Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2783
Lahnstein (Rhein-Lahn-Kreis)
Der Nassau-Sporkenburger Hof in Niederlahnstein
Der Nassau-Sporkenburger oder kurz Sporkenburger Hof befindet sich in Niederlahnstein nördlich der Lahn (Johannesstraße 23). Es handelt sich bei dem dreigeschossigen, gotischen Massivsteinbau mit Fachwerkobergeschoß und steilem Satteldach, mit zwei hohen, massiven Giebeln mit den Kaminen und mit auf der Südseite angebautem polygonalen Treppenturm um einen ehemaligen Märkerhof aus dem 14. Jh., einen der letzten erhaltenen mittelalterlichen Adelshöfe in Lahnstein und um einen der sieben noch vorhandenen Märkerhöfe in Niederlahnstein. Diese sogenannten Märker waren zunächst Bauern draußen in der "Mark". Dann zogen immer mehr niederrangige Adlige ein und wohnten normalerweise in Friedenszeiten auf ihren Höfen in Niederlahnstein, hatten aber gleichzeitig Verpflichtungen als Burgmannen zur Verteidigung der Burg Lahneck oder der Burg Stolzenfels in Kriegszeiten. Die Lahn bzw. der Rhein trennten dabei ihren Wohnsitz von den Burgen, auf denen sie sich verpflichtet hatten. Niederlahnstein gehörte zum Kurfürstentum Trier, Oberlahnstein zum Kurfürstentum Mainz. Das heißt also, daß die Burgmannen kurioserweise teilweise eine Landesgrenze überqueren mußten, wenn ihr Dienstherr sie zum Einsatz rief, und daß sie hier friedlich nebeneinander wohnten, aber verschiedenen Herren dienten. Als Gegenleistung für ihre militärische Rufbereitschaft bekamen sie Lehen und weitgehende Rechte auf ihren Märkerhöfen. Sie durften z. B. nach Belieben im Fluß fischen und niederes Wild im Wald jagen, sie durften ihr Vieh im Wald mästen, und sie durften sich im Wald bedienen, wenn sie Bauholz oder Brennholz benötigten. Sie mußten keine Kriegssteuern zahlen und keinen Zehnten entrichten. Ursprünglich gab es in Niederlahnstein nur eine Reihe von Märkerhöfen entlang der Lahn als einzige Besiedlung. Sie bildeten eine Märkergenossenschaft, der 14 Höfe angehörten. Die lukrativen Rechte waren an die Immobilie gekoppelt. Die Märker wählten ihren eigenen Märkerbürgermeister. Der Trierer Fürstbischof war Landesherr, und seit dem Erwerb der Vogtei Niederlahnstein war er Obermärker. Neben den niederen Adeligen gehörten einige Klosterhöfe zur Märkergemeinschaft.
Im 14. Jh. gehörte der Hof Johann Mohr vom Walde, verheiratet mit einer Petersin von Lahnstein. 1527 wurde der Hof für 500 Florentiner Gulden an Quirin von Nassau-Sporkenburg verkauft, der Amtmann von Wellmich war und den Hof umbaute. Von 1527 bis 1606 gehörte der stattliche Bau den Herren von Nassau-Sporkenburg. Außerdem kaufte die Familie noch drei benachbarte Grundstücke auf. Oberlahnstein war von einer Stadtmauer umgeben, Niederlahnstein jedoch nicht. Deshalb mußten sich die Märkerhöfe selbst um die Wehrhaftigkeit kümmern, deshalb wurde das ganze Anwesen mit einer Mauer umgeben.
Diese seit dem 12. Jh. bezeugte Familie der Herren von Nassau nannte sich nach der Sporkenburg bei Eitelborn im Westerwald, die von den Helfensteinern (Koblenzer Familie, nicht die schwäbische!) erbaut wurde und 1515/1518, mittlerweile baufällig, 1503 von Johann von Helfenstein an Johann und Quirin von Nassau verkauft wurde. Diese sind nicht identisch mit den Grafen von Nassau, sondern ein niederadliges Geschlecht, das zu den frühesten Burgmannenfamilien der Burg Nassau gehörte.
Zweimal taucht das Wappen der Herren von Nassau-Sporkenburg auf, einmal am Treppenturmportal (Abb. unten) und ein weiteres Mal als Spolie in einer Umfassungsmauer des Parkplatzes östlich des Hofes (Abb. oben). Beide Steine sind aus Basaltlava gefertigt. Beide stammen aus der Umbauphase unter Quirin von Nassau-Sporkenburg nach 1527. Es handelt sich um ein modifiziertes bzw. differenziertes Nassauer Wappen, nach Gruber in blauem, mit silbernen Kugeln bestreutem Schild ein goldener Löwe, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein sitzender, goldener Löwe zwischen einem blauen, mit silbernen Kugeln bestreuten Flug (vgl. auch Zobel Tafel 238). Hier wurde von der nicht mit den Burgbesitzern verwandten Burgmannesfamilie ein Wappen gewählt, das sich an dasjenige des Dienstherrn eng anlehnt, aber erkennbar modifiziert ist. Beides Mal ist das Wappen linksgewendet.
