Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3078
Eckartsau
(Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich)
Das Schloß Eckartsau
Heutiges
Erscheinungsbild
Das zu den
Marchfeldschlössern gezählte Schloß Eckartsau liegt idyllisch
inmitten eines weitläufigen Parks am Nordrand der Donauauen, ca.
550 m südwestlich des Dorfzentrums von Eckartsau und ca. 2,5 km
vom Donauufer entfernt. Die Haupt- und Symmetrieachse durchzieht
die zweigeschossige Vierflügelanlage von Westen nach Osten (nur
der Nordflügel besitzt ein drittes Geschoß. Der Westflügel ist
der Hauptbau, er ist wesentlich breiter (ca. 57 m) und tiefer
(ca. 23 m) als die anderen Flügel und durch einen Mittelpavillon
hervorgehoben. Der Ostflügel ist nachgeordnet, aber immer noch
mehr als doppelt so breit wie die verbindenden Nord- und
Südflügel, die den Schluß der architektonischen Rangordnung
bilden. Der dadurch gebildete Innenhof ist annähernd
quadratisch. Auf der Nordseite gibt es eine kleine
Unregelmäßigkeit im Grundriß mit einem vorspringenden
Gebäudeteil für die Schloßkapelle. Das Schloß ist barock
(Westflügel) bzw. neobarock (die anderen drei Flügel).
neobarocker Ostflügel, von Osten gesehen
Eine kurze Buschallee betont auf beiden Seiten die Hauptachse. Rings um das Schloß laden zahlreiche Wege zum Wandern im Park ein. Die Innenräume (Festsaal und Themenräume wie Goldkabinett mit Groteskendekorationen aus dem Jagd- und Landleben im Herrenflügel und Indianisches Kabinett mit weißen Seidenbespannungen mit eingestickten Kirschblütenzweige und flatternden Vögeln im Damenflügel) sind mit reichem Interieur des 18. und 19. Jh. und mit Objekten aus der ehemaligen Sammlung von Franz-Ferdinand von Österreich-Este ausgestattet. Einige Prunköfen aus der Zeit um 1730 sind innen noch erhalten. Das Innere kann im Rahmen einer Führung besichtigt werden, die im Sommer dreimal täglich angeboten werden.
neobarocker Ostflügel, von Nordosten gesehen
Von der
mittelalterlichen Burg zum Renaissance-Schloß
Seine Wurzeln hat das Schloß
in einer Wasserburg der Herren von Eckartsau aus der Zeit der
Babenberger im späten 12. Jh. Die Familie erlosch 1507 im
Mannesstamm mit Wilhelm von Eckartsau, dann kam die Burg an seine
Tochter, Apollonia vermählte von Volkensdorf, dann nach
ihrem Tod an wechselnde Besitzer, 1571 durch Verkauf an Georg
Freiherrn von Teuffel, schließlich an Otto Freiherr von Teuffel,
1639 durch Verkauf an Matthias Graf Khuen von Belasy, 1650 an
Elisabeth von Loos, 1659 an die Grafen von Herberstein. In der
Zwischenzeit wurde die Burg im Stil der Renaissance umgebaut. Ein
Kupferstich von Georg Matthäus Vischer aus der 1672 erschienenen
Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae
überliefert das damalige Aussehen: Der Hauptflügel des auf
einer felsigen Insel stehenden Schlosses war dreistöckig und
besaß einen vorspringenden viereckigen Turm in der Mitte, auf
den die den Wassergraben überspannende Brücke zulief. Der im
Stich sichtbare Seitenflügel hat die gleiche Höhe wie der
Hauptflügel. Die Umgebung muß zu dem Zeitpunkt noch ein von
Wasserläufen durchzogenes Sumpfgebiet gewesen sein. So etwa
blieb das Schloß bis 1720.
