Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3091
Walpersdorf
(zu Inzersdorf-Getzersdorf, Bezirk St. Pölten-Land,
Niederösterreich)
Schloß Walpersdorf
Heutiges
Erscheinungsbild
Schloß Walpersdorf, das schönste Schloß des Traisentals, liegt
im Westen der kleinen Ortschaft südlich der Kremser Straße etwa
in der Mitte zwischen zwei touristischen Schwergewichten, den
Klöstern Herzogenburg und Göttweig. Das aus der Renaissance
stammende und im Barock erweiterte Schloß, eines der
interessantesten Schlösser Niederösterreichs, beeindruckt durch
seine symmetrische Anordnung: Den Kern bildet eine quadratische
Vierflügelanlage von ca. 35 m Kantenlänge mit Innenhof, dem
sogenannten Roten Hof. Der breiteste Flügel ist der hintere,
nach Nordwesten gerichtete, in dessen Mitte sich ein viereckiger,
sechsgeschossiger Turm mit Pyramidendach erhebt. Auch die beiden
seitlichen Flügel im Nordosten und im Südwesten sind breite
Wohnflügel. Der Eingangsflügel im Südosten ist jedoch von
geringer Tiefe, dafür ist er seitlich verlängert bis zu zwei
großen, fünfgeschossigen Türmen von quadratischer Grundfläche
mit Pyramidendach, wobei der rechte Turm noch wuchtiger ist als
der linke, und beide größer dimensioniert sind als der hintere,
in der Mittelachse des Schlosses gelegene Turm. Die beiden
seitlichen Türme sind jüngeren Datums und Teil einer späteren
Erweiterung, deswegen werden sie nach der dann aktuellen
Besitzerfamilie auch Jörgertürme genannt. Diese
Dreierstaffelung der Türme verstärkt die Trichterwirkung des
weitläufigen Vorhofes: Die jenseits der Türme anschließenden
und nach Südosten abknickenden Seitentrakte spannen einen
trapezförmigen Hof von 94 m Breite und 31 bzw. 42 m Tiefe auf.
Die zweigeschossigen Seitentrakte sind nicht exakt parallel, sondern weiten sich auf in Richtung Südosten, und sie sind auch verschieden lang, was aber kaum auffällt, wenn man vor der 80 m langen Mauer steht, die die abknickenden Eckbauten des Vorhofs miteinander verbindet und nur in der Mitte ein rundbogiges Tor für die in der Hauptachse verlaufende Zufahrtstraße hat, die im Bereich des ehemaligen Grabens von Balustraden gesäumt wird. Dieser große Vorplatz ist heute durch zwei Rasenflächen mit jeweils zentralem Brunnenbecken und eckständigen Bäumchen gestaltet. Im östlichen Eckbau befindet sich die Schloßkapelle; hofseitig ist noch die Loreto-Kapelle angebaut. In der Kapelle befinden sich auch die zwei Gruftkammern der Schloßherren. Der südliche Seitenflügel enthält einen großen, tonnengewölbten Saal. Besonders interessant ist die Fassadengestaltung des Saalbaus mit Doppelfenstern unter Sprenggiebeln, die die Formensprache der Renaissance aufgreifen und Büsten römisch-deutscher Kaiser tragen. Groteske Steinfratzen schmücken die Oberkante unter der Dachtraufe. In diesen Seitentrakten waren früher auch Lagerräume und Wagenremisen untergebracht.
