Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 3000
Zell
am Main (Landkreis Würzburg, Unterfranken)
Das Kloster Oberzell
Kloster Oberzell liegt linksmainisch gegenüber von Veitshöchheim im Westnordwesten von Würzburg, 4 km Luftlinie vom Stadtzentrum entfernt. Kloster Oberzell wurde 1126 gegründet und war das einzige Kloster der Prämonstratenser in Franken im Rang einer Abtei. Anlaß für die Gründung war der Besuch des hl. Norbert von Xanten in Würzburg in diesem Jahr. Als er während des Osterfestes im Gottesdienst im Dom eine Wunderheilung einer blinden Frau vollbrachte, wurde die Neugründung eines Klosters beschlossen, die Mittel kamen durch Stiftungen von Bischof, Domklerus und Laien zusammen. Als eigentliche Gründer fungierten Johannes, Domkanoniker, und sein Bruder Heinrich. Der Bischof stellte einen ihm gehörenden Gutshof in der Nähe als Bauplatz zur Verfügung. Schon 1128 konnte der Bau der Klosterkirche begonnen werden. 1130 beurkundete der Bischof die Gründung, und 1150 wurde das Kloster zur Abtei erhoben. Anfangs war Zell ein Doppelkloster, und erst um 1230 baute man ein separates Frauenkloster in direkter Nähe, das Unterzell genannt wurde. Geistlich und de facto auch organisatorisch und wirtschaftlich unterstand das Frauenkloster immer Oberzell. Ein erster Rückschlag war der Bauernkrieg 1525, als die Aufständischen sich das Kloster als Hauptquartier ausgesucht hatten, um von da aus die Festung Marienberg anzugreifen. Kaum waren die Verwüstungen behoben, schlug der Dreißigjährige Krieg zu: Die Schweden besetzten die Klosteranlage 1631-1634 und verwüsteten erneut alles. Eine zweite und große Blüte erlebte das Kloster im Barock, architektonisch, wirtschaftlich und bildungsmäßig.
Unter den Äbten Gottfried Hammerich, Sigmund Hauck, Georg Fasel und Oswald Loschert erlebte das Kloster seine beste Zeit. Ca. 1670 wurde in Würzburg ein eigenes Studienkolleg gegründet. 1717 erreichte man, daß Gerlachsheim aus dem Machtbereich des Fürstbischofs herausgelöst und ein Priorat des Klosters wurde. Und ab 1742 erfolgte der barocke Neubau des Klosters durch den berühmtesten fränkischen Baumeister seiner Zeit, Balthasar Neumann.
Geplant war eine Anlage mit der Kirche im Norden und einer daran anschließenden Klosteranlage im Süden, die zwei Innenhöfe einschließt. Der 73 m lange Osttrakt in Richtung Main ist fertiggestellt worden, ebenso der 64 m lange Südflügel und der dazu parallele Mitteltrakt, doch der Westflügel, der bis zur Kirche reichen sollte, wurde nicht fertiggestallt. Er blieb ein 48 m langes Fragment mit Mittelrisalit und rechtem Eckrisalit. Im Mittelrisalit befindet sich das großartige Treppenhaus, das in einem Atemzug mit demjenigen in der Zisterzienserabtei Ebrach und auch mit demjenigen in Schloß Weißenstein in Pommersfelden genannt werden darf (alle drei darf man als Pommersfelden-Typ zusammenfassen): Hinter dem Eingang teilt sich in dem querrechteckigen Raum der Weg in zwei völlig gleiche, U-förmige, aber spiegelverkehrt verlaufende, jeweils zweimal mit Zwischenpodesten abknickende Treppenwege zu beiden Seiten, deren Balustraden sich in der Mitte zur Balustrade des Obergeschosses vereinigen. Über einer gestaffelten Dreierarkade im Erdgeschoß liegt oben quasi die "Vereinigungsempore" der vollkommen symmetrischen Gestaltung. Drei Korbbogenöffnungen an der Rückwand hinter dem Mittelstück erzeugen tiefenräumliche Wirkung. An den drei anderen Wänden wird die Raumtiefe durch vorgeblendete Balusterbrüstungen erzeugt, auch dieses ist eine signifikante Parallele zum Ebracher Treppenhaus. Der südliche Innenhof von ca. 38 m x 20 m Größe wird vollständig von gleich hohen Gebäudeflügeln umschlossen, doch der gleich groß geplante nördliche Hof blieb nach Westen offen. Balthasar Neumann erlebte die Fertigstellung des Treppenhauses nicht mehr, es wurde unter seinem Sohn vollendet. Doch auch dem Sohn war es nicht vergönnt, die komplette Anlage zu vollenden. Nur der Ostflügel stößt an das Querhaus der ca. 61 m langen Klosterkirche, deren Chor weit in Richtung Main vorspringt. Die Doppeltürme der Kirche stehen in einer Flucht mit der Fassade des Ostflügels.
