Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2824
Hall in Tirol (Innsbruck-Land, Tirol, Österreich)

Burg Hasegg und das Münzertor

Zwischen dem historischen Ortskern und dem Inn liegt die Burg Hasegg  südlich der Altstadt, von dieser durch die Salzburger Straße getrennt. Die Burg und das baulich mit ihr verbundene Münzertor, das einzige noch erhaltene historische Stadttor von Hall, bilden eine Einheit. Die Burg bildete früher die südliche Eckbefestigung der Stadt, und so entstand der Name: festes Haus am Eck -> Has-egg, alternativ Pfannhaus-Eck -> Has-egg. Die östlich der Burg verlaufende Münzergasse führt durch die Toröffnung hindurch. Ein langgestreckter, unregelmäßiger Innenhof wird auf allen Seiten von drei- und viergeschossigen Trakten umgeben. In der Nordostecke des Innenhofes führt ein überdachter Stiegenaufgang in die Säle. Die Südspitze der Burg Hasegg bildet der weithin sichtbare Münzerturm, ein spätgotischer Rundturm mit charakteristischem Aufsatz. Ein kleinerer und einfacherer Turm an dieser Stelle wurde 1296 als "turris in salina" erwähnt, und das kennzeichnet seine damalige Funktion: Er hatte die wichtige Aufgabe, die nahen Sudpfannen-Anlagen der Haller Saline zu überwachen, vor allem wegen der dort unterhaltenen Feuerstellen als Brandwache. Daraus entstand eine Burg der Tiroler Landesfürsten, die an strategisch wichtiger Position steht und gleichzeitig den Flußübergang über den Inn, die alte Römerstraße und den Schiffsverkehr kontrollieren konnte. 1306 wird die Burg erstmals urkundlich erwähnt.

 

Ein zweites Kapitel in der Geschichte der Burg Hasegg wurde im 15. Jh. geschrieben. Der Tiroler Landesfürst residierte erst im sogenannten Königshaus als Stadtresidenz. Graf Leopold III. von Tirol (regierte Tirol bis 1406, Leopold IV. von Österreich) und sein jüngerer Bruder, Friedrich IV., der mit der leeren Tasche (1382-24.6.1439, seit 1404 Mitregent in Tirol, regierte Tirol 1406-1439), gaben diese Residenz 1406 an die Stadt, die sie fortan als Rathaus nutzte. Der Nachfolger, Erzherzog Siegmund der Münzreiche (26.10.1724-4.3.1496, regierte Tirol 1439-1490), legte wieder Wert auf eine standesgemäße Residenz in Hall, und er ließ ab 1480 den gesamten südlichen Teil des Salinengeländes (Pfannhausgelände) zu einem repräsentativen landesherrlichen Sitz ausbauen. Der Stadtbrand von 1447 war sicher auch ein Grund dafür, daß man die neue Residenz abseits der dichten städtischen Bebauung positionierte. Der Münzerturm, heute das Wahrzeichen der Stadt Hall, entstand 1480, und das Münzertor entstand kurz danach. Die Wohnbereiche blieben zunächst noch bescheiden, 1484 gab es in der Burg erst sieben Haupt- und acht Nebenräume. Eine Bastei verstärkte 1490 das Tor.

Um 1500 wurde unter Maximilian I. der Münzerturm erhöht; die Nahtstelle ist an den Kragsteinen zu erkennen. Früher war der obere Teil aus Holz, nun wurde er aus feuerfestem Material gebaut. Insgesamt mißt der 2005 restaurierte Turm seitdem 45 m Höhe. Das Mauerwerk ist bis zu 2,6 m stark und besteht aus zwei Schalen aus Ziegeln, deren Zwischenraum mit Bruchsteinen gefüllt ist. Der fünfgeschossige Unterbau besitzt einen runden Querschnitt und 10 m Durchmesser; darauf ruht der dreistöckige Aufsatz von zwölfeckigem Querschnitt, der auf dem Dach mit sechs charakteristischen Gaubenfenstern mit je einem Krüppelwalmdach eine ebenfalls zwölfeckige Laterne mit steilem Zeltdach trägt. Innen führen 204 Stufen hinauf zur Turmspitze.

