Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2859
Kufstein (Österreich, Bundesland Tirol)
Kufstein, Stadtpfarrkirche St. Vitus
Die Kufsteiner Stadtpfarrkirche St. Vitus (Pfarrplatz 2) liegt direkt am Fuße des Festungsberges an dessen nordöstlichem Aufstieg. Es handelt sich um eine nachträglich barockisierte Kirche aus der Gotik. Nachdem Kufstein 1393 zur Stadt erhoben worden war, begann man vermutlich bald darauf mit dem Bau der Kirche, die ca. ein knappes Jahrhundert später ihr Langhaus bekam und spätestens 1420 vollendet war. Es wurde eine spätgotische Hallenkirche mit drei Schiffen und mit einem polygonalen Chor. Um 1660/1661 wurde die Kirche barock überformt, dabei bekam der Turm auch seinen oberen Abschluß und den Zwiebelhelm. Die Wände wurden mit farblich abgesetzten Lisenen und Pilastern gegliedert; die Fassadenmitte wurde risalitartig mit einem Dreiecksgiebel betont und so hervorgehoben. 1840 wurde die Kirche um ein Joch erweitert; außerdem wurde das Innere klassizistisch umgestaltet. 1929 erfolgte eine Ausmalung der Gewölbe durch den Maler Rudolf Stolz. 1959 restaurierte man die Kirche und stellte weitgehend den ursprünglichen Charakter des Innenraumes wieder her. Eine weitere Restaurierung erfolgte im Jahr 1991, eine weitere Umgestaltung des Innenraumes 2009.
Die um 1500 entstandene Grabplatte für Hans Baumgartner ist in der Stadtpfarrkirche an der Wand angebracht und besteht aus weißem, rötlich geflecktem Marmor und trägt folgende Inschrift umlaufend auf dem nach außen abgeschrägten Rand: "Hie(r) li(e)gt begraben der edel und vest Hanns Bawmgartner zu Kuefstain / ist gestorben an san(c)d Bartholomais / abent do man z(a)e(h)let nach der geburd Christi MCCCC und in dem LXXXXIII ja(h)r / dem got(t) gen(a)edig sey amen". Die Inschrift ist von außen zu lesen, somit dürfte es sich um die Deckplatte eines Hochgrabes handeln. Das Zentralfeld ist tief geteilt, unten abgesetzt ist ein Feld mit einem Transi, dem Verstorbenen im Übergangszustand der Verwesung, wobei der Körper noch weitgehend erhalten ist, der Kopf aber bereits zum Totenschädel geworden ist, aus dessen Mundöffnung zwei geringelte Würmer kriechen. Darüber ist zu lesen: "Arm und reich bern (= werden) dem pild geleich". Der größte Teil des Zentralfeldes wird vom Wappen eingenommen, über dem sich ein Rundbogen mit Blendmaßwerk aus sich komplex überschneidenden Bögen mit zahlreichen Krabben spannt. Der Hintergrund des Wappenfeldes ist mit einem schrägen Rautenmuster damasziert, wobei jedes Rautenfeld einen sechszackigen Stern enthält. Der Grabstein wird dem Bildhauer Wolfgang Leeb aus Wasserburg am inn zugeschrieben.
Hans Baumgartner (-23.8.1493) war Bürger der Stadt Kufstein, ein erfolgreicher und wohlhabender Kaufmann und Bürgermeister der Stadt. Sein Wohlstand gründete sich darin, daß er 1472 vom bayerischen Herzog das Privileg erhielt, in den bis 1504 bayerisch gebliebenen Gerichten Kufstein, Kitzbühel und Rattenberg die gesamte Silberproduktion aufzukaufen. 1472 hatte er zusammen mit Antoni vom Roß und Virgil Hofer bereits Kontakt mit Herzog Sigismund dem Münzreichen (1427-1496) bezüglich der Aushandlung von Anleihen. Da die beiden anderen nicht so liquide waren, avancierte Hans Baumgartner zum alleinigen Geldgeber des Herzogs. Im Jahre 1477 lieh er ihm 8095 fl. Doch Herzog Sigismund brauchte mehr, insbesondere 1486/1487 zur Finanzierung des Angriffskrieges gegen Venedig. Die von ihm dafür getätigte Anleihe von 100000 fl. wurde von Hans Baumgartner und von den Augsburger Fuggern aufgebracht. Während das Silbergeschäft immer mehr an die Fugger ging, entdeckte Baumgartner den Kupferhandel: Denn das viele Silber wurde u. a. in Kanonen investiert, also brauchte man ein entsprechendes Angebot an Geschützmetall, um den Bedarf zu decken. Er wechselte und wurde bald im Tiroler Kupfergeschäft Monopolinhaber. Im Jahr 1490 kaufte König Maximilian I. 5000 Zentner Kupfer von Baumgartner, im Jahr 1492 kaufte er noch einmal 24000 Zentner. Baumgartner wurde 1491 in den Adelsstand erhoben. In Schwaz trat Hans Baumgartner ab 1491 als Gewerke auf. Er übernahm dort den bankrott gegangenen Betrieb von Antoni vom Roß und brachte die Firma wieder in Schwung, die bis zum Jahr 1500 ca. 14 t Silber gewann. Nach Baumgartners Tod 1493 kam, wen wundert es, 1499 auch das Kupfermonopol an die Fugger.
