Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2897
Sulzheim (Landkreis Schweinfurt)

Das ehemalige Ebracher Amtsschloß Sulzheim

Schloß Sulzheim ist ein Barockschloß am südlichen Ortsrand des Ortes an der Wilhelm-Behr-Straße. Das direkt an der Straße liegende, breitgelagerte Schloß ist eine Dreiflügelanlage mit einem gestreckten Hauptflügel mit dreistöckigen Mittelrisalit von fünf Fensterachsen Breite und mit Mansardwalmdach. Beiderseits dieses Zentrums wird der zweistöckige Längsbau noch je zwei Fensterachsen fortgeführt, ehe die beiden ebenfalls zweistöckigen, endständigen Seitenflügel mit Walmdächern ansetzen. Diese sind drei Achsen breit und sechs Achsen tief. Zur Straße hin springen sie eine Fensterachse vor, nach hinten zum Garten zwar weiter, aber ebenfalls nur mit einer Achse. Die riesigen Fassadenflächen sind zurückhaltend, aber reizvoll dekoriert: Die vertikale Gliederung entsteht durch die plastisch hervorgehobenen Fensterachsen, den durch ein weiteres Geschoß hervorgehobenen Mittelrisaliten und durch die Eckpilaster. Die horizontale Gliederung wird durch die Sockelzone und die Gesimse aufgespannt. Die vortretenden Achsen werden ober- und unterhalb der Fenster mit eingetieften, vierpaßartigen Spiegeln aufgelockert. Insgesamt wirken die Fassaden ausgewogen. Zur Straßenseite ist über dem Portal ein Balkon mit Fensternische und mit einem schönen schmiedeeisernen Gitter angebracht.

Insgesamt ist das Schloß ca. 59 m breit und ca. 25 m tief. Es öffnet sich nach Südwesten zu einer weitläufigen Rasenfläche und einem axial ausgerichteten, von zwei Brunnen flankierten Zuweg. In ca. 40 m Abstand folgt südlich des Gartenhofs ein ca. 43 m breiter, eingeschossiger Querbau mit Tordurchfahrt in der Mitte und zwei Pavillons als seitlichem Abschluß der Seitenflügel. Zum Ensemble gehören noch zwei weitere Pavillonbauten rechts und links dieses Querbaus und ein ca. 63 m langes, zweistöckiges Ökonomiegebäude mit Walmdach entlang der nach Süden abknickenden Wilhelm-Behr-Straße. Dieses Gebäude besitzt in beiden Stockwerken uniforme querrechteckige Fenster, an der Längsseite 15, an der Schmalseite drei, und an der nördlichen Schmalseite befindet sich mittig der rundbogige Eingang. Das Gelände endet im Süden am Unkenbach.

Im Inneren des Schlosses gibt es ein großzügiges, zweiläufiges, reich dekoriertes und ausgemaltes Treppenhaus im Mittelrisalit. Seitlich läuft eine Balusterbrüstung hoch, auf deren Podesten Urnen stehen. In der Dekoration taucht das Motiv des Ebers als Bestandteil des Klosterwappens mehrfach auf. Das Gemälde in der Deckenmitte stellt den Sieg Merkurs über den Kriegsgott Mars dar. Feiner Stuck überzieht den Rest der Decke. Der zweite hervorhebenswerte Raum im Inneren ist die Schloßkapelle, auch hier ist die Decke sehr aufwendig dekoriert. Das in den feinen Stuck eingebettete Deckengemälde zeigt eine Himmelfahrt Christi, wobei dieses Thema zu einem tiefgründigen theologischen Gesamtprogramm gemacht wurde.

Sulzheim war im Mittelalter Besitz des Würzburger Domkapitels, wechselte aber im 12. Jh. den Besitzer und kam an das Zisterzienserkloster Ebrach. Wie das genau verlief, ist ungeklärt, es war entweder ein Gütertausch oder eine Schenkung Bischof Embrikos aus Anlaß der Weihe der ersten Ebracher Klosterkirche. Jedenfalls kam Sulzheim 1134 mit elf weiteren Orten an die neu gegründete Abtei Ebrach, und schon im Jahr 1149 gehörte Sulzheim vollständig zum Ebracher Grundherrschaftsgebiet. Damals gab es hier einen festen Sitz, einen burgartig ausgebauten Hof mit Wassergraben, Doppeltoranlage und Zugbrücke. Die Ebracher Mönche bauten diesen aus, doch irgendwann war der Amtshof weder repräsentativ noch gut, der Bauernkrieg, die Grumbachschen Händel, der Markgräflerkrieg und der Dreißigjährige Krieg hatten an der Substanz gezehrt: Ein Neubau wurde unerläßlich.