Nach hinten folgt ein von Mauern umgebener Parkbereich, wobei die Mauerverläufe an den Ecken noch deutlich die Kontur barocker Eckbastionen nachzeichnen. Um die Anlage herum verläuft ein weitgehend verfüllter Schloßgraben. Insgesamt kommt die Anlage auf eine Ausdehnung von ca. 200 m Tiefe und 150 m Breite. Es gibt noch einen zweiten Zugang von der Nordostseite her; das Tor führt neben der Schloßkapelle durch den Seitenflügel in den Hof. In der Torblende sind noch der Zugbrückenanschlag und die Rollen für die Seile bzw. Ketten zu erkennen. Wo früher Brücke und Zugbrücke den Graben überspannten, führt heute ein asphaltierter Weg über den trockenen Graben, und der Zugang hat eher den maroden Charme eines Hinterhofs mit Geraffel und Mülltonnen. Nordöstlich jenseits der Schloßstraße befindet sich die ehemalige Landwirtschaft mit einem Torturm direkt an der Kremser Straße. Ein weiterer Turm schließt die Landwirtschaft im Nordosten ab, 140 m östlich vom Torturm. Dieser "Prangerhof" mit seinen vielen Wirtschaftsgebäuden wurde früher sogar durch vier starke Tore und einen Turm gesichert.
Ein
Unikum: die Fasanerie
Gerne übersehen wird eine wichtige Substruktur der einstigen
herrschaftlichen Anlage, die in ihrer Form und Erhaltung
einzigartig ist: Rund 800-900 m ostsüdöstlich des Schlosses
liegt die ehemalige Fasanerie. Man findet sie, wenn man am
südlichen Ortseingang von der Kremser Straße nach Osten in die
Turmstraße einbiegt und dieser 300 m folgt. Zwischen der
Turmstraße und der Fasanengartenstraße erstreckt sich ein
ringsum mit einer Mauer umgrenztes Rechteck von 310 m Länge und
160 m Breite. An allen vier Ecken befinden sich sechseckige,
zweistöckige Türme mit polygonalem Zeltdach, wobei die im
Nordwesten und im Südosten noch Nebengebäude haben. Die Kamine
sind verspielt im venezianischen Stil gestaltet. Der größte
Teil der Fläche ist heute offener Acker, im Westen und im
Südosten sind die Flächen mit Obstbäumen und Teichen
gestaltet. Dieses Gehege zur Haltung, Zucht und Jagd von Fasanen
wurde 1577-1619 angelegt. In den Türmen erfolgte die Anzucht der
Fasanen. Nach Aufgabe wurden hier Arbeiterwohnungen eingerichtet.
2018 wurde einer dieser Türme, derjenige im Südosten, bei einem
durch einen Kabelbrand verursachten Dachstuhlbrand schwer
beschädigt. Das Gelände wird heute von der Walpersdorfer
Gutsverwaltung genutzt.
Geschichte
von Schloß Walpersdorf: von Ludmanstorf und von Jörger
Das Schloß wurde in mehreren Bauphasen errichtet. Wolfgang von
Ludmanstorf kaufte 1477 Walpersdorf von Bernhard von Zistersdorf.
Hans Ulrich von Ludmanstorf (-1572) errichtete 1571 das
Kernschloß, also die zentrale Vierflügelanlage mit dem Roten
Hof. Danach kam der Besitz zunächst an seine Witwe bzw. an
Verwandte, die ersterer das Verfügungsrecht streitig machten.
Helmhard VIII. Freiherr von Jörger (-1594), einer der reichsten
niederösterreichischen Adeligen des 16. Jh., Präsident der
niederösterreichischen Hofkammer, Oberster Erblandhofmeister in
Oberösterreich und Führer der protestantischen Landstände, hat
das Schloß 1576 gekauft und nahm eine Erweiterung mit den beiden
mächtigen seitlichen Türmen (sogenannte Jörgertürme) in
Angriff. Er ließ auch den Wassergraben anlegen, die
Schloßkapelle erbauen und den ausgedehnten Wirtschaftshof mit
seinen Befestigungen. Er erwarb die Blutgerichtsbarkeit und
richtete im Wirtschaftshof das Landgericht Walpersdorf ein,
deshalb trägt ersterer auch den Namen "Prangerhof".
