Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2832
Hall in Tirol (Innsbruck-Land, Tirol, Österreich)

Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Hall (9): Johann Joseph Spreng von Felsenheim

Dieses in die nördliche Außenwand der Haller Pfarrkirche eingelassene Epitaph aus weißem Marmor hat eine ungewöhnliche Form, hochrechteckig mit einer dachartig dreieckig nach oben gezogenen Oberkante. Die Steinmetzarbeit und die Erhaltung sind exquisit. Es ist in drei Bereiche eingeteilt, wobei die ganze obere Hälfte von einer szenischen Darstellung einer Heiligengeschichte eingenommen wird. Man sieht den Tod des hl. Franz Xaver (Francisco de Xavier, Francisco de Gassu y Javier). Das ist ein erfrischend von den üblichen Darstellungen (Pieta, Kreuzigungsszenen, Jesus am Kreuz) abweichendes ikonographisches Programm.

 

Der aus einer baskischen Adelsfamilie stammende, auf Burg Xavier (heute: Javier bei Pamplona) geborene und 1537 in Venedig zum Priester geweihte Franz Xaver (7.4.1506-3.12.1552) war 1534 ein Mitbegründer der Societas Iesu als Gegenbewegung zum Protestantismus zur inneren Erneuerung der katholischen Kirche. Er wohnte zeitweise mit Ignatius von Loyola zusammen und gründete mit diesem und weiteren Gleichgesinnten den Jesuitenorden und wirkte am Gründungsstatut mit. Und er wurde der erste Sekretär des Ordens. Er hatte sich die Mission Ostasiens zum Ziel gemacht, nachdem die Portugiesen mit der Bulle Romanus Pontifex mit päpstlichem Segen nicht nur das Handelsmonopol, sondern auch den Missionsauftrag für Asien erhalten hatten. Franz Xaver startete als Apostolischer Nuntius für ganz Asien 1541 von Lissabon aus zur Seereise um das Kap der Guten Hoffnung nach Asien. 1542 kam er nach der über Mosambik führenden Reise im indischen Goa an und wirkte dort drei Jahre lang. 1545 ging er nach Malakka und auf die Molukken (Ambon und Ternate, heute zu Indonesien). 1549 reiste er per Schiff weiter nach Japan, wo er als erster christlicher Missionar auf Kyushu in Kagoshima anlandete. In Yamaguchi im südwestlichen Honshu gründete er die erste christliche Gemeinde auf japanischem Boden. Da der kaiserliche Hof und die japanische Elite jedoch kein Interesse an ihm und seinen aus ihrer Sicht absurden Vorstellungen hatten und viel mehr mit einem mehr als 130 Jahre währenden Kriegszustand ohne zentrale Ordnung am Ende der Ashikaga-Zeit beschäftigt waren, reiste er 1552 weiter ins Ming-zeitliche China, nachdem er zuvor zum Ordensprovinzial ernannt worden war.

Doch auch da hatte er die Lage falsch eingeschätzt: China wollte keine Ausländer ins Land lassen, und der Zutritt wurde somit auch Franz Xaver verwehrt. Er kam nicht weiter als auf eine vorgelagerte Insel (Sancian = Shangchuan Dao) vor Kanton (heute: Guangzhou), wo er schließlich Ende des Jahres unverrichteter Dinge verstarb, ohne das Festland betreten zu haben. Seine sterblichen Überreste bestattete man zwei Jahre später bei Goa in Indien. Der Missionar wurde 1619 selig und 1622 heilig gesprochen. Man sieht hier, wie ihn die heilige Familie und die Engel in den Himmelswolken erwarten und ihm beistehen. Der Heilige war insbesondere durch entsprechende, um 1733 in Umlauf gebrachte Druckbilder populär. Typische Attribute sind das Kreuz in der Hand, das Schiff auf den Wellen im Hintergrund, die Lage auf dem Sterbebett in einer improvisierten Hütte und das aufgeschlagene Buch an der Seite, einsam und alleine und nur von den Engeln getröstet.