neobarocker Ostflügel, von Ostsüdosten gesehen
Umwandlung
in ein Barockschloß
Im Oberlicht der mittig
positionierten Tordurchfahrt des Westflügels (Parkseite) ist ein
Ehewappen angebracht, das anläßlich der Umwandlung des
Renaissance-Wasserschlosses in ein Barockschloß angebracht
wurde: Die rechte Kartusche verweist auf die Grafen Kinsky
von Wchinitz und Tettau (ursprünglich Wchinsky,
Wchynsky. Das aus Böhmen
stammende Hochadelsgeschlecht ist urkundlich seit 1237
nachweisbar, erlangte den Grafenstand
jeweils 1628, 1676 und 1687, und es stieg 1747 in den
Reichsfürstenstand auf. Das Wappen wird beschrieben in
Siebmacher, Band FstA, Seite: 127, Tafel: 155, Mä, Seite: 158,
Tafel: 113, OstN, Seite: 219, Tafel: 152, PrGfN, Seite: 24,
Tafel: 19, Sa, Seite: 50, Tafel: 57, ÖSchl, Seite: 95, Tafel:
49): In Rot drei vom linken Schildesrand ausgehende, abwärts
gebogene silberne Wolfszähne. Die hier nicht dargestellte
Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein rechts silberner und
links roter Adlerflug (oder ein rot-silbern übereck geteilter
Flug je nach Quelle). Die linke Kartusche enthält das Wappenbild
der Palffy von Erdöd (Palffy ab Erdöd). Diese Familie,
eine der herausragendsten und begütertsten in
Österreich-Ungarn, die viele hohe Offiziere und Staatsdiener im
Habsburgerreich stellte, und an die etliche historische Palais in
den Städten Wien, Bratislava und Prag erinnern, führt in Blau
aus einem grünen Dreiberg wachsend ein goldenes Wagenrad, aus
dem ein goldener Hirsch wächst. Die hier nicht dargestellte
Helmzier wäre zu blau-goldenen Decken der goldene Hirsch
wachsend. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: FstB
Seite: 32 Tafel: 60-61, Band: Mä Seite: 95 Tafel: 74, Band:
SchlA2 Seite: 88 Tafel: 56, Band: Bö Seite: 155 Tafel: 71, Band:
Kro Seite: 138-139 Tafel: 100, Band: Un Seite: 474 Tafel:
347-348, Band: NÖ1 Seite: 327 Tafel: 175 sowie im Band: Sibü
Seite: 281 Tafel: 209. Die Familie erhielt das ungarische Baronat
am 25.4.1581; begünstigt waren die Brüder Thomas, Nikolaus,
Johann und Stephan Palffy. Im Jahr 1592 bekam die Familie das
böhmische Indigenat. Nikolaus (Miklós II.) Baron Palffy erhielt
für sich und alle seine Nachkommen am 14.7.1599 zu Prag den
Reichsgrafenstand, dazu die Preßburger Festung, die
Oberkapitänswürde und die Obergespanswürde. 1634 wurden die
Familienmitglieder ungarische Grafen mit dem Prädikat "von
Erdöd", was auf eine Ehe zwischen Paul Palffy mit der Klara
Bakocz von Erdöd zurückgeht.
barocker Westflügel, wappengeschmücktes Portal
In dieser Wappenkombination gibt es genau drei mögliche eheliche Verbindungen:
Hier trifft die dritte Verbindung zu, denn Franz Ferdinand Graf Kinsky von Wchinitz und Tettau (1.1.1678-12.9.1741) kaufte 1720 die Burg Eckartsau. Er war der Sohn von Wenzel (Václav) Norbert Octavian Graf Kinsky von Wchinitz und Tettau (1.4.1642-3.1.1719), böhmischer Oberkanzler, 1687 Reichsgraf, und dessen erster Frau, Anna Franziska Barbara Gräfin von Martinic (1652-1694).
