Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3042
Raabs an der Thaya (Bezirk Waidhofen, Niederösterreich)

Epitaphien und Grabplatten in der kath. Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt

Die katholische Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt liegt im zu Raabs an der Thaya gehörenden westlichen Stadtteil Oberndorf. Die Kirche liegt genau westlich der Burg Raabs, die über dem Zusammenfluß der Deutschen (von Westen) und der Mährischen (von Norden) Thaya thront. Die Pfarrkirche war früher eine Wehrkirche. Die Mauer des ehemaligen Friedhofs umgibt die Kirche. Ein Schopfwalmdach faßt das dreischiffige Langhaus der Staffelkirche zusammen. Die Seitenschiffe, wesentlich schmäler und niedriger als das Mittelschiff, besitzen eigene Chorabschlüsse. Der hochgestreckte, von Strebepfeilern umgebene Chor ist etwa so lang wie das Langhaus; der schlanke Südturm, der noch aus der Gotik stammt, steht über dem Südchor an der Nahtstelle zwischen Langhaus und Chorbereich. Das spitze Pyramidendach stammt von 1910. Die aus einer Eigenkirche der Raabser Grafen hervorgegangene und im 11. Jh. geweihte Kirche ist hinsichtlich ihrer Bausubstanz im wesentlichen gotisch (Chor und Langhauseinwölbung) mit romanischem Langhauskern und späterer barocker Überformung. Von heraldischem Interesse sind hier vor allem die herausragend gut gearbeiteten Grabdenkmale aus Rotmarmor. Die Kanzel stammt von 1770 und weist späte Rokokoformen auf. Die Chorausstattung ist aus einem Guß und frühklassizistisch; sie ist um 1780 entstanden. Die Pfarrei gehörte bis 1785 zum Bistum Passau, seitdem zur Diözese St. Pölten. Nördlich der Kirche gibt es einen sehr stattlichen und wuchtigen Pfarrhof aus dem 16. Jh.

1. Platte: Sibylla Fugger
Die mehrfach abgekürzte Inschrift der rotmarmornen Platte lautet: "SIWILLAE EX NOBILI FUG/GARVM FAMILIA SECVNDIS / VOTIS GENEROSI BARONIS GVLIELMI A BVCHAM RELI/CAE VIDVAE ERAT MONV/MENT HOC IVXTA MA/RITI TVMVLVM HON / ET PIET ERGO F G", unten fortgesetzt mit "VIX AN XXIX MENS VIII / DIE OBIIT VIENNE V DE/CEMB AN SAL MDLI". Um die kreisrunde Wappenkartusche im Zentrum der Platte ist ein Schriftband gelegt mit dem Wortlaut "SIWILLA FVGGERIN DOMINA A KIRCHBERG ET WEISSENHORN". Das Wappen selbst ist geviert, Feld 1 und 4: blau-golden gespalten mit zwei Lilien in verwechselten Farben (Stammwappen Fugger von der Lilie), Feld 2: in Silber eine gekrönte, schwarz gekleidete Frau oder Mohrin, mit den vorgestreckten Händen eine Bischofsmütze haltend (Grafschaft Kirchberg), Feld 3: in Rot übereinander drei silberne Jagdhörner (für Weißenhorn). Auf ein Oberwappen wurde hier verzichtet.

 

Es handelt sich hier um Sibylla Fugger (26.5.1522-5.12.1551), die Tochter von Raimund Fugger (24.10.1489-3.12.1535), Mitglied der Kaufleutezunft in Augsburg, kaiserlicher Rat, 30.6.1526 Reichsgraf, 14.12.1530 Graf von Kirchberg und Weißenhorn, und Katharina Thurzo von Bethlenfalva (1488-31.1.1535). Ihre vier Großeltern waren Georg Fugger (1453-1506), Regina Imhof (1465-1528), Johann Thurzo von Bethlenfalva, Kaufmann und Bergherr zu Neusohl, und Barbara Beck. Sibylla hat zweimal geheiratet, im Alter von 17 Jahren am 8.12.1539 in Schmiechen Wilhelm von Kuenring zu Seefeld in Tirol (8.5.1505-6.10.1541) und in zweiter Ehe im Alter von 20 Jahren am 2.11.1542 in Wien Wilhelm II. von Puchheim/Puechheim/Buchheim (-20.1.1547). Sie wurde nur 29 Jahre und 8 Monate alt und überlebte doch ihren zweiten Ehemann um mehr als 4 Jahre. Kinder sind keine bekannt, weder aus der ersten noch aus der zweiten Ehe. Im zwischen 1545 und 1549 entstandenen "Geheimen Ehrenbuch der Fugger" aus der Werkstatt von Jörg Breu dem Jüngeren sind alle drei mit ihren Wappen abgebildet, Sibylla zwischen ihren beiden Ehemännern, mit offen gelassenem Todesdatum.

