1652 fort; die niederen Weihen empfing er 1653, die Subdiakonsweihe und Diakonsweihe 1658. Er war Mitglied der Domkapitel in Trier und Speyer. 1658 wurde er Archidiakon von Longuyon (Herzogtum Luxemburg). Die nächste Karrierestufe tat sich in Speyer auf, als er 1660 zum Speyerer Domdekan gewählt wurde. Doch dann ging es in Trier wieder schneller voran, denn am 2.1.1672 wurde er Koadjutor des Erzbischofs in Kurtrier. Er wurde 1672 Titularbischof von Larissa. Doch die Priesterweihe empfing er erst am 24.3.1674 in Ehrenbreitstein. Wie gut, wenn man in mehreren Domstiften vertreten ist, denn er kam jetzt in Speyer zum Zuge: Zum Fürstbischof von Speyer wurde er am 16.7.1675 gewählt; die päpstliche Ernennung bekam er am 10.5.1677. Daneben war er auch noch Propst von Weißenburg/Elsaß. Und dann endlich klappte es auch in Trier, er bestieg den Thron mit 42 Jahren als Nachfolger von Karl Kaspar von der Leyen und war vom 1.6.1676 bis zum 6.1.1711 Erzbischof und Kurfürst von Trier. Drei große und vor allem verheerende Kriege fielen in seine 35jährige Regierungszeit: 1.) Französisch-Holländischer Krieg 1672-1678, 2.) Pfälzischer Erbfolgekrieg 1688-1697, Besetzung Triers durch französische Truppen im Jahre 1684, Zerstörung der Städte Trier, Cochem, Mayen, Wittlich etc., und 3.) Spanischer Erbfolgekrieg 1701-1714, Bündnis 1702 mit England und den niederländischen Generalstaaten gegen Frankreich. Eroberung Triers und von Teilen des Erzstiftes Trier im Oktober 1702 durch französische Truppen. 1704 Rückeroberung durch englische Truppen. Das Land war noch zerstört vom dreißigjährigen Krieg, litt unter den Annexionen von Reichsgebiet durch den französischen König Ludwig XIV. und durch den steten Finanzbedarf der kriegführenden Landesherren. Johann Hugo von Orsbeck forderte z. B. von den Landständen gleich zu Beginn seiner Regierungszeit 150000 Taler - eine unermeßliche Summe, die das Land gar nicht aufbringen konnte, er erhielt 86000, mehr war nicht möglich. Vor diesem Hintergrund war seine Regierungszeit ein unermüdlicher Kampf um Schadensbegrenzung, um wirtschaftliche Stabilisierung und um Wiederaufbau seiner Herrschaftsgebiete, mehr oder weniger erfolglos aufgrund der desolaten Gesamtsituation. Johann Hugo von Orsbeck war es, der 1686-1699 Schloß Montabaur von Grund auf erneuern ließ, aber durch die Wirren des Pfälzischen Erbfolgekrieges konnte er die Bauarbeiten erst 1699 abschließen. Er starb am 6.1.1711 auf Schloß Philippsburg in Koblenz-Ehrenbreitstein. Seine Bestattung erfolgte im Trierer Dom, sein Herz wurde separat in Speyer begraben.
Abb.: Vorburg, nördlicher Abschluß. Relevant ist das zugemauerte Portal in der Stirnseite.