barocker Westflügel, wappengeschmücktes Portal
Der neue Besitzer ließ aus der Burg ab 1720 ein Barockschloß machen und engagierte für die Bauleitung den kaiserlichen Maurermeister Christian Alexander Oedtl (ca. 1661-6.1.1737). Die Pläne fertigte Joseph Emanuel Fischer von Erlach (1693-29.6.1742) an, damals ein bevorzugter Architekten des hohen Adels und derjenigen, die sich seine Bauten leisten konnten. Der Umbau bedeutete die totale Abkehr vom "festen Schloß" und die Schaffung eines reinen Wohn- und Repräsentationsbaus. Ein winziges Detail zeigt aber, daß man nicht die komplette mittelalterliche Bausubstanz abgerissen hat, sondern weiterverwendet hat: Am barocken Westportal sind noch die Löcher für die Ketten der Zugbrücken im Mauerwerk vorhanden. Die Vierflügelanlage wurde im wesentlichen beibehalten, aber der Westflügel wurde völlig neu konzipiert und greift das aus Frankreich kommende Prinzip des Corps de logis auf: Der Mittelpavillon tritt als hoher Baukörper als Zentrum hervor, im Erdgeschoß desselben liegt ein Vestibül auf der Außenseite, und von dort führt das auf der Hofseite liegende und symmetrisch angelegte Treppenhaus hinauf in den Festsaal im Obergeschoß, alles mit großen Fenstern versehen und lichtdurchflutet. François Roettiers (1685-1742) werden die Deckenfresken zugeschrieben, die eine Falkenjagd zum Thema hat. Die Stuckreliefs stellen die einzelnen Jagdarten wie Feld-, Rot- und Schwarzwildjagd und Fischerei dar. Im Festsaal, der abgeschrägte Ecken besitzt, hat das 1732 von Daniel Gran geschaffene Deckengemälde die Göttin Diana zum Thema. Nördlich und südlich des Festsaals lag jeweils eine Enfilade von vier Zimmern, die eine Seite für den Hausherrn (nördliches Empfangszimmer, Roter Salon, Blaues Schlafzimmer mit angrenzendem Goldkabinett), die andere Seite für die Ehefrau (südliches Empfangszimmer, Grauer Salon, Gelbes Schlafzimmer mit angrenzendem Umkleidezimmer und indianischem Salon = chinesisches Zimmer).
Franz Ferdinand Graf Kinsky diente zwei Kaisern als Diplomat und war kaiserlicher wirklicher geheimer Rat, 1708 und 1711 Gesandter in Frankfurt (jeweils Kaiserwahl), 1721 Gesandter in Rom (Papstwahl) und 1722 Gesandter in Preßburg (Ungarischer Landtag). Außerdem war er Vizekanzler von Böhmen, 1715 Hofkanzler, 1723 böhmischer Oberhofkanzler. Er war Majoratsherr und wurde 1731 in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen.
neobarocker Ostflügel, rechts die Kapelle
Allerdings wurde dieses Wappen erst Jahre nach dem Kauf angebracht, denn Mária Auguszta Palffy von Erdöd war seine zweite Ehefrau. In erster Ehe war Franz Ferdinand Graf Kinsky (Frantiek Ferdinand Kinský) seit 1706 mit Maria Theresia von Fünfkirchen (10.6.1675-17.8.1729) verheiratet gewesen, und aus dieser Ehe entsprossen vier Kinder. Die zweite Ehe wurde mit sechs weiteren Kindern gesegnet. Seine zweite Frau war die Tochter von Lipót Graf Palffy von Erdöd (14.12.1681-27.3.1720) und Maria Antonia Ratnit de Souches (13.1.1683-18.8.1750). Sie war bei der Heirat erst 16 Jahre alt, während ihr Ehemann schon 52 Jahre alt war und locker hätte ihr Vater sein können. Wir sehen einerseits die zweite Ehefrau im Wappen, andererseits noch keinen Orden vom Goldenen Vlies, nach diesen Kriterien wäre der Entstehungszeitraum für das Oberlicht 1730-1731.
