Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2779
Niederwerth (Landkreis Mayen-Koblenz)

Die kath. Pfarrkirche St. Georg und die Reste des Inselklosters Niederwerth

Das ehemalige Kloster Niederwerth befindet sich ganz im Süden der im Rhein gegenüber von Vallendar gelegenen Inselgemeinde Niederwerth. Hauptbaukörper der Anlage ist die heutige Pfarrkirche St. Georg, die in der Spätgotik errichtet wurde und an die im Süden die Sakristei angebaut ist und im Norden ein dreijochiger Rest des ehemaligen Kreuzgangs sowie ein Anbau. Im Norden der Kirche liegt der Rest des Klosters, aus der Barockzeit stammende Gebäude, die dreiseitig einen kleinen Hof umgeben und Privatwohnungen enthalten. Zwischen Kirche und Klostergebäuden befinden sich zwei durchfensterte Wände ehemaliger Gebäude (Ruine des Dormitoriums und des Refektoriums), und im Hof zwischen den beiden Ruinenwänden sind etliche Grabplatten aus Basaltlava aufgestellt. Ein Garten zieht sich von dort bis zur Rheinstraße.

Das Kloster hat eine wechselhafte Geschichte in drei Phasen. Das erste Kloster war eine Beginengemeinschaft, die im 13. Jh. erwähnt wird und bis 1429 bestand. Dann wurden die dort lebenden Klausnerinnen auf Anweisung des Trierer Fürsterzbischofs Otto von Ziegenhain (1418-1430) in die Klause Besselich am rechten Rheinufer umquartiert, damit auf Niederwerth eine Gemeinschaft der Augustinerchorherren der Windesheimer Kongregation einziehen konnte, die der Bischof aufgenommen hatte, nachdem sie ihre Heimat im niederländischen Zwolle hatten verlassen müssen. 1437 wurde die Gründung offiziell bestätigt. Das der Jungfrau Maria geweihte Kloster blühte unter den Augustinerchorherren auf, und sie waren es, die die Kirche St. Georg erbauten und 1474 weihen ließen. Im 16. Jh. starb das Kloster aus, weil aus der protestantisch gewordenen Heimat keine Neuzugänge mehr kamen. Am Schluß lebten nur noch der Prior Augustin Glesch und der Laienbruder Johannes Heimersheim in den Gebäuden.

Dann beginn die dritte Phase, die eine erneute Rochade mit sich brachte: Der Trierer Fürstbischof Jakob von Eltz brauchte Platz in der Koblenzer Innenstadt, weil er 1580 im Rahmen der Gegenreformation die Jesuiten ansiedeln wollte. Dafür wurden die Zisterzienserinnen in der Leer (ein dem Zisterzienserkloster Himmerod unterstelltes Marienkloster, an der Stelle des späteren Jesuitenkollegs, heute Koblenzer Rathaus) nach 338 Jahren Existenz aus ihrer Bliebe ausquartiert und nach Niederwerth umgesiedelt, sehr zu deren Verdruß. Dabei entsprach die abgeschiedene Lage auf der Insel eigentlich guter zisterziensischer Tradition, denn die Klostergründung in abgelegenen Tälern war typisch für die Zisterzienser. Doch hier handelte es sich nicht um eine Gründung, sondern um eine Zwangsumsiedlung. Außerdem war es eine Zumutung, den Komfort einer Innenstadtlage gegen eine einsame Insel einzutauschen, wo Wind und Wetter, Rhein-Hochwasser, Räuber, Eisgang im Winter und marodierende Soldaten mit den Nonnen machen konnten, was sie wollten. Der Protest, der auch vor einer fürstbischöflichen Kommission mit viel Drama seitens der Äbtissin Gutta Bolen von Mertloch vorgetragen wurde, verhallte ungehört, dem Kurfürsten war es wichtiger, mit Hilfe der Jesuiten dafür zu sorgen, daß Koblenz katholisch blieb. Er holte sich Rückendeckung vom Papst, der beiden Maßnahmen, der Umsiedlung und der Ansiedlung, urkundlich mit einem Breve am 4.5.1580 zugestimmt hatte, und drohte den widerspenstigen Nonnen am 2.9.1580 schließlich mit Exkommunikation - und schwups konnten sie per Schiff auf die Insel verfrachtet werden, 7 Nonnen, 4 Laienschwestern und 2 Novizinnen. Aber ohne Äbtissin Gutta Bolen von Mertloch, denn die war noch vor der Übersiedlung am 22.9.1580 verstorben, vor Altersschwäche, Gram und Aufregung. Am 26.9.1580, dem Tag der Umsiedlung, wurde Anna I. Meser von Horchheim zur nächsten Äbtissin gewählt; für sie existiert ein Grabstein in der Sammlung.

