Bernhard Peter
Gestaltung mit Ständerungen (1)

Was ist eine Ständerung?
Eine Ständerung ist ein Heroldsbild, welches die Fläche radial teilt. Wie Strahlen gehen alle die Farbflächen begrenzenden Linien von einem einzigen Punkt aus und strahlen zum Schildrand aus. Dabei wird die Schildfläche in "Kuchenstücke" oder "Tortenstücke" i.d.R. gleichen Winkels geteilt, die der Farbregel entsprechend abwechselnd Farbe und Metall zeigen. Es gibt viele Variationsmöglichkeiten:

Die Anzahl der Plätze ist beliebig. Wenn in der Blasonierung nichts Abweichendes angegeben wird, geht man bei einer mittenzentrierten Ständerung von acht Plätzen aus. Abweichende Anzahlen werden bei der Blasonierung angegeben. Doch cave: Eine dreifache Ständerung ist ungebräuchlich, stattdessen wird ein Göpelschnitt oder ein Deichselschnitt gewählt, und eine vierfache Ständerung ist durch die Heroldsbilder der gevierten oder schräggevierten Einteilung belegt. Die mittenzentrierte Ständerung beginnt also ab der Zahl 5. Die Obergrenze wird durch die Erkennbarkeit der Figur gegeben, vor allem durch ihre Unterscheidungskraft. Während die Unterscheidung zwischen einer 10 und einer 12fachen Ständerung noch gut geht, ist der Unterschied in der Wahrnehmung zwischen einer 18fachen und einer 20 fachen Ständerung vernachlässigbar. Eine übermäßig große Anzahl an Plätzen bietet also kaum noch Unterscheidungskraft und ist daher sinnlos.

Bei einer Ständerung mit im Schildzentrum liegenden Ausgangspunkt ist es gleichbedeutend, ob man "8fach geständert" oder "zu 8 Plätzen geständert" sagt.

Wie man sieht, gibt es manchmal zwei Möglichkeiten, eine Ständerung im Schild anzuordnen. Als Beispiel sei die 6fache Ständerung genommen: Ist eine Linie parallel zur Schildoberkante, spricht man von einer balkenweisen Ständerung, ist eine Linie parallel zur Schildseitenkante, handelt es sich um die pfahlweise Variante. Bei vielen Plätzen macht eine solche Unterscheidung dagegen keinen Sinn, weil die Unterscheidungskraft der so definierten Motive zu gering ist, um sie als verschiedene Schildbilder wahrzunehmen. Bei einer 8fachen Ständerung ist der Normalfall die Überlagerung von einem gevierten und einem schräggevierten Schildbild.

Was ist dagegen keine Ständerung?
Keine Ständerungen dagegen sind Schildbilder, wo die Plätze unterschiedliche Segment-Winkel besitzen. Alle drei nachfolgenden Beispiele werden nicht als Ständerung angesprochen, die beiden ersten nicht wegen der unterschiedlichen Winkel (90° vs. 45°), das dritte nicht wegen Vorliegen eines anderen feststehenden Begriffes.

Sind regelmäßig abwechselnd die Segmente bei einer 8er-Einteilung breiter und schmäler, spricht man von einem Ständerschragen. Ein Ständer ist ein Segment, das durch zwei vom Schildmittelpunkt ausgehende, divergierende Linien abgetrennt wird. Je nach Lage wird ein Ständer unterschiedlich benannt (siehe unter "Dreiecke"). Die beiden anderen Beispiele der folgenden Abbildungsreihe sind ebenfalls keine echten Ständerungen, weil die Winkel zu unterschiedlich groß sind. Diese Motive blasoniert man besser als Komposition aus Keilen und/oder Einzelständern.

Nicht-mittenzentrierte Ständerungen
Eine mittenzentrierte Ständerung ist - um es in Begriffen der Symmetriegruppen zu formulieren - Cn ohne Rücksicht auf das, was an den Außenkanten passiert. Also eine 10fache Ständerung ist einfach C10.

Der Ausgangspunkt der Strahlen, der Mittelpunkt der Ständerung kann in der Mitte der Schildfläche liegen, und wenn in der Blasonierung nichts Abweichendes angegeben wird, liegt er auch dort, aber er kann auch am Rand, in einer Ecke etc. liegen, was besonders angegeben werden muß. Wenn also in der Blasonierung kein Bezugspunkt angegeben wird, ist es die Schildmitte. Es kann aber jeder beliebige andere hinreichend zu definierende Punkt als Zentrum der Ständerung definiert werden (Ecke, Schildhaupt, Schildfuß). Unüblich sind andere Punkte als Ecken oder Kantenmitten. Auch eine Ständerung zu Unterecken sind möglich, dabei wird der Ursprungspunkt aber auf den gerundeten Schildrand gesetzt, nicht auf die fiktive Ecke außerhalb.