Dieses Schloß wurde 1716-1728 vom Kloster Ebrach im Stil des Frührokoko errichtet. Der Baumeister ist nicht bekannt, weil bei der Säkularisation 1803 alle Archivalien von Sulzheim vernichtet wurden. Man vermutet, daß die Pläne in der Nachfolge von Joseph Greissing entstanden sind (Dehio). Balthasar Neumann war es jedenfalls nicht. Das um 1696-1700, also vor dem Schloß erbaute Wirtschaftsgebäude ist besser belegt, hier war der Baumeister Johann L. Dientzenhofer (25.5.1663-20.7.1726). Das Schloß diente als Amtsschloß des Klosters, mit gemischten Funktionen: Sommerresidenz der Äbte, Amtsgebäude und Sitz des Amtmannes sowie Lager der in Naturalien zu entrichtenden Abgaben der Klosteruntertanen in insgesamt elf umliegenden Dörfern. Sulzheim hatte eine große wirtschaftliche Bedeutung für das Kloster Ebrach, denn der hiesige Amtshof erwirtschaftete ein Drittel der Gesamteinnahmen des Klosters. 

In der Mittelachse der Nordseite ist das Wappen von Abt Wilhelm I. Sölner (Selner) zu sehen. Die ovale Kartusche wird durch zwei schwungvolle Bögen in drei (2:1) Teilfelder eingeteilt, das heraldisch nächststehende Heroldsbild wäre eine eingebogene Spitze. Feld 1: in Schwarz einwärts ein in zwei Reihen rot-silbern geschachter Schräglinksbalken (Zisterzienser-Orden), Feld 2: in rotem oder grünem Feld ein schwarzer Eber, rückwärtsgewendet, im Maul einen Krummstab (Abtsstab) haltend (Kloster Ebrach), Feld 3: oben rechts eine gesichtete Sonne mit Strahlen, darunter links eine Blume mit einer Blüte und zwei Blättern (Sonnenblume). Letzteres ist das persönliche Wappen des Abtes, und es ist auf doppelte Weise redend, wenn man den Namen als Sol-ner mit Sol = Sonne interpretiert, durch die Sonne selbst und durch die Sonnenblume. Die Tinkturen sind unbekannt. Auf der Kartusche trägt ein Engelskopf die Inful mit seitlich abflatternden Bändern, und hinter dem Wappen sind zwei Krummstäbe mit den Krümmen auswärts schräggekreuzt. Mehr zu seinen Wappenvarianten im Kapitel zum Kloster Ebrach. Auch auf der Gartenseite des Schlosses ist das Wappen dieses Abtes über dem Mittelfenster des ersten Obergeschosses über dem Südportal zu sehen (ohne Abb.).

Wilhelm I. Sölner (Selner) war Ebrachs 46. Abt und stammte aus Gerolzhofen. Er wurde am 30.12.1671 geboren und besuchte die Würzburger Zisterzienserschule, die er mit der Matura abschloß. Danach ging er zum Theologiestudium an das Jesuitenkolleg in Ingolstadt. Er trat 1691 ins Kloster Ebrach ein, ging aber dann für einige Zeit ins Kloster Waldsassen. Seine Studien setzte er an der Universität Prag fort, wo er promoviert wurde und anschließend Kirchenrecht unterrichtete. Wilhelm Sölner kehrte nach Ebrach zurück, wo er zunächst Kanzleidirektor wurde. Nachdem sein Vorgänger aus Gesundheitsgründen resigniert hatte, amtierte Wilhelm Sölner als Abt von seiner Wahl am 30.4.1714 bis zu seinem Tod am 24.4.1741. Die Benediktion fand am 2.6.1715 durch den Würzburger Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau statt. Sölner war ein begeisterter Bauherr, und er gab in seiner Regierungszeit 300000 fl. für Neubauten aus, wozu auch dieses Schloß gehörte. Neben Baubegeisterung zeichneten ihn auch Herrschaftsbewußtsein und Kunstsinn aus, sodaß er einer der produktivsten Förderer guter Barockarchitektur war. Für ihn war repräsentatives Bauen vor allem auch ein Mittel zum Zweck im ewig schwelenden Streit mit Würzburg um die Oberherrschaft, wobei Ebrach sich selbst als reichsunmittelbar ansah, was aber von den anderen Akteuren, insbesondere vom Würzburger Fürstbischof, nicht so gesehen wurde. Repräsentatives Bauen schaffte Tatsachen und war auch ein bißchen ein Wettbewerb mit dem heimlichen Vorbild und Konkurrenten auf dem Würzburger Bischofsthron. Das Wappen dieses Abtes ist auch mehrfach am Klosterkomplex Ebrach zu finden.