Und die beiden letzten Personen in Niederwerth mußten dafür Platz machen und irgendwo anders hin, sie gingen nach Eberhardsklausen. Die Rheininsel Niederwerth war in keiner Weise befestigt, also wurde sie im Dreißigjährigen Krieg verwüstet - die Nonnen hatten Recht gehabt mit ihren Befürchtungen. 1633-1637 waren die Nonnen nach Andernach geflüchtet. Nach 1648 blühte das Kloster "Beatae Mariae Virginis" auf und wurde wiederhergestellt, denn alles bis auf die spätgotische Kirche war nach dem Krieg kaputt und verwüstet. Der Konvent der Zisterzienserinnen bekam neue Mitglieder aus niederen Adelsfamilien der Region. Die Gebäude sind ab 1658 erneuert worden, weil Hochwasser mit Eisgang im Winter den Bestand so stark beschädigt hatte, daß der Trierer Kurfürst Carl Casper von der Leyen eigens eine Kollekte zur Wiederherstellung veranstaltete. Das mittlerweile in Armut abgesunkene Kloster, das bereits 1796 zum französischen Lazarett geworden war und ab 1800 keine Novizinnen mehr aufgenommen hatte, wurde schließlich 1811 ganz aufgelöst; die letzten neun Nonnen wurden mit Pensionen bedacht und in den Ruhestand geschickt. Der Besitz fiel 1806 an den Fürsten zu Nassau-Weilburg, welcher die Kirche der Gemeinde schenkte, die Gebäude an Privateigentümer versteigerte und die Ländereien verpachtete. 1945 wurde der Ostflügel des Klostergevierts zerstört. 1954 wurde die Kirche der Pfarrei übertragen, die sie 1968-1974 renovieren ließ.

 

Die besten Wappendarstellungen sind an der Empore von St. Georg angebracht. Das linke Wappen ist inschriftlich bezeichnet mit "IO(HANN)ES HENRICVS V(ON) / VFFLI(N)GEN CHVRF(VERSTLICH) / TRIER(ISCHER) KELL(NER) ZV / MV(EN)STER / 1663". Johannes Heinrich von Ufflingen (1619-12.4.1680) war Kellner (Amtmann) von Münstermaifeld. Das hier gewendete Wappen zeigt in Silber drei rote Schrägbalken, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der Schild verkleinert zwischen einem Paar Büffelhörner. Nachweise: Anders bei Gruber, dort auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der Schild (in Silber drei rote Schrägbalken) zwischen einem rechts roten und links silbernen Flug, danach Zobel Tafel 341. Die Familie der von Ufflingen hatte eine enge Beziehung zum Niederwerther Kloster; es gab mehrere Konventsmitglieder und sogar zwei Äbtissinnen, Maria von Ufflingen (-22.1.1669), gewählt am 21.3.1658, und Anna Renata von Ufflingen (-25.8.1703), gewählt 1669, und eine Priorin, Maria Katharina von Ufflingen, 1722 erwähnt. Wie wir unten sehen werden, tauchen dieser Familienname und dieses Wappen auch auf den Grabsteinen auf. Die Familie der von Ufflingen finanzierte die 1663 eingebaute größere Nonnenempore in der Kirche, denn die Augustiner brauchten damals einen großen Chor, die Nonnen brauchten aber jetzt eine große Empore, und am 12.9.1672 spendete Johannes Heinrich von Ufflingen erneut für die Erweiterung der Konventsstube. Das zweite Wappen an der Empore heraldisch links ist das der Ehefrau des Stifters, Barbara Philippi. Die Inschrift in der Kartusche unter dem Wappen lautet: "BARBRA PHILIPY / SEIN EH(E)LICHE / HAVS FR(A)W / 1663". Ihr Wappen zeigt nach Befund in Rot zwei schräggekreuzte silberne Doppelhaken, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Flug, jeder Flügel mit einem aufrechten silbernen Doppelhaken belegt. Das Wappen ist nicht im Siebmacher, weder im Gruber noch im Zobel enthalten. Sie und ihr Ehemann sind beide in Niederwerth begraben worden.

