Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2963
Würzburg
(Unterfranken)
Domkreuzgang zu Würzburg, Johann Egolph von Knöringen
Dieses Renaissance-Portal an der Wand des Würzburger Domkreuzgangs rahmte früher den Eingang zur Würzburger Domschule. Es ist eine Stiftung des Johann Egolph von Knöringen (25.7.1537-4.6.1575) aus seiner Zeit als Domscholaster. Diese Domschule diente vom frühen Mittelalter bis 1803 der Ausbildung des Würzburger Klerus. Zwei den Bogen flankierende kannelierte Säulen tragen einen schweren Architrav. Der profilierte Keilstein ist auf der Unterseite mit einer Rosette geschmückt. In den Bogenzwickeln sieht man links in den Wolken einen Engel, der ein Kreuz und einen Kelch trägt. Gegenüber ist in den Wolken eine Taube mit erhobenen Flügeln zu sehen. Die beiden Protagonisten dieser Szene, links der Erzengel der Verkündigung, rechts Maria unter einem Baldachin, in einem Buch lesend, werden von den freistehenden Säulen überdeckt. Die Szene wird eindeutig identifizierbar durch den Stab auf der linken Seite, um den ein Schriftband geschlungen ist. Lesbar ist nur ein Teil von "(A)VE MA(RIA G)RATI(A PLENA, DOMINVS TECVM". Auf dem Architrav steht in einem rechteckigen Feld: "RELIGIONIS ET REI PVBLICAE SEMINARIVM" (Pflanzstätte der Religion und des Gemeinwesens), beseitet von zwei Wappenschilden.
Darüber ist das Kunstwerk mehrstufig aufgebaut. Die untere Zone ist figürlich (Darstellung des Seminariums mit dem Lehrenden in der Mitte und den Studenten außerherum), die nächsthöhere enthält folgende Stiftungs-Inschrift: "D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) / CVM AD DEI LAVDEM ET REI PVB(LICAM) HVIVS FOELICEM DIV/TVRNITATEM NON MINVS PERTINEAT IVVENTVTEM VNA / CVM PIETATE BONIS LITERIS PROBISQVE MORBVS / INSTITVI QVAM VRBEM MOENIBVS CINGI AC FIRMA/RI TVTISSIMVM QVIPPE PRAESIDIVM LONGAE INCO/LVMITATIS IN PRVDENTVM VIRORVM CONSILIIS ET / SAPIENTI OMNIVM RERVM ADMINISTRATIONE PO/SITVM EST QVARE IOANNES EGOLPHVS EX NOBILI / ET EQVESTRI A KNÖRINGEN FAMILIA NATVS HVI(VS) / TEMPLI SCHOLASTICVS ET AVGVSTANVS CANONICVS / HANC SCHOLA(M) ET MVSAR(VM) DOMICILIVM AVTHORITATE SVM/MI HVI(VS) TEMPLI SENAT(VS) EX OFFICIO QVO FVGEBATVR LEGIB(VS) / REFORMARI AC CERTIS QVIBVSDAM REDDITIB(VS) DOTAVIT / OPVSQVE PRAESES SVIS SVMPTIB(VS) P C AN(N)O CHR(IST)I M D L XV".
Im obersten, halbrunden Aufsatz befindet sich das Vollwappen der Familie von Knöringen, in Schwarz ein silberner Ring, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken auf einem roten, bequasteten Kissen ein silberner Ring, oben golden gekrönt und mit einem schwarzen Straußenfederbusch besteckt. Dieses zentrale Wappen wird von den ersten vier Schilden einer Ahnenprobe begleitet. Heraldisch rechts oben wiederholt sich der Schild der von Knöringen wie beschrieben. Gegenüber ist der Schild der von Westerstetten zu sehen, von Silber, Rot und Blau halbgespalten und geteilt. Die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein roter, mit gestürzten silbernen Lindenblättchen bestreuter Flug.
Heraldisch rechts unten folgt der Schild der Familie von Schwendi, in blau-silbern gerautetem Schild ein goldener Balken. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu blau-silbernen Decken eine silberne Kugel mit einem schwarzen Federbusch (Federstoß). Als letztes folgt der Schild der von Freyberg links unten, silbern-blau geteilt, unten drei (2:1) goldene Kugeln. Die nicht verwendete Helmzier wäre zu blau-silbernen Decken ein silberner Straußenfederbusch. Wegen der Beengtheit des Raumes im Kreuzgang kann man die unteren Schilde nur halb erkennen. Diese vier Schilde passen zu folgender Genealogie nach Salver: Die Eltern des Probanden waren Ulrich von Knöringen und Anna von Westerstetten. Die Großeltern väterlicherseits waren Ulrich von Knöringen und Susanna von Schwendi, diejenigen mütterlicherseits Wolf von Westerstetten und Katharina von Freyberg. Die acht Urgroßeltern waren gemäß Salver Wolfhard von Knöringen, Engelburga Marschallin von Biberbach, Wilhelm von Schwendi, Susanna Kraft von Thalmesingen (Kraft von Dellmensingen), Wolf von Westerstetten, Benigna von Eyb, Joachim von Freyberg und Genovefa von Roth.