Die kleinste der drei Zonen ganz unten wird von der achtzeiligen Inschrift eingenommen, vertieft und mit schwarz gefaßten Lettern, in selbst für diese Zeit merkwürdiger Orthographie, in vornehmlich Majuskeln, aber mit eingestreuten Minuskeln, und mit wahlweise verwendeten großen und kleinen Buchstaben "R": "DI(E)SE(S) BEGrAEBNUS HAT IOHANN IOSEPH SPRENG VO(N) / FAELSENHEIMB O(BER)Ö(STERREICHISCHER) HOFCAM(M)ERRATH V(ND) ADministRATOr / DES HOCHLO(E)Bl(ichen) KINIGl(ichen) STIFT(S) AL(L)DA, Vor (=FÜR) SEINE, DEN I. / MAY 1736 VErSTOrBENE LIEBSTE EHE=FrAV ELISABETAE GE= / POr(E)NE FrANZININ VO(N) ZINOBErG V(ND) MOrEIT SEl(ig): AVCH VOr (=FÜR) SICH / V(ND) AL(L) DENEN SEINIGEN ErKHAVFT V(ND) AVFGERICHT(ET) / ICH BIT(TE) BET(E) VOr (=FÜR) DIE SO DA LI(E)GEN AVF DAS(S) SIE RVE(H)EN IN / EBIGEN (=EWIGEM) FRI(E)DEN AMENN". Es handelt sich also um ein Familienbegräbnis, das Johann Joseph Spreng von Felsenheim aus Anlaß des Todes seiner Ehefrau 1736 hat aufstellen lassen, zunächst für seine Frau, Elisabeth Franzin von Zinnenberg und Mareit, aber auch für sich und andere Anverwandte. Besagter Johann Joseph Spreng von Felsenheim war oberösterreichischer Hofkammerrat und Administrator des königlichen Damenstifts in Hall.

Die mittlere Zone, etwa das dritte Viertel der Platte von oben gezählt einnehmend, enthält das Ehewappen des Stifters und seiner verstorbenen Ehefrau. Das Wappen der Spreng von Felsenheim ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold auf einem schwarzen Dreiberg eine aufspringende schwarze (auch: naturfarbene) Gemse (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Rot auf einem silbernen, laufenden (sprengenden), golden gezäumten Pferd ein nackter Jüngling mit über dem Kopf erhobenem Pfeil mit goldenem Schaft und silberner Befiederung wurfbereit in der Rechten, auf dem gekrönten Helm mit rechts schwarz-goldenen und links rot-silbernen Decken eine wachsende schwarze (auch: naturfarbene) Gemse.

Einen Wappenbrief mit dem Stammwappen gab es am 2.10.1539 von Kaiser Ferdinand für Lienhard und Adam Spreng, ersterer Richter in Altenburg. Am 15.3.1552 gab es zu Innsbruck einen Wappenbrief für Leonhard Spreng von Kaiser Karl V. mit Lehenartikel (AT-OeStA/AVA Adel RAA 403.2). Am 29.5.1675 gab es ein Ritterdiplom nebst Wappenbesserung von Kaiser Leopold I. für Peter Spreng (AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 931.25) mit dem Zusatz "zu St. Anna". Ein Adelsdiplom von Kaiser Karl VI. gab es zu Wien am 25.1.1721 für Johann Christoph Spreng und dessen Vetter Adam Spreng, letzterer Gerichtsschreiber am Gericht zu Altenburg in Tirol (AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 931.26). In diesem Diplom kam es zur Wappenvermehrung und zur Verleihung des Prädikats "von Felsenheimb"..

Das Wappen der Franzin von Zinnenberg und Mareit ist einmal gespalten und zweimal geteilt (hier sind die Felder 3 und 4 sehr schmal und zu Schildfuß bzw. Schildhaupt der angrenzenden Felder geworden) mit Herzschild, Feld 1 und 6: in Schwarz auf einer silbernen, schwarzgefugten Zinnenmauer mit welschen Zinnen schreitend ein doppelschwänziges goldenes Pantier, hier mit Löwenkörper, Vogelklauen und Adlerschnabel, in anderen Darstellungen mit aus Maul und Ohren hervorkommenden Duftwolken ("Flammen"), Feld 2 und 5: in Gold ein aus dem linken Obereck hervorkommendes rechteckiges rotes Kissen wie ein linkes oberes Freiviertel mit einer sichtbaren roten Quaste am rechten Untereck, Feld 3 und 4: in Silber zwei rote Schräglinksbalken, Herzschild: in Gold ein schwarzer, rotgezungter Adler. Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): zu schwarz-goldenen Decken ein wachsendes goldenes Pantier wie in Feld 1, Helm 2 (links): zu rot-goldenen Decken ein Paar Büffelhörner, das rechte golden-schwarz geteilt, das linke mehrfach rot-silbern schräggeteilt. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Tir Seite: 6 Tafel: 6-7 und im Band: Bay Seite: 77 Tafel: 87.