2. Platte: Jörg von Puchheim
Im südlichen Seitenschiff der Kirche befindet sich das Epitaph für Jörg von Puchheim (-7.8.1458). Die außen umlaufende Inschrift der rotmarmornen Platte lautet: "X Anno d(omi)ni m cccc lviii / ist gestorben und hie begraben her Ioerg von puchaim / oberster Drugksecz / Osterreich  An mantag vor sand larentzen tag". Jörg von Puchheim aus der Linie zu Raabs und Heidenreichstein, Sohn von Albero VIII. von Puchheim und Margarethe von Eckartsau, war Rat von Herzog Friedrich V. von Österreich, dem späteren Kaiser Friedrich III., und außerdem Erbtruchseß von Österreich. Bekannt ist er für sein entschiedenes Eintreten gegen den Mailberger Bund und seine militärischen Erfolge gegen die Hussiten. Nach 1453 wandte er sich wegen ausstehender Begleichung von finanziellen Forderungen (Sold und Auslagen) gegen seinen ehemaligen "Chef", wechselte auf die Seite von König Ladislaus Postumus und führte eine Fehde gegen Kaiser Friedrich III. Jörg von Puchheim war vermählt mit Elisabeth von Neuhaus. Sein Sohn war Heinrich VIII. von Puchheim.

 

Beide Wappenschilde sind identisch, nämlich geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein roter Balken (Stammwappen der von Puchheim), Feld 2 und 3: in Schwarz eine goldene Getreidegarbe (für das Truchsessen-Amt, völlig atypisch, normalerweise drei, hier anscheinend eine frühe Form, die nicht im Siebmacher beschrieben wird). Das optisch linke Wappen ist nach innen gewendet. Bei einer Wappenvermehrung ergibt sich immer das Problem, daß bei mehreren Helmen auf dem Schildrand die einzelnen Helme proportional kleiner werden müssen. Es gibt viele kreative Lösungen, um die Helme doch ansprechend proportionieren zu können, hier hat man sich entschlossen, den Schild zweimal abzubilden und jedem der identischen Schilde eine der beiden dazu gehörenden Helme aufzusetzen, denn so kann man die Idealproportionen für jedes Einzelwappen wahren. Diese beiden Kleinode sind: Helm 1 (rechts): zu rot-silbernen Decken ein silberner, mit einem roten Balken belegter Flug (Stammkleinod der von Puchheim), Helm 2 (links): zu schwarz-goldenen Decken eine goldene Getreidegarbe (für das Truchsessen-Amt).

In der optisch oberen linken Ecke der Platte ist das Zeichen der Gesellschaft vom Drachen (Drachenorden) zu sehen. Das ist ein zu einem Ring gelegter Drachen, hier unter dem Kreuz auf dem Banner positioniert. Der Schwanz des Drachens windet sich um seinen Hals. Gegründet wurde der Orden von König Sigismund von Ungarn; das genaue Datum ist umstritten, vermutlich ca. 1390. Zahlreiche Adelige der Habsburgerländer (Oberösterreich, Niederösterreich, Tirol etc.) wie Mitglieder der Familien Puchheim, Walsee, Zelking, Maissau, Starhemberg, Pottendorf, Liechtenstein, Stubenberg, Eckartsau, Polheim, Kreig, Rorer, Wehingen, Winden, Wolkenstein, Losenstein, Plankenstein, Wartenberg, Fallbacher, Dachsberg, Hohenberg und Haunfelder traten dem Orden bei, ebenso Herzog Ernst von Österreich. Darstellungen dieses Ordensabzeichens finden sich z. B. auf dem Epitaph des Reinbrecht von Walsee, auf dem Epitaph des Hans von Fraunberg in der Stadtpfarrkirche von Prunn, auf dem Epitaph des Georg Perckheimer in der Kirche zu Schönberg, auf dem Epitaph des Conrad von Weinsberg im Kloster Schöntal, auf dem Epitaph des Giovanni Emo im Museum von Treviso und im Kreuzgang des Klosters Himmelkron.