Aber erst unter seinem Sohn Helmhard IX. Freiherr von Jörger
konnte das Schloß 1619 fertiggestellt werden. Die Jörger
positionierten sich klar auf der protestantischen Seite und
gerieten deswegen in Konflikt mit dem Kaiserhaus. Helmhard der
Jüngere verweigerte 1620 Kaiser Ferdinand II. die Huldigung und
verlor deswegen all seine Besitzungen. Er selbst landete
1621-1625 im Gefängnis.
Die nächste Besitzerin von Walpersdorf war Prinzessin Eleonora Gonzaga (23.9.1598-27.6.1655), Ehefrau von Ferdinand II., der die Güter der Jörger eingezogen hatte. Sie hatte in Wien eine Loretokapelle gestiftet, und das Gut Walpersdorf wurde von ihr zur Versorgung ihrer Stiftung bestimmt, so sollten jährlich 400 fl. erwirtschaftet werden. Außerdem nutzte Eleonora Schloß Walpersdorf als Sommersitz, insbesondere im Witwenstand. Nach dem Ableben von Eleonora kam es zu einer Besitz-Rekonstitution der Jörger: Sie erhielten die Hälfte des ehemaligen Besitzes zurück, und darunter befand sich auch Walpersdorf.
Geschichte
von Schloß Walpersdorf: Grafen von Sinzendorf
Dann wechselte Walpersdorf 1657 erneut durch Heirat den Besitzer;
Regina Jörger von Tollet (-1660) war die erste Ehefrau des
Staatsmannes Georg Ludwig Graf von Sinzendorf (17.6.1616-14.12.1681),
Sohn von Pilgram von Sinzendorf und Susanna von
Trauttmansdorff. Zu ihm gehört das erste auf die nach
Südwesten gerichtete Giebelfassade des rechten Eckgebäudes
(Loreto-Kapelle) gemalte Wappen, das Stammwappen der von
Sinzendorf, im von Blau und Rot geteilten Feld drei
(2:1) aneinander und an den Schildrand stoßende silberne
Quadersteine; die dazugehörige Helmzier zeigt zu rechts
rot-silbernen und links blau-silbernen Decken ein Paar
Büffelhörner, jeweils rot-blau bzw. blau-rot geteilt mit drei
(2:1) aneinanderstoßenden silbernen Quadersteinen an der
Teilungslinie, letzteres Detail hier nicht aufgelöst). In der
Mitte des Kleinods ist zwischen den Büffelhörnern des Kleinods
der Zeiger der Sonnenuhr befestigt, die Skala befindet sich auf
einem Schriftband unterhalb des Wappens. Zu Zeiten von Georg
Ludwig Graf von Sinzendorf hatte die Herrschaft ca. 1500
Untertanen. Er ließ das Schloß hinsichtlich des Südtraktes
erweitern und 1669-1671 den sogenannten Rittersaal erbauen. Ein
Rittersaal war das nie, denn in diesem Saalbau ließ er eine
Seidenfabrik einrichten, das erste planmäßig errichtete
Fabrikgebäude des Landes. Er betrieb die Fabrik aber nur bis
1677 und verpachtete sie dann. Auf ihn geht auch eine 1663
erfolgte Erweiterung der Schloßkapelle zurück, der er hofseitig
noch diese Loretokapelle anbaute, an der sich sein Wappen
befindet.