 

Ein in gespaltenem Schild vereinigtes Wappen der von Ufflingen und der Philippi ist außen über dem Nebeneingang im zweistöckigen Anbau neben der Kirche angebracht an der dem Rhein zugewandten Ostseite, über einer kleinen Konsole und ohne Inschrift; auch hier sind die Schrägbalken des Ehemannes aus Courtoisie gewendet.

 

Diese Grabplatte auf der Ostseite außen rechts neben dem Durchgang trägt das vereinigte Ehewappen der Umbscheiden (ein verflochtenes Pentagramm, darüber zwei sechszackige Sterne, auf dem Helm ein sechszackiger Stern zwischen einem Flug, Siebmacher Band: Bg3 Seite: 33 Tafel: 38, nach Zobel Tafel 343 in Blau ein goldenes verflochtenes Pentagramm, darüber zwei goldene sechszackige Sterne, auf dem blau-golden bewulsteten Helm mit blau-goldenen Decken ein goldener Stern zwischen einem blau-golden geteilten Flug, ebenso bei Meyer) und der von Ufflingen wie zuvor beschrieben. Die Platte erinnert an das Ehepaar Margaretha von Ufflingen (-3.8.1668, Umschrift auf dem äußeren Rand: "A(NN)O 1668 DEN 3. AVGVSTI / IST GESTORBEN DIE EDTLE VND DVGENDSAME FRAW / MARGARETA VMBE/SCHEIDEN GE(BORENE) VON VF(F)LINGEN D(EREN) S(EELE) GOT(T) GNADE") und Nikolaus Umbscheiden (-16.9.1689, Inschrift im unteren Teil des Zentralfeldes "ANNO 1689 / 16 SEPT(EMBRIS) OBIIT / PIE IN D(OMI)NO OBIET / CLARISS(IMVS) D(OMINVS) D(OMINVS) NICOLAVS / VMBESCHEIDEN AET(ATIS) / 68"). Letzterer diente dem Trierer Kurfürsten 34 Jahre lang als Kellner in Ehrenbreitstein ("E(MINENTISSI)MI P(RINCI)PI ELECT(ORIS) TREV(ERENSIS) / PER ANNOS 34 IN / EHRENBREITSTEIN / CELLERARIVS"), ehe er im Alter von 68 Jahren verstarb.

 

Diese Grabplatte auf der Ostseite außen links neben dem Durchgang trägt das Wappen der von Sinneren. Der Schild zeigt einen Sparren über einem balkenweise gelegten Pfeil, letzterer überdeckt von einer Lilie, auf dem Helm ein Paar Büffelhörner. Die Tinkturen sind unbekannt; das Wappen ist nicht in den Standardsammlungen enthalten. Hinter dem Wappen ragt pfahlweise der Krummstab hervor, der die Äbtissin kennzeichnet. Hier handelt es sich um Maria Catharina von Sinneren (-5.2.1716, außen umlaufende Inschrift: "ANNO 1716  5. FEBRV(ARII) PIIS(S)IME / OBYT IN D(OMI)NO ... RELIGIOSA D(OMI)NA D(OMINA) MARIA CATH(ARINA) / SYNNERIN"), die im Alter von 78 Jahren, im 61. Jahr ihrer Profeß und im 13. Jahr ihres Amtes starb (AET/AT(IS) 78 PROFES(SIONIS) 61 REG(IMINIS) 13") und deren Seele in Frieden ruhen möge ("CVIVS A(NIM)A R(EQVIESCAT) IN P(ACE) AMEN"). Die Inschrift im unteren Teil des Zentralfeldes widmet sich ihrem Amt und nennt erneut das Sterbedatum: "MARIA CATHAR/INA SINNERIN / HVIVS LOCI VE/NERAbILIS Abb=/ATIssA QVINTA / FEbRVARII EXC=/EssIT E VITA / QVAE qVIESCAT / IN SAECLA". Die Zeilen ergeben zusätzlich als Chronogramm noch einmal die Jahreszahl 1716: MARIA CATHARINA SINNERIN HVIVS LOCI VENERAbILIS AbbATIssA QVINTA FEbRVARII EXCEssIT E VITA QVAE qVIESCAT IN SAECLA = M + I + C + I + I + I + V + I + V + L + C + I + V + I + L + I + I + V + I + V + I + I + X + C + I + V + I + V + V + I + C + I + C + L = 1000 + 1 + 100 + 1 + 1 + 1 + 5 + 1 + 5 + 50 + 100 + 1 + 5 + 1 + 50 + 1 + 1 + 5 + 1 + 5 + 1 + 1 + 10 + 100 + 1 + 5 + 1 + 5 + 5 + 1 + 100 + 1 + 100 + 50 = 1716.