Das Wappen der Familie Baumgartner (Paumgartner, Baumgarten) zeigt in Blau einen silbernen (oder auch goldenen) Flechtzaun, dahinter hervorwachsend ein goldener Löwe mit roter Zunge und ebensolcher Bewehrung, auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender Mann in blauem, golden aufgeschlagenen Rock, einen blauen, golden gestulpten Spitzhut auf dem Kopf, eine goldengestielte Hellebarde über der Schulter tragend. Weitere Epitaphien der Familie finden sich in Wasserburg am Inn und in Burghausen. Auf letzterem, aus dem Jahre 1580 für den Burghauser Regierungsrat und Burgsassen Georg Philipp von Baumgarten, ist der Löwe aber schreitend auf dem Flechtzaun dargestellt. Auf einer Wappendarstellung im Mortuarium Eichstätt als Teil einer Ahnenprobe für den Eichstätter Domherren Philipp von Adelzhausen und im alten Siebmacher von 1605 ist er wachsend. Im Münchner Wappenkalender des Jahres 1903 hat Otto Hupp den Flechtzaun schräg und golden gezeichnet, in Eichstätt ist er gerade und silbern gemalt, ebenso im Siebmacher Band: BayA3 Seite: 193 Tafel: 138 und im Wappenbuch des churbayrischen Adels (Bayerische Staatsbibliothek, BSB Cgm 1508, Image 71). Die Familie, die eigentlich eine Kaufmanns- und Schiffmeisterfamilie aus Kufstein war, kam im 15. Jh. nach Bayern und kaufte sich 1508 Schloß und Herrschaft Fraunstein bei Braunau am Inn. Danach nannte sich die Familie Baumgartner von Fraunstein (Paumgartner von Fraunstein). Später wurde das Wappen vermehrt: Geviert, Feld 1: Stammwappen mit goldenem Flechtzaun, Feld 2: Marschall von Mayrhofen, aber von Rot, Silber und Gold geteilt, Feld 3: Schmiehen, von Silber und Blau geteilt, Feld 4: Gurr zu Hag, in Rot ein silbernes Pferd, dazu vier Helme. Das vermehrte Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bay Seite: 5 Tafel: 1.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.com/maps/@47.5825901,12.1700598,20z?hl=de - https://www.google.com/maps/@47.5825901,12.1700598,87m/data=!3m1!1e3?hl=de
Gert Ammann, Meinrad Pizzinini: Grabstein des Hans Paumgartner,
in: Silber, Erz und Weißes Gold: Bergbau in Tirol, Katalog der
Tiroler Landesausstellung im Franziskanerkloster und
Silberbergwerk, Schwaz, vom 20. Mai bis 28. Oktober 1990,
veranstaltet vom Land Tirol und von der Stadtgemeinde Schwaz,
redigiert von Gert Ammann, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum,
Innsbruck 1990., Objekt-Nr.: 3.17, S. 142, online: http://wwwg.uni-klu.ac.at/kultdoku/kataloge/49/html/3410.htm
Stadtpfarre St. Vitus: https://www.kufstein-stvitus.at/home
Stadtpfarrkirche St. Vitus: https://www.kufstein-stvitus.at/kirchen-kapellen/stadtpfarrkirche-st-vitus
Informationstafel in der Kirche
Pfarrkirche St. Vitus in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_Kufstein
Wappen Baumgartner in der Fischnaler Wappenkartei: https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2229&sb=paumgartner&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2227&sb=paumgartner&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2216&sb=baumgarten&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - https://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2222&sb=baumgarten&sw=&st=&so=&str=&tr=99
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