1736 zog sich Franz Ferdinand Graf Kinsky aus dem aktiven politischen Leben zurück und genoß sein Barockschloß, wo er die letzten fünfeinhalb Lebensjahre verbrachte. Er starb allerdings in Prag und liegt in der dortigen Salvatorkirche begraben. Das Erbe fiel an den Bruder des Bauherrn, Josef Maximilian Graf Kinsky.
barocker Westflügel mit Corps de logis
Die breit gelagerte Westfassade besitzt einen ausgeprägten Mittelpavillon mit einem Dreiecksgiebel, der eine zentrale Figurengruppe trägt, welche die Jagdgöttin Artemis (Diana) darstellt. Zu ihren Füßen liegt ein verwundeter Hirsch, einerseits ein Hinweis auf die Jagd in den wildreichen Flußauenwäldern, andererseits ein Symbol für den Heros Aktaion aus der griechischen Mythologie, der auf der Jagd die Göttin beim Bad überrascht hatte und daraufhin von ihr in einen Hirsch verwandelt wurde, woraufhin er von seinen eigenen Hunden zerfleischt wurde. Die Jagdgöttin ist jedenfalls ein Symbol für Tugend und Keuschheit und ein Vorbild der adeligen Jungfrauen des Barockzeitalters - und der doch schon recht alte Ehemann ehrte so symbolisch seine jugendliche Ehefrau. Die Skulpturengruppe ist eine Arbeit von Lorenzo Mattielli.
Jagdschloß
für Maria Theresia und Stephan von Lothringen
Dort oben ist auch aus
späterer Zeit ein Habsburger-Wappen angebracht, und damit treten
wir in die nächste Phase der Bau- und Nutzungsgeschichte ein:
1760, 19 Jahre nach dem Tod des Bauherrn, kauften Kaiserin Maria
Theresia und ihr Mann, Franz I. Stephan, die Kinsky'schen
Besitzungen von Josef Maximilian Graf Kinsky. Der Wildbestand der
Donauwälder lockte, und Schloß Eckartsau wurde kaiserliches
Jagdschloß. Noch war das Schloß von Wassergräben umgeben, wie
in der Pfarrkirche von Eckartsau auf dem Hochaltarbild von Vitus
Hrdlicka zu sehen ist. Das Kaiserpaar beauftragte 1770-1774 den
Hofarchitekten Franz Anton Hillebrandt mit baulichen Anpassungen
im Innenbereich, an den Fassaden wurde bis auf die Anbringung des
Wappens nichts verändert.
barocker Westflügel, später angebrachtes Wappen im Giebel
Das Wappen vereinigt die von Maria Theresia (Österreich, Ungarn, Böhmen, Burgund) und Stephan von Lothringen (Lothringen und Toscana) eingebrachten Elemente und ist geviert mit Herzschild, Feld 1: gespalten, rechts siebenmal rot-silbern geteilt (Königreich Ungarn, Alt-Ungarn), links in Rot auf grünem Dreiberg aus einer goldenen Krone emporwachsend ein silbernes Patriarchenkreuz (Neu-Ungarn), Feld 2: in Rot ein golden gekrönter silberner Löwe mit doppeltem Schwanz (Königreich Böhmen), Feld 3: innerhalb eines roten Schildbordes eigentlich nur fünfmal von Gold und Blau schrägrechts geteilt, hier abweichend in höherer Anzahl schräggeteilt (Herzogtum Burgund, Altburgund), Feld 4: in Gold sechs 1:2:2:1 gestellte Kugeln (palle), von denen die obere etwas größer ist und blau tingiert sowie mit drei (2:1) goldenen Lilien (Fleur-de-Lys) belegt ist (Details fehlen hier), und die fünf unteren rot sind (de Medici, Großherzöge von Toscana), Herzschild gespalten, rechts in Rot ein silberner Balken (Erzherzogtum Österreich), links in Gold ein roter Schrägbalken, nach der Figur belegt mit drei silbernen Alérions (Herzogtum Lothringen). Der Mittelschild ist herzoglich gekrönt. Auf dem Schild liegt ein beiderseits herabhängendes Laubgebinde, das in der Mitte zu einer Schleife gelegt ist. Das Wappen wird eingefaßt von einem beiderseits hochgerafften Wappenmantel, der aus einem Erzherzogshut mit den typischen Zacken am Kronreif herabfällt.
