Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3043
Litschau (Bezirk Gmünd, Niederösterreich)

Pfarrkirche St. Michael, Epitaph für Hans Christoph Morakschi

In beherrschender Lage in der Mitte des Stadtplatzes von Litschau steht die römisch-katholische Pfarrkirche St. Michael. Früher war sie noch von einem Friedhof umgeben, der aber seit Ende des 18. Jh. verschwunden ist; nur eine Totenleuchte ist noch übrig. Der Kirchenbau ist im wesentlichen eine spätgotische, kreuzrippengewölbte Hallenkirche mit drei Schiffen. Der aus dem 14. Jh. stammende Westturm wurde später aufgestockt und mit einem barocken Zwiebelhelm versehen. Die Ausstattung spiegelt die gesamte Geschichte wieder, von mittelalterlichen Fresken über Wappengrabsteine aus der Renaissance und aus dem Barock bis hin zu neugotischen Altären und Glasmalereien. Von besonderem Interesse ist das nachfolgend vorgestellte Renaissance-Epitaph.

In dieser Kirche befindet sich ein prachtvolles und mit Wappen geschmücktes Epitaph für den als Kleinkind verstorbenen Hans Christoph Morakschi von Noskau. Die Inschrift der steinernen Tafel lautet: "Alhie li(e)gt begrabe(n) des Wo(h)lgebor(e)ne(n) Her(rn) h(e)r(rn) / Wentze(s)lau(s)en Morakschi vo(n) Noßkau Freyherr(n) / zu und auff Litschau und dan(n) der Wo(h)lgebor(e)nen / Frauen Fraue(n) Anna Morakschin gebor(e)ne Teuf/lin Freyfreyin zu Gunnterstorff seine(r) Gnade(n) / G(e)mahel be(i)der E(he)leiblicher sohn Hanns C(h)ristoff / welcher de(n) Erst(e)n tag Septe(m)ber des 1585 gebor(e)n / und de(n) 28 January des 86 Seines alters 21 / Woche(n) 3 tag gewesen in C(h)risto sellig Entschlaffe(n) / Gott wöll I(h)me Gen(a)edig sein Amen".

Der Vater ist meist bekannt unter der Schreibweise Freiherr Wenzel Morakschi (Morakschy, Moratschky) von Noskau; ihm wurde 1587 die Herrschaft Litschau übergeben. Er war verheiratet mit Anna Teufel von Gundersdorf. Der Sohn war bereits ein Jahr verstorben, als der Vater die Herrschaft übernahm. Zur Erinnerung ließ er in der Pfarrkirche das Epitaph anbringen. In Siebmacher Band Mähren (Seite: 86 Tafel: 67) ist dieses Wappen unter der Schreibweise "Mrakes von Noskow und Liczow (Mrakes von Noskau und Litschau, Mrakesch, Mraksch, Maraksch)" zu finden. In den Unterlagen des österreichischen Staatsarchivs finden sich weiterhin die Schreibweisen "Marakeß", "Marake" und "Morakschi". Die meisten Quellen hierzulande schreiben den Namen "Morakschi", dabei bleiben wir in diesem Kapitel in Übernahme der Schreibweise auf dem Epitaph, weisen aber dennoch auf die Vielfalt hin. Diese alte oberschlesische Familie erhielt 1626 den Freiherrenstand.

 

Das Wappen ist hier nicht ganz richtig wiedergegeben. Wenn man vom Epitaph ausgeht, fühlt man sich verleitet, einen geteilten und viermal gespaltenen Schild zu sehen, doch das ist das Ergebnis einer Verschiebung der Teilungslinien. Tatsächlich ist der Schild logisch richtig wie folgt aufgebaut (Abb. unten Mitte): Geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein roter Pfahl (Stammwappen, Abb. unten links), Feld 2 und 3: golden-blau gespalten. Das ist hier verschliffen worden zu äquidistanten Spaltungen mit dem unkorrekten Ergebnis wie folgt (Abb. unten rechts): Geteilt, oben viermal silbern-rot-silbern-golden-blau gespalten, unten viermal golden-blau-silbern-rot-silbern gespalten - so ist das irreführende Bild anhand des Befundes. Das ist aber so nicht logisch und nicht korrekt. Dazu werden zwei Helme geführt, Helm 1 (rechts): auf dem ungekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein schwarzes Paar Büffelhörner, außen jedes Horn mit drei silbernen Straußenfedern besteckt (Stammkleinod), Helm 2 (links): auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken vier abwechselnd goldene und blaue Straußenfedern. Die Kleinode sind hier korrekt wiedergegeben.

Stammwappen Morakschi vermehrtes Wappen Morakschi Fehler: das ist hier passiert!