 

Die Grafen von Puchheim waren eine der ältesten und einst wichtigsten Familien Österreichs. Die von Puchheim stammten ursprünglich aus Puchheim bei Attnang in Oberösterreich und erbten in der zweiten Hälfte des 13. Jh. Güter im Viertel unter dem Manhartsberg, darunter auch die Herrschaft Göllersdorf. Die von Puchheim erbauten im Ort ein im 15. Jh. durch Oswald und Stephan Eiczinger unter Georg Podiebrad zerstörtes Schloß, das im 16. Jh. durch Veit Albrecht und Hans Christoph von Puchheim durch einen Neubau ersetzt wurde.

Am 26.3.1613 gab es zu Preßburg eine Erhebung in den Reichsgrafenstand mit Wappenbesserung für Johann Christoph von Puechheim, Herrn zu Göllersdorf, kaiserlicher Kriegsrat, Kämmerer, Oberst, Oberhauszeugmeister. Er erhielt die Anrede "Wohlgeboren", das privilegium denominandi, den kaiserlichen Schutz und Schirm sowie die Salva Guardia (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 329.42). Am 2.6.1633 erfolgte eine weitere Grafenstandserhebung für die beiden Brüder Adolph und Karl von Puechheim (österreichisches Staatsarchiv T-OeStA/AVA Adel RAA 329.43). Vom 4.5.1634 datiert eine Bewilligung des Grafenstandes für den Obersten Adolph Freiherr von Puchheim und den kaiserlichen Rittmeister Karl Freiherr von Puchheim, das Wappen ihres Vetters, des Grafen von Puchheim, und den Titel "Graf von Puchheim, Freiherr auf Raabs" zu führen (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 329.6).

 

Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Mä Seite: 107 Tafel: 84, Band: OÖ Seite: 278 Tafel: 75, Band: Un Seite: 519 Tafel: 376 und  Band: NÖ1 Seite: 367 Tafel: 201. Das Stammwappen der von Puchheim ist der Balken; er taucht bereits 1333 und 1367 in Siegeln auf. Auch im Bruderschaftsbuch von St. Christoph am Arlberg ist der Balken präsent, alleine. Die spätere Form des Wappens ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz drei (2:1) goldene Getreidegarben (für das Truchsessen-Amt), Feld 2 und 3: in Silber ein roter Balken (Stammwappen Puchheim), Herzschild: in Rot ein silberner, golden gekrönter Löwe mit rückwärts abhängender Kette um den Hals (Krumbeck, Krumbach). Dazu werden drei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (Mitte) zu rot-silbernen Decken ein silberner, golden gekrönter Löwe mit rückwärts abhängender Kette um den Hals (Krumbeck, Krumbach), Helm 2 (rechts): zu schwarz-goldenen Decken eine goldene Getreidegarbe (für das Truchsessen-Amt), Helm 3 (links): zu rot-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits mit einem roten Balken belegt (Stammkleinod Puchheim). So ist es im Alten Siebmacher von 1605 dargestellt.

