Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3131
Grundsheim (Alb-Donau-Kreis)

Die kath. Pfarrkirche St. Martin in Grundsheim

Die Geschichte des Ortes Grundsheim wird von mehreren Adelshäusern geprägt, darunter die Herren von Grundsheim, die Herren von Emerkingen, die Herren von Stadion und später die Herren vom Stain. Durch Heirat erlangte Wilhelm von Rechberg 1501 die Herrschaft in Grundsheim. Dann spielten die aus Schwieberdingen kommenden Herren von Nippenburg eine wichtige Rolle, sie wurden 1570 von Kaiser Maximilian II. mit der Herrschaft inclusive Blutbann und Hochgericht belehnt, und nach diesen die sie aufgrund einer Heirat beerbenden von Bissingen-Nippenburg. Die drei letztgenannten Familien hinterließen mehrere wappengeschmückte Grabplatten und Epitaphien in der auf einem Hügel stehenden und das Ortsbild prägenden Pfarrkirche St. Martin, die 1720-1723 an der Stelle eines Vorgängerbaus erbaut wurde. Der flach gedeckte Saalbau mit einheitlicher und harmonischer barocker Ausstattung besitzt einen zwiebelbekrönten Chorflankenturm und Volutengiebel. 1883 und 1904 fanden Renovierungen statt. Das Kaplaneihaus aus dem 18. Jh. und das Pfarrhaus aus dem 19. Jh. rahmen die Kirche malerisch ein. Ferdinand Ernst Maria Antonius Joseph Cajetan Adam Graf von Bissingen-Nippenburg (2.2.1749-22.4.1831) verkaufte schließlich 1789 die Ortsherrschaft an Carl Anselm Fürst von Thurn und Taxis (2.6.1733-13.11.1805). 1806 kam der Ort durch Mediatisierung an das Königreich Württemberg.

1. Grabplatte: Ludwig von Nippenburg (-4.4.1575)
Die hochrechteckige Platte für Ludwig von Nippenburg ist innerhalb eines ornamentalen Randes in eine obere Inschriftenzone und eine untere Wappenzone aufgeteilt. Die Inschrift besitzt den Wortlaut: "1575 AVF DEN OSTER/MO(N)TAG DEN 4 TAG APRI/LIS STARB DER EDEL / VND VEST LVDWIG VO(N) / NIPPENBVRG ZN GRVN/TZHAIM DEM GOT(T) / GNEDIG VND BARM/HERTZIG SEY AMEN". Das Stammwappen der Herren von Nippenburg zeigte in Blau zwei silberne Flügel, auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender, blau gewandeter Frauenrumpf, an Stelle der Arme zwei silberne Flügel. Hier sehen wir das vermehrte Wappen, wie es ab 1515 in Gebrauch kam: Es ist geviert, Feld 1 und 4: in Blau zwei silberne Flügel (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Schwarz ein goldener Schenkenbecher. Dazu werden zwei Kleinode geführt, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender, blau gewandeter Frauenrumpf, an Stelle der Arme zwei silberne Flügel (Stammkleinod), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken der goldene Schenkenbecher. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 102 Tafel: 58, im Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 53 Seite 51 und bei Kindler OB 3: S. 241, S. 243.

 

Diese Wappenvermehrung hatte ihre Ursache in der Verleihung des Erbschenkenamts durch Herzog Ulrich von Württemberg an Philipp von Nippenburg (1458-1526) am 13.6.1515. Philipp von Nippenburg war derjenige der Familie, der die höchsten Ämter erreichte. Er wurde 1498 württembergischer Rat und 1501 württembergischer Haushofmeister. 1511 feierte Herzog Ulrich von Württemberg eine glanzvolle Hochzeit mit Sabina von Bayern, und bei dieser Gelegenheit ging Philipp von Nippenburg der Braut voran und bediente seinen Landesherrn beim Festmahl. Er wurde in den Folgejahren einer seiner wichtigsten Berater. Zur Belohnung bekam er das Erbschenkenamt verliehen. Er stieg weiter auf zum Landhofmeister, d. h. er verwaltete den herzoglichen Haushalt und das Eigengut des Landesherrn. Daneben hatte er großen Einfluß auf die Regierungsgeschäfte. So kam der Schenkenbecher in das Wappen der Nippenburger, die ihn bis zu ihrem Erlöschen 1646 führten. Danach verlieh Herzog Eberhard III. von Württemberg am 15.5.1646 das Erbschenkenamt an Ferdinand Geizkofler.