Die Herren von Nassau-Sporkenburg erloschen 1601 im Mannesstamm mit dem Trierer Domherrn Heinrich von Nassau-Sporkenburg (gest. 27.2.1601), der außerdem Archidiakon von St. Lubentius in Dietkirchen und Propst in Limburg war. Für diesen und seinen Bruder, den kaiserlichen Rat Philipp von Nassau-Sporkenburg (gest. 22.11.1582), existiert im Mainzer Dom im nördlichen Querhaus ein aus Eifeltuff gefertigte Gedächtnis-Altar der Familie, mit einem gestürzten Wappen als Zeichen des Aussterbens. Am Mainzer Altar sind die Kugeln jedoch alle golden, was nicht der Quellenlage entspricht. Es gab früher einmal noch ein Epitaph mit 16 Wappen für einen Neffen des Quirin von Nassau-Sporkenburg, für Johanns Sohn Georg von Nassau zur Sporkenburg (-31.8.1558), Amtmann zu Wiesbaden, in Wiesbaden an der ehemaligen Mauritiuskirche, auf der Südseite, das aber als verloren gilt und nur kopial überliefert ist.
Die letzte Besitzerin des Sporkenburger Hofes war Elisabeth von Nassau-Sporkenburg, die Nichte des oben genannten Domkapitulars Heinrich von Nassau-Sporkenburg, die hier 1591 ihre Hochzeit gefeiert hatte. Nach dem Erlöschen der Familie ging der Sporkenburger Hof 1606 aufgrund einer zurückliegenden Heiratsverbindung an die von Metternich. Der Trierer Fürstbischof Lothar von Metternich stieg hier am 4.4.1617 mit großem Gefolge ab. Ab dem 18. Jh. wechselten die Besitzer des Hofes mehrfach, erst ging er an die Waldbott-Bornheim, dann an die von Hohenfeld und die Freiherrn von Schütz, 1822 an Wilhelm Haas, dann an die Familie Bollinger, bis die Stadt Lahnstein das Anwesen erwarb. Auch die beinamengebende Burg Sporkenburg ging an Wilhelm von Metternich, und die von Metternich behielten die Ruine bis zum Verkauf 1811. Der Sporkenburger Hof in Lahnstein wurde 1992-1997 für mehr als 5 Millionen DM vollständig restauriert und umgebaut. Die Bausubstanz war so schlecht, daß der Bau bis auf die Außenmauern komplett entkernt werden mußte. Seitdem ist das tragende Gerüst ein neues Korsett aus statischen Wänden und Decken, an das sich die Außenwände und Giebel nichttragend anlehnen. Tragwerksplanung und Neubauten erfolgten durch den Kölner Architekten Peter Böhm und durch das Kölner Ingenieurbüro für Baukonstruktionen Schwab und Lemke. Seitdem dient das Gebäude mit seinen modernen Anbauten, die durch eine verglaste Brücke mit dem Haupthaus verbunden sind, als kultureller Veranstaltungsort für Theateraufführungen, Ausstellungen und Empfänge, z. B. seit 1998 für die Städtische Bühne Lahnstein. Im Foyer finden wechselnde Ausstellungen heimischer und überregionaler Künstler statt.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@50.3095112,7.6016929,19z - https://www.google.de/maps/@50.3095112,7.6016929,136m/data=!3m1!1e3
Nassau-Sporkenburger Hof in Niederlahnstein, in: KuLaDig, Kultur
Landschaft Digital https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-252734
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler,
Rhein-Lahn-Kreis (Denkmalverzeichnis Rhein-Lahn-Kreis), hrsg. von
der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Mainz
2016, http://denkmallisten.gdke-rlp.de/Rhein-Lahn-Kreis.pdf
Städtische Bühne Lahnstein: https://de.wikipedia.org/wiki/Städtische_Bühne_Lahnstein
Hinweistafel am Gebäude
Sporkenburger Hof im Welterbe Mittelrheintal: https://www.welterbe-mittelrheintal.de/a-nassau-sporkenburger-hof
Sporkenburger Hof in: Das Lahntal https://www.daslahntal.de/info/infosystem/Nassau-Sporkenburger-Hof_Lahnstein/poi.html
Epitaph in Wiesbaden: Georg von Nassau zur Sporkenburg 1558,
Wiesbaden, in: Grabdenkmäler https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2145
Pressemitteilung der Stadt Lahnstein: Zur 600-jährigen
Geschichte des Nassau-Sporkenburger Hofs - Vom Märkerhof zur
Städtischen Bühne - Artikel in Blick Aktuell vom 23.5.2017 https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Vom-Maerkerhof-zur-Staedtischen-Buehne-267836.html
Michael Hans Peter Eisenbarth: Spuren des Mittelalters in
Lahnstein - eine Beschreibung aller Bauwerke, hrsg. vom Verein
Lahnsteiner Historientürme e. V., 1. Auflage 2020, S. 177-179
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