Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2808
Brixen (Bressanone, Südtirol, Italien)

Der Friedhof von St. Michael in Brixen (5):
Heinrich von Winkelhofen und Anna Maria Vintler von Plätsch

Diese Platte besitzt im unteren Drittel eine rechteckige Kartusche mit Schmuckrahmen und folgender Inschrift: "Hie Li(e)gen begraben der Edl und Ge/streng Ritter herr Hainrich von Winckhl/houen (der) Rö(misch-) Kays(erlichen) May(estät) unnd des F(ürstlichen) Stifft(s) / Brixen Rath und die Edl Fraw Anna / Maria von Winckhlhouen gebor(e)ne Vinttlerin / von Plättsch sein Ehe Gemachl denen Gott / gn(a)edig und Barmhertzig sein Wolle Amen." Darüber sind zwei Vollwappen herausgearbeitet. Die Platte wird oben von einem Doppelbogen abgeschlossen, dessen seitliche Zwickel Blattornamente und deren mittlerer Zwickel einen geflügelten Engelskopf tragen. Das Mittelstück ruht auf einer Schmuckkonsole.

 

Das Wappen für den Ehemann, Heinrich von Winkelhofen, Rat des Erzherzogs und Kaisers Ferdinand, ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber einwärts ein schwarzer Löwe, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Kugel (Wappen der erloschenen von Arnold), Herzschild: in Blau eine goldene Lilie (Stammwappen der von Winkelhofen). Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bay Seite: 64 Tafel: 69, Band: Tir Seite: 19 Tafel: 22 und Band: SchlA2 Seite: 144 Tafel: 86.

Im Siebmacher Tirol wird für den Herzschild angegeben: In Rot eine silberne Lilie, was angesichts der anderen Quellen unzutreffend ist. Ebenso wird für Feld 1 und 4 dort angegeben: in Silber einwärts ein roter Löwe; die Fischnaler-Wappenkartei belehrt uns eines Besseren. Dazu werden nach dem Neuen Siebmacher Tirol zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): zu rot-silbernen Decken ein wachsender silberner Engel mit roter Stola und rotem Kreuzlein auf dem Kopf und mit goldenen Flügeln, in der Rechten ein Schwert haltend (Stammhelm), Helm 2 (links): zu rot-silbernen Decken eine silberne Kugel oben mit drei Federn besteckt, einer silbernen zwischen zwei roten. Für den Engel, dessen Tingierung zuvor nach dem Neuen Siebmacher Tirol angegeben wurde, sind in der Fischnaler-Wappenkartei jedoch andere Tingierungsvarianten verzeichnet, vor allem solche mit blau-goldener Kleidung, goldenen, golden-blau geteilten oder golden-blau übereck geteilten Flügeln und goldenem Kreuz, sowie mit blauer Stola auf goldenem Gewand, was alles besser zu den Tinkturen des Stammwappens paßt und viel plausibler ist. Und auch die Helmdecken sind natürlich blau-golden, wie beim Stammwappen. Auch das im Siebmacher Tirol angegebene Schwert kann weder auf der vorliegenden Grabplatte noch in den anderen Dokumenten verifiziert werden, vielmehr handelt es sich um ein Zepter, das sowohl in der Rechten als auch in der Linken gehalten werden kann, im vorliegenden Fall in der Linken. Der Siebmacher Bayern folgt der hier präferierten Farbvariante, ebenso Tyoff. Die Tinkturen Blau und Gold sind für das Stammwappen in Ehingen belegt. Ebenso ist bei den hier vorgestellten Grabplatten offensichtlich, daß es sich um ein Zepter handelt, und nicht um ein Schwert.