2. Grabplatte: Margaretha von Nippenburg (-13.1.1561)
Die hochrechteckige Platte für Margaretha von Nippenburg besitzt eine auf dem Rand außen umlaufende Inschrift mit dem Wortlaut: "AN(N)O D(OMI)NI 1561 AVF DEN 13 IENERIS STARB / DIE EDEL VND TVGENTREICH(E) FRAW MAR/GRETHA VON RECHBERG GEBOR(E)NE VO(N) / NIPPENBVRG WEILVND DES EDLEN VND VE/STE(N) WOLFFA VO(N) RECHBERG ZV WEISE(N)STEIN VND / GRVNTZHAIM EH(E)LICHE HAVSFRAW DERE(N) GOT(T) GNAD AME(N)". Im Zentralfeld ist Margaretha mit Witwenhaube und mit vor der Brust zum Gebet zusammengelegten Händen dargestellt, aus den Händen hängt ein Rosenkranz herab. Auf der Platte gibt es insgesamt sechs Wappendarstellungen, zwei Vollwappen seitlich in Hüfthöhe, die teilweise in den Inschriftenrand hineinragen, und vier nach innen geneigte Wappenschilde in den Ecken. Die beiden Vollwappen stellen das Ehewappen dar, die vier einzelnen Wappenschilde bilden eine 4er-Ahnenprobe für Margaretha von Nippenburg.

 

Margareta von Nippenburg (-13.1.1561) hatte Wolf III. von Rechberg (-1.5.1550) geheiratet, den Sohn von Wilhelm IV. von Rechberg (-6.1.1529), Pfleger zu Heidenheim, und Rosina vom Stain. Wolf von Rechberg entstammte der Linie der von Rechberg zu Weißenstein und Hohenrechberg, die mit ihm erlosch. Das in der Inschrift genannte Weißenstein gehört heute zu Lauterstein im Landkreis Göppingen. Die Herrschaft Weißenstein, erst ein Besitz der Grafen von Helfenstein, kam 1401 an die Herren von Rechberg. Neben Stadt und Burg bzw. Schloß Weißenstein gehörten dazu Orte Böhmenkirch, Nenningen, Schnittlingen und Treffelhausen. Nach dem Tod von Margarethas Ehemann fiel der Besitz an die anderen Linien. Erst 1971 verkaufte die Hauptlinie Hohenrechberg-Donzdorf-Weißenstein Schloß Weißenstein.

 

Beginnen wir mit den beiden oberen Wappenschilden. Der Logik der Ahnenprobe zufolge stehen diese beiden für die Eltern von Margaretha, das waren der bereits oben bei der Verleihung des Erbschenkenamtes erwähnte Philipp von Nippenburg (1458-1526) und seine Frau, Clara Speth von Zwiefalten, genauer aus der Linie zu Hohenegk und Steingebronn. Entsprechend sehen wir heraldisch rechts oben das Wappen der von Nippenburg wie unten beschrieben und links oben das Wappen der Speth von Hohenegk und Steingebronn, in Rot schräg übereinandergelegt drei altertümliche silberne Schlüssel mit gezähntem Bart. Die Großväter Margarethas, die ebenfalls durch diese beiden Wappenschilde repräsentiert werden, waren väterlicherseits Johann von Nippenburg und mütterlicherseits Caspar Speth von Hohenegk und Steingebronn, der am 30.4.1460 während der Fehde Württembergs mit der Pfalz bei Winzerhausen gefallen ist und dessen Epitaph sich früher in der St. Leonhardskirche zu Stuttgart befand.

 

Das Wappen der von Rechberg in der Linie Hohenrechberg zeigt in Gold zwei voneinander abgekehrte rote Löwen mit verschlungenen Schwänzen, auf dem Helm mit silbern-roten Decken ein wachsender goldener Hirsch mit rotem Geweih und ebensolcher Bewehrung und Zunge. Andere Linien benutzen Silber als Feldfarbe. Das Wappen der von Nippenburg heraldisch links in der Mitte ist geviert, Feld 1 und 4: in Blau zwei silberne Flügel (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Schwarz ein goldener Schenkenbecher, zwei Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender, blau gewandeter Frauenrumpf, an Stelle der Arme zwei silberne Flügel (Stammkleinod), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken der goldene Schenkenbecher. Margaretha und Wolf hatten keine Kinder.

