Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3079
Gmünd
(Bezirk Gmünd, Niederösterreich)
Das Schloß Gmünd
Heutiges
Erscheinungsbild
Schloß Gmünd liegt in einem weitläufigen Park im Westen der
Stadtgemeinde Gmünd und grenzt mit diesem direkt an die
tschechische Grenze und den Grenzbach Lainsitz. In der die
Litschauer Straße und den Stadtplatz verbindenden Schloßgasse
liegt im Eck das Portal zum Gelände; weiter nördlich gibt es
noch eine Autozufahrt. Das Schloß ist eine trapezförmige
Vierflügelanlage mit Innenhof und zwei Türmen, einem die
angrenzenden Flügel um zwei Stockwerke überragenden Bergfried
an der Südwestecke und einem Torturm im Norden, dem Ostflügel
vorgebaut. Ein Treppenturm ist im Hof in der Südostecke
angebaut; in der gleichen Ecke öffnet sich ein weiterer Vorbau,
der in allen drei Ebenen als offene Loggia gestaltet ist. Von der
einstigen Innenausstattung hat sich nichts erhalten. Separat ist
im Nordosten des Schlosses die Habsburg-Lothringische
Gutsverwaltung zu finden, ein ehemaliger kleiner Wirtschaftshof
des 18. Jh., weiterhin liegt weit abgesetzt jenseits des Parks
das frühhistoristische Palmenhaus im Südosten des Geländes,
einst Gewächshaus, heute städtischer Veranstaltungssaal. Im
Süden des Schlosses liegt ein großer See inmitten des
Landschaftsparks englischen Stils, letzter Rest der 1895
trockengelegten Sümpfe, die hier früher ein natürliches
Hindernis bildeten.
Von der
Burg der Kuenringer zum Landsitz Erzherzog Sigismunds
Das Schloß geht auf eine im 12. Jh. von Hadmar II. von Kuenring
gegründete erste Burg zurück, die 1217 erstmalig erwähnt wird.
Sie schützte den Brückenübergang über die Lainsitz, und die
dortige Mautstelle war einträglich und ermöglichte den Ausbau
der Stadt auf einer Terrasse am Zusammenfluß der beiden Bäche
Lainsitz und Braunau und die planmäßige Befestigung der
Gründung. Dann folgte wohl eine zweite Burg im 13. Jh., die in
einer zweiten Phase der Stadtbefestigung entstand, und die die
Grundlage des heutigen Schlosses bildet. Diese Stadtburg,
vermutlich vom Kastelltyp mit vermutlich vier Ecktürmen auf
einem Grundriß von etwa 44 m x 46 m, bildete die Südwestecke
der Stadt und war in die Befestigung eingebunden. Auf Heinrich
III. von Kuenring folgte Wok von Rosenberg aus Böhmen als
Besitzer, der zweite Ehemann von Heinrichs Witwe Hedwig.
1262-1418 gehörte die Burg den Herren von Liechtenstein, danach
1418-1484 den Herren von Puchheim. 1483 gelangte die Burg an die
ungarischen Truppen von Matthias Corvinus, gefallen durch Verrat.
Kaiser Maximilian I. entzog nach dem Abzug der Ungarn den Herren
von Puchheim den Besitz 1484 als Strafe, und seitdem war die Burg
im Besitz des Landesherren. Fortan wurde sie verpfändet, 1518 an
Wilhelm von Greiß. Die Herren von Greiß konnten die Herrschaft
1585 käuflich als freies Eigentum erwerben. 1601 ging die
Herrschaft durch Verkauf wieder zeitweise an die Herren von
Puchheim; der Erwerber war Karl Freiherr von Puchheim. Sehr viele
Besitzerwechsel folgten, u. a. waren die Familien von Zinzendorf,
Khuen von Belasi, von Geymann, von Volkra, von Geyersberg, von
Gemminger, von Koller, von Geusau und ein paar bürgerliche
Familien Besitzer der Burg. 1859 kam der Besitz an das
Herrscherhaus, das Haus Habsburg-Lothringen. Der Erwerber war Erzherzog
Sigismund von Habsburg-Lothringen (1826-1891). Er ließ auch
den Landschaftspark anlegen.
