Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3055
Bregenz (Bundesland Vorarlberg, Österreich)

Pfarrkirche St. Gallus: Sigmund von Hohenlandenberg

In der Pfarrkirche St. Gallus befindet sich auf der Nordseite links im Eck des aus der Klosterkirche Mehrerau stammenden Chorgestühls das steinerne Epitaph für Georg Sigmund von Hohenlandenberg (-11.1.1553). Es ist in eine Sockel- und eine Hauptzone gegliedert; die Sockelzone ist der Inschrift zur Gänze vorbehalten, und die beiden seitlichen Vorlagen tragen jeweils einen Wappenschild, der von einem geflügelten Engel gehalten wird, der auf einem vasenförmigen, mit Akanthusblättern umkleideten Postament steht. In der Hauptzone kniet der Verstorbene in voller Rüstung, die Hände zum Gebet vor der Brust zusammengelegt. Den Helm mit einer sehr eigenwilligen, schneckenförmig eingerollten Federzier hat er vor sich abgestellt. Er richtet den Blick zur der in Wolken angesiedelten Szene der Krönung Mariens, über welcher die Taube des Heiligen Geistes schwebt. Drei geflügelte Engelsköpfe blicken aus der Wolkenbank hervor. Hinter dem Ritter ist in flachem Relief eine ländliche Siedlung zu erkennen, mit Häusern auf dem Berg und einer Hütte am Fuße desselben, mit mehreren Bäumen.

 

Abb. links: Gesamtansicht, Abb. rechts: Hauptwappen Hohenlandenberg.

Vor dem Ritter ist in der optisch rechten unteren Ecke sein Familienwappen angebracht, es ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot drei (2:1) silberne Ringe, Feld 2 und 3: golden-schwarz geviert, zwei ungekrönte Helme, Helm 1 (rechts): zu rot-silbernen Decken ein schwarzer, mit silbernen Lindenblättchen bestreuter Flügel, Helm 2 (links): zu schwarz-goldenen Decken zwei emporgereckte, jeweils golden-schwarz geviert gekleidete Arme, hier außen nicht mit den goldenen Knöpfen besetzt, die wir in anderen Darstellungen sehen. Dieses Zentralfeld wird oben mit einem nischenbildenden Bogen eingerahmt, in dessen Zwickeln sich zwei Wappenschilde befinden. Seitlich gibt es auf den Vorlagen zwei bauchige Halbsäulen auf hohen Postamenten, die reich, aber ungleich dekoriert sind. Beide tragen oben zwei geflügelte Engel, die eine Rolle als Schildhalter ausüben, symmetrisch in der Anordnung und doch ganz unterschiedlich im Detail. Beide sind einwärts eingedreht. Zwei weitere Schilde befinden sich unten am Sockel der Halbsäulen; sie sind mit singulären Schildhaltern ausgestattet: Aus dem weit geöffnetem Mund einer zum linken Postamentschmuck gehörenden Maske kommt ein Unterarm hervor und greift nach dem oberen Schildrand, und auch gegenüber kommt von hinten eine Hand und erfaßt seitlich den Schild, um zu verhindern, daß dieser ins Hauptfeld kippt. Früher waren einmal alle Wappenschilde beschriftet, die vier oberen auf dem oberen Querabschluß, von denen sich nur die beiden optisch rechten Inschriften erhalten haben, und bei den unteren vieren jeweils auf dem darunter liegenden Sockelband, wovon nur noch die beiden oberen lesbar sind.