Schloß
Montabaur von der Säkularisation bis heute
Mit der Auflösung der
geistlichen Fürstentümer profitierten die Nachbarn von der
Anlage: Das Herzogtum Nassau-Weilburg übernahm 1802 offiziell
das einst den Fürstbischöfen gehörende Territorium in
Montabaur. Vorangegangen war die Besetzung von Trier und Koblenz
durch französische Truppen; der letzte Trierer Kurfürst mußte
fliehen. Reichsrechtlich bestand der Kurstaat zwar noch bis 1803,
doch schon ab 1794 tobten sich die französischen Revolutionäre
in den linksrheinischen Städten des Kurstaates aus. Clemens
Wenzeslaus von Sachsen hatte zwar noch schnell in dem ihm
verbliebenen Montabaur eine Statthalterschaft eingerichtet, doch
letztendlich war der Kurstaat verloren, und er zog sich in sein
zweites Fürstbistum zurück, nach Augsburg, schön weit weg von
allen französischen Revolutionären. 1802 verzichtete er in
Augsburg auf seinen Kurstaat. Und sofort rückten die Nassauer in
den rechtsrheinischen Gebieten nach, sicherheitshalber hatten sie
es schon vorher militärisch besetzt, aber jetzt konnte Friedrich
Wilhelm von Nassau-Weilburg es offiziell in Besitz nehmen,
Widerstand wurde nicht erwartet und kam auch nicht. Vielmehr
wurde das 1803 im Reichsdeputationshauptschluß genauso
abgesegnet. Nassau wurde 1806 durch die Rheinbundakte souveränes
Herzogtum. Das Schloß Montabaur wurde von den Herzögen als
Jagdschloß genutzt. Von 1851 bis 1880 war das Schloß Sitz des
herzoglich-nassauischen Simultanschullehrerseminars. 1866 fiel
Nassau an Preußen; Montabaur wurde Kreisverwaltung. 1880 zog das
Landratsamt des Unterwesterwaldkreises ein und blieb bis 1945.
Danach war das Schloß bis 1969 zentraler Verwaltungssitz des
Regierungsbezirks Montabaur.
Danach kam ein großer Wechsel von staatlicher zu privatwirtschaftlicher Nutzung, denn die damalige Genossenschaftskasse, die heutige DZ Bank, kaufte das Schloß 1969. Es wurde für Schulungszwecke für das Schulze-Delitzsch-Institut und die Bundesgenossenschaftsschule baulich adaptiert. Seit 1971 bauten die neuen Eigentümer unterhalb der Schloßmauer viele ergänzende Neubauten im Schloßareal. 1978 wurden die beiden Institute zur Akademie Deutscher Genossenschaften ADG zusammengelegt, und 1981 erfolgte die Eigentumsübertragung des Schlosses an die neue Akademie. Seitdem erfolgte der systematische Ausbau des Qualifizierungsangebots und der Unterbringungsmöglichkeiten. Das Schloßareal wurde immer weiter zum modernen Schulungszentrum der genossenschaftlichen Banken ausgebaut. Seminar- und Veranstaltungsräume entstanden, Küche, Casino, Bibliothek etc. wurden gebaut. Durch die einheitlich gelbe Farbgebung passen sich die meisten neuen Gebäude dem Schloß an. 2008-2009 entstand eine ganz neue Rezeption als eigenes modernes Empfangsgebäude inmitten der historischen Anlage, sehr unauffällig eingefügt, außerdem wurde das Business-Spa umgebaut. Der Hotelbetrieb am Fuß des Schlosses bietet 287 Zimmer in fünf Gebäuden an (Haus Coblenz, Haus Weilburg, Haus Trier, Haus Ems und haus Nassau). Als nächstes entstand ein 2011 eröffnetes neues Veranstaltungszentrum mit innovativer Architektur und energieeffizienter Gestaltung. Im selben Jahr wurden auf dem Schloß die ADG Business School und die Akademie der Verbundgruppen ADV gegründet.
Abb.: Vorburg, nördlicher Abschluß, zugemauertes Portal in der Stirnseite, datiert 1709. Das entstammt einer dritten Ausbauphase der Vorburg, denn auch wenn es der gleiche Bauherr ist, so wirkte doch hier ein anderer Baumeister. Sebastiani war unterdessen gestorben, und der kurtrierische Festungsbaumeister Johann Philipp Honorius von Ravensteyn hat Giebel und Dach des dreistöckigen Torhauses ergänzt.