Jagd- und
Lustschloß für Franz Ferdinand von Österreich-Este
Nach dem Tod von Kaiserin
Maria Theresia nutzten die Habsburger das Schloß erst einmal so
gut wie nicht mehr. Kaiser Franz II. (ab 1804 Franz I. von
Österreich) übertrug das Schloß 1797 an die Familienstiftung
des Hauses Habsburg-Lothringen, den sogenannten Familienfonds.
Ende des 18. Jh. sorgte ein verheerendes Hochwasser der nur 2,5
km entfernt fließenden Donau für schwere Schäden an der
Bausubstanz, die Fundamente weichten auf, Setzrisse durchzogen
die Mauern. Wegen akuter Einsturzgefahr mußten 1820/1830 die
Flügel im Osten und Süden abgebrochen werden. Schloß Eckartsau
erlebte ab 1897 eine dritte Blüte als Jagd- und Lustschloß von
Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este
(18.12.1863-28.6.1914). Wir erinnern uns, daß er sich durch
seine morganatische Heirat mit Gräfin Sophie Chotek durch
Verstoß gegen die Regeln des Habsburger Hausgesetzes ins Abseits
gebracht hatte. Hier zwischen Wien und Preßburg lag das Schloß
für ihn ideal. Deshalb ließ er die beiden abgebrochenen Flügel
im Stil des Neobarock wiederherstellen, und er schmückte die
Gartenfassade des Ostflügels mit seinem Wappen.
neobarocker Ostflügel, Wappen für Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este
Da der neue Besitzer ein leidenschaftlicher Jäger war, ließ er überall im und am Schloß Jagdtrophäen anbringen, im Inneren und an den Innenhofwänden. In dieser Zeit wurde auch das prachtvolle Stiegenhaus neu eingebaut; es stammt ursprünglich aus dem ehemaligen Gartenpalast Harrach in Wien-Landstraße und fand hier eine Zweitverwendung. Im Inneren wurde das Schloß mit den damals modernsten technischen Errungenschaften ausgestattet, mit elektrischem Strom, mit einer Toilette mit Wasserspülung, mit einer Niederdampfdruckheizung, mit einer Badewanne mit Dusche und mit einem der ersten elektrischen Kühlschränke im Eiskeller. Der Strom wurde mit einem Benzinmotor im neuen Maschinenhaus gewonnen. Der 27 Hektar große Park wurde 1897-1898 nach Plänen des Schönbrunner Hofgartendirektors Anton Umlauft in einen englischen Landschaftsgarten umgewandelt. Diese Phase von Eckartsau endete wie so vieles andere auch 1914 durch die Ereignisse in Sarajewo.
neobarocker Ostflügel, Wappen für Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este
Das Wappen im kleinen geschwungenen Giebelaufsatz der Ostfassade ist geviert mit Herzschild: Feld 1: gespalten, rechts siebenmal rot-silbern geteilt (Königreich Ungarn, Alt-Ungarn), links in Rot auf grünem Dreiberg aus einer goldenen Krone emporwachsend ein silbernes Patriarchenkreuz (Neu-Ungarn), Feld 2: in Rot ein golden gekrönter silberner Löwe mit doppeltem Schwanz (Königreich Böhmen), Feld 3: gespalten, rechts in Blau ein roter Balken, darüber eine schwarze Dohle, darunter drei goldene Kronen (Galizien), links in Blau zwei in zwei Reihen rot-silbern zu sechs Feldern geschachte Balken (Lodomerien), zusammen das Königreich Galizien und Lodomerien, Feld 4: in Blau fünf (1:2:2) gestellte goldene Adler (Erzherzogtum Österreich unter der Enns bzw. Niederösterreich), Herzschild (mit einem Fehler): gespalten, rechte Hälfte: hier einmal, eigentlich korrekt zweimal gespalten, rechts in Gold ein roter Löwe (Habsburg), in der Mitte (fehlt hier) in Rot ein silberner Balken (Erzherzogtum Österreich), links in Gold ein roter Schrägbalken, belegt mit drei silbernen Alérions (Herzogtum Lothringen), linke Hälfte: in Blau ein silberner, golden bewehrter und gekrönter Adler (d'Este, Herzöge von Modena).