 

An zwei weitere Äbtissinnen, die Schwestern waren, wird mit diesem Grabstein gedacht. Die Inschrift im unteren Bereich des Zentralfeldes lautet: "SORORI PIAE / TANDEM / ACCESSIT / ADM(I)R(AN)DA & PRAENOB(ILIS) / DOMINA ANNA RENATA / AB VFFLINGEN A(NN)O 1703 / 25 AVG(VSTI) AETATIS SVAE 68 / PROFF(E)SSIONIS 48 & / ABBATIALIS REGIMINIS 34 / REQVIESCAT IN PACE". Äbtissin Anna Renata von Ufflingen (-25.8.1703) starb im Alter von 68 Jahren, im 48. Jahr ihrer Profeß und im 34. Jahr ihres Amtes. Die ersten beiden Zeilen enthalten ein Chronogramm und ergeben SORORI PIAE / TANDEM / ACCESSIT = I + I + D + M + C + C + I = 1 + 1 + 500 + 1000 + 100 + 100 + 1 = 1703. Die äußere Umschrift lautet: "VLTIMA EI VITAE PER ACTA PERIODVS / HOC ANNO OBIEBAT REVERENDA ET V(ENERABILIS) ABBATISSA MARIA AB VFFLINGEN / IN FESTO SANCTI VIN/CENTII MARTYRIS AETATIS SVAE CVIVS ANIMA REQVIESCAT IN PACE". Auch in Abschnitt entlang der oberen Schmalseite steckt ein Chronogramm: VLTIMA EI VITAE PER ACTA PERIODVS = V + L + I + M + I + V + I + C + I + D + V = 5 + 50 + 1 + 1000 + 1 + 5 + 1 + 100 + 1 + 500 + 5 = 1669. Entlang der Längsseite ergibt sich ebenfalls die gleiche Jahreszahl, HOC ANNO OBIEBAT REVERENDA ET V ABBATISSA MARIA AB VFFLINGEN = C + I + V + D + V + I + M + I + V + L + I = 100 + 1 + 5 + 500 + 5 + 1 + 1000 + 1 + 5 + 50 + 1 = 1669. Der Gedenktag des hl. Vinzenz von Saragossa = Vinzenz von Valencia ist der 22. Januar. Ein drittes Mal ist die Jahreszahl 1669 oberhalb der Inschriftenzone im Zentralfeld zu lesen, in arabischen Zahlen. Maria von Ufflingen (-22.1.1669) wurde am 21.3.1658 zur Äbtissin gewählt und war die unmittelbare Amtsvorgängerin ihrer Schwester Anna Renata von Ufflingen (-25.8.1703). Das Wappen ist gespalten, in der rechten Spalthälfte erkennt man das Wappen der Herren von Ufflingen wie beschrieben, und auch die Helmzier stammt von dieser Familie. Dahinter ragt der Krummstab als Amtszeichen der beiden Äbtissinnen auf. Weil das Wappen der zweiten Spalthälfte unten an einer anderen Grabplatte auftaucht, kann aus dem Zusammenhang geschlossen werden, daß beide Äbtissinnen Schwestern des oben erwähnten Johannes Heinrich von Ufflingen waren, der so viel für das Kloster gespendet hat und an der Emporenerweiterung mit seinem Wappen verewigt ist.