Abb.: Vorburg, nördlicher Abschluß, zugemauertes Portal in der Stirnseite, Orsbeck-Wappen
Abb.: Unter Baumeister Johann Philipp Honorius von Ravensteyn entstand auch der malerische Treppenzugang mit der zur Zufahrt hin offenen Holzgalerie mit Balustrade und toskanischen Stützen sowie einem geschweiften Dach. Auf der Außenseite wird diese Vorburg in nordöstlicher Richtung durch eine wesentlich später entstandene Bastion fortgeführt, die ein Wappen des Trierer Kurfürsten Johann Philipp von Walderdorff trägt (ohne Abb.). Dem Bering weiter nach Norden folgend, gelangt man zum 1720 errichteten Marstall (auch: Zehnscheuer, im Inneren gänzlich umgestaltet) und zu einem Neubau in historisierendem Stil. An der Westseite des Berings entstanden nach 1750 Gartenanlagen. An der Mauer des Rosengartens ist noch einmal ein Walderdorff-Wappen angebracht (ohne Abb.).
Abb.: Kernschloß, Südosttrakt, außen über der Tordurchfahrt, Orsbeck-Wappen
Noch
mehr Wappen von Johann Hugo von Orsbeck
In der Mitte des Südflügels
liegt das von Quaderpilastern eingerahmte Hauptzugangstor. An der
Außenseite der Einfahrt zur zentralen Vierflügelanlage sehen
wir das einzige im Außenbereich befindliche Wappen des Trierer
Fürsterzbischofs und Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck
(1676-1711) in einer vollständigeren Form. Er war bereits 1675
Bischof von Speyer und Propst von Weißenburg und wurde erst 1676
Erzbischof und Kurfürst von Trier, also sollten alle seine
Wappen als Trierer Kurfürst die Elemente Speyer und Weißenburg
enthalten. Aber oft, und das ist bei allen anderen Wappen an den
Außenwänden des Schlosses so, wird das Wappen auf die zwei
wichtigsten Elemente reduziert. Deshalb ist es nur der
herausgehobenen Stellung des Haupttores zum Kernschloß zu
verdanken, daß wir hier einen vollständigen Wappenschild sehen.
Ein zweites ebenso vollständiges Wappen ist im Inneren erhalten,
es stammt vom Michaelsaltar der ehemaligen Schloßkapelle (ohne
Abb.), die im 1685 begonnenen Kapellenturm im Süden eingerichtet
war. Der Altar selbst wurde 1701 von dem Maler und Bildhauer
Dietrich Molitor angefertigt und kam nach 1803 in die Pfarrkirche
von Oberelbert, wurde aber dort wieder mit unbekanntem Verbleib
entfernt, nur die Figur des hl. Michael ist dort noch vorhanden.
Abb.: Kernschloß, Südosttrakt, außen über der Tordurchfahrt, Orsbeck-Wappen, Detailvergrößerung
Das Wappen ist wie folgt aufgebaut: Hauptschild geviert, Feld 1: in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz, Fürstbistum Trier, Kurtrier, Feld 2: in Rot ein silbernes, zurückschauendes, golden nimbiertes Lamm, das ein silbernes Fähnchen trägt, dieses mit rotem Kreuz belegt, sog. Prümer Lamm der Fürstabtei Prüm, Feld 3: in Rot eine silberne Burg, schräg durchsteckt von einem silbernen Abtsstab, überhöht von einer goldenen Krone, Propstei Weißenburg (Wissembourg/Elsaß), Feld 4: in Blau ein durchgehendes silbernes Kreuz, Fürstbistum Speyer, Herzschild: in Gold ein rotes Schragenkreuz, begleitet von vier grünen, nierenförmigen Seeblättern, Stammwappen der von Orsbeck. Auf dieser Kartusche mit ihren fünf verschiedenen heraldischen Inhalten ruht ein Kurhut; hinter der Kartusche sind schräglinks das gestürzte Schwert und schrägrechts der Bischofsstab zu sehen. Aber selbst dieses ungleich aufwendiger gestaltete Wappen ist ohne Oberwappen.
Abb.: Kernschloß, Innenhof, Blick auf den Südosttrakt links und den Südwesttrakt rechts, zwei Orsbeck-Wappen. Vom Innenhof aus führen drei gleichgestaltete kleine Portale in das Innere der Schloßflügel.