Die neue Abtei von Balthasar Neumann besitzt gestalterisch eine große Nähe zur Würzburger Residenz. Hier wie dort wird ein unglaublicher Ornamentprunk unter und auf den Fenstern und an den Kapitellen erzeugt, der wiederum durch markante Gliederungselemente in eine übergreifende Ordnung gebracht wird. Der Baukörper ist ganz klar in Mittelrisalit (Treppenrisalit), Eckrisalite und Flügelbauten gegliedert. Das Erdgeschoß wird durch Fugenschnittgestaltung von den darüber liegenden Etagen abgesetzt. Kolossalpilaster betonen die einzelnen Achsen. Der Mittelrisalit (Treppenhausrisalit) bekommt als zentraler und wichtigster Baukörper kolossale Dreiviertelsäulen, die Hauptgeschoß und Mezzaningeschoß zusammenfassen. Auch die Behandlung der Fenster unterscheidet auf der Westseite klar je nach Baukörper. Nur die rechteckigen Hauptgeschoß-Fenster des Treppenhausrisalits bekommen gesprengte Giebel mit S-förmig geschwungenen Segmenten. Die Fenster des Mezzaningeschosses sind durchgehend stichbogig. Die Hauptgeschoßfenster der Flügelbauten sind recht groß und schließen mit einem Rundbogen ab. Der Eckrisalit hingegen bekommt kleinere Rechteckfenster und verzichtet auf Brüstungsornamente, wodurch das Mehr an sichtbarem Mauerwerk ihn gestalterisch noch einmal gegen die Flügelbauten herunterstuft. Auch wenn die Eckrisalite durch Dachform etc. hervorgehoben werden, sind sie in der Staffelung der Schmuckformen zur Mitte hin eindeutig untergeordnet.
Die Südseite ist in dieser Hinsicht einfacher. Auch auf der Südseite gibt es einen dreiachsigen Mittelrisalit mit Eingang in der zentralen Achse, oben mit einem Dreiecksgiebel abschließend. Doch die Fensterformen sind hier über die ganze Fassade gleich, und der Mittelrisalit hat kein weiteres Geschoß jenseits der Dachkante. Die Flügelbauten verzichten sogar auf die Fugenschnitt-Rustika im Erdgeschoß und auf die vertikal gliedernden Kolossalpilaster, und beim Süd-Mittelrisalit wird der gleiche Pilastertyp wie bei den Eckrisaliten verwendet.
Im Giebeldreieck befindet sich auf der Südseite kein Wappen, sondern eine von zwei Putten und Rocaille-Ornamenten begleitete Inschrift mit Chronogramm unter Verweis auf Abt Georg Fasel als Beginner und auf Abt Oswald Loschert als Vollender des Baus: "DeO aNNVeNTe / DeIPara PrOTeGeNTe / NORBeRTO PaTre FaVeN:/:Te INCePIT VTILITeR / GeORGIVS FINIVIT / PROSPeRe OSVVaL:/:DVS ABBAS" = 1749.