Weil sein Wappen hier auftaucht, hier ein näherer Blick auf seine Biographie: Er stieg in kaiserlichen Diensten steil auf und fiel irgendwann sehr tief. Erst war er Kammerherr von Kaiser Ferdinand III., dann Hofkammerrat, Geheimrat und Obersthofmeister bei der Frau des Kaisers. 1646 wurde er Vizepräsident der Hofkammer, 1654 Reichserbschatzmeister, 1656 Geheimer Rat und schließlich 1657 Präsident der Hofkammer, er war also Leiter der höchsten Finanzbehörde des Kaisers. Der Job war lukrativ, es fiel genug ab, um sich mehrere größere Liegenschaften zu kaufen, denn er begann mit fast nichts und war bald einer der reichsten Männer des Landes: 1653 kaufte er die freie Reichsherrschaft Tannhausen. Im gleichen Jahr konvertierte er übrigens zum Katholizismus, was seinem Aufstieg sehr förderlich war. 1654 kaufte er die Grafschaft Neuburg am Inn, dann kaufte er nach 1655 Walpersdorf, 1662 kaufte er die Herrschaft Gföhl zu Jaidhof, 1669 kaufte er die böhmische Herrschaft Postelberg (Postoloprty). Außerdem gehörten ihm die Herrschaften Fridau, Einöd, Hasenbach, Maienburg, Rennersdorf, Sitzendorf und Traismauer. Doch bei Hofe fragte man sich zunehmend, woher der ganze Reichtum kam, man warf ihm Korruption, Amtsführung in der Hofkammer in die eigene Tasche, Unterschlagung und sogar Falschmünzerei vor. 1679 mußte er vor einem Sondergericht erscheinen, um den Weg der Gelder zu ihm zu erklären. Denn seine Methode war, daß er überall Stellen mit Leuten besetzte, die von ihm abhängig waren, um sein Vorgehen zu vertuschen. Erster Weg: Er verbuchte Einnahmen nur zum Teil, und Revisionen wurden durch Bestechungen verhindert. Zweiter Weg: Er verkaufte Posten und Ämter. Dritter Weg: Er kaufte alte, hoffnungslose Schuldscheine zu einem Bruchteil des Wertes auf und ließ sich selbst alles in voller Höhe auszahlen. Vierter Weg: Auszahlungen wurden nicht an die korrekten Empfänger geleitet. Ergebnis: Das Finanzsystem stand vor dem Kollaps, die Kreditwürdigkeit des Staates war am Boden. Sinzendorf wurde 1680 wegen zahlreicher Vermögensdelikte verurteilt, mußte die Grafschaft Neuburg hergeben und 1,97 Mio. fl. zurückzahlen, verlor alle Ämter und mußte weg aus Wien. Aus purer Gnade wurde die Strafsumme auf 3/4 der ursprünglichen Forderung reduziert. Zur Begleichung der Schuld wurden mehrere Besitzungen verkauft. Ursprünglich war die Verbannung vorgesehen, doch letztendlich durfte er auf seinen Gütern bleiben, bis er wenig später starb.
Geschichte
von Schloß Walpersdorf: Grafen von Wallsee und Fürsten von
Montecuccoli
Seine verwitwete zweite Ehefrau Dorothea Elisabeth geborene
Herzogin von Holstein-Sonderburg-Wiesenburg (1645-8.1.1725), die
durch ihren verschwenderischen Lebensstil und ihre Ansprüche
nicht unwesentlichen mittelbaren Anteil an den Straftaten ihres
Mannes hatte, und die mit ihrem kurz nach dem Tod des
Delinquenten geehelichten Grafen Johann Boussy-Rabutin das
Familienvermögen verpraßte, verkaufte Walpersdorf 1689 an
Ludwig Graf Colloredo-Wallsee (1631-28.12.1693), Marchese di
Santa Sophia, vermählt mit Marie Susanne Eleonora Gräfin von
Zinzendorf und Pottendorf (7.4.1644-7.8.1704). Dieser schenkte
den Besitz an seine Tochter, Maria Antonia Josefa Gräfin von
Colloredo-Wallsee (-2.1.1738), vermählt seit dem 2.1.1690
mit Leopoldo Filippo Guglielmo principe de Montecuccoli (1.5.1662-9.1.1698),
duca di Amalfi, conte di Polignano, seit dem 25.5.1689
Reichsfürst, seit 1697 Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, den
Sohn des Condottiere Raimondo conte de Montecuccoli, seit 1668
Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, seit 1678 spanischer
Fürst, und Maria Margaretha von Dietrichstein-Nikolsburg. Das
Paar hatte keine Kinder, deshalb kam Walpersdorf nach Maria
Antonia Josephas Tod 1738 an Camillo Graf von Colloredo-Wallsee
(-1797), und die fürstliche Linie der Montecuccoli war mit ihrem
Mann 1698 erloschen. Ihr Wappen hat das Paar aber auch an Schloß
Walpersdorf in Form einer Wandmalerei hinterlassen, am nach
Südosten gerichteten Giebel des rechten Eckgebäudes
(Schloßkapelle).