Deshalb muß entgegen dem Neuen Siebmacher Tirol korrigierend formuliert werden: Helm 1 (rechts): zu blau-goldenen Decken ein wachsender goldener Engel mit blauer Stola oder blauen, über der Brust überkreuzten Bändern und einem goldenen Kreuzlein auf dem Kopf und mit golden-blau geteilten oder übereck geteilten Flügeln, in einer Hand ein goldenes Zepter haltend (Stammhelm), Helm 2 (links): zu rot-silbernen Decken eine silberne Kugel oben mit drei Federn besteckt, einer silbernen zwischen zwei roten.

 

Die von Winkelhofen (von Winckelhofen) kamen um 1500 aus Schwaben (sie war in Ehingen ansässig) nach Tirol. Georg Winckelhofen, Amtmann des Bischofs von Brixen in Anras, begründete die Tiroler Linie. Am 19.6.1545 wurden Georgs Söhne Christoph und Joachim von Kaiser Ferdinand zu Worms geadelt. 1563 gelangte die Familie zur tirolischen Landstandschaft. Am 20.11.1571 bekam die Familie die Rotwachsfreiheit. Am 18.7.1574 gab es für Heinrich von Winkelhofen und seine beiden Brüder Karl und Hans Joachim eine Wappenvermehrung; hinzugefügt wurde das Wappen der ausgestorbenen von Arnold; diese Familie war mit dem mütterlichen Vorfahren Christoph Arnold im Mannesstamm erloschen. Kaiser Rudolf II. hat die Familie 1598 in den Ritterstand erhoben. Kaiser Leopold hat Andreas von Winkelhofen 1671 in den Freiherrenstand erhoben. Die Familie der Freiherren von Winkelhofen zu Englös, Krakofl (Kreykofl) und Neidenstein wurde von Kaiser Karl VI. am 20.1.1717 mit Diplom vom 20.6.1717 in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Der Begünstigte war Franz Joachim von Winkelhofen. Es gab schließlich von der Familie drei Linien, von denen die Brixener Linie erst 1848 erloschen ist.

Den von Winkelhofen gehörte seit ca. 1580 der sog. Rote Turm in Toblach, außerdem gehörte ihnen der Winkelhof (auch Karlsburg genannt) in Milland bei Brixen. An letzterem befindet sich ein weiteres Wappen der Familie aus dem Jahr 1631, ein Allianzwappen von Carl Hannibal von Winkelhofen mit dem Wappen der Schurff (Feuerstahl) für seine Frau. Bei dieser Darstellung werden ebenfalls die Oberwappen gezeigt. Ein weiteres Wappen der Familie ist in Bruneck am Anwesen am Oberragen (Via Ragen di sopra) Nr. 21 angebracht, dort aber nur der Schild. Das Stammwappen der Familie mit nur der Lilie sehen wir an einem Grabstein an St. Michael in Schwäbisch Hall, für einen anderen Heinrich Winkelhofer aus der gleichen Familie. Die Familie wurde am 31.8.1815 bei der Freiherrenklasse der bayerischen Adelsmatrikel immatrikuliert. Das adelige Wappen war aus Löwe und Lilie geviert und hatte nur den Engel als Kleinod (s. u.). Das hier vorliegende Wappen ist das freiherrliche.

 

Das Wappen der Ehefrau, Anna Maria Vintler von Plätsch, ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot zwei aufrechtstehende silberne Bärentatzen (Stammwappen der Vintler von Bozen), Feld 2 und 3: in Gold drei schwarze, balkenweise gelegte, abgehauene Bärentatzen übereinander (Wappenvermehrung 1480, von Obertor zu Bozen). Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): zu rot-silbernen Decken zwei aufrechtstehende silberne Bärentatzen (Stammwappen Vintler), Helm 2 (links): zu schwarz-goldenen Decken zwei aufrechtstehende schwarze Bärentatzen (Obertor zu Bozen). Das Familienwappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Tir Seite: 18 Tafel: 21, ausführliche Diskussion im Kapitel "Domkreuzgang in Brixen: Epitaphien".