Bauliche
Entwicklung
Die bauliche Entwicklung läßt sich heute noch ganz gut
nachvollziehen: Die 1,30 m bis 1,70 m starken Außenmauern sind
größtenteils noch dem 13. Jh. zuzurechnen, desgleichen der
Bergfried in der Südwestecke, zugleich Eckturm der
Stadtbefestigung, und der komplette Südflügel, der den
ehemaligen Palas bildete und zum Innenhof hin einen Portalvorbau
aus der gleichen Zeit besitzt. Im Norden gab es damals noch
keinen Flügel mit Wohnräumen, sondern nur eine Abschlußmauer,
die mit der Innenwand des jetzigen Nordflügels identisch ist. Im
ehemaligen Bergfried wurde Ende des 14. Jh. eine Kapelle
eingebaut. Im 14. und 15. Jh. kamen der über die Linie des alten
Berings hinweg nach außen vorgebaute Torturm und die zentralen
randständigen Gebäude des Westflügels mit Pfeilerhalle hinzu.
Hinter dem spätgotischen Torturm ist die romanische Toranlage
erhalten. An der Ostseite des Berings entstand ein schmaler
Trakt, der sich zum Hof hin mit Arkaden öffnete. Mehrfach erlitt
die Burg Schäden, durch die Böhmen, durch die Hussiten, durch
einen Stadtbrand 1473. Im 16. bis 18. Jh. wurden die Bauten an
der Westseite zu einem durchgehenden randständigen Wohnflügel
umgebaut und der Ostflügel an die Ringmauer innen ausgebaut,
alle Flügel wurden vereinheitlicht, einige der
Renaissance-Arkaden im Hof wurden später wieder vermauert (und
noch später wieder freigelegt), außerdem wurde der Treppenturm
an den mittelalterlichen Südflügel innen angebaut. Der
Südostturm wurde um zwei Geschosse reduziert und so in die
Wohntrakte integriert, daß man ihn von außen nicht mehr
nachvollziehen kann. Weiterhin wurde im 17. und 18. Jh. der
komplette Nordflügel vor die mittelalterliche Ringmauer außen
vorgebaut und an der Nordostecke bis an den Torturm
herangeführt. Der Nordflügel, der außer der Südwand nur im
Westen ein Stück mittelalterlicher Mauer verwendet, ist damit
der jüngste aller Trakte. Das Schloß, das sein heutiges
Aussehen durch vielfache Umbauten erhalten hat, zuletzt durch
Sigismund von Österreich, verkam nach 1945 durch
Vernachlässigung und wurde 1985 verkauft. Es gehört heute einer
Wohnbaugenossenschaft, die es renovierte und teilweise zu
Eigentumswohnungen machte. Das Schloß ist somit Privatgelände;
es ist nur Außenbesichtigung möglich. Im Schloß können auch
Appartements und Ferienwohnungen gemietet werden. Der Schloßpark
jedoch ist Eigentum der Stadtgemeinde Gmünd und öffentlich
zugänglich.
Das Wappen
über dem Tor zum Park
Das äußere Tor zum Schloßpark besteht aus einer großen
Wagendurchfahrt in der Mitte und zwei Seitenpforten für
Fußgänger, die aber nicht genau symmetrisch sind: Das linke Tor
wird mit einem Rundbogen, das rechte aber gerade abgeschlossen.
Über der großen Durchfahrt in der Mitte ist ein großer
Wappenstein angebracht, der mittlerweile renoviert worden ist,
nachdem bereits der rechte obere Teil des Wappenmantels verloren
gegangen war und weitere Stücke am unteren Rand herabzufallen
drohten. Die hier gezeigten Aufnahmen bilden den Zustand von 2015
ab; bis 2021 ist das Fehlstück ergänzt worden, weiterhin ist
das Wappen fixiert und bunt angemalt worden, wobei die neuen
Farben aber leider völlig falsch sind. Besonders unverständlich
ist die Fehlrestaurierung angesichts der vorhandenen korrekten
Schraffuren der Feldfarben. Nach dieser eklatanten Fehlleistung
der ausführenden Restaurierungsfirma ist der böhmische Löwe
nun golden in silbernem Feld, Alt-Ungarn ist neuerdings
blau-golden gestreift, und die Visconti-Schlange golden auf rotem
Hintergrund. Und der Markuslöwe ist golden auf goldenem Feld.
Noch nicht einmal die Farben des Habsburger Löwen hat man
richtig hinbekommen, der ist jetzt golden auf silbernem Feld
geworden. Und die drei Kronen liegen jetzt in rotem Feld, obwohl
eindeutig horizontale Schraffur erkennbar ist. Und noch
verwunderlicher ist, daß diese unglaubliche Fehlleistung den
Verantwortlichen und städtischen Auftraggebern offensichtlich
auch nicht aufgefallen ist. Im folgenden wird die richtige
Tingierung angegeben. Vielleicht hat die Stadtgemeinde ja mal
Geld übrig, um eine Korrektur zu veranlassen.