Zwei weitere Wappenschilde befinden sich an den beiden äußeren Enden des Architravs, die sich nicht in die genannte Ahnenprobe einordnen lassen. Optisch links sieht man den Schild der von der Kere (silbern-schwarz geteilt mit einem Raubvogelbein in verwechselten Farben), gegenüber den Schild der von Neustetter gen. Stürmer (in Silber ein schwarzer Schach-Roch). Sie gehören zu den beiden höchsten Dignitäten des Domkapitels: Richard von der Kere war 1562-1583 Dompropst, und Erasmus Neustetter gen. Stürmer (7.11.1523-3.12.1594) wurde 1564 Domdechant (Domdekan) in Würzburg und resignierte 1570, das würde gut in die Bauzeit passen. Zu beiden Dignitäten gibt es jeweils ein eigenes Kapitel mit den Lebensdaten.
Johann Egolph von Knöringen bekam am 29.10.1556 eine Dompräbende, die durch die Resignation von Martin von Heldritt freigeworden war. Er studierte ab 1559 in Ingolstadt, danach in Bologna und in Freiburg. Er wurde 1561 Kapitular und am 20.11.1564 Domscholaster. Außerdem war er seit 1547 Kanoniker in Freising. 1553 trat er in das Kollegiatstift Ellwangen ein. Er hatte auch noch ein weiteres Eisen im Feuer, denn er war auch seit 1552 Domherr in Augsburg. Dort stieg er weiter auf und wurde 1573 zum Fürstbischof von Augsburg gewählt. 1570 resignierte er das Würzburger Domscholasteramt zugunsten von Julius Echter von Mespelbrunn. Im gleichen Jahr wurde er apostolischer Protonotar. Vom Kaiser wurde er 1575 zum Pfalzgraf ernannt. Er regierte nur zwei Jahre in Augsburg, denn er starb bereits am 4.6.1575, zehn Jahre nach der Stiftung dieses Seminareingangs. Er hinterließ eine bedeutende Kunst- und Büchersammlung, die er der Universität Ingolstadt vermachte und die sich heute in der Universitätsbibliothek der LMU in München befindet. Da er also 1564-1570 in Würzburg Domscholaster war, paßt das sehr gut zur angegebenen Bauzeit 1565.
Als Augsburger Fürstbischof führte er das Wappen geviert, Feld 1 und 4: rot-silbern gespalten (Hochstift Augsburg), Feld 2 und 3: in Schwarz ein silberner Ring (von Knöringen), dazu drei Helme, Helm 1 (Mitte): eine Inful, Helm 2 (rechts): zu rot-silbernen Decken ein rot-silbern gespaltenes Schirmbrett (Hochstift Augsburg), Helm 3 (links): zu schwarz-silbernen Decken auf einem roten, bequasteten Kissen ein silberner Ring, oben golden gekrönt und mit einem schwarzen Straußenfederbusch besteckt (von Knöringen). Hugo Gerard Ströhl bildet in seinem Heraldischen Atlas ein solches Wappen mit 4er-Ahnenprobe ab. Johann Egolph von Knöringen ist im Augsburger Dom bestattet.
Literatur,
Links und Quellen:
Bistum Würzburg: https://www.bistum-wuerzburg.de/
St. Kilians-Dom: https://www.dom-wuerzburg.de/index.php?r=t/
Beschreibung dieses Domherrn in: Joh. Octavian Salver, Proben des
hohen deutschen Reichs Adels oder Sammlungen alter Denkmäler http://books.google.de/books?id=ZONWAAAAcAAJ S. 445, auch unter https://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0006/bsb00065646/images/
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und
Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag -
Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher
Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Johann Egolph von Knöringen: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Eglof_von_Knöringen
Friedrich Roth: Johann Egolph von Knoeringen, in: Allgemeine
Deutsche Biographie 50 (1905), S. 683-684 https://www.deutsche-biographie.de/pnd100118747.html#adbcontent - https://www.deutsche-biographie.de/sfz57214.html
Hans Thurn: Die Würzburger Domschule von ihrer Anfängen bis zum
Ausgang des Mittelalters: religionis et rei publicae seminarium,
in: Würzburger Domschule in alter und neuer Zeit, hrsg. von
Günter Koch und Josef Pretscher, Würzburg 1990, S. 11-33
Erik Soder von Güldenstubbe: Spurensuche zu einer Geschichte der
Würzburger Domschule ab 1500, in: Würzburger Domschule in alter
und neuer Zeit, hrsg. von Günter Koch und Josef Pretscher,
Würzburg 1990, S. 34-58
Johann Egolph von Knöringen im Würzburg-Wiki: https://wuerzburgwiki.de/wiki/Johann_Egenolph_von_Knöringen
Familie von Knöringen: https://de.wikipedia.org/wiki/Knöringen_(Adelsgeschlecht)
Familie von der Kere: https://de.wikipedia.org/wiki/Kere_(Adelsgeschlecht)
Familie Neustetter gen. Stürmer: https://de.wikipedia.org/wiki/Neustädter_genannt_Stürmer
Erasmus Neustetter gen. Stürmer: https://de.wikipedia.org/wiki/Erasmus_Neustetter_genannt_Stürmer
Familie von Freyberg: https://de.wikipedia.org/wiki/Freyberg_(Adelsgeschlecht)
Framilie von Schwendi: https://de.wikipedia.org/wiki/Schwendi_(Adelsgeschlecht)
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