Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3092
Zistersdorf
(Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich)
Schloß Zistersdorf
Heutiges
Erscheinungsbild
Das Schloß Zistersdorf liegt am südwestlichen Rand des im
Straßenverlauf noch gut nachvollziehbaren Ovals der historischen
Altstadt der Stadtgemeinde. Es handelt sich um eine
größtenteils zweistöckige Vierflügelanlage mit Innenhof auf
leicht trapezförmigem Grundriß. In der Mitte des Ostflügels
überragt ein viergeschossiger, risalitartig vorspringender
Saalbau den ansonsten zweigeschossigen Flügel. In diesem
Mittelbau wurde in der Mitte des 18. Jh. ein barocker Festsaal
mit noch erhaltener Stuckdecke eingebaut. Die Südostecke besitzt
eine Unregelmäßigkeit mit einem Versatz der Außenmauer und
einem über die Mauerfluchten der angrenzenden Flügel
hinausreichenden Anbau; das geht wohl auf eine ehemalige Bastion
zurück, die überbaut wurde. Der Zugang liegt im Norden, wo vom
Schloßplatz her kommend eine moderne Steinbrücke den mit
Ziegeln ausgemauerten Schloßgraben überspannt, der nur hier
signifikant erhalten ist. Die Nordfassade besitzt auf jeder Seite
der anderthalb Stockwerke hohen Portalblende jeweils sechs
Fensterachsen, wobei aber jeweils die zweitäußere blind ist,
offensichtlich die Folge eines Umbaus. Über dem Portal ist die
Trauflinie zu einem kleinen Dreiecksgiebel nach oben gezogen.
Früher verliefen im Süden und im Westen des Schlosses die
Mauern und Wälle der Stadtbefestigung, die aber geschleift
wurden. Das Schloß wurde mit mehreren modernen Anbauten versehen
und für den Schulbetrieb als Teil der Landesberufsschule für
Installations- und Gebäudetechnik adaptiert, unter anderem ragt
auf Kellerhöhe ein einstöckiger, flacher Anbau mit Flachdach
bis in die Hälfte der Breite in den Schloßgraben hinein und
stößt oben äußerst unschön an die Fensterunterkanten. Im
Schloß ist das Schülerwohnheim der Berufsschule untergebracht.
Geschichte
von Schloß Zistersdorf
Trotz starker nachträglicher Veränderung kann man noch
nachvollziehen, daß sich das Schloß aus einer ehemaligen
Stadtburg entwickelt hat. Unter den Kuenringern, die Zistersdorf
erst als Lehen der Hochfreien von Pernegg und dann nach deren
Erlöschen als Lehen der Babenberger innehatten, wurde die Stadt
planmäßig angelegt und befestigt, wobei im Südwesten eine
spitzwinklige Ecke eine etwas erhöht gelegene Geländeterrasse
für die Stadtburg umschloß. Es ist zwar heute kaum noch
nachzuvollziehen, aber früher lag der Palas auf der Südseite,
und er wurde ursprünglich durch zwei Türme geschützt. Hier ist
sogar noch mittelalterliche Bausubstanz zu finden, erkennbar sind
zwei gotische Schlitzfenster.
Die Burg wurde an eine Adelsfamilie zu Lehen gegeben, die sich nach der Stadt Herren von Zistersdorf nannten. Diese Familie ist bis 1493 urkundlich nachweisbar. Die Kuenringer erloschen 1355, danach kam das landesfürstliche Lehen Zistersdorf nacheinander an Hans von Puchheim, 1369 an Heinrich von Rauhenstein, 1390 an Heinrich von Liechtenstein und dann an die Herren von Pottendorf. Es waren unruhige Zeiten, und Zistersdorf wurde im 15. Jh. mehrfach Opfer militärischer Auseinandersetzungen: Grenzfehden, Hussiten 1427-1428, Ungarneinfälle 1486, Belagerung und Eroberung durch Matthias Corvinus, Rückeroberung durch die Habsburger. Nach dem Aussterben der Herren von Pottendorf wurde Zistersdorf 1491 kaiserliches Kammergut. Zistersdorf wurde nicht mehr als Lehen vergeben, dafür verpfändet. Pfandnehmer waren erst die von Spanoffsky, die von Walterskirchen, dann Konrad von Pappenheim, der die Burg wiederherstellen ließ, dann Eustachius Freiherr von Althann und Erasmus Freiherr von Landau. 1568 wurde der Südwestturm wegen Baufälligkeit abgerissen. 1620 wurde Zistersdorf konfisziert, weil die beiden Letztgenannten Parteigänger des Protestantismus waren und in Opposition zum Kaiserhaus gerieten.