Der namengebende Ansitz Zinnenberg liegt auf dem Eppan (Eppan-Berg, Bergstraße 53). 1570 kam der Besitz an die Familie Franzin. Der Ansitz wurde 1620-1630 an der Stelle des Weinhofes Puecherhof von Eustachius Franzin erbaut und blieb bis ins 18. Jh. in Familienbesitz, als er aus finanziellen Gründen von der Familie Franzin verkauft wurde. Mareit ist ein massiver Wohnturm in Eppan-Sankt Pauls (Platzlweg 10), der im 13. Jh. für die Herren von Mareit erbaut wurde und um 1600 umgebaut wurde.

Das Stammwappen der Franzin ist gespalten, rechts in Schwarz auf einer silbernen Zinnenmauer ein goldenes Pantier, links in Silber drei rote Schräglinksbalken, auf dem Helm mit rechts rot-silbernen und links schwarz-goldenen Decken das goldene Pantier wachsend. Einen Wappenbrief bekam die Familie am 19.9.1570 (AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 254.19). Das adelige Wappen von 1630 ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz auf einer silbernen Zinnenmauer ein goldenes Pantier schreitend, Feld 2 und 3: in Silber drei rote Schräglinksbalken, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken das goldene Pantier wachsend. Im Siebmacher Tir werden die Schrägbalken für diese und nachfolgende Entwicklungsstufen grundlos golden in Schwarz angegeben. Am 22.5.1652 erhielten die Brüder Adam, Franz Wilhelm und Mathias sowie deren Vettern Bartholomäus, Ludwig und Michael Franzin von Zinnenberg zu Mareit eine Wappenbesserung mit dem weiteren Prädikat "und Campan" (AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 254.21). Als nächste Entwicklungsstufe folgt das einmal gespaltene und zweimal geteilte Wappen mit Herzschild und mit zwei Kleinoden wie oben bei der Beschreibung der Marmorplatte angegeben. Die zusätzlichen Felder 2 und 5 sind dem Wappen der erloschenen von Zinnenberg entnommen.

Neben dieser Form gibt es in der Fischnaler-Wappenkartei noch eine andere Variante, mit einer goldenen Laubkrone im goldenen Herzschild, mit drei roten Schräglinksbalken in den Feldern 3 und 4, mit einem naturfarbenen, gefleckten Raubtier (natürlicher Panther) in den Feldern 1 und 6, mit einem golden gekrönten und ebenso bewehrten schwarzen Adler auf dem Helm 1 (Mitte), mit dem naturfarbenen, gefleckten Raubtier auf Helm 2 (rechts) und mit einem rechts golden-schwarz, links silbern-rot geteilten Paar Büffelhörner auf Helm 3 (links), Decken rechts schwarz-golden, links rot-silbern. Das ist das freiherrliche Wappen. Eine dritte Variante hat ebenfalls den dritten Helm, aber in schwarzem Herzschild die goldene Laubkrone und ein goldenes Pantier, aus dessen Maul und Ohren rote Duftwolken ("Flammen") hervorkommen, in Feld 1 und 6 sowie auf Helm 2 wachsend, alles andere wie zuvor, mit Bezug auf ein Freiherrenstands-Diplom des Jahres 1672, als Franzin Freiherren von Zinnenberg zu Weißenheim, Mareit und Campan. Dort findet sich auch die verschobene Anordnung wie hier auf dem Marmorrelief, wo Feld 3 zum Schildhaupt von Feld 5 und Feld 4 zum Schildfuß von Feld 2 wird.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.2815831,11.5066981,20z - https://www.google.de/maps/@47.2815831,11.5066981,88m/data=!3m1!1e3
Anton Eberle: Grabsteine der St. Nikolaus-Pfarrkirche zu Hall, 1876, Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg 3/20, S. 1-42, https://www.zobodat.at/pdf/VeroeffFerd_3_20_0001-0042.pdf - insbes. S. 27-28
Heiliger Franz Xaver: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Xaver - https://www.heiligenlexikon.de/BiographienF/Franz_Xaver.htm - https://heilige.de/de/heilige/saints.804.html
Wappen der Spreng von Felsenheim in der Fischnaler-Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24656&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24655&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?wappen_id=24671&drawer=&tr=1#next - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24661&sb=felsenheim&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24678&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24677&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24679&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24672&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24662&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24658&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24657&sb=spreng&sw=&st=&so=&str=&tr=99
Adelserhebungen für die Familie Spreng im Österreichischen Staatsarchiv:
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4383799 - https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2722619 - https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4383798
Wappen der Franzin von Zinnenberg in der Fischnaler-Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=12439&sb=franzin&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=12441&sb=franzin&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=12442&sb=franzin&sw=&st=&so=&str=&tr=99

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