 

Diese Platte unterscheidet sich von den bisher vorgestellten dadurch, daß sie nur eine einzige Inschrift enthält, dafür aber neben dem zentralen Wappenpaar noch vier Wappen einer Ahnenprobe. Die außen auf dem Rand umlaufende Inschrift lautet: "A(NN)O 1680 DEN 12 APRIL(IS) / OBYT TV (?) PR(A)ENOB(IL)IS AC CLARIS(SIMVS) D(OMI)NVS IO(HAN)NES HENRIC/VS AB VFFLINGEN / NATVS A(NN)O 1619 AETATIS SVAE 61 R(EQVIESCAT) I(N) P(ACE) A(MEN)" - dies ist der Grabstein, der zu den beiden Wappen an der Empore paßt, denn er ist für Johannes Heinrich von Ufflingen (1619-12.4.1680), vermählt mit Barbara Philippi. In der Mitte sehen wir eine gespaltene Ovalkartusche mit den beiden Schildinhalten und den beiden Oberwappen wie an der Empore in der Kirche (siehe oben).

Die beiden oberen Schildkartuschen der Ahnenprobe stehen für die Väter beider Ehepartner und wiederholen die Schildinhalte der Familien von Ufflingen und Philippi. Dieser Bereich ist am stärksten verwittert, im direkten Vergleich mit dem Hauptwappen in der Mitte des Zentralfeldes lassen sich aber die Inhalte noch gut nachvollziehen.

Die beiden unteren Schildkartuschen der Ahnenprobe stehen für die beiden Großmütter der jeweiligen Ehepartner (nicht namentlich bekannt). Das Wappen heraldisch rechts unten zeigt eine gesichtete, abnehmende Mondsichel, einen sechszackigen Stern, ein Winkelmaß und daneben ein nicht sicher identifizierbarer Vogel, der an dem langen Schenkel des Winkelmaßes emporläuft. Das gleiche Wappen taucht in der linken Spalthälfte des Wappens der beiden Äbtissinnen aus der Familie auf (vorherige Grabplatte), nur ist es dort schlechter erhalten.

Das andere Wappen für die Mutter der Barbara Philippi zeigt drei Lilien in einer Reihe über einer Teilung im Zinnenschnitt, Tinkturen, Name und Oberwappen sind nicht bekannt. Dieses Wappen taucht auch in keinem anderen Zusammenhang in Niederwerth auf, Hinweise willkommen.

 

Auf dieser Grabplatte wird zentral das Wappen der Umbscheiden dargestellt, in Blau ein goldenes verflochtenes Pentagramm, darüber zwei goldene sechszackige Sterne, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein goldenes verflochtenes Pentagramm zwischen einem blau-golden geteilten Flug, Tinkturen nach Zobel und Meyer. Das Wappen wird von einem Lorbeerkranz eingefaßt, der an den beiden Seiten mit schräggekreuzten Röhrenknochen sowie oben und unten mit einem Totenschädel als Memento mori belegt ist. Unter dem Wappen sieht man schräggekreuzt drei landwirtschaftliche Werkzeuge, Schaufel, zweizinkige Harke und Sense. Ganz unten im Zentralfeld ist ein weiteres Memento mori zu sehen, eine geflügelte Sanduhr. Die umlaufende Inschrift besagt: "ANNO 1671 14 / IVLY OBYT PHLILIPPVS THEODORVS VMBES/CHEIDEN CANONI/CVS MONASTERIENSIS". Im oberen Teil des Zentralfeldes ist noch zu lesen: "MORS CERTA HORA / INCERTA" - der Tod als solcher ist gewiß, die Stunde ist es nicht. Es handelt sich also um Philipp Theodor Umbscheiden (-14.7.1671), klösterlicher Kanoniker.

