Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2822
Kollmann (Colma, zu Barbian, Barbiano, Provinz Bozen-Südtirol,
Italien)
Das Schloß Friedburg in Kollmann
Schloß Friedburg steht im Ort Kollmann nördlich einer Engstelle des Eisacktals, südlich der Gemeinde Waidbruck und schräg gegenüber der Trostburg, aber im Gegensatz zu jener in der Talsohle und am westlichen Ufer nahe der Einmündung des Ganderbachs. Der Name "Schloß Friedburg" täuscht, denn es handelt sich nicht um einen Herrensitz, sondern um ein landesherrliches Zollhaus (Adresse: Kollmann 49). Die Position an der Engstelle des Tals war ideal, weil hier der Kuntersweg durch das südlich von Kollmann schluchtartige Tal begann. Die am Gebäude entlang laufende Straße heißt heute noch "Am Kuntersweg". Zu Beginn des 14. Jh. war im Eisacktal zwischen Kardaun und Kollmann ein Saumweg angelegt worden, der dann Ende des 15. Jh. zum Fahrweg ausgebaut wurde, um eine Alternative zum beschwerlichen Umweg über den Ritten zu schaffen. Der Ritten wurde durch den Kuntersweg seiner Funktion als ausschließlicher Durchgangsstraße beraubt, und der neue Kuntersweg entwickelte sich zum florierenden Handelsweg.
Eigentlich lag die Sorge für diese Straße wegen ihrer überregionalen Bedeutung als wichtiger Verkehrsweg beim Reich, doch die Landesfürsten von Tirol hatten seit 1305 die Zoll-, Straßen- und Verkehrshoheit inne. Graf Heinrich von Tirol wiederum vergab 1314 an Heinrich Kunter das Recht zum Straßenbau, und damit es sich auch lohnte, auch zum Erheben von Wegzoll und zum Betrieb von zwei Tavernen. Nach dem Tod von Kunters Witwe wechselte der Kuntersweg mehrfach den Besitzer. Die Instandhaltung überforderte jedoch die Privateigentümer. Schließlich zog der Landesfürst, Erzherzog Siegmund der Münzreiche, um 1480 die Aufgabe an sich und ließ den Saumpfad mittels Sprengungen verbreitern und zur Straße ausbauen. Deshalb ließ Erzherzog Siegmund der Münzreiche 1480-1483 ein Zollhaus an dieser günstigen Stelle errichten: Zum einen mündete in der Nähe der alte Weg über den Ritten ins Tal, zum anderen mußte jeder Benutzer des neuen Kunterswegs diese Engstelle passieren. Welchen Weg auch immer man nahm, wer von Bozen Richtung Brenner wollte, kam unweigerlich hier vorbei. Siegmund hob die landesherrliche Zollfreiheit wieder auf, und seitdem wurde hier kassiert. In gleicher Weise wurde auch am südlichen Ende des Kunterswegs ein zweites Zollhaus in Kardaun errichtet, das aber schon 1760 aufgegeben und an einen Privatmann verkauft wurde.
Das Zollhaus war repräsentativ und wehrhaft gebaut, ersteres, um die Macht des Landesfürsten zu demonstrieren, letzteres, um die gesammelten Einnahmen und die Bewohner zu schützen. Wegen der Lage an der Straße wurde es nämlich auch von hochstehenden Gästen als Unterkunft gewählt. Das Zollhaus ist oben mit einem umlaufenden Zinnenkranz versehen, hinter dem sich die sechs Flächen des dreimal V-förmig gefalteten Daches verbergen. Dahinter ist also kein Wehrgang, sondern schräge Dachfläche. An der Süd- und an der Ostecke verschmelzen schräg über Eck gestellte, bis zum Zinnenkranz reichende und mit mehreren Gesimsen gegliederte Standerker mit dem Gebäudekorpus. Dazwischen befindet sich flußseitig ein kleinerer, niedrigerer und offensichtlich später ausgebauter Erker mit Holzverkleidung im oberen Teil. An der West- und an der Nordecke ziehen sich Mauern mit Tordurchfahrt über die mit Zoll belegte Straße. An der Nordecke befindet sich der einzige Turm der Anlage.