Das Wappen der de Montecuccoli ist geviert, Feld 1, 2, 3 und 4: in Gold ein schwarzer Doppeladler mit der Kaiserkrone (hier nicht zu erkennen) darüber. Die Helmzier wäre zu schwarz-goldenen Decken der Doppeladler. Hier schwebt anstelle eines klassischen Oberwappens der schwarze, golden bewehrte Doppeladler über dem Ehewappen und trägt einen roten, hermelingestulpten Fürstenhut; in seinen Fängen hält er jeweils einen Türkenkopf. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: FstA Seite: 175 Tafel: 203. Es gibt eine Variante, bei der in den Feldern 2 und 3 der Adler auf einem Drei- oder Sechsberg steht oder schwebt, diese ist in der anderen Malerei gewählt bzw. erkennbar (s. u.). Der andere Schild des Ehewappens ist derjenige der von Colloredo, in Schwarz ein silberner, mit einem schwarzen Doppeladler belegter Balken, wobei der Adler hier kaum noch zu erkennen ist. Das Reichsfürstendiplom der Montecuccoli ist ohne Wappenabbildung, es erlaubt aber die Hinzufügung von zwei Türkenköpfen, wobei die genaue Form der Integration offen blieb; hier wurde die Besserung nicht im Schild hinzugefügt, sondern dem darüber schwebenden Adler beigegeben. Andere Versionen legen dem gevierten Schild einen Herzschild mit einem fünften Adler auf, und dieser bekommt die beiden Türkenköpfe in die Fänge. Wieder eine andere Version macht beides, Herzschild und Adler darüber, beide mit zwei Türkenköpfen.
Diese italienische Familie Montecuccoli hat ihre Wurzeln im Apennin, wo sie bereits im 12. Jh. Besitz in Frignano besaß. Im heute zur Gemeinde Pavullo gehörenden Ort befindet sich die Stammburg Castello Montecuccolo. Als Stammvater gilt Bernardino von Montecuccoli, der 1060-1080 in Urkunden im Stadtarchiv Modena belegt ist. Mit dem Freistaat Modena wurde seitens der Familie ein Schutz- und Trutz-Bündnis geschlossen. Kaiser Otto IV. bestätigte 1212 der Familie ihre Besitzungen. Unter den Nachkommen des Buonaccorso Montecuccoli wurden die Besitzungen zwischen der älteren Linie von Matteo (ca. 1260-1310) und der jüngeren Linie von (Buon-)Corsino (ca. 1260-1312) aufgeteilt. In den Kämpfen zwischen Ghibellinen und Guelfen standen die Montecuccoli immer auf der kaiserlichen Seite. 1425 wurde Gasparo Montecuccoli (-1445) vom Markgraf Nikolaus III. von Modena aus dem Hause Este von Ferrara in den Grafenstand erhoben. Am 24.2.1530 erhob Kaiser Karl V. anläßlich seiner Krönung in Bologna die Familie auch in den Reichsgrafenstand. Die Familie war zu jener Zeit recht mächtig in der Region von Modena, und ihr gehörten die Burgen Vigorola, Sestola, Renne, Montecennere, Montefiorini, Polinago und Raneidoro. Der hier relevante Ehemann entstammt einer Linie, die auf Girolamo (Hieronymus) Graf von Montecuccoli (1583-1643) zurückgeht, der Geheimrat und Kämmerer der Kaiser Ferdinand II. und Ferdinand III. wurde und über seine Frau Barbara Gräfin Concin in Niederösterreich die Herrschaften Osterburg und Hohenegg erheiratete. Girolamo (Hieronymus) wurde am 27.3.1623 in den niederösterreichischen Herrenstand aufgenommen. Barbara machte ihre Herrschaften zu einem Majorat und vererbte dieses 1639 an ihren Neffen, den oben genannten Raimondo conte de Montecuccoli, damals schon kaiserlicher Obrist, den Schwiegervater von Maria Antonia Josefa Gräfin von Colloredo-Wallsee. Dieser Condottiere bekam am 23.5.1669 von Kaiser Leopold zu Wien ein Wappenbesserungsdiplom, in dem ihm gestattet wurde, daß der Adler im Wappen mit seinen zwei Klauen zwei Türkenköpfe ergreift. Das war der Dank für einen glänzenden Sieg, den er als Generalleutnant am 1.8.1664 über die Türken beim Kloster St. Gotthard an der Raab in Ungarn errungen hatte.