 

Genau das gleiche Wappen taucht auch an dieser Platte auf, nur wieder in der Variante mit dem Stern zwischen dem Flug als Kleinod. Das Wappen der Umbscheiden wird von einem ovalen Lorbeerkranz eingefaßt, auf dem oben ein Meßkelch als Hinweis auf die geistliche Karriere steht. In die beiden oberen Zwickel ragt jeweils schräg nach unten aus der Ecke hervorkommend ein Lilienornament. Die umlaufende Inschrift lautet: "A(NN)O 1688 9. IANUARY / OBYT R(EVERENDUS) D(OMINUS) IOHANNES VMBESCHEIDEN CANONICVS / MONASTERIENSIS / REQVIESCAT IN SANCTA PACE AMEN". Auch Johannes Philipp Umbscheiden war klösterlicher Kanoniker. Im unteren Teil des Zentralfeldes wäre noch Platz für eine zweite Inschrift gewesen, die aber nicht ausgeführt wurde. Er war freilich nicht in Niederwerth Kanoniker, sondern am Kollegiatstift St. Martin und Severus in Münstermaifeld, wo er 1671-1688 als solcher genannt wird. Er hatte zunächst 1671-1676 seine Exspektanzjahre. Ab 1677 war er Kapitular. Am 5.6.1677 erhielt er die niederen Weihen für das Subdiakonat  und  Diakonat; am 24.1.1683 erhielt er die Priesterweihe. Er war 1679-1680 Prokurator und 1683-1687 Kapitelssekretär. In Münstermaifeld gehörte ihm ein Haus, die sogenannte Hungerburg. Der Tod ereilte ihn in Ehrenbreitstein, als er auf Verwandtenbesuch war; deshalb wurde er in Niederwerth  begraben.

 

Die Inschrift dieser nächsten hier vorgestellten Grabplatte lautet: "ANNO 1658 22 FEBRVARY OBYT / REVERENDA DOM(I)NA D(OMINA) CATHARINA GERGON CONFLVENTINA QVARTA / ABBATISSA HVIVS MONASTERY / AETATIS SVAE 84 QVA PRAEFVIT ANNIS 46 CVIVS A(N)I(M)A REQVIESCAT IN PACE". Die aus Koblenz stammende Katharina Gergon (-22.2.1658) war die vierte Äbtissin auf Niederwerth und starb im Alter von 84 Jahren, nachdem sie 46 Jahre lang den Kloster vorstand.

In der Mitte des Zentralfeldes ist das Wappen der Äbtissin angebracht. Der Schild ist aus den beiden elterlichen Einzelwappen geviert. Eine Helmzier auf dem bewulsteten Helm fehlt, dafür ragt dahinter der Krummstab ihres Amtes heraus. Oberhalb der ovalen Rahmung des Wappens ist als Memento mori eine geflügelte Sanduhr eingehauen, unten ein geflügelter Totenschädel.

In den vier Ecken des Zentralfeldes sind insgesamt vier beschriftete Ahnenwappen angebracht, heraldisch oben rechts "GERGON" (drei (2:1) miteinander verschränkte Ringe), oben links "GVTMAN" (mit drei Rosen belegter Schrägbalken), unten rechts "BRACK" (hinter einem Balken hervorwachsende Bracke mit Halsband) und unten links "LANGENBEIT" (ein mit fünf (1:2:2) Ringen belegter Sparren zwischen drei (2:1) bärtigen Männerköpfen).

 

"A(NN)O 1688 DIE 6 FEBRVARY / OBYT PRAENOBILIS ET GENEROSA DOMINA GERTRVDIS CLAVDIA / NATA DE LENZER PERILLVSTRIS / AC GENEROSI D(OMINI) DE REITZENSTEIN RELICTA VIDVA R(EQVIESCAT) I(N) P(ACE) AMEN". Gertrud Claudia von Lenzer (-6.2.1688) war die hinterbliebene Witwe eines Herrn von Reitzenstein. Zwei schräggekreuzte Palmzweige rahmen seitlich die ovale Kartusche, die oben von einer Laubkrone bedeckt wird. Das Wappen ist geviert, Feld 1: ein Schrägrechtsbalken, Feld 2: eine Männerbüste oder Mohrenbüste (Brustbild), Feld 3: drei (2:1) Objekte mit Ring am oberen Ende (Glocken? Gewichte?), Feld 4: neben einer rechten Flanke zwei Schrägrechtsbalken. Feld 1 würde zu dem Ehemann aus der Familie von Reitzenstein passen, die führten in Rot einen silbernen Schrägbalken. Dann könnte vorbehaltlich einer Verifizierung durch genealogische Daten (Hinweise willkommen) das Wappen insgesamt möglicherweise eine 2x 2er Ahnenprobe darstellen, Feld 2: Wappen Lenzer, Feld 3: Mutter des Ehemannes, Feld 4: Mutter der Ehefrau. Im unteren Bereich des Zentralfeldes befindet sich eine Leerfläche, wenn hier je eine Inschrift vorgesehen war, wurde sie nicht ausgeführt.