Eine andere Variante der Anordnung ist die folgende im gräflichen Wappen von 1613: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz drei (2:1) goldene Getreidegarben (für das Truchsessen-Amt), Feld 2 und 3: in Rot ein silberner, golden gekrönter Löwe (Krumbeck, Krumbach), Herzschild: in Silber ein roter Balken (Puchheim). Dabei haben einfach zwei Motive die Plätze getauscht. So ist der Schild in der Wiener Minoritenkirche am Epitaph für Johann Rudolf Graf von Puchheim dargestellt. Zu diesem Wappen werden drei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (Mitte) zu rot-silbernen Decken ein wachsender geharnischter Schwertarm, Helm 2 (rechts): zu schwarz-goldenen Decken eine goldene Getreidegarbe, Helm 3 (links): zu rot-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits mit einem roten Balken belegt. Die Garben auf Platz 1 für das Ehrenamt haben später zu der irrigen Annahme geführt, es handele sich um das Stammwappen. Beim zweiten Grafenstandsdiplom ist keine Wappenbeschreibung enthalten.

 

Die Getreidegarben aus diesem Wappen fanden Eingang in das Wappen der Grafen von Schönborn. Der Hintergrund ist folgender: Bereits früher hatten die von Schönborn von den Puchheimern die Herrschaft Göllersdorf in Niederösterreich käuflich erworben. Das Erbland-Truchsessen-Amt in Österreich, das die von Puchheim vier Jahrhunderte lang innegehabt hatten, wurde mit kaiserlicher Genehmigung vom 10.10.1696 von Graf Franz Anton Augustin von Puchheim an die Grafen von Schönborn abgetreten. Am 8.6.1710 verkaufte derselbe die Herrschaft Göllersdorf mit dem Erbtruchsessenamt an den Reichsvizekanzler Friedrich Carl von Schönborn. Vom 7.12.1710 datierte ein Zeugnis des Grafen Franz Anton von Puchheim als Letztem seines Geschlechts betreffend die Übergabe seiner Lehen und Vorrechte an die Familie Schönborn (österreichisches AT-OeStA/HHStA LA ÖA Niederösterreich 11-49). Am 19.2.1711 bekamen letztere deswegen die kaiserliche Erlaubnis, Namen und Stammwappen der von Puchheim mit dem ihren zu vereinigen. Doch dabei ist eine Panne passiert: Nicht das Stammwappen mit dem Balken, sondern die vermehrenden Getreidegarben wurden übernommen. Eigentlich ist das sogar richtiger, denn diese drei Getreidegarben stehen ja für das Erbland-Truchsessen-Amt, und das zu übernehmen, war berechtigt, die Übernahme des Stammwappens hingegen nicht, weil keinerlei Verwandtschaft zwischen beiden Familien bestand. Also würde aus Unkenntnis versehentlich das Richtige getan. Dazu wurde ein weiteres Feld für das Amt erfunden, das die von Puchheim nie geführt hatten, während all der 400 Jahre nicht, die sie dieses Amt gehabt hatten. Die Schönborn änderten den Namen zudem in "Buchheim". Die echten von Puchheim erloschen erst mit Franz Anton Augustin Graf von Puchheim (1663-13.10.1718), Bischof von Wiener Neustadt. Er war der Sohn des kaiserlichen Feldmarschalls Adolf Ehrenreich Graf von Puchheim (-1664) und dessen Frau, Maria Theresia von Losenstein (-1703). Er hatte einen bewegten Lebenslauf, wurde nach seinem Studium in Italien Domherr und Kanonikus in Passau, resignierte wegen der personellen Schwierigkeiten der Familie, die vom Aussterben bedroht war, und heiratete Maximiliane Judith Hersau (Herson) von Harras (-1694). Das Paar hatte aber keine Kinder, so daß das Opfer der Resignation umsonst gewesen war. Der letzte Graf Puchheim, Freiherr zu Raabs, Herr auf Göllersdorf, Oberst-Erbtruchseß und Kämmerer, entschloß sich nach dem Tod seiner Frau, die im Alter von nur dreißig Jahren verstarb, seine klerikale Laufbahn fortzusetzen und wurde 1695 Bischof von Wiener-Neustadt. Da er sein Leben Gott geweiht hatte und keine Leibeserben in Sicht waren, verkaufte er seinen Besitz.