Das schlichtere Gestaltungskonzept setzt sich gleichermaßen auch auf der Ostseite fort. Über einem Eingang auf der Ostseite befindet sich ein weiteres Chronogramm in Form folgender Inschrift: "DUM BENEDICTORUM BIS QUINTUM, BISQUE SECUNDUM / ROMA SALUTARET TER BENDICTA PATREM / ET PRIMA AUGUSTO FRANCISCI DEXTERA SCEPTRO / FULGET ROMANI GLORIA UTERQUE THRONI / ET PRIMUS CAROLUS PRAESUL PRINCEPSQUE PHILIPPUS / ORNAT FRANCONIAM PALLIO ET ENSE REGIT / AVSPICIIS OSWALDE TVIS COLLAPSA RES VRGIT / AC LAETA EX VETERI FIT NOVA CELLA DEI". Nur die beiden letzten Zeilen enthalten das Chronogramm, das die Jahreszahl 1753 ergibt (das W wird als VV gezählt).
Rings um diesen Kern gruppieren sich die Neben- und Wirtschaftsgebäude des Klosters, wozu auch Mühlen gehörten. Zum Main hin ist dem Ostflügel eine Terrasse vorgebaut, an deren Kante ein Gebäude mit Mansarddach steht. Im Norden der Klosterkirche steht das sogenannte Schlößchen, ein klassizistischer Bau von Peter Speeth.
Ein erstes Wappen ist über dem Eingang der Klosterkirche angebracht. Die Inschrift unter dem Wappen lautet: "DUM PRINCEPS GODFRIDUS ERAT GODEFRID ET ABBAS, / CEU PACIS PORTA HAEC CONDITA PORTA FUIT. / DET DEUS UT CUNCTIS BELLIS STET CLAUSA PER ANNOS. / JANUA PACIFICA IAM PATET ISTA DIE" - während Gottfried Fürst war, und auch ein Gottfried Abt war, ist dieses Tor wie ein Tor des Friedens gegründet worden. Gebe Gott, daß es auf Jahre hin allen Kriegen verschlossen bleiben möge, und daß das friedvolle Tor jetzt bis zu jenem Tag verfügbar sein möge. Die Nennung der beiden Gottfriede grenzt die Entstehungszeit auf 1692-1698 ein, denn Fürst Gottfried ist der Würzburger Fürstbischof Johann Gottfried von Guttenberg (amtierte 1684-1698), und Abt Gottfried ist Gottfried Hammerich (ca. 1630-15.3.1710), der 1692-1710 Abt war.
Dieser Abt stammt aus Dittwar (heute ein Stadtteil von Tauberbischofsheim); sein Geburtstag ist unbekannt, er muß ca. 1630 auf die Welt gekommen sein. Sein Geburtsname war Johannes Hammerich. Er studierte in Würzburg Philosophie und Theologie und trat dann bei den Prämonstratensern als Novize ein. Als Ordensnamen wählte er Gottfried. Die Profeß legte er 1651 ab, die Priesterweihe empfing er 1655. Später promovierte er zum Dr. theol. In seinen ersten Klosterjahren war er zunächst Pfarrer in Gaukönigshofen. Danach wurde er in seinem Kloster Prior und 1673 Propst des Frauenklosters Unterzell. Am 9.10.1692 wurde er als Nachfolger des knapp einen Monat zuvor verstorbenen Lorenz Hetzer zum Abt von Oberzell gewählt. 1697 wurde er Generalvisitator der Verwaltungsbezirke Westfalia (Westfalen), Ilfeldia (Franken, Hessen und Thüringen, benannt nach Kloster Ilfeld) und Vadegotia (Pfalz, Elsaß, Lothringen und ein Stück Hessen, benannt nach Kloster Wadgassen). In Oberzell wurde unter seiner Amtszeit mit der Barockisierung der Klosteranlage begonnen, angefangen mit der Klosterkirche, die dabei diese neue Westfassade bekam. Er ließ auch neue Fenster in das Langhaus brechen und Stuck im Stil der Zeit im Inneren anbringen. Er starb im Alter von 80 Jahren.