Das Wappen von Erzherzog Sigismund Leopold Rainer Maria Ambrosius Valentin von Österreich (7.1.1826-15.12.1891), kaiserlich-österreichischer Feldmarschalleutnant, Sohn von Erzherzog Rainer Joseph Johann Michael Franz Hieronymus von Österreich (30.9.1783-16.1.1853), Vizekönig der Lombardei, und Maria Elisabeth von Savoyen-Carignan (13.4.1800-25.12.1856), ist in korrekter Tingierung geviert und mit einem Herzschild versehen, Feld 1: gespalten, rechts eigentlich siebenmal rot-silbern geteilt (Königreich Ungarn, Alt-Ungarn, hier eine Teilung zu viel), links in Rot auf grünem Dreiberg aus einer goldenen Krone emporwachsend ein silbernes Patriarchenkreuz (Neu-Ungarn, hier teilverdeckt), Feld 2: in Rot ein golden gekrönter silberner Löwe mit doppeltem Schwanz (Königreich Böhmen), Feld 3: gespalten, rechts in Silber eine gewundene, golden gekrönte blaue Schlange, einen naturfarbenen Menschen ausspeiend (Visconti, Lombardei, Herzogtum Mailand), links in Blau auf grünem (oder wie hier rot schraffiertem) Boden der goldene Markuslöwe, in den Pranken ein offenes Buch haltend mit dem Text "PAX TIBI, MARCE, EVANGELISTA MEUS" (Republik Venedig, Venetien, Venedig), zusammen das Königreich Lombardo-Venetien, Feld 4: gespalten, rechts in Blau ein roter Balken, darüber eine schwarze Dohle, darunter drei goldene Kronen (Galizien, hier vereinfacht), links in Blau zwei in zwei Reihen rot-silbern zu sechs Feldern geschachte Balken (Lodomerien, hier vereinfacht), zusammen das Königreich Galizien und Lodomerien, kaiserlich gekrönter Herzschild zweimal gespalten, rechts in Gold ein roter Löwe (Habsburg), in der Mitte in Rot ein silberner Balken (Erzherzogtum Österreich), links in Gold ein roter Schrägbalken, belegt mit drei silbernen Alérions (Herzogtum Lothringen). Um den Schild ist die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies gelegt. Alles wird umgeben von einem aus einer Krone herabfallenden und beiderseits hochgerafften, mit Hermelin gefütterten Wappenmantel.
Ein weiteres Wappen des Hauses Habsburg-Lothringen mit gleichen Inhalten ist im flachen Dreiecksgiebel des Palmenhauses angebracht (ohne Abb.). Der Kaiserenkel Sigismund von Österreich heiratete nie. Sein großes Hobby war die Botanik, und dieser Leidenschaft konnte er sich in Gmünd widmen. Nach seinem Tod fiel das Schloß an Verwandte und blieb Habsburger-Privatbesitz bis 1985.
Kommunalflagge
und Kommunalwappen
In der Nähe des Schlosses wurde die kommunale Flagge der
Stadtgemeinde Gmünd gesehen, schwarz-golden-blau gestreift
und mit dem Kommunalwappen belegt, innerhalb eines blauen, mit
zahlreichen goldenen Sternen belegten Bordes in Schwarz zwei
goldene und mit drei (1:2) nach der Figur gelegten, fliegenden,
schwarzen Lerchen belegte Schrägrechtsbalken. Das Wappen wurde
1852 verliehen. Die hier den Schild umgebende, goldene, aus
Arabesken-Verzierungen gebildete Einfassung ist keine gute
heraldische Praxis.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.7724324,14.9820782,18z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@48.7725718,14.9824121,124m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Schloß Gmünd auf NÖ-Burgen online, Institut für Realienkunde
des Mittelalters und der frühen Neuzeit: http://noeburgen.imareal.sbg.ac.at/result/burgid/1912
Schloß Gmünd in der EBIDAT-Burgendatenbank: https://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1918
Schloß Gmünd auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Gmünd
Schloß Gmünd auf Wehrbauten AT: http://www.wehrbauten.at/noe/niederoesterreich.html?/noe/gmuend_b/gmuend.html
Schloß Gmünd auf Burgen-Austria: http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=568
Sigismund von Österreich: https://de.wikipedia.org/wiki/Sigismund_von_Österreich_(1826%E2%80%931891)
Zustand des Wappens nach der Renovierung 2021: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6a/Schloss_Gm%C3%BCnd_-_Wappen_2021-06.jpg
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2023
Impressum