3. Platte: Apollonia von Hofkirchen
Die Inschrift im oberen Teil der rotmarmornen Platte lautet: "HIE LIGT BEGRABEN DIE WOLGE/BARN FRAW FRAW APOLANIA GE/PARNE VON HOFKYRCHEN FREYIN / ZV KHOLMVZ DES EDLEN GE/STRENGEN RITER HERN LEOPOLT / VON LEMBACH RO KV MT Z / HOF RAT ELICHEN GEMAHL IST / GESTARBEN DEN 4. TAG AVGVSTI / IM 1549 IAR DER VND VNS / ALLEN GOT GNEDIG SEY". Die am 4.8.1549 verstorbene Apollonia von Hofkirchen Freiin zu Kollmitz (Kollmünz, eine weitläufige Spornburgruine östlich von Raabs) war also die Ehefrau von Leopold von Lembach, kaiserlicher Hofrat. Das im unteren Teil der Platte  in eine oben halbkreisförmig gerundete vertiefte Nische eingefügte Wappen der von Hofkirchen zeigt in Rot einen blau bekleideten Mannesrumpf mit silbernem Haar und Bart, mit goldenen Knöpfen, einem Halskragen von goldenen Spitzen, auf dem Haupte eine goldene Krone, von welcher beiderseits ein goldenes Band abfliegt, auf dem Helm mit blau-goldenen oder rot-goldenen Decken das Schildbild wachsend. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 192 Tafel: 91. Die bis dahin freiherrliche Familie erlangte 1663 den Reichsgrafenstand und brachte mit Wenzel Wilhelm Reichsgraf von Hofkirchen (-6.11.1679) einen Fürstbischof von Seckau hervor. Rietstap schreibt über die Familie, die sich früher Jude von Hofkirchen nannte: "Barons du St.-Empire, 1464; ét. 1703: comtes; ét. 1692. De gueules, à un buste de roi, habillé d'azur, au rabat d'or, couronné du même, à deux rubans du même flottant de la couronne. Casque couronné. Cimier: le buste de l'écu. Lambrequin: d'or et d'azur."

 

Ihr Ehemann, Leopold von Lembach, entstammte einer steiermärkischen Familie; sein hier nicht dargestelltes Wappen wäre wie folgt aufgebaut: Geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein golden gekrönter, roter Löwe auf grünem Boden, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Meerkatze mit Leibgurt, die eine silberne Stiege erklimmt, auf grünem Boden, dazu zwei gekrönte Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein golden gekrönter, roter Löwe, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken eine silberne Meerkatze mit Leibgurt sitzend. Dieses Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 266 Tafel: 138 und bei Zacharias Bartsch. Die Familie ist vor 1579 erloschen.

4. Platte: Lorenz von Hofkirchen und Elisabeth von Lobkovicz
Mit der nächsten rotmarmornen Platte bleiben wir in der gleichen Familie: Die im oberen Teil angebrachte und mit einem häßlichen Stufenversatz im Wappenfeld fortgesetzte Inschrift lautet: "Anno d(o)m(ini) m cccc lxxxx vi Jar / am pfincztag zu Mitterfasten / ist gestorb(e)n d(er) ed(e)l wo(h)lgebor(e)ne he(rr) / her(r) lorencz Hofkircher von kol/muncz und li(e)gt hie(r) pegrabe(n) un(d) / fraue(n) elisabet(h) seine gemael un(d) / mit seinen kinde(rn) de(nen) got(t) ge/nedig / sei am/en". Die Datumsangabe bedeutet am Donnerstag nahe der Mitte der Fastenzeit (welche Sonntag Laetare ist). Es handelt sich bei dem Paar um Lorenz Freiherr von Hofkirchen (-1496 lt. Platte, in der Lit. überall falsch 1500) und seine Frau Elisabeth Popel von Lobkovicz (Lobkowitz). Sie war die Tochter von Ladislav I. Popel von Lobkovicz, Freiherr von Lobkovicz auf Chlumecz, und Benigna Katharina (Anna) Freiin Kragjrz z Kraigk. Die Söhne aus dieser Ehe waren Wolfgang Freiherr von Hofkirchen (-1538), welcher Barbara von Traun heiratete, und Wenzel Freiherr von Hofkirchen, welcher Anna von Mainburg heiratete.