neobarocker Ostflügel, Wappen für Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este
Um den ovalen Schild ist die Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies gelegt, mit Gliedern, die abwechselnd aus funkensprühenden Feuersteinen und doppelten, Rücken an Rücken gelegten Feuerstählen bestehen, und mit unten in der Mitte herabhängendem goldenem Widderfell. Das Ganze wird umrahmt von einem aus einer Bügelkrone herabfallenden und beiderseits hochgerafften Wappenmantel.
Hofseitiges Portal des Westflügels, Wappen für Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este
Dieses Wappen wiederholt sich als Metallarbeit im Oberlicht der Tordurchfahrt an der Innenseite des Westflügels (Hoffassade). Es ist fast genau gleich, weist aber doch zwei Unterschiede im Vergleich zum Giebelwappen auf: Die rechte Spalthälfte des Herzschildes ist hier korrekt wiedergegeben mitsamt dem silbernen Balken in rotem Feld für das Erzherzogtum Österreich, was ja im Giebelwappen ausgelassen wurde.
Hofseite des Westflügels, hinter den Fenstern liegt das Treppenhaus
Zweitens hat das Wappen neben der Collane des Ordens vom Goldenen Vlies noch eine zweite, innere Ordenskette, das ist die des königlich-ungarischen St.-Stephans-Ordens (korrekt: Königlich Ungarischer Orden des Heiligen Apostolischen Königs Stephan). Typisch sind die Glieder, deren erste Sorte das Monogramm MT für Maria Theresia bildet, wobei das T mittig in das M gesenkt wird, und deren zweite Sorte das Monogramm SS für Sanctus Stephanus bildet, beide jeweils getrennt von der Stephanskrone als dritter Sorte Glieder. Ebenso ruht die ungarische Stephanskrone über dem abhängenden Tatzenkreuz, das die äußere Collane überkreuzt.
Hofseitiges Portal des Westflügels, Wappen für Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este, Detail
Der letzte
Akt des Kaiserreichs
Schloß Eckartsau hatte noch
einen weiteren prominenten Bewohner: Es war kurzzeitig der
Wohnort von Kaiser Karl I. (1887-1922), dem letzten
österreichischen Kaiser. Nach der endgültigen Niederlage
Österreichs im Ersten Weltkrieg verließ er am 11.11.1918 seinen
bisherigen Regierungssitz in Schloß Schönbrunn und nahm Kurs
auf Schloß Eckartsau, während in Wien die Republik ausgerufen
wurde. Schönbrunn war sogenannter hofärarischer Besitz und fiel
mit dem Ende der habsburgischen Herrschaft quasi von selbst an
den Staat, Eckartsau aber war Teil des habsburgischen
Privatbesitzes, und das private Immobilienvermögen blieb vorerst
noch in den Händen der Familie. Die Wahl fiel auch aus einem
anderen Grund auf Eckartsau: Ungarn war nahe, und noch hatte er
nur für den österreichischen Teil seinen Verzicht erklärt.
Doch die Hoffnung währte nicht lange, denn zwei Tage später
verzichtete er notgedrungen auch auf seine Regierungsmitwirkung
in Ungarn, als eine entsprechende Delegation in Eckartsau
vorstellig wurde und dies alternativlos einforderte. Eine
formelle Abdankung war das nicht, sondern der Verzicht auf die
Mitwirkung an den Regierungsgeschäften. De facto war es
dasselbe, doch so klang es annehmbarer. Nach 4 Monaten Aufenthalt
gingen Karl und seine Familie ins Schweizer Exil, einerseits weil
Eckartsau logistisch zur Versorgung von Familie und Gefolge
überfordert war und die Grippe ausbrach, andererseits weil
Staatskanzler Renner Druck machte, das Land zu verlassen. An der
Schweizer Grenze brach sich der Trotz Bahn: Er widerrief im
Feldkircher Manifest seine Verzichtserklärungen und bezeichnete
seine Absetzung als unrechtmäßig, letzte Versuche eines
Gescheiterten, der nicht mitbekommen hatte, daß sich das Rad der
Zeit unumkehrbar weitergedreht hatte. Noch von der Schweiz aus
unternahm er 1921 zwei Restaurationsversuche. Danach hatte man
die Nase voll und verbannte ihn nach Madeira, wo er an der
Spanischen Grippe wenig später starb.