Abb.: Kernschloß, Südosttrakt, Innenhofseite, über der Tordurchfahrt, Orsbeck-Wappen
Abb.: Kernschloß, Südwesttrakt links der Einfahrt, Innenhofseite, über dem Portal von 1688, Orsbeck-Wappen. Nur dieses Portal ist als einziges von den drei sehr ähnlichen Portalen datiert. Dieser Flügel trägt hofseitig eine zeitnahe Datierung auf 1687 in Form von eisernen Mauerankern.
Abb.: Kernschloß, Südwesttrakt, Innenhofseite, über dem Portal von 1688, Orsbeck-Wappen, Detailvergrößerung
Abb.: Kernschloß, Nordwesttrakt gegenüber der Einfahrt, Innenhofseite, undatiertes Portal, Orsbeck-Wappen
Abb.: Kernschloß, Nordwesttrakt, Innenhofseite, undatiertes Portal, Orsbeck-Wappen
Abb.: Kernschloß, Nordwesttrakt links, Nordosttrakt rechts, Innenhofseite, 2 undatierte Portale, 2 Orsbeck-Wappen
Abb.: Kernschloß, Nordosttrakt rechts der Einfahrt, Innenhofseite, undatiertes Portal, Orsbeck-Wappen
Eine
versteckte Erinnerung an Richard von Greiffenclau
Einige wenige bauplastische
Details aus der Zeit vor dem großen Umbau zum Schloß haben sich
noch etwas versteckt erhalten. Wenn wir am Haupteingang zum
Kernschloß entgegen dem Uhrzeigersinn außen um das Kernschloß
herumgehen, stoßen wir am nach außen im Norden vorspringenden
Küchenbau auf das Wappen des Trierer Kurfürsten und
Fürsterzbischofs Richard von Greiffenclau zu Vollrads
(amtierte 1511-1531). Es ist geviert, Feld 1 und 4: Kurtrier,
in Silber ein rotes Kreuz, Feld 2 und 3: Greiffenclau,
silbern-blau geteilt und insgesamt belegt mit einer goldenen
Lilienhaspel (Glevenrad). Auf ein Oberwappen wird hier
verzichtet. Die zum Familienwappen passende Helmzier wäre eine
goldene Greifenklaue mit silbern-blauer Befiederung zu
blau-silbernen Decken. Der Stein darüber trägt eine Datierung
auf das Jahr 1519.
beide Abb.: Kernschloß, Küchenbau im Norden, Außenseite, Greiffenclau-Wappen
Der 1467 auf Schloß Vollrads bei Oestrich-Winkel geborene Richard von Greiffenclau war der Sohn von Hans (Johann) von Greiffenclau zu Vollrads, Herr zu Ippelbrunn, kurmainzischer Vizedom des Rheingaus, und seiner Frau, Clara von Rathsamhausen (-1515). Seine Großeltern waren Friedrich von Greiffenclau zu Vollrads (8.3.1401-1462), Adelheid von Langenau (-1453), Heinrich von Rathsamhausen, Margarethe (Marie) Hase von Dieblich. 1487 wurde er Domkapitular in Trier. 1488 finden wir ihn beim Studium in Paris. 1511-1531 war er Erzbischof von Trier und Kurfürst. Zu seinen großen baulichen Leistungen gehört der Ausbau der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz. Seine Amtszeit war geprägt vom Kampf gegen Franz von Sickingen, der 1522 eine erfolglose Belagerung von Trier durchführte, was 1523 zu einem Gegenfeldzug führte. Der Fürstbischof starb am 13.3.1531 bei Wittlich auf Schloß Ottenstein. Sein Grabdenkmal befindet sich im Trierer Dom.