 

Nun folgen die beiden untersten Wappenschilde. Der Logik der Ahnenprobe zufolge stehen diese beiden für die Großmütter von Margaretha, das waren väterlicherseits Agnes von Gültlingen und mütterlicherseits Maria Agatha Speth von Neidlingen, eine Tochter des Dietrich I. Speth von Neidlingen. Das Wappen der von Gültlingen zeigt in Silber drei (2:1) schwarze Adler, die Flügel mit goldenen Kleestengeln belegt, Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu schwarz-silbernen Decken ein wachsender schwarzer Adler mit goldenem Schnabel und roter Zunge, die Flügel mit goldenen Kleestengeln belegt (Scheiblersches Wappenbuch Folio 9, Siebmacher Band: Bad Seite: 52 Tafel: 32, Band: Wü Seite: 7 Tafel: 9, Alberti WS. 251 ff. u. v. a. m.), das Wappen der Speth von Neidlingen zeigt erneut die drei altertümlichen silbernen Schlüssel mit gezähntem Bart schräg übereinandergelegt in rotem Feld. Somit stammen die beiden hier repräsentierten Speth-Wappenschilde von zwei verschiedenen Linien, die untereinander geheiratet hatten. Von Claras Bruder Ludwig leitet sich die Linie zu Höpfigkeim und Seeburg ab, von seinen Nachfahren die Linie zu Dettingen.

Noch ein Wort zu besagtem Philipp von Nippenburg, Vater Margarethas: So hoch, wie er gestiegen war, so jäh stürzte er im Ansehen wieder ab: Nachdem der Schwäbische Bund Herzog Ulrich von Württemberg den Krieg erklärt hatte und der Herzog fliehen mußte, waren die Verteidiger der Landesburgen in auswegloser Lage. Philipp, durch und durch loyal, aber vernünftig, übergab schließlich den Belagerern die Festung Hohentübingen kampflos. Auch Philipps Bruder Sebastian tat Ähnliches auf Burg Weinsberg, er nahm Verhandlungen auf. Das war angesichts der militärischen Lage sinnvoll, doch der geflohene Herzog verzieh den Brüdern nie diesen als Verrat empfundenen Pragmatismus. Zu gern hätte er Philipp nach seiner Rückkehr bestraft, doch da war der schon ein paar Jahre zuvor gestorben. Das war der wesentliche Teil der Entzweiung zwischen dem Herzog und der Familie von Nippenburg, der zweite war die verwandtschaftliche Verbindung mit den Speth (die eine entscheidende Rolle bei der Flucht von Ulrichs Ehefrau spielten) und der dritte Teil war die konfessionelle Entzweiung, denn der Großteil der von Nippenburg blieb dem Katholizismus treu, es gab mehrere Pröpste, Äbte, Kanoniker und Pfarrer aus der Familie. In Folge dieser Entzweiung sank der Einfluß der Familie.

3. Grabplatte: Wolf von Rechberg (-1550) und Margareta von Nippenburg
Bei dieser an der Wand angebrachten Grabplatte bleiben wir bei den selben Personen, doch hier wird zusätzlich an den Ehemann erinnert: "ANNO DV(MI)NI 1550 AVF DEN ERSTEN TAG MAY / STARB DER EDEL VND VEST WOLF VON RECH/BERG VON HOHEN RECHBERG ZV WEYSSENSTAI(N) / VND GRVNTZEN ANNO DV(MI)NI AVF DEN 13 / TAG DES YENNERS STARB DIE EDEL VND / TVGENTSAM FROW MARGRETA VON RECHBERG / GEBOR(E)NE VON NIPPENBVRG SEIN E(HE)LICHEN / GEMAHAL DENO GOT(T) DER ALLM(A)E(C)HTIG(E) GNAD(E)".