 

Kaum zu erkennen ist das Wappen dieser Äbtissin, sie ist aber dennoch eine Frau, die man hervorheben sollte: Anna I. Meser von Horchheim wurde an jenem Tag der Niederlage zur Äbtissin gemacht, als der Fürstbischof den Konvent der Zisterzienserinnen auf die Rheininsel zwangsverfrachtete, am 26.9.1580. Sie war damals bereits 63 Jahre alt, als sie das Amt antrat und die Aufgabe übernahm, die kleine Gemeinschaft in ihrer unwirtlichen neuen Bleibe heimisch werden zu lassen. Sie hat beide Hände vor der Brust zusammengelegt und trägt in der rechten Armbeuge ein Brevier, in der linken hält sie den Krummstab. Ein Rosenkranz fällt aus ihren Händen herab. Es gibt zwei Inschriften; die außen umlaufende lautet: "A(NN)O 1607 10 DECEMB(RIS) O(BIIT) R(EVEREN)DA / D(OMI)NA ANNA MESERS AB HORCH(H)E(IM) PRIMA ABBATISSA HVIVS / MONASTERY AETATIS S(VA)E / 90 QVAE P(RAE)FVIT ANNIS 27 CVIVS A(N)I(M)A REQVIESCAT IN PACE". Die im unteren Teil des Zentralfeldes spielt auf die Verlegung des Klosters an und hat den Wortlaut "VESTALES CEDVUNT / DOCTIS MONACHVS/QVE RECESSIT / AEDIFICAT SEDES VRBS GENEROSA / SATIS" - die Vestalinnen weichen; der gelehrte Mönch zog sich zurück, die großzügige Stadt erbaute den Wohnsitz, der jetzt genügt. Darin ist ein Chronogramm versteckt, denn V + L + C + V + C + I + M + C + V + V + C + I + I + I + C + V + I = 5 + 50 + 100 + 5 + 100 + 1 + 1000 + 100 + 5 + 5 + 100 + 1 + 1 + 1 + 100 + 5 + 1 = 1580, das Jahr ihrer Wahl und der Verlegung der Gemeinschaft auf die Insel. Anna Meser (1517-10.12.1607) war die erste Äbtissin des Niederwerther Klosters, und sie amtierte 27 Jahre, ehe sie im hohen Alter von 90 Jahren starb. Ihre Wappenkartusche ist klein im optisch linken oberen Eck des Zentralfeldes angebracht; die Inhalte sind nicht mehr sicher zu erkennen, lt. Literatur ist es redend mit einem Messer.

Liste der Äbtissinnen, soweit bekannt:
Gutta Bolen von Mertloch (-22.9.1580), letzte Äbtissin vor der Umsiedlung
Anna I. Meser von Horchheim (ca. 1517-10.12.1607), amtierte 1580-1607, erste Äbtissin nach der Umsiedlung auf die Insel
Katharina Gergon (ca. 1574-22.2.1658), als vierte Äbtissin bezeichnet, amtierte 1612-1658
Maria von Ufflingen (-22.1.1669) wurde am 21.3.1658 zur Äbtissin gewählt, amtierte 1658-1669
Anna Renata von Ufflingen (ca. 1635-25.8.1703), Schwester der vorigen, amtierte 1669-1703
Maria Catharina von Sinneren (ca. 1638-5.2.1716), amtierte 1703-1716