Abt Gottfried, also Gottfried Hammerich, führt zwei schräg nach innen geneigte, zusammengestellte Kartuschen mit eingerolltem Rand. In der rechten Kartusche sieht man das redende persönliche Symbol des Abtes, zwischen zwei Balken einen angewinkelten Rechtsarm, der einen Schmiedehammer hält. Die andere Kartusche enthält das Klosterwappen, den gespiegelt-Z-förmigen Doppelhaken. Über den beiden Kartuschen ist eine Mitra mit links heraushängendem Band dargestellt, während schrägrechts der Abtsstab herausragt.
Der zeitlich nächste Abt begegnet uns an diesem Gebäude, einem Gartenhäuschen an der Kante der östlichen Terrasse (Abb. oben). Die keilsteinförmig gestaltete Mitte des Türsturzes trägt eine leere Wappenkartusche mit Mitra und Krummstab, datiert auf 1718. Durch die Datierung und die Initialen erfahren wir, daß es sich hier um den aus Neustadt an der Saale stammenden Abt Sigmund Hauck (1669-18.8.1738) handeln muß, der 1710-1738 als Abt amtierte. Sein Wappen mit der silbernen, auffliegenden Friedenstaube mit grünem Ölzweig im Schnabel in blauem Feld, die sich als Kleinod wiederholt, erscheint auch im Deckenstuck der Klosterkirche Oberzell, im Deckenstuck der Pfarrkirche Gerlachsheim und am Haus des Priors in Gerlachsheim.
Im Dreiecksgiebel des Westflügels des Oberzeller Konventsgebäudes (Herrenhaus) befindet sich das aufwendig modellierte Wappen des Oberzeller Abtes Oswald Loschert (21.12.1704-27.8.1785). Zwei geflügelte Engel halten die gewaltige Rocaille-Kartusche, die wiederum in sich göpelförmig dreigeteilt ist, wobei der künstlerische Stil sich um maximale Auflösung klarer Grenzen zwischen den Feldern bemüht. Die beiden oberen Felder und das untere Feld werden völlig anders behandelt. Die beiden oberen Felder besitzen einen körperlichen, weißgestrichenen Untergrund mit gewelltem, muschelförmig hochgezogenem Rand. Das untere Feld hingegen ist körperlos, die Motive setzen sich direkt von der gelben Wand dahinter ab, so als wäre dieses Feld ohne Untergrund.
Die beiden oberen Felder tragen die beiden heraldischen Elemente des Klosters Oberzell, rechts in Blau ein goldener, gespiegelt-Z-förmiger Doppelhaken, und über diesem Feld ist jenseits des Rocaille-Rahmens die Mitra positioniert. Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man in Silber zwei (1:1) schwarze Tatzenkreuzchen und dazwischen zwei balkenweise gestellte goldene Lilien. Hinter diesem Feld ragt jenseits des Rocaille-Randes der Krummstab des Abtes hervor. In der Mitte befindet sich das persönliche Wappen des Abtes Oswald Loschert, ein Wald aus drei belaubten Bäumen, beschienen von einer goldenen, gesichteten Strahlensonne im rechten Obereck im ansonsten blauen Himmel.
Zu diesem persönlichen Abtssymbol gehört der einzige hier vorhandene Helm, auf dem Helm ein aufgerichteter Röhrenknochen zwischen einem Flug. Der einer bürgerlichen Familie entstammende Abt hat hier ein redendes Wappen in Bezug auf seinen Vornamen gewählt, der Wald im Osten, über dem die Sonne aufgeht, das ist so redend und so gemäldehaft bildlich ausgeführt, daß es schon peinlich ist. Die Helmzier ist eine Kombination aus einem Vergänglichkeitssymbol mit einer Allerweltsfigur. Die Farben der Helmzier und der Decken sind nicht überliefert.