 

Die Personen sind die vorgenannte Margareta von Nippenburg (-13.1.1561) und ihr Ehemann Wolf III. von Rechberg (-1.5.1550), der Sohn von Wilhelm IV. von Rechberg (-6.1.1529), Pfleger zu Heidenheim, und Rosina vom Stain. Interessant ist, daß hier das Todesdatum der Ehefrau mitgenannt wird, aber ohne Jahr. Diese Platte kann also frühestens 1561 nach dem Tod Margarethas angefertigt worden sein. Die relativ breite Platte wird an den Seiten von kandelaberartigem Schmuck gerahmt. Unten befindet sich das rechteckige, in der Mitte nach oben ausgebogene Inschriftenfeld. Die obere Hälfte dient als heraldische Zone mit dem Ehewappen, mit den gleichen Elementen wie oben beschrieben. Ein kniender geflügelter Engel ist zwischen beiden Oberwappen eingefügt; er schließt optisch die Lücke zwischen dem Rechberg-Wappen mit nur einer Helmzier und dem Nippenburg-Wappen mit zwei Helmzieren. Die ungewöhnliche frontale Darstellung des Rechberg-Kleinods verschlankt dieses zusätzlich, so daß der eingefügte Engel für optisches Gleichgewicht sorgt.

Wolfs Großeltern väterlicherseits waren übrigens Heinrich III. von Rechberg (-1489) zu Bargau und Weißenstein, gen. der Wunderliche, und Agnes von Lentersheim, die Tochter Sigmunds von Lentersheim und der Margarethe von Hirnheim. Wolfs Großeltern mütterlicherseits waren Berchtold von Stain und Osanna Thumb von Neuburg. Aber hier wird auf eine Ahnenprobe auf dem Epitaph verzichtet.

4. Grabplatte: Dominik Gottfried Cajetan Ignaz von Bissingen (1727-1727)
Der Text auf dem an vier Stellen eingerollten Inschriftenfeld lautet: "Mundo non diu sed DEo satis / vixit et vivit in aeternum / BEATUS / Perillustris D(ominus) D(ominus) DOMINICUS GODEFRI/DUS CAIETANUS IGNATIUS Lib(er) / Baro de BiSsingen etc. etc. / Nam Natus Anno 1727 die 24 Iuly / Iam Denatus eodem Anno die 1. Augusti / hic quiescat / Sta Viator et cogna Numerus Dierum Tuorum quis erit". Dominik Gottfried Cajetan Ignaz von Bissingen führte trotz seines langen Namens nur ein ganz kurzes Leben, er wurde gerade einmal eine Woche als und starb als Kleinkind.

Mit dieser Grabplatte vollziehen wir den Wechsel von den von Nippenburg zu den von Bissingen, später von Bissingen-Nippenburg. Im 16.und 17. Jh. schwand der Besitz der Nippenburger. Mehrere Seitenlinien erloschen nacheinander, und die Ländereien kamen an andere Familien. Als Georg von Nippenburg 1571 starb, wurde der Besitz in Altwiesloch unter seine vier Töchter bzw. deren Ehemänner aufgeteilt: 1.) Katharina von Nippenburg hatte Hans Georg Schenk von Winterstetten geheiratet, diese bekamen das vordere Schloß mit dem Wohnturm der Burg. 2.) Franziska Flora von Nippenburg hatte Philipp Gans von Otzberg geheiratet, diese bekamen das hintere Schloß und die Mühle. 3.) Maria von Nippenburg hatte Hans Jörg von Frauenburg geheiratet, diese bekamen weitere Besitzanteile und erbauten einen neuen bescheidenen Herrensitz. Anna von Nippenburg hatte Wilhelm von Dobeneck geheiratet, und diese bekamen den Wieslocher Freihof. 1609 trat der nächste Erbfall ein, diesmal am Stammsitz Nippenburg mit dem Tod des Erbschenken Wilhelm von Nippenburg. Weil Anna Benedikta von Nippenburg Johann Heinrich von Stockheim geheiratet hatte, gelangte nun 1611 der Stammsitz an die Familie von Stockheim. Der nächste Erbfall fand 1646 statt, als Ludwig von Nippenburg und Erbschenk Gottfried Philipp von Nippenburg starben. Endgültig erloschen ist die Familie 1696 mit Ursula Margaretha von Nippenburg, die einen Truchseß von Höfingen geheiratet hatte. Für Grundsheim relevant ist die Ehe zwischen Kunigunde Katharina von Nippenburg (-1689), die Hans Friedrich Freiherr von Bissingen (-1666) mit Heiratsbrief vom 19.5.1646 zum Ehemann gewählt hatte. Ihr Ehemann aus einer eigentlich aus Thüringen und Sachsen stammenden Familie wurde am 14.6.1647 Reichsfreiherr und war Oberst, Kriegsrat sowie Kommandant zu Rottweil. Grundsheim war vermutlich ihr Heiratsgut. Nach dem Erlöschen der Familie fand das Wappen der von Nippenburg Eingang in dasjenige der von Bissingen-Nippenburg, die den Namen dem ihrigen anhängten. Das württembergische Erbschenkenamt bekamen sie hingegen nicht.