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.3924563,7.6130865,18z - https://www.google.de/maps/@50.392834,7.6131746,141m/data=!3m1!1e3
F. Büren: Kloster Niederwerth, in: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, URL:
http://www.klosterlexikon-rlp.de/mittelrhein-lahn-taunus/niederwerth-kloster.html
Pfarrkirche St. Georg auf Niederwerth in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/St._Georg_(Niederwerth)
Förderverein St. Georgskirche Niederwerth: Spannende Geschichte(n) der Niederwerther Kirche, Folge 2: Warum die Niederwerther St. Georgskirche über einen großen Altarraum und eine große Empore verfügt, Artikel in Blick aktuell vom 21.2.2017
https://www.blick-aktuell.de/Vallendar/Spannende-Geschichtender-Niederwerther-Kirche-250781.html
Förderverein St. Georgskirche Niederwerth: Der Heilige St. Georg, spannende Geschichte(n) der Niederwerther Kirche, Folge 4, Artikel in Blick aktuell vom 25.4.2017
https://www.blick-aktuell.de/Vallendar/Der-Heilige-St-Georg-262448.html
Förderverein St. Georgskirche Niederwerth: Der Hochaltar in der St. Georgkirche, spannende Geschichte(n) der Niederwerther Kirche, Folge 5, Artikel in Blick aktuell vom 22.5.2017
https://www.blick-aktuell.de/Vallendar/Der-Hochaltarin-der-St-Georgkirche-267644.html
Förderverein St. Georgskirche Niederwerth: Die Kanzel unserer Niederwerther Kirche, spannende Geschichte(n) der Niederwerther Kirche. Folge 6, Artikel in Blick aktuell vom 30.6.2017
https://www.blick-aktuell.de/Vallendar/Die-Kanzelunserer-Niederwerther-Kirche-274376.html
Förderverein St. Georgskirche Niederwerth: Die Dachreiter der St. Georgskirche Niederwerth, spannende Geschichte(n) der Niederwerther Kirche - Folge 8, Artikel in Blick aktuell vom 4.9.2017
https://www.blick-aktuell.de/Vallendar/Die-Dachreiter-derSt-Georgskirche-Niederwerth-284692.html
Förderverein St. Georgskirche Niederwerth, spannende Geschichten, Folge 13: Die jüngere Vergangenheit und die Gegenwart der Orgel soll beleuchtet werden, Artikel in Blick aktuell vom 27.8.2019
https://www.blick-aktuell.de/Vallendar/Spannende-Geschichten-Folge-13-406589.html
Förderverein St. Georgskirche Niederwerth: Spannende Geschichte(n) der Niederwerther St. Georgskirche Folge 14: Die Zisterzienserinnen und ihre Kunstwerke, Artikel in Blick aktuell vom 24.8.2020
https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Die-Zisterzienserinnen-und-ihre-Kunstwerke-450691.html
Josef Pfaffenheuser, Förderverein St. Georgskirche Niederwerth: Die Zisterzienserinnen auf der Rheininsel 1580 bis 1637, Spannende Geschichte(n) der Niederwerther St. Georgskirche Folge 15
https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Die-Zisterzienserinnen-aufder-Rheininsel-1580-bis-1637-453922.html
Josef Pfaffenheuser, Förderverein St. Georgskirche Niederwerth: Spannende Geschichte(n) der Niederwerther St. Georgskirche Folge 15, Teil 3: Die Zisterzienserinnen auf der Rheininsel 1637 bis 1811, Artikel in Blick aktuell vom 26.10.2020
https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Spannende-Geschichten-derNiederwerther-St-Georgskirche-Folge-15-457691.html
Otto und Clemens Graf von Looz-Corswarem: Germania Sacra, dritte Folge 10, das Erzbistum Trier 12, das Kollegiatstift St. Martin und Severus zu Münstermaifeld, de Gruyter, Berlin 2015, ISBN: 978-3-11-040953-6, S. 927 http://germania-sacra-datenbank.uni-goettingen.de/files/books/3.F._10_Looz_Muenstermaifeld.pdf
Bernhard Puschmann: Der Grabstein der ersten Äbtissin von Niederwerth, Heimatkalender des Landkreises Koblenz, 1958, S. 59-61.

Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
St. Georg gehörte bis 2020 zur Pfarreiengemeinschaft Vallendar, Urbar, Niederwerth. Seit Beginn 2021 besteht eine Vakanz, in der die Pfarreiengemeinschaft keinen eigenen Pfarrer hat. Zukünftig wird die Pfarrei vermutlich nach Koblenz integriert.

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