 

Das Wappenfeld trägt ein Ehewappen, heraldisch rechts befindet sich das gewendete Vollwappen der Freiherren von Hofkirchen wie bei der vorigen Platte beschrieben, heraldisch links befindet sich das Wappen der Popel von Lobkovicz, der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: rot-silbern geteilt (Stammwappen Popel von Lobkovicz), Feld 2 und 3: in Silber ein schräger schwarzer Adler (erloschene Zerotin-Janowicz, böhmische Familie), auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Köcher mit einem Busch silberner Straußenfedern (üblicher sind Darstellungen mit nur einer einzigen Straußenfeder). Zu dieser Vereinigung der Felder kam es 1479, weil Nikolaus II. von Lobkovicz eine Erbtochter aus dem böhmischen Geschlecht Zerotin geheiratet hatte.

Diese sehr alte böhmische Familie, die ursprünglich Popel hieß, was soviel wie "Asche" bedeutet, kaufte 1408 die Herrschaft Lobkovicz samt der dortigen Burg. Die Familie spaltete sich unter den Söhnen von Nicolaus von Lobkovicz (-1435), Oberstlandschreiber des Königreiches Böhmen und einer der reichsten und einflußreichsten Männer im Königreich, in zwei Linien: Nikolaus II. von Lobkovicz bekam Hassenstein samt Zugehör und gründete die Linie Lobkovicz-Hassenstein; Johann bekam Lobkovicz stiftete die Linie Popel von Lobkovicz. Diese beiden Brüder wurden 1459 von Kaiser Friedrich III. in den Reichsfreiherrenstand erhoben. 1479 erhielt die Familie den böhmischen Herrenstand. Die ältere Linie zu Hassenstein erlosch während des Dreißigjährigen Krieges in Böhmen. Die jüngere Linie spaltete sich erneut in zwei Äste, der eine Ast erlosch 1722 mit Udalrich Felix Popel Graf von Lobkovicz, Oberst-Jägermeister des Königreichs Böhmen, der andere, jüngere Ast erlangte den Fürstenstand: Adalbert Zdenko Popel Freiherr von Lobkovicz (-1628) wurde von Kaiser Ferdinand II. mit Diplom vom 17.8.1624 in den Reichsfürstenstand erhoben (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 536.11).

Für diese Familie gibt es auch noch ein weiter vermehrtes fürstliches Wappen, das ist einmal gespalten und zweimal geteilt mit Herzschild, Feld 1: in Gold ein vorwärts gekehrter schwarzer, silbern bewehrter Auerochsenkopf mit einem goldenen Ring durch die Nase (erloschene von Pernstein), Feld 2: in Rot ein aus der Teilung wachsender goldener Engel (Herzogtum Sagan, das war früher einmal die Helmzier des Wappens des Herzogtums), Feld 3: in Blau unter 3 (2:1) goldenen Sternen ein silberner Dreiberg (neues Wappen für die gefürstete Grafschaft Sternstein/Störnstein), Feld 4: in Blau ein gekrönter goldener Löwe (Gnadenwappen, ursprüngliches Schildbild des Herzogtums Sagan, mit dem Engel als Helmzier), Feld 5: in Gold 3 schwarze Pfähle (gehört zur gefürsteten Grafschaft Sternstein), Feld 6: in Gold der schwarze schlesische Adler, auf der Brust belegt mit einer silbernen liegenden Mondsichel, in der Höhlung mit einem silbernen Kreuzchen besteckt (weil früher das Herzogtum Glogau mit Sagan vereint gewesen war). Als Herzschild wird das gevierte Wappen wie zuvor geführt, Feld 1 und 4: rot-silbern geteilt (Stammwappen Popel von Lobkovicz), Feld 2 und 3: in Silber ein schräger schwarzer Adler (erloschene Zerotin-Janowicz).