 

Aber bei dieser Grabplatte stehen wir noch vor der Übernahme des Wappens, wir sehen das freiherrliche Wappen der von Bissingen: Geviert mit Herzschild: Feld 1 und 4: in Schwarz auf grünem Dreiberg einwärts ein goldener Greif mit blankem Schwert in der rechten Pranke, Feld 2: in Rot aus blauen Wolken im linken Obereck hervorkommend ein geharnischter Arm, der einen aus goldenem Ast wachsenden Stiel einer goldenen Birne mit zwei grünen Blättern hält, Feld 3: in Rot eine goldene Krone, darin zwei silberne Straußenfedern, Herzschild: in Blau zwei mit dem Rücken gegeneinander gekehrte Sensenklingen (Stammwappen). Das Oberwappen wird unten beim Hochaltar erläutert. Hier ist anstelle eines Oberwappens eine freiherrliche Krone auf den oberen Schildrand gesetzt worden.

5. Grabplatte: Leopold Anton Freiherr von Bissingen (1692-1735)
Das sollte einmal ein Doppelgrabmal werden: Oben sehen wir das gemeinsame Ehewappen aus zwei einander zugeneigten ovalen Schildkartuschen, und das große Feld darunter ist in zwei Spalten für die Inschriften für beide Ehepartner aufgeteilt, aber nur die Inschrift für den Ehemann ist realisiert worden: "Stabilita Sunt Bona / Illius in Domino & Elee:/Mosynas Illius Enarrabit / Omnis Ecclesia Sanctorum / Eccli XXXI / Hic Quiescat Perillustris AC / Generosus D(ominus) D(ominus) LeoPolDus / AnTonius S(acri) R(omani) I(mperii) Liber Baro / de BISSINGEN Dominus in Grunzheimb & Schramberg / Natus XXIIII Decemb:(ris) / MDCLXXXXII / Denatus XIX Martii / MDCCXXXVI / AEtatis Suae / Anno XXXXIIII". Die für die Ehefrau vorgesehene Fläche ist leer. Sie starb 5 Jahre später in Augsburg, und da dachte niemand mehr daran, sie hierhin zu überführen und die Inschrift nachzutragen.

 

Es handelt sich bei dem Ehemann um Leopold Anton Freiherr von Bissingen-Nippenburg (24.12.1692-9.3.1735), den Sohn von Ferdinand Carl Freiherr von Bissingen-Nippenburg (-7.4.1716) und Maria Theresia Catharina von Gravenegg. Sein Wappen folgt der beim vorherigen Epitaph gegebenen Beschreibung. Seine Ehefrau war Maria Sophia Viktoria Ruepp von Falkenstein (19.12.1702-15.4.1740), die Tochter von Maximilian Franz Ruepp von Falkenstein und Anna Justina Freiin von Freyberg und Eisenberg. Sie hatten zum Sohn den unglücklichen Joseph Cajetan Leopold Franz Xaver Anton Adam Graf von Bissingen-Nippenburg (25.11.1725-11.6.1791), der am 5.8.1746 österreichischer Graf wurde, der zum kurbayrischen Kämmerer ernannt wurde, aber der 1750 "unheilbarem Irrsinn" verfiel. Er hatte Maria Amalia Antonia Walburga von Spaur und Flavon (6.7.1730-1804) geheiratet, und Leopold Antons Enkel, Ferdinand Ernst Maria Antonius Joseph Cajetan Adam Graf von Bissingen-Nippenburg (2.2.1749-22.4.1831), setzte den Stamm fort.