Die Inschrift im unteren Teil des Epitaphs lautet: "ANNO D(OMI)NI MDLiii DEN XI TAG IANVARII STARB DER EDEL VND VEST HER(R) / SIGMVND VON HOHEN LANDENBERG RÖ(MISCH) KV(AYSERLICHER) MAY(ESTÄT) RAT VND / VOGT DER HER(R)SCHAFT NEWBVRG AM R(H)EIN VND DES IÜNGSTEN TVRCKEN ZVGS IN HVNGERN IM ISSZ (1552) IA(H)RS AIN OBERSTER / VBER AIN REGIMENT LANDSKNECHT GEWESEN IST IN WELCHEM DIENST ER SEIN LEBEN ZV IN(N)SB(R)VGK CHRISTLICH GEENDET HAT / VND LI(E)GT HIE(R) BEGRAB(E)N GOT(T) GENAD(E) DER SE(E)L(E) AMEN ALL HERNACH". Darüber: "MX3".

Georg Sigmund von Hohenlandenberg (-11.1.1553) war der Sohn von Balthasar von Hohenlandenberg zu Frauenfeld. Dieser war zweimal verheiratet, erst mit Veronica von Werdenstein und danach mit Adelheid von Villenbach. Er hatte in Frauenfeld und in Uffhofen Lehen des Klosters Reichenau. Von der Heraldik her kommt nur die zweite Ehefrau in Frage. Im oberen, optisch linken Bogenzwickel befindet der einwärts gelehnte Schild der von Hohenlandenberg, geviert, Feld 1 und 4: in Rot drei (2:1) silberne Ringe, Feld 2 und 3: golden-schwarz geviert. Im anderen Bogenzwickel befindet sich das Wappen der von Villenbach ("VILLEBACH"), in Silber eine schwarze Auerhenne (Auerhuhn, Birkhuhn) mit rotem Kamm und ebensolchem Kehllappen (Alberti S. 915, Siebmacher Band: BayA3 Seite: 120 Tafel: 80-81, Rietstap/Rolland, Oberbadisches Geschlechterbuch). Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu golden-roten (Berliner Wappenbuch) oder golden-silbernen (Scheiblersches Wappenbuch) Decken ein goldener, fellgestulpter hoher Hut, oben mit einem schwarzen Straußenfederbusch besteckt.

 

Abb. links: Wappen Hohenlandenberg (oben im Zwickel) und Münchweil (außen mit Schildhalter), Abb. rechts: Wappen Villenbach (oben im Zwickel) und Sparrenberg (außen mit Schildhalter).

Es sind zwei Wappen "Villenbach" mit unterschiedlichen Wappenmotiven in den Wappenbüchern des späten Mittelalters überliefert: 1.) Wappen mit Ochsenkopf, 2.) Wappen mit Auerhenne. Die genaue Abstammung und Lokalisierung ist unklar, nicht ausreichend erforscht bzw. nicht schlüssig bestimmt: Im Siebmacher hält man es für "im höchsten Grade unwahrscheinlich", daß zwei unterschiedliche Geschlechter vorliegen, statt dessen wird vermutet, daß ein und dieselbe Familie zuerst das Wappen mit dem Ochsenkopf führt, ab dem 15. Jahrhundert aber das Wappen mit dem Vogel. Das Oberbadische Geschlechterbuch geht dagegen von zwei unterschiedlichen Geschlechtern aus. Im Scheiblerschen Wappenbuch werden beide Wappenvarianten in Schwaben verortet. Rietstap lokalisiert die Variante mit dem Auerhuhn nach Tirol und schreibt: "Villenbach Tyrol - D'argent à une poule tachetée d'argent et de sable. Cimier un chapeau piramidal d'or retroussé de sable sommé de plumes d'autruche de sable mouvant d'un annelet d'argent". Alberti bleibt vage hinsichtlich dieser Frage.

