Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3052
Bad Grönenbach (Landkreis Unterallgäu, Schwaben)

Unteres Schloß Grönenbach

Bad Grönenbach besitzt vier historische Bauwerke von Interesse, das Hohe Schloß im Nordwesten hoch auf einem Nagelfluhfelsen, das Untere Schloß im Nordosten in tiefer Lage und die Stiftskirche sowie das Kollegiatstift im Süden des Ortes. Das obere Schloß ist bis auf den gemalten Schmuck der Sonnenuhr am Turm heraldisch unergiebig, doch am versteckt im Dr.-Schmidtchen-Weg gelegenen Unteren Schloß werden wir fündig, dort ist ein schönes Wappenrelief über dem Eingang angebracht. Es handelt sich um einen fast quadratischen Bau von ca. 16 x 17 m Seitenlänge mit Walmdach und vier vorspringenden runden Ecktürmen, die genauso hoch sind wie die reihum dreistöckigen Fassaden. Der Eingang mit dem hier gezeigten Wappenstein liegt auf der Westseite. Das Gebäude ist privat bewohnt und kann nicht besichtigt werden.

Die Besitzer des Ortes, ein Mannlehen des Fürststifts Kempten, wechselten mehrfach, im Mittelalter waren das zunächst die Herren von Rothenstein, dann ab 1482 die Herren von Pappenheim, denn Ludwig von Rothenstein starb am 8.5.1482 kinderlos und hatte seinen Neffen, Heinrich XI. von Pappenheim (Begründer der Stühlinger Linie), dem Sohn seiner bereits verstorbenen Schwester Corona von Rothenstein, zum Erben eingesetzt für die Besitzungen in Theinselberg, Grönenbach, Rothenstein und Kalden. Der Begünstigte starb aber kurz darauf selber. Deswegen teilten sich seine Söhne den Besitz auf. Erbstreit ergab sich mit Anverwandten des Ludwig von Rothenstein, weil Grönenbach ein Mannlehen war, das nicht über weibliche Nachkommen vererbt werden konnte. Die Rothensteiner Verwandtschaft vertrieb sogar kurzfristig die Pappenheimer wieder, worauf diese 1508 den Schwäbischen Bund zwecks militärischer Durchsetzung ihrer Ansprüche zur Hilfe riefen. Die Regierung von Innsbruck entschied schließlich, daß Grönenbach an die von Pappenheim kommen solle, die Stammburg Rothenstein aber an die von Rothenstein. Daß letztere genau diese Stammburg 1514 wiederum an die von Pappenheim verkauften, zeigt deutlich, daß das Ganze seitens der Rothensteiner nur Mätzchen aus Habgier gewesen waren. Die Urenkel des o. g. Erben Heinrich XI. erbauten das Untere Schloß als Sitz für "überzählige Frauen" und nutzten es als Witwensitz und Beamtenwohnung.

Im Detail ist das alles komplizierter: Es waren hauptsächlich die beiden Brüder Wilhelm I. und Alexander I., die sich den Besitz aufteilten, ersterer wurde zum Begründer der Linie Pappenheim-Rothenstein, letzterer wurde zum Begründer der Linie Pappenheim-Grönenbach. Es gab aber keine feste Besitzteilung, und auch die anderen Brüder hatten Besitz im Ort. Die erste Linie blieb katholisch, die zweite Linie wurde später protestantisch.

Der Besitz der erstgenannten Linie kam schließlich an des Begründers Urenkelin Anna von Pappenheim (-1616), Tochter von Alexander II. von Pappenheim. Diese hatte in erster Ehe Philipp von Rechberg und in zweiter Ehe Otto Heinrich Graf Fugger geheiratet. Da ihr Bruder Joachim III. 1599 kinderlos verstorben war, war jetzt Anna die Erbin dieses Anteils von Grönenbach. Auf dem Erb- und Heiratswege kam der Besitz dieser Linie 1612/1613 somit an die Fugger von Kirchberg-Weißenhorn. Der Besitz war zwar immer noch ein Mannlehen des Stifts Kempten und hätte nicht über Anna, mit der die Linie Pappenheim-Grönenbach von Alexander I. erlosch, weitervererbt werden können. Für die Fugger war der Besitz in Grönenbach eine Niete: Dreißigjähriger Krieg, zweimal die Schweden im Ort, permanenter Erbstreit um Grönenbach, die Pest. Dieser Besitz nervte die Fugger einfach nur noch, weil er nichts außer Ärger einbrachte und kaum Gewinn. Paul Graf Fugger-Kirchberg-Weißenhorn verkaufte 1695 seinen Anteil am Lehen Grönenbach für 60000 fl. an Rupert von Bodman, Fürstabt von Kempten, Rückgabe des Lehens gegen Kompensation von Investitionen in Zugehör.