Am Münzertor ist das Wappen von Erzherzog Siegmund dem Münzreichen angebracht, bestehend aus zwei zusammengestellten, einzelnen Vollwappen. Das Wappen des Erzherzogtums Österreich zeigt in Rot einen silbernen Balken, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein naturfarbener Pfauenfederbusch. Der Titel eines Erzherzogs wurde 1453 von den Habsburgern angenommen. Das Wappen der gefürsteten Grafschaft Tirol zeigt in Silber einen roten Adler, golden gekrönt und bewehrt und mit goldenen Kleestengeln, auf dem Helm mit schwarz-silbernen (auch: rot-silbernen) Decken ein schwarzer Flügel (sonst: Flug), umlegt mit einem goldenen Band, von dem unten goldene Lindenblättchen herabhängen. 1363 kam Tirol an die Habsburger. 1500 wurde das Pustertal mit Tirol vereinigt. Die Krone des Adlers erscheint erstmalig unter Herzog Siegmund dem Münzreichen. Drei Personen bevölkern den Wappenstein: In der Mitte steht ein junger Mann mit langem, lockigen Haar mit beiden Füßen auf den beiden oberen Schildrändern und hält in seinen Händen einen Erzherzogshut mit den charakteristischen Zacken. Optisch links oben greift ein junger Mann in engen Hosen und mit geschlitztem Wams mit der Linken an eine Tafel mit dem Inhalt "Grave zu tirol" und mit der Rechten an die erzherzogliche Helmzier. Gegenüber ist auf gleiche Weise ein über die Schulter nach hinten blickender, bärtiger Mann zu sehen, der auf seiner Tafel "Anno 1489" stehen hat. Ganz oben zieht sich entlang der Tafel die folgende Inschrift entlang "Erzherzog Sigmund zu Osterreich". Dieser Stein stammt aus der Werkstätte des Baumeisters und Steinmetzen Gregor Türing.

 

Bereits unter Erzherzog Siegmund wurde Hall Münzstätte; er ließ die bisher in Meran angesiedelte Prägeanstalt 1477 nach Hall verlegen, zunächst in den Ansitz Sparberegg. Dort wurde 1486 die erste Haller Standard-Silbermünze geprägt. Man brauchte Münzen, hatte aber zu wenig Gold, und so wurde das Problem gelöst: Der sogenannte Guldiner hatte das zehnfache Gewicht eines Gold-Guldens, weil damals das Wertverhältnis Silber zu Gold 1:10 war. Der etwas später geschlagene Joachimstaler, der letztendlich den Begriff Taler prägte, folgte dem gleichen Prinzip. So entstand die neue Leitwährung Europas für die nächsten drei Jahrhunderte. Der Ausbau der Burg zum repräsentativen Wohnschloß erfolgte unter Kaiser Maximilian I. 1499 ließ er einen Saal und mehrere Zimmer hinzufügen. 1500 wurde der Turm kräftig erhöht. Ein einst vorhandener zweiter Turm wurde so gekürzt, daß er nicht mehr von außen zu erkennen ist. Im Osttrakt der Burg befindet sich im ersten Stock die St.-Georgs-Kapelle von 1515-1517; sie entstand unter dem römisch-deutschen König Maximilian I., der neben den anderen Baumaßnahmen den ganzen Osttrakt, der bisher aus Holz gebaut war, in Stein neu erbauen ließ. Die Baumeister waren die Hofmaurer und Steinmetzen Gregor und Nikolaus Türing. In dieser Kapelle sind weitere Wappendarstellungen zu finden, nämlich an den sieben Engelskonsolen des Netzrippengewölbes: Die Engel halten jeweils einen Schild mit den Wappen des Reiches, des Erzherzogtums Österreich und der habsburgischen Länder Tirol, Kärnten, Burgund, Steiermark und Krain. Aber nicht nur deswegen ist diese Kapelle sehenswert, es beeindruckt vor allem das einzigartige Raumkonzept. Nach den maximilianischen Erweiterungsmaßnahmen hatte Burg Hasegg 35 Innenräume, darunter mehrere Säle. Die höchstrangigen Besucher hatte Burg Hasegg im Jahr 1551, als sich hier König Ferdinand I,, seine Töchter und der aus Spanien kommende Kaiser Karl V. gleichzeitig aufhielten.