Oswald Loschert, der aus Rothenfels (Landkreis Main-Spessart) stammte und den Taufnamen Johann Oswald trug, war der Sohn des Fähnrichs Andreas Loschert und dessen Frau Maria Katharina. Er studierte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg 1719-1724 und schloß als Doktor der Theologie ab. Bereits am 30.12.1721 war er in das Kloster Oberzell eingetreten. Er führte das Studienhaus der Abtei in Würzburg und studierte selbst noch weiter. Am 3.9.1732 promovierte er zum zweiten Mal, nun zum Dr. iur. utr. und Dr. phil. 1738 wurde er Prior von Gerlachsheim, dem wichtigsten externen Besitz des Klosters. Das blieb er bis zur Abtswahl. Er war der vorletzte Abt des Prämonstratenserklosters vor dessen Auflösung. Seine Amtsvorgänger hatten eine letzte, insbesondere bauliche und Blüte des Klosters eingeleitet, und Loschert konnte die barocken Bauten des Klosters vollenden, 1749 den Abteiflügel, 1753 den Konventsbau, 1760 das berühmte Treppenhaus von Balthasar Neumann mit den Stuckaturen von Antonio Bossi. Die Arbeiten wurden aber von dessen Sohn Franz Ignaz Michael abgeschlossen, da der berühmte Baumeister 1753 verstorben war. Der Verbindungsflügel zwischen Stiegenhaus und Kirche wurde jedoch nicht mehr fertiggestellt.
Das gleiche Wappen dieses Abtes gibt es auch als spätbarockes Exlibris. Der unten befindliche Herstellerhinweis: "Gutwein sc: Wirceb:" verweist auf den in Augsburg geborenen Stecher Johann Balthasar Gutwein (1702-4.1.1785), der im nahen Würzburg arbeitete. Johann Balthasar Gutwein, Sohn des Augsburger Kupferstechers Johann Caspar Gutwein, wurde 1738 gleichzeitig mit Johann Salver vom Würzburger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn zum Hof- und Universitätskupferstecher ernannt. Er fertigte Wappenkalender, Buch-Illustrationen, Andachtsbilder und auch Architektur-Stiche für Balthasar Neumann an. In Wolken schwebt eine Draperie aus Tuch und Engeln, und im Zentrum verbinden sich drei einzelne Kartuschen zu einem heraldischen Arrangement. Für dieses Exlibris wird übrigens vom Stecher eine Vorlage verwendet, die schon sein Amtsvorgänger Georg Fasel (1675-1747) benutzt hatte, nur das innere Feld mit dem persönlichen Wappen des Abtes wurde ausgewechselt, alles andere außenherum ist exakt identisch.
Dort sind die Kartuschen nicht 2:1, sondern nebeneinander gestellt, und in derjenigen mit dem persönlichen Wappen des Abtes sind nicht nur drei Bäume unter der Strahlensonne dargestellt, sondern ein ganzer Wald aus schlanken Bäumen, sechs im Vordergrund und noch viel mehr im Hintergrund. Und hier sind die Engel nicht neben dem Wappen, sondern unter demselben positioniert. Eine komplette Umhüllung mit einer Rocaille-Kartusche fehlt.
Oswald Loschert war einer der gebildetsten und kultiviertesten Äbte seiner Zeit von durchweg positiver Rezeption. Und dennoch lastet ein schwarzer Fleck auf seiner Seele, denn er hatte die letzte Hexenverbrennung in Franken zu verantworten, den Feuertod der Unterzeller Nonne Maria Renata 1749. Oswald Loschert amtierte von seiner Wahl am 3.10.1747 bis zu seinem Tod am 27.8.1785. Nach ihm kam noch Christoph Kroh als Abt, der die verbleibenden 18 Jahre dem Kloster Oberzell vorstand, ehe es 1802 durch das Kurfürstentum Bayern in Besitz genommen und im Frühjahr 1803 durch die Säkularisation aufgelöst wurde. Die Klosterbibliothek kam an die Würzburger Universität.