Der Großvater väterlicherseits war Sigmund von Hohenlandenberg zu Frauenfeld, welcher in Neuburg und in Mammern Lehen des Klosters Reichenau besaß. Dieser war zweimal verheiratet, in erster Ehe mit Barbara von Breitenlandenberg und in zweiter Ehe mit Bertha von Münchweil. Von der Heraldik her kommt nur die zweite Frau in Frage, denn wir sehen optisch links an der Seite als obersten der drei dort angebrachten Schilde denjenigen der von Münchweil (Münchwil), in Blau ein silberner Pfahl. Die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu blau-silbernen Decken ein Paar blauer, mit einer silbernen Binde umlegter Büffelhörner (Scheiblersches Wappenbuch Folio 130, Oberbadisches Geschlechterbuch, Band 3, S. 163, Siebmacher 1, 126, 7). Diese niederadelige Familie ist im Umfeld der Grafen von Toggenburg zu finden. Seit Anfang des 14. Jh. standen die Familienmitglieder in österreichischen Diensten. Ab 1400 wurde der Besitz zunehmend verkauft. Die Familie kann bis in die zweite Hälfte des 15. Jh. nachgewiesen werden und ist vermutlich bald danach erloschen. Bertha von Münchweil entstammte der letzten Generation, deshalb kam 1492 die Burg Helfenberg (heute eine Ruine auf einem Hügel zwischen dem Nussbaumer-, dem Hüttwiler und dem Hasensee, schweizerischer Kanton Thurgau) an ihre drei Söhne Beringer, Balthasar und Sigmund von Hohenlandenberg. Die von Hohenlandenberg behielten Helfenberg bis 1584.

 

Abb. links: Wappen Jungingen, Abb. rechts: Wappen Ems.

Der Urgroßvater väterlicherseits war Beringer (Großberinger) von Hohenlandenberg auf Wellenberg und zu Frauenfeld, Vogt zu Dörflingen, Besitzer der Pfandherrschaft Andelfingen und Teilnehmer am Konzil zu Konstanz. Er war zweimal verheiratet, erst mit Elisabeth Juliana von Jungingen, danach mit Adelheid von Reinach. Aufgrund der Heraldik der Platte kommt hier nur die erste Ehefrau in Frage. Das Wappen der von Jungingen gehört zu den wenigen beschrifteten dieses Epitaphs ("IVNGINGEN") und ist silbern-blau geviert. Die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu blau-silbernen (Scheiblersches Wappenbuch) oder schwarz-silbernen (Berliner Wappenbuch, Münchner Kalender 1936) Decken ein Paar Büffelhörner, das rechte schwarz und außen mit vier silbernen Hahnenfederbüscheln oder einem Federkamm besteckt und das linke silbern und außen mit vier schwarzen Hahnenfederbüscheln oder einem Federkamm besteckt (Siebmacher Band: WüA Seite: 8 Tafel: 16, Band: WüA Seite: 249 Tafel: 140, Alberti S. 382-383, Oberbadisches Geschlechterbuch Band 2: S. 215, S. 216, S. 217, S. 218).

Das vierte, unterste Wappen auf der optisch linken Seite steht für die Mutter der Bertha von Münchweil, welche eine Tochter war von Hans von Münchweil und Ursula von Breiten-Landenberg. Somit sehen wir hier das Wappen der von Landenberg aus einer anderen Linie, in Rot drei (2:1) silberne Ringe. Der Ururgroßvater väterlicherseits war Hugo von Hohenlandenberg, Vogt zu Tannegg, vermählt mit Ursula Truchseß von Diessenhofen. Diese Generation ist aber nicht mehr Teil der Ahnenprobe. Ebensowenig wie die Eltern von Elisabeth Juliana von Jungingen (-19.6.1490), Lienhard von Jungingen und Adelheid von Hohenfels.

 

Abb. links: Wappen Breiten-Landenberg, Abb. rechts: Wappen Wolkenstein.

Nun zur optisch rechten Seite: Die Eltern von Adelheid von Villenbach waren Wilhelm von Villenbach und Margarita von Sparrenberg (das Wappen ist beschriftet mit "SPORNBERG"). Die von Sparrenberg (Sparrnberg) führen in Schwarz einen silbernen Fünfberg, der mit einem roten Sparren belegt ist (redendes Wappen). Dieses Wappen fand später Eingang in das vermehrte Wappen der Madruzzo. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu schwarz-silbernen oder schwarz-goldenen Decken auf einem roten flachen Hut oder Kissen ein sitzender, hockender oder stehender goldener Löwe.