Neu ist hier das Wappen der Ehefrau aus der Familie der Ruepp von Falkenstein. Es ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Rot zwei quer über einander gelegte silberne bzw. natürliche Fische, sogenannte Ruppen oder Aalraupen, der obere mit dem Kopf nach rechts, der untere nach links gekehrt, Feld 2 und 3: in Silber ein blauer, mit 3 goldenen Rosen belegter Schrägrechtsbalken (Wappen der Mutter der Erhobenen, das der Dichtl/Tichtl von Tutzing), Herzschild: in Schwarz ein goldener Adler. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: BayA1 Seite: 89 Tafel: 88, korrigiert in Band: BayA3 Seite: 53 Tafel: 32, sowie im Band: SchlA2 Seite: 110 Tafel: 67. Die Familie stammt ursprünglich aus Rosenheim und kommt unter den Münchener Patrizierfamilien vor.

Das Stammwappen zeigt in Rot zwei quer über einander gelegte silberne oder naturfarbene Fische, sogenannte Ruppen oder Aalraupen, der obere mit dem Kopf nach rechts, der untere nach links gekehrt, auf dem rot-silbern bewulsteten Helm mit rot-silbernen Decken die beiden Ruppen gestürzt. Die erste Wappenbesserung von 1587 (Reichsadelsstand zu Prag am 3.12.1587 für die Brüder Paulus und Hieronymus Ruepp) hatte folgende Änderungen zur Folge: Bügelhelm statt Stechhelm, und anstelle der beiden gestürzten Fische bekam das Wappen nun einen roten Flug, der mit den beiden Fischen wie im Schild belegt war. Die nächste Wappenbesserung vom 29.10.1592 (Ausdehnung des Adelsstandes auf den dritten Bruder, Johann) ergab einen gevierten Schild mit einem Kombinationskleinod, ein Flug, der rechte Flügel rot mit den beiden Fischen wie im Schild, der linke Flügel silbern mit dem mit Rosen belegten Schrägbalken. Am 1.9.1601 erhielten Georg und sein Sohn Hieronymus Ruepp den Adelsstand, eine Wappenbestätigung und eine Wappenbesserung (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 355.12).

Am 29.6.1629 bekamen Johann Christoph Ruepp, kaiserlicher Rat, bayerischer Kämmerer, Pfleger zu Rottenberg, sowie sein Bruder, Johann Paul Ruepp, Hauptmann und Pfleger zu Regensburg, zu Wien eine Adelsbestätigung, das Prädikat "von" und eine Wappenbesserung (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 355.13). Der gevierte Schild blieb, aber von nun an hatte das Wappen zwei Kleinode, auf dem rechten gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken einen roten Flug, mit den beiden Fischen wie im Schild belegt, auf dem linken gekrönten Helm mit blau-silbernen Decken ein beiderseits wie Feld 2 und 3 tingierter Flug.

Bei der nächsten Standeserhebung und Wappenbesserung am 9.9.1632 für die beiden genannten Brüder Johann Christoph und Johann Paul Ruepp kam der Herzschild mit dem Adler hinzu. Zum nun freiherrlichen Wappen gehören nun drei Kleinode, Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein goldener Adler, Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Flug, belegt mit den beiden silbernen oder naturfarbenen Fischen in entgegengesetzter Schwimmrichtung, Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit blau-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits mit dem blauen Schrägbalken mit den drei goldenen Rosen belegt.

Am 21.6.1696 erhielt Maximilian Franz Freiherr von Ruepp, kurbayrischer Pfleger und Kastner zu Natternberg, zu Laxenburg den Grafenstand für das Reich und die Erblande als "Graf von Ruepp zu Falkenstein und Moßegg", verbunden mit der Anrede "Hoch- und Wohlgeboren" nebst einer Wappenbestätigung (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 355.15). Dabei wurde das bisherige Wappen hinsichtlich des Schildes nicht weiter vermehrt, sondern wie beschrieben belassen, aber es wurde ein vierter Helm hinzugefügt, an Position 2 (innen rechts), auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein Falke. Das gräfliche Wappen wird auch unter Vernachlässigung der "inneren Tinkturen mit rechts rot-silbernen, links blau-silbernen Decken dargestellt. Und dieser in den Grafenstand erhobene Maximilian Franz war der Vater der hierhin verheirateten Tochter, zu deren Ehemann das Epitaph gehört. Ihr Bruder erwarb Güter in Schlesien und verpflanzte die Familie dorthin.