beide Abb.: Kernschloß, Ziehbrunnen im Innenhof, Metternich-Wappen am Brunnengalgen
Ein
Gruß von Lothar von Metternich
Und es gibt im Schloß sogar
noch das Wappen eines vierten Trierer Fürstbischofs zu
entdecken, allerdings ist es nicht so leicht zu finden. Am
sandsteinernen Brunnengalgen des Ziehbrunnens im Innenhof,
datiert auf 1608, ist ein Wappenschild des Trierer
Fürstbischofs Lothar von Metternich (amtierte
1599-1623) angebracht, den Sohn von Hans von Metternich
(1500-1562) und Katharina von der Leyen. Sein Schild ist geviert,
Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz,
Fürstbistum Trier, Kurtrier, Feld 2 und 3: in
Silber 3 (2:1) schwarze Jakobsmuscheln, Stammwappen der von
Metternich. Hier wird das Wappen ohne den Herzschild
für Prüm verwendet, so wie auch in Bernkastel, aber es gibt
auch andere vermehrte Wappen mit eben diesem Herzschild. Aufgrund
des Anbringungsortes am balkenartig den beiden Pfosten
aufgelegten Stein für die Rolle des Brunnenseiles wirkt die
Darstellung gestaucht, und für ein Oberwappen oder Amtsinsignien
kein Platz mehr, alles das fehlt. Wer das vollständige Wappen
dieses Fürstbischofs sehen will, kann das im Trierer Dom am
Allerheiligenaltar oder im Innenhof des kurfürstlichen Palais in
Trier finden. Dieser Ziehbrunnen stammt also noch aus der Zeit
vor dem Ausbau zum Schloß durch Johann Hugo von Orsbeck.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@50.4388869,7.8268494,18z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@50.4388869,7.8268494,320m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Hermann Josef Roth: Montabaur,
Schloß und Stadt, Schnell und Steiner Verlag, Regensburg,
Großer Kunstführer Band 273, 1. Auflage 2013, ISBN
978-3-7954-2671-2
Hermann Josef Roth: Rheinische Kunststätten, Heft 227: Stadt
Montabaur, 1. Auflage 1979, ISBN 3-88094-304-4, hrsg. vom
Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz
Informationstafeln auf dem Gelände
Schloß Montabaur auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Montabaur
ADG-Campus: https://www.adg-campus.de/
Webseite der Stadt Montabaur zum Schloß: https://www.montabaur.de/montabaur/de/STADT%20&%20POLITIK/Stadtgeschichte/Stadtlexikon/Stadtlexikon%20A%20-%20Z/S/Schloss%20Montabaur/
Schloß Montabaur auf Kuladig: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-74676-20130919-3
Schloß Montabaur in der EBIDAT-Datenbank: http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=60
Johann Hugo von Orsbeck auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_VIII._Hugo_von_Orsbeck
Max Braubach: Johann Hugo von Orsbeck, in: Neue Deutsche
Biographie, Bd. 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN
3-428-00191-5, S. 540-542 https://www.deutsche-biographie.de/gnd11871239X.html#ndbcontent - http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016327/images/index.html?seite=554
Bernhard Endrulat: Johann VIII. Hugo von Orsbeck, in:
Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 14, Duncker &
Humblot, Leipzig 1881, S. 428-430 https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Johann_Hugo
Bernhard Schneider: Johann VIII. Hugo von Orsbeck, in:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 6, Bautz,
Herzberg 1993, ISBN 3-88309-044-1, S. 1282-1285, Auszug: https://gemeinden.erzbistum-koeln.de/pfarrverband_weilerswist/kirchen/heilig_kreuz/johann_hugo_von_orsbeck/
Die Wappen der Hochstifte,
Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich
1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard
Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag
2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere
Band Bistümer
Johann Hugo von Orsbeck in den Saarländischen Biographien: http://www.saarland-biografien.de/frontend/php/ergebnis_detail.php?id=650
Johann Hugo von Orsbeck auf dem Portal Rheinische Geschichte: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-hugo-von-orsbeck/DE-2086/lido/57c92e52480ef3.24064703
Otto Gruber: Wappen des
mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl.
Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen
Jahrgängen der "landeskundlichen
Vierteljahresblätter".
Johann von Schönenberg: http://www.saarland-biografien.de/Schoenenberg-Johann-von
Herren von Schönenberg: http://www.schoeneberg-soonwald.de/node/137
Die Wappen der Fürstbischöfe und Bischöfe von Trier - Teil (1) - Teil (2)
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