Jetzt springen wir auf die Urgroßeltern-Ebene: Die Eltern von Wilhelm von Villenbach sind nicht sicher namentlich bekannt; Kindler von Knobloch führt einen Wilhelm von Villenbach auf, der Elisabeth von Ems geheiratet hatte, in anderen Quellen ist es ein Klaus von Villenbach als Ehemann einer Elisabeth von Ems-Dornbirn, und die von Ems (Hohenems) führen in Blau einen goldenen aufspringenden Steinbock, was zum Befund des dritten Wappens der optisch rechten Seite paßt. Das Wappen jedenfalls ist mit "EMPS" beschriftet. Mit gleichem Schildbild der Ehefrau gibt es zeitlich viel später übrigens einen anderen Wilhelm von Villenbach, der Maria Anna von Bodman geheiratet hatte; diese führen in Gold einen schwarzen, aufspringenden Bock. Dieser spätere Wilhelm von Villenbach wohnte auf dem Ansitz Miltenberg hinter der Bregenzer Oberstadt und nahm im April 1573 am Empfang des Erzherzogs Ferdinand in Bregenz teil.

Zum letzten und untersten Wappenschild der optisch rechten Seite: Die Eltern von Margarita von Sparrenberg waren Ludwig von Sparrenberg und dessen erste Frau, Anastasia von Wolkenstein. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Ludwig erneut, diesmal Margarethe von Thun. Das Wappen der von Wolkenstein ist geviert, Feld 1 und 4: silbern-rot im Wolkenschnitt schräggeteilt (modifiziert Maulrapp, für die Herrschaft Wolkenstein im Grödnertal, späteres wolkensteinsches Wappen), Feld 2 und 3: über rotem Schildfuß in Blau drei silberne Spitzen (von Pradell auf Villanders, Stammwappen des ganzen Geschlechts von Wolkenstein).

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.4984844,9.7479855,20z - https://www.google.de/maps/@47.4984844,9.7479855,88m/data=!3m1!1e3
Pfarrei St. Gallus:
https://www.kath-kirche-vorarlberg.at/bregenz/pfarren/bregenz-st-gallus/willkommen
Galluskirche:
https://www.brigantium.at/sankt-galluskirche
Kindler von Knobloch, Julius (Bearb.) / Badische Historische Kommission (Hrsg.), Heidelberg, 1898, Oberbadisches Geschlechterbuch:
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1898ga - Band 1 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1898bd1 - Band 2 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1898bd2 - Band 3 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1919bd3
Martin Leonhard: von Münchwil, im Historischen Lexikon der Schweiz
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/020299/2009-01-22/
Wappen Sparrenberg in der Fischnaler-Wappenkartei:
https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24491&sb=spornberg&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24492&sb=spornberg&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24495&sb=spornberg&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24498&sb=spornberg&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?wappen_id=24499&drawer=&tr=1#prev
Wappen Madruzzo in der Fischnaler-Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=19203&sb=spornberg&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=19201&sb=madruzzo&sw=&st=&so=&str=&tr=99
Genealogie Sparrenberg: Gabriel Bucelin: PARS QVARTA, GERMANIAE TOPO-CHRONO-STEMMATOGRAPHICA SACRAE ET PROFANAE, Ulm 1678
https://books.google.de/books?id=R2NmAAAAcAAJ - https://books.google.de/books?id=R2NmAAAAcAAJ&pg=PA257&lpg=PA257
Herren von Landenberg auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Landenberg
Herren von Hohenems auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herren_von_Ems
Herren von Wolkenstein auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolkenstein-Trostburg

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