Wappen am Hochaltar:
Am Hochaltar sehen wir am Gebälk das Wappen der von Bissingen-Nippenburg als Vollwappen und in Farbe angebracht. Abweichend zur eigentlichen Stammwappenfarbe ist hier Grün als Feldfarbe des Herzschildes zu sehen, anstelle der korrekten Tinktur Blau. Zu der oben gegebenen Wappenbeschreibung können wir nun das Oberwappen ergänzen: Drei gekrönte Helme: Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit rechts rot-silbernen und links schwarz-goldenen Decken drei Straußenfedern, eine silberne zwischen zwei roten, Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein runde, silberne, gefensterte Scheibe, außen besteckt mit zehn roten Fähnlein an goldenen Lanzen, alle nach links wehend, Helm 3 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender goldener Greif mit blankem Schwert in der rechten Pranke.

An dieser Stelle soll auch die letzte, hier nicht repräsentierte Entwicklungsstufe des Bissingen-Nippenburger-Wappens genannt werden, als das Wappen der von Nippenburg inhaltlich aufgenommen wurde und Namen und Wappen vereinigt wurden. Das Grafenstandsdiplom datiert vom 5.8.1746; der Begünstigte waren die Vettern Joseph Ferdinand Freiherr von Bissingen und Joseph Cajetan Freiherr von Bissingen, dazu gab es die Anrede "Hoch- und Wohlgeboren" (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 80.1, Intimation am 23.10.1747): Der Schild ist gespalten und 2 mal geteilt zu sechs Feldern, Feld 1: in Blau zwei mit dem Rücken gegeneinander gekehrte goldene Sensenklingen (Stammwappen), Feld 2: in Blau zwei silberne Adlerflügel (Stammwappen Nippenburg), Feld 3 und 6: in Schwarz auf grünem Dreiberg ein einwärts gewendeter goldener Greif, in der erhobenen rechten Vorderklaue ein blankes Schwert haltend, Feld 4: in Rot ein silberner, geharnischter Arm aus einer am linken Rande befindlichen silbernen Wolke hervorkommend, in der Faust eine goldene Birne an grün beblättertem Stiele haltend, Feld 5: in Rot eine goldene Krone, durch welche zwei schräggekreuzte silberne Straußenfedern gesteckt sind. Dazu werden vier gekrönte Helme geführt, Helm 1 (Mitte rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken drei Straußenfedern, eine silberne zwischen zwei roten, Helm 2 (Mitte links): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein gekrönter, blau gekleideter Frauenrumpf mit zwei silbernen Flügeln anstelle der Arme (Stammkleinod Nippenburg), Helm 3 (rechts außen): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken eine golden bordierte blaue Scheibe, außen fächerförmig mit zwölf roten Fähnlein an silbernen Stielen besteckt, deren jedes das silberne Zeichen FIII trägt, Helm 4 (links außen): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender goldener Greif mit silbernem Schwert (Siebmacher Band: Bad Seite: 31 Tafel: 20, Band: Wü Seite: 1 Tafel: 1, Band: Bö Seite: 105 Tafel: 58, Band: NÖ1 Seite: 34 Tafel: 18, Band: Stei Seite: 257 Tafel: 52, Band: Un Seite: 65 Tafel: 52, mit Varianten).

Wappen an den Seitenaltären:
Am linken Seitenaltar (Abb. unten links) ist ein geviertes Wappen angebracht, Feld 1 und 4: innerhalb eines goldenen Bordes in Rot eine goldene Lilie, Feld 2 und 3: in Rot eine sich von Feld 2 nach Feld 3 schlängelnde Schlange (oder ein Aal). Über der Kartuscheneinfassung ist ein Meßkelch zu sehen, was vermuten läßt, daß es sich um ein Priesterwappen handelt, dann könnte man die letzten beiden Initialen von "ASPG" als Pfarrer von Grundsheim interpretieren (Hinweise willkommen). Am rechten Seitenaltar ist in die ebenso üppig eingefaßte Kartusche auf rotem Grund ein vollständig vergoldetes Allianzwappen eingefügt worden.