Und auch diesem allerletzten und 44. Abt von Oberzell begegnen wir in Form seines Wappens, an der Klostermühle. Die Inschrift über dem klassizistischen Wappen, vertieft und mit weißer Farbe ausgefüllt, lautet: "QUOD ROSTRO CROCITANTE FERENS SUPER AERA PANEM / CORVE MONES, CREPITANS EXHIBET ISTA DOMUS. / TU CROCITAS MONSTRANS PANEM, STREPIT ILLA PARANDO, / QUIDNI CONVENIANT RES ET IMAGO SIBI / SED CUR ISTA DOMUM REFERANT INSIGNIA, CUM SINT / CHRISTOPHORI ABBATIS CONDIDIT ILLE DOMUM". Unter dem Wappen steht als zweite Inschrift die Datierung: "SVORVM ET PATRIAE BONO HAS AEDES STRE/PITANSQVE HOC OPVS INSTAVRAVIT / EXSTRVXIT INSIGNITERQVE AVXIT / CHRISTOPHORVS ABBAS", was als Chronogramm folgende Jahreszahl enthält: V + V + M + I + D + I + V + C + V + I + V + V + I + X + V + X + I + I + I + I + V + V + X + I + C + I + V = 5 + 5 + 1000 + 1 + 500 + 1 + 5 + 100 + 5 + 1 + 5 + 5 + 1 + 10 + 5 + 10 + 1 + 1 + 1 + 1 + 5 + 5 + 10 + 1 + 100 + 1 + 5 = 1790. Das Wappen dieses Abtes zeigt ein Kreuz, das in der Mitte mit einem Kopf des hl. Maurus belegt ist; die Tinkturen sind nicht eindeutig überliefert. Diese zentrale ovale Kartusche wird flankiert von den beiden Klosterwappen (Oberzell und Gerlachsheim), dem Doppelhaken heraldisch rechts und der Tatzenkreuz-Lilien-Kombination links. Die zur persönlichen Komponente gehörende Helmzier ist eine redende Umsetzung des Nachnamens, eine Krähe mit einem halben Brot im Schnabel. Über den beiden Klosterkomponenten sind Mitra und Krummstab positioniert.
Der Oberzeller Abt Christoph Kroh (8.6.1735-31.5.1812) stammte aus Würzburg. Er trat im Alter von ca. 20 Jahren dem Orden bei. Die Priesterweihe erfolgte am 7.6.1759, und am 9.6.1759 legte er die ewige Profeß ab. Es ist bis zu seiner Wahl zum Abt wenig über seine Laufbahn bekannt, eigentlich nur, daß er Pfarrer in Gerlachsheim war. Er wurde am 27.9.1785 zum Nachfolger von Oswald Loschert gewählt. Nachdem seine Amtsvorgänger die Bautätigkeit auf dem Klostergelände mit großen Schritten vorangetrieben hatten, wollte Abt Christoph genau so weitermachen. Doch dazu kam es nicht mehr. Er schaffte es gerade, eine neue Klostermühle errichten zu lassen, dann zogen französische Truppen durch Franken und forderten Kontributionen, die jedes weitere Bauen aufgrund der angespannten Finanzlage verunmöglichten. 1802 ergriff Bayern Besitz auch von Oberzell, und am 3.3.1803 wurde das Kloster aufgelöst.