Abb. links: Corps de logis von Nordwesten, Abb. rechts: Ecklösung im Innenhof
Nationalpark
Donau-Auen
Die Güter fielen zunächst an
den Kriegsgeschädigtenfonds. Schloß Eckartsau wurde mit dem
Habsburgergesetz vom 3.4.1919 enteignet und in Staatsbesitz
überführt, ohne Entschädigung, so wie der andere Besitz des
Habsburgerfonds auch. Im Zweiten Weltkrieg richtete die
sowjetische Armee im Schloß eine Kommandatur ein, deswegen blieb
es von Verwüstung verschont. Nach dem Zweiten Weltkrieg fielen
die Güter an die Österreichischen Bundesforste. Schloß
Eckartsau ist heute ebenfalls Eigentum der Österreichischen
Bundesforste, die Teile des Erdgeschosses für Verwaltungszwecke
für den Nationalpark Donau-Auen nutzen. In den letzten
Jahrzehnten wurden die gesamte Außenfassade, das Dach, das
Treppenhaus, die Kapelle und mehrere historische Räumlichkeiten
aufwendig renoviert. Die Innenräume sind nur im Rahmen einer
Führung zugänglich. Der Festsaal wird manchmal für
Kammerkonzerte genutzt. Die Räumlichkeiten können ferner für
Veranstaltungen angemietet werden.
Lampen und Putto als Lampenhalter im Treppenhaus
Deckengemälde im Treppenhaus: Fresko von François Roettiers, Thema: Vision einer Falkenjagd
Vestibül im Westflügel, Blick von Osten nach Westen
Vestibül im Westflügel, Deckenstuck
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.1404498,16.7938524,17.87z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@48.1404705,16.7938641,109m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Johannes Wais, Marlene Ott-Wodni,
Thomas Neumair: Schloß Eckartsau., Schicksalsschloß in der
Wildnis, Brandstätter Verlag, Wien 2018, 114 S., ISBN-10:
3-7106-0189-4, ISBN-13: 978-3-7106-0189-7
Franz Ferdinand Graf Kinsky: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Ferdinand_Kinsky
Genealogie der Familie Kinsky: http://genealogy.euweb.cz/bohemia/kinski1.html und http://genealogy.euweb.cz/bohemia/kinski2.html
Schloß Eckartsau auf Bilderreisen: https://www.bilderreisen.at/march/marchfeld-schloss-eckartsau.php
Schloß Eckartsau in
Habsburger-Net: https://www.habsburger.net/de/schauplaetze/schloss-eckartsau - https://www.habsburger.net/de/kapitel/schloss-eckartsau-kaiser-karl-auf-dem-weg-ins-exil - https://www.habsburger.net/de/kapitel/kaiser-karl-der-letzte-entmachtung-und-exil
Schloß Eckartsau in der EBIDAT-Burgendatenbank: http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1509
Schloß Eckartsau auf Burgen-Austria: http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=219
Schloß Eckartsau auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Eckartsau
Schloß Eckartsau auf NÖ-Burgen online, Institut für
Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit: http://noeburgen.imareal.sbg.ac.at/result/burgid/315
eigene Webseite des Schlosses Eckartsau: https://www.schlosseckartsau.at/ - das Schloß: https://www.schlosseckartsau.at/ueber-schloss-eckartsau/das-schloss - historische Zeitleiste: https://www.schlosseckartsau.at/ueber-schloss-eckartsau/historische-zeitleiste - virtuelle Tour: https://www.schlosseckartsau.at/ueber-schloss-eckartsau/virtuelle-tour
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