 

In der Vergrößerung erkennt man, daß es sich bei der rechten Kartusche um das Wappen der von Bissingen-Nippenburg wie zuvor beschrieben handelt, geviert mit Herzschild und den Motiven Greif, Schwertarm und Krone mit Federn im Hauptschild sowie den Sensenklingen im Herzschild. Das Wappen auf der Seite der Ehefrau zeigt auf den ersten Blick eine dreifach gestufte Raute. Wenn wir die Bauzeit der Kirche berücksichtigen, nämlich 1720-1723, so wurde sie unter Leopold Anton Freiherr von Bissingen-Nippenburg (24.12.1692-9.3.1735) errichtet, denn sein Vater Ferdinand Carl Freiherr von Bissingen-Nippenburg (-7.4.1716) war zu dem Zeitpunkt schon gestorben. Aber seine Mutter, die diesem am 10.10.1688 angetraute Ehefrau, Maria Theresia Catharina von Gravenegg (1669-), hat ein passendes Wappen geführt. Entweder lebte sie zu dem Zeitpunkt noch (Datum des Ablebens unbekannt) und tritt hier als Mitstifterin auf, oder der Sohn hat den Altar seinen Eltern zum Gedächtnis mit deren Ehewappen ausgestattet. Sie war die Tochter von Joachim Gottfried von Gravenegg (-1684) zu Eglingen und Maria Ursula von Freyberg (-1679). Das Wappen der von Gravenegg zeigt in Rot eine silberne Raute, auf dem Helm mit silbern-roten Decken auf einem roten Kissen mit goldenen Quasten eine auf die Spitze gestellte silberne Raute, an den drei freien Ecken mit einer roten, hahnenfederbesetzten Kugel versehen (schwäbischer Uradel mit Stammsitz im Münsingen, 1459 reichsfreiherrlich, 1664 in den Grafenstand erhoben, erloschen 1728, Berliner Wappenbuch, Scheiblersches Wappenbuch Folio 195, Siebmacher Band: WüA Seite: 215 Tafel: 119, Band: NÖ1 Seite: 133 Tafel: 66.).

An letzter Stelle noch ein Exkurs zum Kommunalwappen von Grundsheim: Das zeigt seit 1930 unter einem silbernen Schildhaupt in Rot einen am linken Schildrand aus silbernen Wolken hervorbrechenden silbern gerüsteten Rechtsarm, mit der ebenfalls gerüsteten Hand eine silberne Tulpe an schräglinkem grünem Stengel mit zwei grünen Blättern haltend. Wir erkennen darin das Motiv aus Feld 2 bzw. Feld 4 je nach Entwicklungsstufe des vermehrten Bissinger Wappens, gemindert und modifiziert durch die Hinzunahme des Schildhauptes, was daran erinnert, daß Grundsheim von 1636 bis 1789 den Freiherren und späteren Grafen von Bissingen-Nippenburg gehörte.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.1779903,9.6686245,20z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@48.1779903,9.6686245,84m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Grundsheim auf Leo-BW:
https://www.leo-bw.de/en-GB/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/16822/Grundsheim
Herrschaft Grundsheim auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herrschaft_Grundsheim
Seelsorgeeinheit Donau-Winkel:
https://se-donau-winkel.drs.de/
neuere Genealogie der Grafen von Bissingen-Nippenburg:
http://w.genealogy.euweb.cz/austria/bissingen.html
Familie von Nippenburg auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herren_von_Nippenburg
Stammtafel der von Rechberg::
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/stammtafeln_rechberg1893/0014/image,info
Stammtafel der von Rechberg bei Kindler von Knobloch ab
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1919bd3/0245/image,info
Weißenstein auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Wei%C3%9Fenstein_(W%C3%BCrttemberg)
Herrschaft Weißenstein auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herrschaft_Wei%C3%9Fenstein_(bei_G%C3%B6ppingen)
Genealogie der Herren von Rechberg:
http://w.genealogy.euweb.cz/german/rechberg4.html
Arthur Freiherr von Speth-Schülzburg: Stammbaum der Freiherren von Speth, 1903 -
https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&cqlMode=true&query=idn%3D115040096X - https://portal.dnb.de/bookviewer/view/115040096X#page/1/mode/2up - download am besten über http://d-nb.info/115040096X/34. Cave, der Stammbaum enthält etliche Fehler.
Familie von Speth:
https://de.wikipedia.org/wiki/Speth_(Adelsgeschlecht)
Diplome der von Ruepp: österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 355.12
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2720469 - österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 355.13 https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2720470 - österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 355.15 https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2720472
Grafenstandserhebung der von Bissingen-Nippenburg: österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 80.1
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4431719

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