Bleiben wir noch ein bißchen beim Vater des so früh verstorbenen Kindes, der eine traurige Berühmtheit erlangt hatte. Im Jahr 1596 war in Niederösterreich im November ein Bauernaufstand ausgebrochen, der sogenannte Waldvierteler Bauernaufstand. Der damalige Generalobrist Wenzel Morakschi hatte das Kommando über ein auf Befehl von Erzherzog Matthias als Statthalter des Kaisers Anfang Februar 1597 zur Niederschlagung des Aufstandes aufgestelltes Landsknechtsregiment, das hauptsächlich aus deutschen Landsknechten bestand. Er wurde am 1.2.1597 zum Obristen bestellt; sein anfängliches Regiment bestand aus 1500 Landsknechten. Am 20.2.1597 kamen noch 200 Haiducken aus dem ungarischen Königreich dazu. Mit diesen zog er von der Gegend nördlich Stockerau, wo er das Regiment versammelt hatte, in Richtung Krems. Wenzel Morakschi hatte als Heerführer den Vorsitz über das Kriegsgericht, das eigentlich dazu diente, pflichtvergessene Landsknechte abzuurteilen, übliches Procedere damals. Im März 1597 hatte aber Kaiser Rudolf II. genau diesem Kriegsgericht auch die Aburteilung von gefangengenommenen Aufständischen übertragen; es gab aus damaliger Sicht keine rechtlichen Bedenken gegen eine Erweiterung des Aufgabenbereiches des Kriegsgerichtes. Wenzel Morakschi war also gleichzeitig Häscher, Folterer und Richter der aufständischen Bauern.

Im März 1597 eskalierte die Situation mit einem neuerlichen Aufstand der Bauern im Viertel unter dem Manhartsberg, und der Kommandant zog gegen Kirchberg am Wagram. Die Dörfer Großriedenthal, Ottenthal und Ebersbrunn wurden geplündert und angezündet. Die angetroffenen Männer wurden entweder erschlagen, oder es wurden ihnen Nasen und Ohren abgeschnitten; die Landsknechte Morakschis wüteten fürchterlich. Reicheren Bauern wurden Gelder abgepreßt. Am 9.3.1597 verlegte Morakschi sein Quartier von Ravelsbach nach Horn, und dort tagte erstmals am 9.-11.3. ein Kriegsgericht über die Bauern. Noch im März 1597 tagte ein neuerliches Kriegsgericht am 18.-19.3. in Waidhofen an der Thaya, ein weiteres folgte 27.-28.3. in Zwettl. Danach wurde im April der Aufstand in Pöggstall niedergeschlagen und am 4.-5.4. ein Kriegsgericht in Emmersdorf abgehalten. Und so ging es weiter, Kriegsgericht nach Kriegsgericht, Ort für Ort quer durch Niederösterreich: Kilb, Weinzierl, Perwarth, Ulmerfeld, Seitenstetten, Waidhofen an der Ybbs, noch einmal Ulmerfeld, St. Pölten, Königstetten.

Es war pure Willkür und reiner Terror. Wer von den Bauern nicht fliehen konnte, wurde entweder direkt getötet, oder erst in Enns inhaftiert, gefoltert und verhört, dann nach Wien vor das Kriegsgericht gebracht und in einem Schnellverfahren abgeurteilt und dann entweder schnell oder langsam getötet, alles von demselben Mann und seinen Schergen. Das waren keine rechtstaatlichen Verfahren, sondern Einschüchterungsmaßnahmen mit dem Ziel der völligen Unterwerfung der Bauernschaft durch Schrecken. Es gab für die Angeklagten keinerlei Verteidigungsmöglichkeiten, die Aburteilungen waren reinste Willkür und weit entfernt von jedem ordentlichen Verfahren. Und bei diesen Gelegenheiten wurde alles Anfallende gleich miterledigt, das Ertränken von angeblichen Zauberern, das Verbrennen von Leuten, denen "Unzucht wider die Natur und Unzucht mit Angehörigen" nachgesagt wurde oder ähnlicher "Beifang", der nichts mit dem Aufstand selbst zu tun hatte. Hängen, Pfählen, Verstümmeln, Herausreißen des Herzens etc. waren praktizierte Strafen "unterwegs". Sämtliche Prozesse, denen die aufständischen Angeklagten unterzogen wurden, sind als rechtswidrig einzustufen, weil sie weder einem ordnungsgemäßen Kriegsgerichtsverfahren noch einem Landgerichtsprozeß nach der Constitutio Criminalis Carolina entsprachen, sondern allein durch die Instruktionen Kaiser Rudolfs II. oder des Erzherzogs Matthias gedeckt waren und damit reine Willkür waren.

Von den Anführern der Bauern wurden die meisten hingerichtet, nur wenige fanden Gnade. Wer "verschont" wurde, wurde entweder durch Abschneiden von Nasen und/oder Ohren oder durch Abhacken von Fingern oder ganzen Händen verstümmelt oder endete als Zwangsarbeiter. Es geschah natürlich alles auf Befehl von Erzherzog Matthias, der seinem "Mann für's Grobe" regelmäßig sehr detaillierte Anweisungen erteilte, doch erschreckend ist die äußerste Brutalität, mit der Morakschi und seine Landsknechte vorgingen. Der Erzherzog tadelte ersteren sogar wegen seiner Zügellosigkeit und der mangelnden Disziplin der Truppen. Von den 400 Aufständischen, die in den Festungsgräben Wiens endeten, überlebte kaum einer die Arbeits-Bedingungen. Dieses Epitaph in Litschau fügt dem Bild des grausamen Bauernjägers und Bauernschlächters, der Hofkriegsrat und bis 1600 Generaloberst war und der seit 1587 Besitzer der Herrschaft und der Burg Litschau war, das des trauernden Vaters hinzu.