Es blieb die Linie Pappenheim-Grönenbach Wilhelms I., die zweite Pappenheimer Linie im Ort. Wilhelms Enkel waren die vier Brüder, die das Untere Schloß erbaut hatten, und auf die wir unten näher eingehen werden. Diese Linie erlosch endgültig 1639. Der Besitzanteil am Grönenbach fiel an eine andere Pappenheimer Linie; der Besitz Stühlingen war über eine Erbtochter an die von Fürstenberg gekommen. Die Fürstenberger blickten auch voll Begehrlichkeit auf Grönenbach, vergeblich. Philipp Gustav von Pappenheim (1649-1692) aus der Alesheimer Linie verhandelte bereits seit 1686 mit dem Kemptener Fürstabt wegen der Rückgabe des Lehens, denn er selber hatte nur Töchter, und man einigte sich schließlich 1692 auf 65000 fl. Ablösesumme. Mit diesen Summen für beide Lehensteile wurde zwischenzeitlich erworbenes Zugehör abgegolten. Die Herrschaft Grönenbach war wieder in einer Hand vereint.

Somit war das Lehen in zwei Tranchen durch jeweilige finanzielle Abgeltung an das Stift Kempten zurückgefallen, das das Gebäude des Unteren Schlosses als Sitz für Verwaltungsbeamte nutzte. Das Wappen des Fürstabtes Rupert von Kempten wurde am Turm der Grönenbacher Stiftskirche abgebracht. 1803 kam der Besitz im Zuge der Verstaatlichung des Klosterbesitzes an Bayern und wurde an den Bauern und Gutsbesitzer Josef Spatz verkauft. Der Eigentümer wechselte mehrfach seitdem. Während das Hohe Schloß mittlerweile der Gemeinde gehört, befindet sich das untere Schloß nach wie vor in Privatbesitz.

Und jetzt wenden wir uns dem Wappenstein am Unteren Schloß zu, im Sinne einer Ausschnittsvergrößerung des oben beschriebenen Gesamtkontextes. Wir befinden uns in der Enkel-Generation in Bezug auf Wilhelm I., Begründer der zweiten Linie Pappenheim-Grönenbach. Die Inschrift lautet: "ALS MAN ZALT 1563 IAR / DISES HAVS ZV LIEB AVF/GEBAWEN WAR IVNCKF/RAW WALPVRG MAR/SCHALCKIN ZV BAPPEN/HAIM DVRCH IRE VETER / DIE VIER PRIDER INGENAIN /CONRADT WOLFF CHR/ISTOFF VND PHILIPEN / DIE GOT VOR VNGLICK / WEL BESCHITZEN" - als man das Jahr 1563 zählte, wurde dieses Haus zuliebe von Jungfrau Walburg Marschall von Pappenheim aufgebaut durch ihre Vettern, die vier Brüder, insgemeim: Conrad, Wolf, Christoph und Philipp, die Gott vor Unglück beschützen wolle. Für sämtliche Buchstaben "N" wurde die seitenverkehrte Schreibweise gewählt.

Die genannten vier Brüder waren Söhne von Wolfgang von Pappenheim (-1558), kaiserlicher Rat und seit 1539 Reichserbmarschall, Besitzer von Rothenstein, Polsingen und Kalden, und Margareta von Roth (-1555), und für diese gemeinsamen Eltern steht das Wappenpaar rechts und links der Inschrift. Für beide Elternteile gibt es in der Stiftskirche in Bad Grönenbach ein Epitaph, mit sechs bzw. vier Wappendarstellungen (Wolfgang: Vorfahrenwappen Pappenheim und Abensberg oben, Rechberg und mißverstanden Elter/Autel unten, Ehewappen Pappenheim und Roth in der Mitte, Margaretha: Vorfahrenwappen Roth und Stain oben, Ehewappen Pappenheim und Roth), dasjenige für den Vater erheblich kunstvoller und plastischer als das für die Mutter. Die Großeltern waren väterlicherseits Wilhelm I. von Pappenheim (-1508) und Magdalena von Rechberg (-1508), damit sind alle genannten Personen aus der Stühlinger Linie der Familie. Zu den vier Brüdern, die dieses Schloß haben errichten lassen:

Weil die Inschrift diese vier Brüder als "ihre Vettern" bezeichnet, muß es sich bei der genannten Walburg von Pappenheim um die Tochter von Joachim I. von Pappenheim (1490-16.10.1536) und dessen Frau Anna von Laubenberg handeln. Joachim war der Bruder von Wolfgang I. Es gibt noch eine zweite Walburg von Pappenheim, Tochter von Alexander I. von Pappenheim (1435-1511), der ebenfalls in der Pfarrkirche St. Philipp und Jakob in Bad Grönenbach mit einem Epitaph vertreten ist, und Barbara von Ellerbach, doch dann wären die vier Brüder nicht ihre Vettern, sondern eine Generation weiter nach unten entfernt. Der genannte Alexander I. ist aber insofern relevant, als seine Urenkelin Anna von Pappenheim die Erbin seines Anteiles von Grönenbach war und in erster Ehe Heinrich Philipp von Rechberg heiratete und in zweiter Ehe Otto Heinrich Fugger, und so kam dieser Anteil an Grönenbach an die Fugger, die es bis 1695 besaßen.

Beiderseits der Inschrift ist je ein Vollwappen angebracht: Heraldisch rechts sieht man das Wappen der Marschall von Pappenheim, geviert, Feld 1 und 4: blau-silberner Eisenhutfeh, Feld 2 und 3: schwarz-silbern geteilt mit zwei schräggekreuzten roten Schwertern (Kurschwertern), auf dem Helm mit blau-goldenen Decken der wachsende Rumpf einer golden gekleideten und gekrönten Mohrin mit nach hinten herabfallendem goldenem Zopf, hinter dem Wappen ein schwarz-silbern geteiltes Fähnchen mit zwei schräggekreuzten roten Schwertern (Kurschwertern) an goldener Stange.

Das andere Wappen ist das der von Roth (seit dem 18. Jh. von Rodt), gespalten, rechts ledig und golden, links in Rot ein silberner Balken, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein Paar Büffelhörner, das rechte golden, das linke rot mit silbernem Balken. Das reichsritterschaftliche oberschwäbische Adelsgeschlecht der von Roth hatte seinen Stammsitz in Bußmannshausen (ein Lehen, zuvor bei den Besserer, dann seit 1434 Besitz der von Roth). Zur Unterscheidung von gleichnamigen Familien nennt man diese hier auch Roth von Bußmannshausen. Sie nennen sich wahrscheinlich nach Roth bei Pfaffenhofen. Laut Ingeram-Codex war die Familie Mitglied in der Gesellschaft im Leitbracken in Schwaben. Aufgrund ihres Allodialbesitzes waren sie Teil der Reichsritterschaft des Ritterkantons Donau. Die Familie hatte das Erbtruchsessenamt des Stifts Kempten inne. Die berühmtesten Familienmitglieder waren drei Konstanzer Fürstbischöfe, bei denen mittlerweile die Schreibweise "Rodt" für den Namen üblich war. Die Familie erlosch 1800 im Mannesstamm mit Maximilian Christoph von Rodt und im weitesten Sinne insgesamt 1821 mit seiner unehelichen Tochter Maria Katharina Maximiliana (vgl. väterlicher Vorname!) von Dort (umgestelltes Rodt), die im Kloster Wald als Chorfrau Maria Crescentia lebte und die Ämter als Bursiererin, Kellermeisterin, Oberküchenmeisterin, Subpriorin und Oberkastnerin bekleidete.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.8763862,10.2227228,20z - https://www.google.de/maps/@47.8763778,10.2228039,47m/data=!3m1!1e3
Historische Bauwerke in Grönenbach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bad_Grönenbach#Historische_Bauwerke
Geschichte von Bad Grönenbach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Bad_Grönenbachs
Joseph Sedelmayer: Geschichte des Marktfleckens Grönenbach, hrsg. vom Historischen Verein zur gesamten Förderung der Heimatkunde des Allgäus, Buchdruckerei der Jos. Kösel'schen Buchhandlung, Kempten 1910 -
https://de.wikisource.org/wiki/Geschichte_des_Marktfleckens_Grönenbach ff. - https://de.wikisource.org/wiki/Geschichte_des_Marktfleckens_Grönenbach/B._Spezieller_Teil:_Innere_Geschichte
Karl Schnieringer: Grönenbach, seine Entwicklung von der Landnahme an der Ach zum Markt und Kneippkurort, hrsg. von der Kurverwaltung Grönenbach, Grönenbach 1975
Wolfgang I. von Pappenheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_von_Pappenheim
Stammliste Pappenheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste_der_Pappenheim
Wolfgang II. von Pappenheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_II._von_Pappenheim
Christoph III. von Pappenheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_III._von_Pappenheim
Philipp von Pappenheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_von_Pappenheim
Conrad von Pappenheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Conrad_von_Pappenheim_(Oberst)
von Pappenheim auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pappenheim_(Adelsgeschlecht)

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2023
Impressum