Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2896
Würzburg (Unterfranken)

Der Huttenhof (Rotkreuzklinik)

Der Huttenhof befindet sich in der Kapuzinerstraße 2 nördlich des Rosenbachparks, gegenüber der Einmündung der Rüdigerstraße. Das repräsentative, dreistöckige, barocke Gebäude ist ein freistehender ehemaliger Adelshof und besitzt eine ca. 35 m lange Straßenfront und ein Mansardwalmdach. Die beiden Schmalseiten sind nicht parallel, so daß der Grundriß leicht ins Trapez verschoben ist. Die Geschosse sind durch einfache Gesimse voneinander getrennt. Die Fassaden haben keine vertikalen Gliederungselemente, nur an den Ecken gibt es etwas von der Gebäudeecke nach innen gerückte Kolossalpilaster mit Komposit-Kapitellen, die das erste und zweite Obergeschoß verbinden. Im Erdgeschoß sind die Pilasterbasen mit Fugen rustiziert, und hier führt mittig ein Rustikaportal ins Haus; es nimmt die Breite von zwei der insgesamt zwölf Fensterachsen ein. Das Portal ist der einzige wirklich ins Gewicht fallende Gestaltungsakzent in der sonst flächenhaften Fassade. Ornamentale Effekte gibt es nicht. In der Tiefe besitzt das Gebäude drei Achsen. Alle Fenster besitzen diskrete, geohrte Schmuckrahmungen und oben einen hervorgehobenen Keilstein im geraden Abschluß. Die Erdgeschoßfenster tragen einen Gitterkorb. Links des Hauses schließt ein Hoftor mit Rustika-Rahmung an, rechts in einem sehr kurzen Mauerstück eine Gartentür mit geohrter Rahmung.

Dieses Haus hat der Architekt Balthasar Neumann (27.1.1687-19.8.1753) im Jahre 1722-1724 für sich selbst als Wohnhaus gebaut. 1722 hatte er das Grundstück zusammen mit dem Hofbeamten Hartmann gekauft; der Fürstbischof hatte ihm zugeraten. Die erste Planung war noch ganz anders: Drei aneinandergebaute gleichförmige Häuser sollten einen monumentalen Block in der Kapuzinerstraße bilden. Städtebaulich war das ein Überleiten von der Residenz in den städtischen Bereich. Verwirklicht wurden nur die beiden äußeren Häuser, wovon Balthasar Neumann das rechte für sich selbst plante. Stilistisch ist das Haus seinem Frühwerk zuzurechnen. Was jedoch bereits auffällt, ist sein sicheres Gespür für ausgewogene und harmonische Proportionen: Der Bau ist von gewaltiger Größe, aber alles wirkt perfekt austariert.

Doch der Architekt blieb nicht lange in seinem Neubau, sondern veräußerte ihn gleich nach Fertigstellung 1725 an die Familie von Hutten durch einen Immobilientausch. Der Erwerber war der damalige Würzburger Domdekan und spätere Fürstbischof Christoph Franz von Hutten (19.1.1673-25.3.1729) zu Stolzenberg, und Balthasar Neumann bekam im Gegenzug den bisherigen Stadthof der Familie von Hutten, und zum Ausgleich der Wertdifferenz beider Immobilien erhielt er noch eine Summe Geldes. Balthasar Neumann zog jetzt in den alten Huttenschen Hof in der Franziskanergasse 2, der auch Hof Oberfrankfurt genannt wird. Der Grund für den Wechsel ist nicht bekannt. Der aus der Petrini-Zeit stammende Hof Oberfrankfurt wurde nur um ein Belvedere mit Aussichtskanzel und ein paar Kleinigkeiten ergänzt. Deshalb ist am Portal des neuen Hutten-Sitzes auch das Familienwappen der von Hutten zu Stolzenberg und Frankenberg angebracht, in Rot zwei goldene Schrägbalken. Die ovale Kartusche mit Schmuckeinfassung wird von einer siebenperligen Krone überhöht. Das Haus war Familieneigentum, keine Domherrenkurie.

In Würzburg müssen wir also drei Gebäude mit Bezug zur Familie von Hutten differenzieren, den alten Huttenschen Hof in der Franziskanergasse, den neuen Huttenhof in der Kapuzinerstraße und das Huttenschlößchen am südlichen Ringpark. Die Familie von Hutten verkaufte den Hof in der Kapuzinerstraße 1908 an das bisher in der Huebergasse ansässige Rote Kreuz. Seit dem Abschluß der Umbauarbeiten 1909 ist das Gebäude Krankenhaus des Roten Kreuzes (Rotkreuzklinik), zunächst für 70 Betten ausgelegt. Am 16.3.1945 wurde das Gebäude zerstört; nur Reste der Außenmauern blieben übrig. Es wurde in der Nachkriegszeit bis 1950 wieder aufgebaut. Das Vorderhaus wurde 2000-2001 saniert. Dabei wurde auch der historische Brunnen im Gartenbereich mit den beiden wasserspeienden Tieren (links Löwe, rechts Bär) wiederaufgebaut. Rückwärtig gibt es einen großen modernen Erweiterungsbau, das 1995-1999 erbaute Rosenbachpark-Gebäude.

Zum "Tauschpartner": Der Hof Oberfrankfurt hingegen ist im Krieg komplett untergegangen und wurde 1955-1959 durch ein häßliches und gesichtsloses Wohnhaus der Nachkriegszeit ersetzt. Lediglich ein Rundbogenportal mit Waffenreliefs erinnert daran, was hier einmal stand, und die original erhaltene Belvedere-Kanzel auf der Dachterrasse, die erstaunlicherweise in luftiger Höhe auf der halb aufgerissenen Ruine überlebt hatte, wurde wiederhergestellt.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7952113,9.9388679,20z - https://www.google.de/maps/@49.7952113,9.9388679,72m/data=!3m1!1e3
Huttenhof in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Huttenhof_(Würzburg)
Balthasar Neumann in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Balthasar_Neumann
Familie von Hutten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hutten_(Adelsgeschlecht)
Rotkreuzklinik im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Rotkreuzklinik
Webseite der Rotkreuzklinik:
https://www.rotkreuzklinik-wuerzburg.de/klinik/geschichte.php
Wilfried Hansmann: Balthasar Neumann, Leben und Werk, Du Mont Taschenbücher, Köln 1986, ISBN 3-7701-1814-6, S. 221-222

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