Dazu werden im fürstlichen Wappen insgesamt vier Helme geführt, Helm 1 (innen rechts): ein vorwärts gekehrter schwarzer, silbern bewehrter Auerochsenkopf mit einem goldenen Ring durch die Nase (erloschene von Pernstein), Helm 2 (innen links): auf dem gekrönten Helm mit blau-silbernen Decken sechs rot-silbern-rot-silbern dreimal geteilte Fähnchen an goldenen Schäften, drei nach rechts wehend, drei nach links (für die gefürstete Grafschaft Sternstein/Störnstein), Helm 3 (außen rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Köcher mit einer silbernen Straußenfeder (Stammkleinod Popel von Lobkovicz), Helm 4 (außen links): auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken ein rot-silbern geschachtes viereckiges Schirmbrett, oben mit drei Pfauenfedern besteckt (für das Herzogtum Sagan, stammt ursprünglich vom Herzogtum Glogau).

Diese Vermehrung kam dadurch zustande, daß der oben erwähnte Adalbert Zdenko Popel Freiherr von Lobkovicz (15.8.1568-16.6.1628), Hofrat und 1559 oberster Kanzler der böhmischen Krone, Polixena Herrin von Pernstein heiratete (Feld 1, Helm 1), was ihm die Herrschaft Raudnitz einbrachte. Der einzige Sohn, Wenzel Eusebius Reichsfürst von Lobkovicz (20.1.1609-22.4.1677), kaufte 1646 die Herrschaft Sagan von Kaiser Ferdinand III., die jetzt zum Herzogtum erhoben wurde (Feld 2, 4 und 6, Helm 4). Seine Reichsherrschaft Neustadt an der Waldnaab wurde 1641 zur gefürsteten Grafschaft Sternstein/Störnstein erhoben (Feld 3 und 5, Helm 2), und aufgrund dessen bekam er am 30.6.1653 die Reichsstandschaft mit einer Virilstimme im Reichsfürstenrat. Seine Enkel stifteten wiederum zwei Linien. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Un Seite: 374 Tafel: 281, Band: FstM Seite: 28 Tafel: 58, Band: Sibü Seite: 61 Tafel: 28, Band: Bö Seite: 195 Tafel: 84, Band: Mä, Seite: 71-72, Tafel: 56, ferner bei Otto Hupp im Münchener Kalender 1897.

5. Epitaph: Marinus Rudolph von Andlau
Mit diesem Grabdenkmal wechseln wir in eine viel spätere Zeit: Aus dem Barock stammt das an der Wand angebrachte Epitaph für Marinus Rudolph Freiherr von Andlau (-25.2.1725), der 83 Jahre alt wurde. Er war der Sohn von Georg Friedrich II. von Andlau (1599-2.1.1676), vorderösterreichischer Kammerpräsident, und von einer seiner vier Ehefrauen; es ist uneindeutig, von welcher. Er war in erster Ehe vermählt mit Anna Sidonia von Hohenfeld (1650-1695) und in zweiter Ehe mit Maria Isabella von Kirchberg. Marinus Rudolph von Andlau, der am 16.3.1676 Reichsfreiherr wurde und 1684 den niederösterreichischen Herrenstand erlangte, machte eine militärische Karriere: Er war Hauptmann einer Freiwilligen-Kompanie zu Fuß in Ungarn gegen die Türken bei Neutra, Kommandant von Neutra und Gouverneur der Festung Veszprem. Er war Besitzer von Reith und von Mühlfeld. Aus seiner ersten Ehe gab es folgende Kinder: Marinus Albert, Marinus Raymond, Maria (Elisabeth) Theresia Polyxena, Marinus Karl Franz Anton, Maria Magdalena und Maria Charlotte von Andlau. Aus seiner zweiten Ehe kamen noch folgende Kinder hinzu: Maximiliane, Maria Helena Maximiliane, Marinus Franz Joseph, Viktoria Barbara, Marinus Ludwig, Marinus Adolf Engelbert, Maria Esther Isabella, Marie Luise und Maria Barbara Viktoria von Andlau; auffallend sind die Leitnamen Maria und Marinus.

Die elsässischen Herren von Andlau führen in Gold ein durchgehendes rotes Kreuz, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein wachsender Königsrumpf (Mannesrumpf) in Hermelinkleidung, golden gekrönt. Nachweise: Berliner Wappenbuch, Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 21 Seite 68, Siebmacher Band: Bad Seite: 4 Tafel: 4, NÖ1 Seite: 9 Tafel: 5, Band: Els Seite: 2 Tafel: 3, Band: PrGfN Seite: 29 Tafel: 22. Hier ist nur der Schild korrekt tingiert; das komplette Oberwappen ist hingegen weiß angestrichen.