Ein zweites Mal ist dieses Wappen am Haupttrakt des Schlosses in der Mittelachse zwischen den Fenstern des ersten und des zweiten Obergeschosses angebracht, ebenfalls als Fassadenmalerei. Die Malerei ist noch stärker angegriffen als die vorherige, aber hier ist der Adler im Colloredo-Wappen besser zu sehen. Beim Montecuccoli-Wappen sind diesmal die grünen Dreiberge in den Feldern 2 und 3 realisiert. Auch sind bei dem über den beiden Schilden schwebenden Adler die beiden Türkenköpfe in den Fängen erkennbar. Hier ist wie beim Zinzendorf-Wappen der Zeiger einer Sonnenuhr in der Mitte des großen Doppeladlers unter dem Fürstenhut montiert; das Schriftband unterhalb trug einmal die Zahlzeichen der Stunden; lesbar ist allein rechts die Jahreszahl 1691. Leopoldo Filippo Guglielmo principe de Montecuccoli ist in einer der beiden Gruftkammern in der Schloßkapelle begraben. Camillo Graf von Colloredo-Wallsee ruht in der anderen.
Beim Montecuccoli-Wappen fällt auf, daß es in der ersten hier gezeigten Version von einem roten Santiagokreuz (Dolchkreuz) unterlegt ist, also mit Lilienenden rechts und links und einer Spitze unten. Es unterscheidet sich nur durch die Spitze unten und den herzförmigen Griff (hier nicht signifikant) oben vom roten Lilienkreuz, wie es der Calatrava-Orden führt, und in der Tat ist Leopoldo Filippo conte de Montecuccoli 1678 zum Ritter des Ordens von Calatrava ernannt worden. Dieses ist in der zweiten Version dem Schild unterlegt, dieses Kreuz ist allseits lilienendig. Bei der gegebenen Qualität der Malereien darf jedoch die Treffsicherheit bei den sehr ähnlichen Kreuzen in Frage gestellt werden.
Leopoldo Filippo Guglielmo principe de Montecuccoli, dessen Taufpaten Kaiser Leopold I. und König Philipp IV. von Spanien waren, erbte von seinem Vater an Besitzungen Montecerne in Italien und in Niederösterreich die Herrschaften Mitterau, Hohenegg, Osterburg, Gleiß bei Kematen an der Ybbs und Pottendorf. Seine Frau Maria Antonia Josefa Gräfin von Colloredo-Wallsee brachte ihm neben Walpersdorf an weiteren Besitzungen Hausenbach, Einöd, Dobra, Enzesfeld, Flogana, Staatz, Siedenhofen, Velben und Kueffarn ein. Bei der Erhebung in den Fürstenstand war der Plan, daß der Fürstenstand in der Primogenitur weitergegeben werden sollte und die anderen Familienmitglieder im Grafenstand verbleiben sollten. Aber dazu kam es mangels Nachkommen nicht. Das Erbe wurde wie folgt aufgeteilt: Das Majorat mit Osterburg, Hohenegg und Haindorf ging an Felice (Felix) conte di Montecuccoli-Laderchi aus der älteren in Modena ansässigen gräflichen Familienlinie, Sohn von Marchese Francesco de Montecuccoli-Laderchi und Contessa Sigismonda Laderchi, gen. Imola. Alle anderen Besitzungen gingen an die Grafen Colloredo als Universalerben. Die Familie Montecuccoli besteht heute in den beiden in Österreich und Italien lebenden Linien Montecuccoli-Laderchi und Montecuccoli degli Erri fort.