Erzherzog Ferdinand II. verlegte 1567 die Haller Münzstätte in die Burg Hasegg, weil die bisherigen Räumlichkeiten für das königliche Damenstift weichen mußten, das Ferdinand zur Versorgung seiner beiden ledigen Schwestern, Erzherzogin Magdalena und Erzherzogin Helena, erbauen ließ. Damit wurde die dritte Ausbauphase eingeläutet. Im Westen von Burg Hasegg entstanden nun die Werkstattbauten der Münzstätte, innerhalb und auch außerhalb der Ringmauer unter Zuschüttung des einstigen Wassergrabens. Die erste maschinelle Münzprägevorrichtung wurde hier installiert, und die gleichbleibende Qualität war wegweisend. Die Aufgaben des Aufsehers verschmolzen; der jeweilige Münzmeister war zugleich Pfleger der Burg, die von den Münzbeamten bewohnt wurde. Hall war lange Zeit  eine der wichtigsten europäischen Prägestätten. Die Münze wurde bis 1809 hier betrieben; erst die Bayern beendeten den Prägebetrieb.

 

Nach der Rückgewinnung Tirols zogen 1816 Salinenangestellte in die Räume der Burg ein. Der Salinenbetrieb wurde zwar 1967 eingestellt, doch die Burg Hasegg ist nach wie vor Eigentum der Österreichischen Salinen AG. Die Stadtgemeinde Hall hat die Räumlichkeiten für 99 Jahre gepachtet. Seit der Generalsanierung der Burg in den 1970er Jahren, bei der gravierende bauliche Veränderungen aus dem 19. Jh. wieder rückgängig gemacht wurden, sind in der Burg das Stadtmuseum von Hall und das Museum der Münztechnik eingerichtet. Eine weitere Renovierung des Museums erfolgte 2003. Andere Bereiche der als städtisches Kulturzentrum genutzten Burg werden von Gastronomie und Veranstaltungsräumlichkeiten für Ausstellungen, Konzerte und Vorträge eingenommen. Im Innenhof finden Theateraufführungen statt.

 

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.2796771,11.50728,18.96z - https://www.google.de/maps/@47.2796771,11.50728,190m/data=!3m1!1e3
Burg Hasegg bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Hasegg
Burg Hasegg auf den Seiten von Geschichte Tirol:
http://www.geschichte-tirol.com/burgenschlosser/nordtirol/315-hasegg.html
Burg Hasegg bei Burgen-Austria:
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=205
Erzherzog Siegmund der Münzreiche:
https://de.wikipedia.org/wiki/Siegmund_(Österreich-Tirol)
Wilfried Bahnmüller: Burgen und Schlösser in Tirol, Südtirol und Vorarlberg, Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, Wien, Linz 2004, ISBN 3-85326-333-X, S. 37, S. 41-43
Romedio Schmitz-Esser: Die Burg Hasegg in Hall in Tirol, in der Zeitschrift ARX 2/2007
Georg Clam Martinic, Österreichisches Burgenlexikon, Burgen und Ruinen, Ansitze, Schlösser und Palais, 1992, ISBN-13: 978-3852145594, ISBN-10: 3852145597, S. 394

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