Danach folgen viele unterschiedliche Nutzungen, unter der die Bausubstanz erheblich litt. Auf dem Gelände ließ sich 1812-1813 der jüdische Bankier Joel Jakob Hirsch (1789-1876) eine Sommerresidenz im klassizistischen Stil errichten. Dann wurde das Kloster zur Industrieanlage. Die nicht benötigten Kirchtürme wurden abgerissen, statt dessen stand nun dort der Schlot des Kesselhauses. Das Langhaus wurde zur Lagerhalle. Die Dampfmaschine wurde im Chor aufgestellt. Friedrich Koenig (1774-1833) und Andreas Friedrich Bauer (1783-1860) nutzten 1817-1901 die Klostergebäude als Fabrik für ihre weltbekannten Druckmaschinen, die Schnellpressen. Dem Druckmaschinenhersteller wurde es schließlich zu eng, er zog auf das andere Mainufer. 1901 wurde die Klosteranlage von der Kongregation der heiligen Kindheit Jesu gekauft. Seitdem gibt es wieder klösterliches Leben in Oberzell. 1903 begann man mit der Wiederherstellung der Kirche, die 1905 wiedereröffnet werden konnte. In den Abteibau zogen 1924 die Zeller Schwestern bzw. Oberzeller Franziskanerinnen, eine von Antonia Werr (1813-1868) gegründete Gemeinschaft, die sich seit 1855 für Menschen am Rande der Gesellschaft einsetzt. Seitdem hat sich bei der Wiederherstellung der Klostergebäude viel getan: Die Kirchtürme sind wiederhergestellt worden, das ganze Anwesen ist perfekt renoviert. Dem Orden geht es prächtig mit mehr als 30 Niederlassungen auf drei Kontinenten.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.801146,9.8790561,18.46z - https://www.google.de/maps/@49.8009566,9.8791729,177m/data=!3m1!1e3
Kloster Oberzell auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Oberzell
Christian Lankes, Markus Schütz: Oberzell: Mainfränkische
Prämonstratenser - Maschinenfabrik - Mutterhaus, auf den Seiten
des Hauses der bayerischen Geschichte: https://www.hdbg.eu/kloster/index.php/detail/geschichte?id=KS0458
Geschichte von Oberzell: http://www.datenmatrix.de/projekte/hdbg/kloster/kloester_detailansicht_basisdaten.php?id=KS0458&templ=relaunch_vorlage_detail_geschichte
Liste der Äbte von Oberzell: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Vorsteher,_Pröpste_und_Äbte_von_Oberzell
Gottfried Hammerich in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Hammerich
Abt Gottfried Hammerich: http://www.hkvdittwar.de/abt-gottfried-hammerich.html
Abt Sigmund Hauck: https://de.wikipedia.org/wiki/Sigmund_Hauck
Abt Sigmund Hauck: https://wuerzburgwiki.de/wiki/Siegmund_Hauck
Abt Oswald Loschert: https://de.wikipedia.org/wiki/Oswald_Loschert
Andrea Reible: Johann Balthasar Gutwein - ein Würzburger
Kupferstecher der Barockzeit, in: Würzburger
Diözesangeschichtsblätter 83. Bd., Echter Verlag, Würzburg
2020, S. 263 ff., ISBN: 978-3-429-05587-5
Stecher Gutwein im Würzburg-Wiki: https://wuerzburgwiki.de/wiki/Johann_Balthasar_Gutwein
Stecher Gutwein bei Bavarikon: https://www.bavarikon.de/object/bav:UBR-BOS-0000P304XTB00037?view=meta&lang=de
Ludwig Weiß: Oswald Loschert, Abt zu Oberzell 1747-1785, in:
Ludwig Weiß (Hrsg.): Rothenfels 1148-1948, Aschaffenburg 1949,
S. 243-246
Helmut Flachenecker, Stefan Petersen: Personallisten zu Ober- und
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Oberzell - vom Prämonstratenserstift (bis 1803) zum Mutterhaus
der Kongregation der Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu (=
Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts
Würzburg Band LXII), Würzburg 2006, S. 521-570
Leo Günther: Kloster Oberzell, von der Gründung bis zur
Säkularisation 1128-1802, in: Festschrift zum 800jährigen
Jubiläum des Norbertus-Klosters Oberzell, Würzburg 1928. S.
5-55
Oswald Loschert im Würzburg-Wiki: https://wuerzburgwiki.de/wiki/Oswald_Loschert
Abt Christoph Kroh in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Kroh
Wilfried Hansmann: Balthasar Neumann, Leben und Werk,
DuMont-Taschenbücher 184, DuMont Buchverlag Köln, Köln 1986,
ISBN: 3-7701-1814-6, S. 211-212, 214
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