Geschichte
von Schloß Walpersdorf: Grafen von Falkenhayn, ein Orden und
Firma Lederleitner
Die nächste Besitzerfamilie auf Schloß Walpersdorf waren die
ursprünglich merseburgischen Grafen von Falkenhayn, von 1859 bis
1956. Marie Gräfin Falkenhayn vermachte den Besitz der
katholischen Missionskongregation der Schwestern vom hl. Petrus
Claver. Sie war selbst Generaloberin des Ordens gewesen. 1945 ff.
wurde Walpersdorf wie so viele andere niederösterreichischen
Schlösser von den russischen Soldaten völlig verwüstet. Die
Wiederherstellung nach dem Abzug der Russen war mühsam. Die
Schwestern, die das Schloß zuletzt als Exerzitienhaus und
Urlaubsheim verwendeten, dünnten personell immer mehr aus, und
somit wurde Walpersdorf 2014 erneut verkauft. Heutiger Besitzer
ist die Firma Lederleitner, die in dem Schloß seit 2019 ein
Restaurant, eine Brauerei und ein Intérieur-Geschäft
(Lederleitner HOME, Möbel, Deko, Tischkultur, Lifestyle,
Gartenausstattung etc.) betreibt. Weiterhin wird das Anwesen für
kulturelle Veranstaltungen wie Kulturfeste oder Schloßkonzerte
im Festsaal oder in der Schloßkapelle genutzt. Und die Räume
können für geschäftliche oder private Feiern angemietet
werden. Ein Besichtigungs- und Museumsbetrieb ist nicht Teil der
neuen Nutzung; es ist also nur Außenbesichtigung möglich.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: Schloß:
https://www.google.de/maps/@48.3133423,15.6769076,18z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@48.3133423,15.6769076,205m/data=!3m1!1e3?entry=ttu - Fasanerie: https://www.google.de/maps/@48.3098441,15.6883717,282m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Schloß Walpersdorf auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Walpersdorf
Schloßrestaurant: https://www.blauenstein.at/
Lederleitner: https://www.lederleitner.at/standorte/schloss-walpersdorf.html
Schloßkonzerte: https://www.schlosskonzerte-walpersdorf.at/
Schloß Walpersdorf auf Burgen-Austria: http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=158
Georg Ludwig von Sinzendorf in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Ludwig_von_Sinzendorf
Leopold Philipp Wilhelm de
Montecuccoli in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Leopold_Philipp_Montecuccoli
Liste der Ritter des Ordens vom
Goldenen Vlies in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Ritter_des_Ordens_vom_Goldenen_Vlies
Genealogie Colloredo/Montecuccoli: https://www.geni.com/people/Maria-Josepha-Antonia-Gräfin-von-Colloredo/6000000015436884379 und abhängige Seiten
Genealogie Colloredo/Montecuccoli: https://gw.geneanet.org/frebault?lang=de&n=montecuccoli&oc=0&p=raimondo und abhängige Seiten
Biographie Raimondo di Montecuccoli: https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=76219
Familiengeschichte der
Montecuccoli, Familienseite: https://www.montecuccoli.at/familie-montecuccoli/
Constantin von Wurzbach: Georg
Ludwig Graf von Sinzendorf, in: Biographisches Lexikon des
Kaiserthums Oesterreich, 35. Theil, Kaiserlich-königliche Hof-
und Staatsdruckerei, Wien 1877, S. 17-19 https://de.wikisource.org/wiki/BLKÖ:Sinzendorf,_Georg_Ludwig - http://www.literature.at/viewer.alo?objid=11783&page=23&scale=3.33&viewmode=fullscreen
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