 

Auf der heraldisch linken Seite des Epitaphs sehen wir das Wappen der Teufel (Teuffel) von Gundersdorf (Gundersdorff), das ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein viereckiges silbernes Kissen mit je einer goldenen Quaste an jeder Ecke, belegt mit einem schwarzen, golden beschlagenen Jagdhorn (Hifthorn) mit verschlungenem goldenen Band, das Mundstück nach rechts gekehrt, die Schallöffnung nach links (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Gold ein aufspringendes schwarzes Pferd (Mallinger). Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): zu schwarz-goldenen Decken ein wachsendes schwarzes Pferd (Mallinger), Helm 2 (links): zu rot-silbernen Decken ein viereckiges silbernes Kissen mit je einer goldenen Quaste an jeder Ecke, belegt mit einem schwarzen, golden beschlagenen Jagdhorn (Hifthorn) mit verschlungenem goldenen Band, das Mundstück nach rechts gekehrt, die Schallöffnung nach links (Stammkleinod). Im Gegensatz zu sonstigen und üblichen Darstellungen ist hier das wachsende Pferd auf Helm 1 nach außen, in Bezug auf das gesamte Epitaph nach innen gewendet, doch die Blickrichtung des Helmes folgt dem nicht. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: OÖ Seite: 700 Tafel: 138, Band: NÖ2 Seite: 312 Tafel: 149-150, Band: Mä Seite: 158 Tafel: 114 und Band: Un Seite: 661 Tafel: 460.

Die Familie stammt aus dem Erzherzogtum Österreich und war dort begütert, die Familienmitglieder hatten das Erb-Jägermeisteramt im Erzherzogtum inne. In Niederösterreich lag Besitz bei Winzendorf. Die Familie positionierte sich größtenteils im Protestantismus. Die Basis für die Entstehung des vermehrten Wappens bildet die Heirat zwischen Mathäus (Matthias) Teufel auf Krottendorf (-1552) mit Apollonia Mallinger. Deren drei noch lebende Söhne wurden 1566 in den Freiherrenstand erhoben und in den niederösterreichischen Herrenstand aufgenommen. Damals wurde das freiherrliche, gevierte Wappen gebildet. Diese drei Freiherren gründeten drei Linien, Christoph (1515-1570, kaiserlicher Rat, Verordneter des Ritterstandes, Oberproviantkommissär für Ungarn) die Linie Pitten-Frohsdorf (erloschen 1652), Andreas (1516-1592) die Linie Enzersdorf-Gundersdorf (erloschen Ende des 17. Jh.) und Georg d. Ä. die Line Gars-Eckartsau, die bis zuletzt überlebte. Im 17. Jh. war der Glaube der Familie ein zunehmendes Karrierehindernis in Österreich; die protestantischen Familienmitglieder konnten keine bedeutenden Ämter mehr erlangen. Andere konvertierten zum Katholizismus. Das letzte Familienmitglied im Mannesstamm war Otto Christoph Freiherr Teufel von Gundersdorf (-1690), der aus religiösen Gründen 1688 seine österreichischen Besitzungen verkaufte und sich im sächsischen Oschatz ankaufte. Mit ihm erlosch die Familie; sein einziges Kind, Maria Elisabeth Teufel von Gundersdorf (1661-27.2.1698) heiratete 1687 Georg Ludwig Graf von Zinzendorf und Pottendorf, wodurch diese Familie Namen und Wappen in die ihrigen übernahmen. Weitere Wappen dieser Familie sind an den künstlerisch wertvollen Epitaphien in der Filialkirche Winzendorf zu sehen, z. B. an einem Epitaph des 1552 verstorbenen Erasmus Teufel von Gundersdorf.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.9443213,15.0460203,20z - https://www.google.de/maps/@48.9443213,15.0460203,83m/data=!3m1!1e3
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Pfarrkirche Litschau im Austria-Forum:
https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Pfarrkirche_Litschau
Pfarrkirche Litschau in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_Litschau
Wenzel Morakschi:
https://regiowiki.at/wiki/Wenzel_Morakschi
Otto Kainz: Das Kriegsgerichtsprotokoll im niederösterreichischen Bauernaufstand aus dem Jahre 1597, Dissertation, Universität Wien, Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät, Wien 2008, 471 S.
https://utheses.univie.ac.at/detail/328 - pdf: https://phaidra.univie.ac.at/download/o:1249043
Teufel von Gundersdorf in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Teufel_(Adelsgeschlecht)
Bauernaufstand 1596/1597:
https://regiowiki.at/wiki/Bauernaufstand_1596/1597
Bauernkriege: http://www.bauernkriege.de/oesterreich.html
Bauernaufstände: https://www.zwettl.gv.at/Die_Bauernaufstaende_1596_97

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