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Ebracher Äbteliste unter Hervorhebung des hier mit einem bauplastischen Wappen vertretenen Abtes:

Abb.: südlicher Abschlußbau mit zwei Eckpavillons

1802 wurde das Schloß Eigentum des Kurfürstentums Bayern. 1815/1828 war Sulzheim ein Teil der Kompensation für das Fürstenhaus Thurn und Taxis, welches das Postregal im Großherzogtum Würzburg und im Fürstentum Aschaffenburg verloren hatte. Zeitweise wurde das Schloß als Forstamt genutzt. In dieser Zeit der säkularen Nutzung wurde Vieles zerstört und vernachlässigt. Umbauten zerstörten die meisten Räume. Fehlnutzungen erzeugten tiefgreifende Schäden, so wurde z. B. die Schloßkapelle zeitweise als Waschküche verwendet. In den 1970er Jahren wurde das Schloß erneut an Privat verkauft. Die heutigen Besitzer haben wohl viel Idealismus und gehen sorgsam mit der historischen Substanz um, aber offensichtlich äußerst begrenzte Mittel, so daß das ganze Schloß hinsichtlich seiner Erhaltung immer ein bißchen auf der Kippe erscheint: Hier besteht an allen Ecken und Enden Handlungsbedarf, um dieses Baudenkmal zu erhalten. Das Ökonomiegebäude wird für Gastronomie mit regelmäßigen Buffets verwendet, als Veranstaltungsort für Weihnachtsmärkte, Hochzeiten, Familien- oder Firmenfeiern. Doch die Zeit der Corona-Einschränkungen ließ auch hier die Einkünfte wegbrechen. Über den Förderkreis Schloß Sulzheim e. V. können an Tagen der Buffet-Veranstaltungen Schloßführungen organisiert werden.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.9461442,10.3392381,19z - https://www.google.de/maps/@49.9461442,10.3392381,167m/data=!3m1!1e3
Webseite des Schlosses:
https://www.schloss-sulzheim.de/
Schloß Sulzheim auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Sulzheim
Walter Schilling: Die Burgen, Schlösser und Herrensitze Unterfrankens, Echter Verlag, Würzburg, 1. Auflage 2012, ISBN 978-3-429-03516-7, S. 486-487
Schloß Sulzheim auf Frankentourismus:
https://www.frankentourismus.de/poi/schloss_sulzheim-37635/
Gerd Zimmermann: Ebrach, in: Wolfgang Brückner, Jürgen Lenssen (Hrsg.): Zisterzienser in Franken, das alte Bistum Würzburg und seine einstigen Zisterzen, Kirche, Kunst und Kultur in Franken Bd. 2, Würzburg 1991
Wigand Weigand, Anton Ruland: Geschichte der Fränkischen Cisterienser Abtei Ebrach, Krüll, 1834, 142 S., online:
https://books.google.de/books?id=nv1EAAAAYAAJ und https://books.google.de/books?id=qhkFAAAAcAAJ
Hildegard Weiss: Die Zisterzienserabtei Ebrach, eine Untersuchung zur Grundherrschaft, Gerichtsherrschaft und Dorfgemeinde im fränkischen Raum (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte), Lucius & Lucius Verlag, 1962, ISBN-10: 3828250564, ISBN-13: 978-3828250567, 147 S.
https://books.google.de/books?id=7u4FXtkoG-QC
Wigand Weigand, Anton Ruland: Geschichte der Fränkischen Cisterienser Abtei Ebrach, Krüll, 1834, 142 S.
https://books.google.de/books?id=qhkFAAAAcAAJ - https://books.google.de/books?id=nv1EAAAAYAAJ
Elke Goez: Das Zisterzienserkloster Ebrach in seiner fränkischen Umwelt, Sonderdruck aus dem 98. Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 1996/99
www.mgh-bibliothek.de/dokumente/b/b044741.pdf
Liste der Ebracher Äbte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Äbte_von_Ebrach
Wilhelm Sölner:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_I._Sölner
Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm: Schlösser und Burgen in Unterfranken, Hofmann Verlag Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X, S. 116-117

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2022
Impressum