Christophorus von Winkelhofen

Es existiert in räumlicher Nachbarschaft noch eine zweite Grabplatte für ein weiteres Familienmitglied, für Christophorus von Winkelhofen (Winckelhofen). Die Inschrift im unteren Teil der Platte ist stark zerstört, wird aber in den "Monumenta veteris ecclesiae Brixinensis" von Josephus Reschius wie folgt überliefert: "CHRISTOPHORO A WINCKELHOVEN EODEM GENERE NATO ET SINGVLARI PROBITATE PATRI PIENTISSIMO QVI CVM EPISCOPATVI BRIXINENSI DIV INSERVIISSET FATO TANDEM CONCESSIT GEORGIVS ILLVST(ISSI)mi ET REVER(ENDISSI)mi D(OMINI) D(OMINI) JOHANNIS THOMAE BRIXINENSIS EPISCOPI A CONSILIIS FILIVS MAESTISSIMVS SIBIQVE ET POSTERIS VIVENS POSVIT ANNO 1585". Über der Helmzier ist ein weiteres, bogenförmiges und besser erhaltenes Schriftband gespannt mit dem Text: "QVIES PRO TEMPORE OSSIVM NOBILIVM EX FAMILIA / A WINCKELHOVEN A.I.E. VERO IN DEO VIVANT AMEN". In den beiden oberen Winkeln der Platte ist die Datierung zu finden. Ganz unten erkennt man Vanitas-Symbole, in der Mitte einen Totenschädel.

 

Das Wappen ist eine Stufe vor dem oben beschriebenen, eingedenk des oben Diskutierten geviert, Feld 1 und 4: in Blau eine goldene Lilie (Stammwappen der von Winkelhofen), Feld 2 und 3: in Silber einwärts ein schwarzer Löwe, auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender goldener Engel mit blauen, über der Brust überkreuzten Bändern und einem goldenen Kreuzlein auf dem Kopf und mit golden-blau geteilten oder übereck geteilten Flügeln, in der Rechten ein goldenes Zepter haltend (Stammhelm).

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@46.716143,11.6576034,20z - https://www.google.de/maps/@46.716143,11.6576034,92m/data=!3m1!1e3
Der Alte Friedhof in Brixen:
https://www.hiwio.com/de/Artikel/Der-Alte-Friedhof-in-Brixen-78
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Markus Otto: Die Winckelhofen-Scheiben im Rathaus von Ehingen:
www.schwaben-kultur.de/cgi-bin/getpix.pl?obj=000000533/00108266&typ=orig
Prof. Dr. Hehle: Die Patrizierfamilie der Winckelhofer, zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Stadt Ehingen:
https://archive.org/details/bub_gb_q7EOAAAAYAAJ/page/n59/mode/2up?view=theater - https://archive.org/details/bub_gb_q7EOAAAAYAAJ/page/n145/mode/2up?view=theater
Klaus Graf: Die Denkmale und Fälschungen der Ehinger Familie Winkelhofer, in: Archivalia 2015
https://archivalia.hypotheses.org/642
Roter Turm in Toblach
http://www.burgen-adi.at/ansitz_herbstenburg/herbstenburg_sehensw.htm
Winkelhof in Milland:
http://www.burgen-adi.at/ansitz_karlsburg/karlsburg_geschichte.htm
Ehewappen mit Schurff an der Karlsburg
http://www.burgen-adi.at/ansitz_karlsburg/index_htm_files/13678.jpg
Vintler von Plätsch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vintler_(Adelsgeschlecht)
Wappen Winkelhofen in der Fischnaler Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29395&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29394&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29400&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29397&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29399&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29406&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29405&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29410&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29402&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=29393&sb=winkelhofen&sw=&st=&so=&str=&tr=99
Wappen Vintler in der Fischnaler Wappenkartei:
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Josef Resch (Josephus Reschius): Monumenta veteris ecclesiae Brixinensis, Brixen 1765, online:
https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10939445?page=,1 - https://books.google.de/books?id=vYxQAAAAcAAJ

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