Eben dieser Marinus Rudolph von Andlau erhielt am 16.3.1676 zusammen mit seinen Brüdern Ferdinand Ernst und Ludwig Franz den Frei-und Panierherrnstand mit der Anrede "Wohlgeboren" und eine Wappenbesserung: Das Stammwappen wurde einem schwarzen Doppeladler in rotem Schild als Herzschild aufgelegt, so die Darstellung in den Unterlagen des österreichischen Staatsarchivs (At-OeStA/AVA Adel RAA 7.55), was in dieser Farbkombination eine schlimme Fehlleistung der kaiserlichen Kanzlei ist. Am 8.10.1680 kam es zur Kassation des Konzeptes (At-OeStA/AVA Adel RAA 7.56). Das spätere gräfliche Wappen hat jedenfalls den schwarzen Doppeladler in goldenem Feld.

6. Epitaph: unbekannter Ritter
An der nördlichen Umfassungsmauer der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt ist ein Epitaph eingemauert, das nicht namentlich bezeichnet ist und keinerlei Lebensdaten enthält. Unter dem in Rüstung dargestellten Verstorbenen ist ein Bibelzitat (Johannes 5, 28) angebracht: "IOHAN AM 5 CAP / ES KOMPT DIE STVND IN WELCHER AL/LE DIE IN DEN GRAEBERN SIND WER/DEN SEINE STIM(M)E HOREN VND WERDE(N) / HERFVR GEHEN DIE DA GUT(E)S GETHA(N) HA/BEN ZVR AVFERSTHEHVNG DES LE/BENS DIE ABER VBELS GETHAN HABEN / ZVR AVFERSTHEHUNG DES GERICHTS". Das Wappen zeigt ein schräggestelltes Schurfeisen oder einen ebensolchen Feuerstahl, auf dem Helm ein mit dem Schildbild belegter Flug; das Wappen ist linksgewendet. Die Zuordnung ist offen, Hinweise willkommen.

 

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.8472256,15.4863768,19z - https://www.google.de/maps/@48.8471785,15.4863441,93m/data=!3m1!1e3
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Europäische Stammtafeln Neue Folge Band 9, Marburg 1987 Tafel 35
Genealogische Datenbank des H. Wember:
https://gw.geneanet.org/hwember1?lang=de&pz=maximilian&nz=von+bayern&ocz=10&p=sibylla&n=fugger&oc=3
Ehrenbuch der Fugger:
https://regiowiki.at/wiki/Datei:Fugger_Ehrenbuch_107.jpg - https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e0/Fugger_Ehrenbuch_107.jpg
Puchheimer:
https://regiowiki.at/wiki/Puchheimer_(Adelsgeschlecht)
Familie von Puchheim in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Puchheim_(Adelsgeschlecht)
Klaus H. Feder: Die ritterliche ungarische Gesellschaft vom Drachen (Societas draconis)
http://www.historie.hranet.cz/heraldika/etc/drachenorden.pdf
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 329.42
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2719060
österreichisches Staatsarchiv T-OeStA/AVA Adel RAA 329.43
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2719061
österreichisches AT-OeStA/HHStA LA ÖA Niederösterreich 11-4
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=5212369
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 329.6
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2719022
Jörg von Puchheim:
https://regiowiki.at/wiki/Georg_von_Puchheim
Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567), Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen Anmerkungen von Dr. Josef v. Zahn und Heraldische Besprechung von Alfred Ritter Anthony v. Siegenfeld, Graz u. Leipzig, Ulrich Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1893, Seite 66 Tafel 144
von Lobkovitz auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lobkowitz_(Adelsgeschlecht)
von Lobkovitz im Austria-Forum:
https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Lobkowitz_(Adelsgeschlecht)
von Andlau in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Andlau_(Adelsgeschlecht)
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
österreichisches Staatsarchiv At-OeStA/AVA Adel RAA 7.55
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1361252
Die Pfarrkirche auf Wkipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_Raabs_an_der_Thaya

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