1622 bekam Rudolf von Teuffenbach Zistersdorf als freies Eigengut, und der verdiente kaiserliche Heerführer baute die Burg in ein Schloß um. Der Nordflügel wurde entsprechend der alten Grundmauern gebaut, aber die drei anderen Flügel wurden außerhalb der einstigen Außenmauern errichtet, wodurch die Grundfläche des Schlosses vergrößert wurde. Barocke Bastionen schützten die nordwestliche und die südwestliche Ecke, auch die wurden später geschleift. Rudolf von Teuffenbach gründete auch in der Stadt ein Spital und das Franziskanerkloster. 1645 kamen die Schweden im Dreißigjährigen Krieg und verwüsteten Zistersdorf. 1650 kam Zistersdorf an die Grafen von Althann. 1683 kamen die türkischen Truppen und verwüsteten erneut alles. 1706/1707 kamen die Kuruzzen unter Graf Simon Forgatsch, und schon wieder wurden Stadt und Schloß gestürmt, und alle Bewohner, die hier Zuflucht gesucht hatten, wurden entweder ermordet oder verschleppt. Die Grafen von Althann behielten Zistersdorf bis 1810, dann kam es wieder an den Staat.
Theresianische
Ritterakademie
Von 1810 bis 1927 war im Schloß die k. u. k. Maria
Theresianische Ritterakademie untergebracht, deren Hauptsitz
eigentlich die Favorita in Wien war. Zistersdorf war Stiftsgut.
Aus dem Jahr der Umwidmung (1810) stammt das Wappen über dem
klassizistischen Nordeingang: Der Schild zeigt das erzherzoglich-österreichische
Wappen, rot mit silbernem Balken, von einem Lorbeerkranz
eingefaßt. Eine Kaiserkrone ruht auf der Schildkartusche.
Kriegstrophäen seitlich des Wappens verweisen auf die
militärische Bestimmung des Gebäudes: Kanonenkugeln,
Kanonenrohr, Liktorenbündel, Schwerter, Fahnen, Trommel,
Streitaxt, Werkzeug zum Laden von Geschützen. Die Inschrift
nennt die Ritterakademie und den österreichischen Kaiser
Franz I. als Bauherrn und verweist auf den Schloßbau
durch Rudolf von Teuffenbach: "C(AESAREAE). R(EGIAE).
NOBIL(IUM). ACADEMIAE THERESIANAE / RUDOLF BARON DE TEUFENBACH
OLIM DESTINAVIT. / FRANCISCUS I. AUST(RIAE). IMPERATOR. ADSERUIT
MDCCCX". Dabei sollte man auch erwähnen, daß es eben jener
österreichische Kaiser Franz I. war, der 1797 die
Wiedereröffnung unter der Leitung der Piaristen genehmigt hatte,
nachdem der Reformer Joseph II. 1783 alle Ritterakademien in den
österreichischen Erblanden aufgelöst hatte, darunter auch die
1746 gegründete Theresianische Ritterakademie. Beim Umbau zur
Ritterakademie wurde das oberste Geschoß des früher
dreistöckigen Schlosses abgetragen, nur in der Mitte des
Ostflügels ließ man den Saalbau in der ursprünglichen Höhe.
Auch die Schloßkapelle wurde abgerissen. Im Hof einst vorhandene
Arkaden aus der Mitte des 18. Jh. wurden vermauert.
Vom
erneuten Verkauf bis heute
1927 erwarb die Stadtgemeinde Zistersdorf das Schloß. Die
Ritterakademie verwendete den Erlös aus dem Verkauf für
Neuanstrich der Fassade des Hauptgebäudes in der Wiener
Favoritenstraße. 1960 kam das Schloß in den Besitz der
Handelskammer für Niederösterreich und wurde zur Berufsschule
des Sanitär-, Heizung- und Lüftungshandwerks umgebaut. Bis auf
das Wappen ist das Schloß völlig schmucklos. Die unendlich
vielen Umbauten haben es seiner Ausgewogenheit beraubt. Die
Anbauten für Schulzwecke haben weiter zur Verschlechterung des
Eindrucks beigetragen. Somit ist aus dem einstigen Schloß des
Rudolf von Teuffenbach ein ziemlich häßlicher und vermurkster
Kasten geworden, der nur noch ein Schatten der Erinnerung an die
einstige Anlage ist, die auf einem historischen Vischer-Stich zu
sehen ist. Im zugehörigen Meierhof bzw. dem verbliebenen Rest
desselben, einem 85 m langen und 100 m östlich des Schlosses
beginnenden Gebäude, ist u. a. das Stadtmuseum untergebracht.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.5436458,16.7591203,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@48.5436458,16.7591203,167m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Schloß Zistersdorf auf Burgen-Austria: http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=1001
Schloß Zistersdorf auf NÖ-Burgen online, einer Seite des
Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen
Neuzeit: http://noeburgen.imareal.sbg.ac.at/result/burgid/1402
Theresianische Ritterakademie: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Theresianische_Akademie_(Institution)
Theresianische Ritterakademie: https://de.wikipedia.org/wiki/öffentliches_Gymnasium_der_Stiftung_Theresianische_Akademie
Theresianische Ritterakademie: https://www.theresianum.ac.at/de/gymnasium/paedagogisches/geschichte
Herrschaft Zistersdorf auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Zistersdorf_(Herrschaft)
Geschichte von Zistersdorf: https://www.zistersdorf.gv.at/Unsere_Gemeinde/Interessantes_Wissenswertes/Geschichte#
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2023
Impressum