Bei einer Ständerung mit am Schildrand oder in einer Ecke liegenden Ausgangspunkt ist es nicht mehr gleichbedeutend, ob man "8fach geständert" oder "zu 8 Plätzen geständert" sagt. "Zu 8 Plätzen" meint, daß 8 unterschiedliche Farbflächen entstehen. "8fach geständert" bedeutet, daß 8 Teilungslinien vorhanden sind, ganz genauso wie ein zweimal geteilter Schild drei Plätze oder Felder erzeugt und eine dreimalige Spaltung eines Schildes 4 Farbflächen. Um eindeutig zu sein, ist die Wortwahl "zu n Plätzen" präziser und unmißverständlicher als "n-1 fach geständert". Nur bei mittigem Ausgangspunkt ist das gleichbedeutend (s.o.), weil die Anzahl der Plätze dann gleich der Anzahl der Trennlinien ist.

Hier eine Reihe von Ständerungen zum oberen Schildrand, die auch als Ständerung zum Schildhaupt (vgl. Wappenbilderordnung) bezeichnet wird. Eine "Ständerung zum Schildhaupt" geht bis zum Schildrand, kann auch als "Ständerung zum oberen Schildrand" bezeichnet werden und ist zu unterscheiden von der "Ständerung unter einem Schildhaupt", wo ein echtes Schildhaupt vorliegt. Analoges gilt für eine "Ständerung zum Schildfuß", die etwas anderes ist als eine "Ständerung über einem Schildfuß". Genauso sind die Begriffe "Ständerung nach oben" und "Ständerung nach unten" in Gebrauch (vgl. Leonhard).

Ein Ansprechen als Ständerung macht keinen Sinn bei Anzahl der Plätze n = 3, denn das wäre eine Spitze, und auch nicht bei n = 4, denn das nächstliegende Schildbild ist eine Spitze im gespaltenen Schild. Ab n = 5 gibt es jedoch keine Bezeichnungskonflikte mit anderen Heroldsbild-Grundformen.

Sinnvoll ist - und dies eine Empfehlung - bei der Ansprache immer mit der Farbe zu beginnen, die am weitesten oben und heraldisch rechts liegenden Platz gegeben ist. Analoges gilt für Ständerungen ins Eck, wo hier eine Serie ins rechte Obereck geständerter Schilde gegeben wird. Auch bei Ständerungen ins Eck gilt, daß sie erst ab Anzahl der Plätze n = 5 sinnvoll als Ständerung bezeichnet wird, denn n= 2 wäre eine Schrägteilung, n = 3 käme einer Spitze nahe, und n = 4 käme einer schrägen Spitze mit Schrägteilung sehr nahe. Ab n= 5 gibt es keine Konflikte mit anderen Begrifflichkeiten.

Die Anzahl der Plätze kann gerade oder ungerade sein. Wenn der Mittelpunkt der Ständerung mitten im Schild bzw. mitten im Feld liegt, muß die Anzahl der Plätze wegen der Farbregel gerade sein. Wenn der Ausgangspunkt der Ständerung am Schildrand oder in einer Schildecke liegt, kann die Anzahl gerade oder ungerade sein, weil es kein Wiederzusammentreffen der Außenkanten gibt.

Liegt der Bezugspunkt am rechten oder linken Schildrand, spricht man von "zur Rechten geständert" oder "nach rechts geständert", bzw. zur anderen Seite von "zur Linken geständert" oder "nach links geständert".

Mehrfarbige Ständerungen
Normalerweise wird eine Ständerung aus abwechselnder Anwendung genau einer Farbe und genau eines Metalls erzeugt. Man sagt dann beispielsweise, die Fläche sei "von Gold und Rot geständert" bzw. "von Gold und Rot zu 10 Plätzen geständert" oder "von Gold und Rot 10fach geständert". Es ist durchaus möglich, mehrere Farben in eine Ständerung hineinzubringen. Wenn nur einzelne Plätze abweichend tingiert sind, blasoniert man erst die zugrundeliegende Ständerung und benennt anschließend die Position der farblich abweichenden Plätze und deren Farbe. Alternativ kann man erst genau das farblich abweichende Feld bezeichnen, dann die beiden anderen Farben dem Rest zuordnen, wobei sich die genaue Anordnung durch die Farbregel von selbst ergibt. Als erstes sei die klassische Standard-Ständerung zu 8 Plätzen genommen, deren jeder Platz einen genau definierenden Namen besitzt:

Literatur und Quellen:
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München 2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4 (Deutschland)

Deutsche Wappenrolle, Band 1-63, Degener Verlag
Wappenbilderordnung, Symbolorum armoralium ordo, hrsg. vom HEROLD, bearbeitet von Jürgen Arndt und Werner Seeger, Skizzen von Lothar Müller-Westphal, Verlag Degener, 2. Auflage 1996, Band 1 und 2

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