Diese Tormauern entstanden ebenso wie der angebaute Nordtrakt 1494-1508 unter Kaiser Maximilian I. Auch die Kapelle und das Gegenschreiberhaus entstanden in dieser Zeit. 1518 beschädigte ein Brand einen Teil des Gebäudes; die Schäden wurden aber noch im selben Jahr behoben. Weitere, meist später entstandene Nebengebäude runden das Ensemble ab. Unter Kaiser Ferdinand I. (1558-1564) bekam das Zollhaus in Kollmann die auffällige rot-weiße schachbrettartige Bemalung. Über der südwestlichen Tordurchfahrt befinden sich gemalte Wappen, auf der einen Seite ist der rote, golden bewehrte und ebenso gekrönte Tiroler Adler mit eigentlich goldenen, hier abweichend silbernen Kleestengeln auf den Flügeln in silbernem Feld aufgemalt.
Auf der anderen Seite sieht man ein kaiserlich-habsburgisches Wappen aus dem 16. Jh., in Gold ein schwarzer, golden nimbierter Doppeladler, der Brustschild geviert mit Herzschild, Feld 1: siebenmal geteilt, eigentlich von Rot und Silber, hier umgekehrt (Königreich Ungarn), Feld 2: in Rot ein golden gekrönter und bewehrter silberner Löwe mit doppeltem Schweif (Königreich Böhmen), Feld 3: innerhalb eines roten Bordes eigentlich fünffach von Gold und Blau fünfmal schrägrechts geteilt, hier weit mehr Schrägteilungen als üblich (Herzogtum Burgund), Feld 4: in Rot ein silberner Balken (Erzherzogtum Österreich), Herzschild: in Silber ein golden gekrönter und bewehrter roter Adler mit goldenen Kleestengeln (gefürstete Grafschaft Tirol). Auf dem Schild ruht eine Krone, um ihn herum ist die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies gelegt mit abhängendem Widderfell und Gliedern aus Feuerstählen und funkensprühenden Steinen. Unter dem Wappen sind beiderseits zwei Füllhörner als politisches Programm aufgemalt. Dieses Wappen steht vermutlich für Kaiser Ferdinand I. (König 1531-1564, Kaiser 1558-1564), unter dem die Bemalung entstand.
Im Verlauf des 16. Jh. kam hier auch die Poststation unter. Der Nordtrakt wurde im 17. Jh. erweitert. Am 1.11.1829 wurde das Zoll- und Urbaramt aufgehoben. 1829 verlor das in landesfürstlichem Besitz befindliche Gebäude damit seine hoheitlichen Aufgaben und wurde 1832 an privat verkauft. Das Gebäude wurde bis dahin immer entweder "Zollhaus" oder "Burgfrieden" genannt. Erst im 19. Jh. entstand der Name "Schloß Friedburg", erstmals 1853 anläßlich eines Verkaufes dokumentiert. In Kriegszeiten diente das Gebäude als Lazarett. Das Innere ist durch Umbauten stark verändert. Zeitweise stand das Gebäude leer. Das ehemalige Zollhaus wurde 1979-1982 inklusive der historischen markanten Bemalung restauriert und beherbergt seitdem eine Pizzeria und eine Pension mit 15 individuell eingerichteten Zimmern. Der alte Kuntersweg blieb als Wanderweg erhalten, während der Nahverkehr über die Via Statale 12 und der Fernverkehr im Tal über die Autostrada del Brennero östlich der Eisack düst.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@46.590508,11.5250997,20z - https://www.google.de/maps/@46.590508,11.5250997,89m/data=!3m1!1e3
Kuntersweg: https://de.wikipedia.org/wiki/Kuntersweg
Informationstafel am Gebäude
Kollmann: https://de.wikipedia.org/wiki/Kollmann_(Barbian)
Siegmund von Tirol: https://de.wikipedia.org/wiki/Siegmund_(Österreich-Tirol)
Pizzeria und Pension Schloß Friedburg: https://www.friedburg.it/ - Geschichte: https://www.friedburg.it/historische-gemeuer.php
Schloß Friedburg auf Burgenwelt: http://www.burgenwelt.org/italien/friedburg/object.php
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