Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2745
Uttenweiler (Landkreis Biberach)

Grabplatte als Spolie

Dieser Grabstein ist an dem Haus südlich der Pfarrkirche St. Simon und Judas (Kirchweg 11) außen angebracht (im Bild rechts hinten). Die Platte ist einmal zweckentfremdet worden als Kanalabdeckung, dabei wurde ein viereckiges Loch mit Falz zur Aufnahme eines Gullideckels o.ä hineingestemmt. Die durch dieses Loch schwer beschädigte Inschrift lautet, soweit erhalten: "An(n)o d(omi)ni 1570 den 2. Dag / Marey  .... (ist) verschi(e)den / Der Ede(l und Vest) Hans / Wilhelm (von Neuh)ausen wo(h)n/hafft zu Gmindt". Der Grabstein stammt vermutlich aus dem größtenteils verschwundenen Kloster der Augustiner-Eremiten, das von der Ortsherrschaft Mitte des 15. Jh. gestiftet und 1807 aufgehoben wurde. Von der ursprünglichen Vierflügelanlage aus dem 18. Jh. wurden 1824 drei Trakte abgebrochen, der einstige Südflügel ist jetzt Pfarrhaus.

Es handelt sich um den in Schwäbisch Gmünd wohnhaften, am 8.12.1532 geborenen und 1570 in Blaubeuren verstorbenen Hans Wilhelm von Neuhausen. Er war der Sohn von Hans Reinhard von Neuhausen (24.7.1506-14.10.1542), Hofmeister des Markgrafen Albrecht von Baden, der am Feldzug in Ungarn teilnahm und in Wasserburg verstarb und auch dort begraben liegt, und dessen Frau, Margarethe von Werdenau. Hans Wilhelm von Neuhausen heiratete Barbara von Stadion, die Tochter von Hans Simon von Stadion und Margarethe von Stain. Ihrer beider Sohn Hans wurde zu Uttenweiler am 1.3.1558 geboren und starb 1591. Der "Gmünder Hans" genannte Sohn, der nach des Vaters frühem Tod zunächst unter der Vormundschaft von Albrecht von Rechberg, Hans Veit von Wernau und Wilhelm von Neuhausen zu Alfdorf stand, heiratete Anna Dorothea von Neuneck.

 

Der größte Teil der Platte wird von einem Ehewappen des Verstorbenen eingenommen. Das aus Courtoisie gewendete Wappen der schwäbischen Familie von Neuhausen steht auf der heraldisch rechten Seite im Hauptteil der Grabplatte und zeigt in Silber einen roten Löwen, einen schrägen oder auch gebogenen grünen oder auch schwarzen Ast haltend, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der rote Löwe mit dem Ast wie im Schild. Nachweise: Berliner Wappenbuch, Scheiblersches Wappenbuch (Bayerische Staatsbibliothek Cod. icon. 312 c), Folio 111, Siebmacher Band: WüA Seite: 14 Tafel: 6, Band: WüA Seite: 101 Tafel: 58, Band: WüA Seite: 251 Tafel: 142, Conrad Grünenbergs Wappenbuch (1390), Wappenbuch St. Gallen (1313), Ingeram Kodex (408), Wernigeroder Wappenbuch, Donaueschinger Wappenbuch (537), Miltenberger Wappenbuch (714), Stuttgarter Wappenbuch (135), Jörg Rugens Wappenbuch (1377), Armorial Lyncenich (1716), Armorial de Nicolas de Lutzelbourg (932), Alberti S. 550-551. Mitglieder der Familie waren Reichsministerialen, dann Vasallen von Österreich und Hohenberg. Elemente des Wappens der Herren von Neuhausen finden sich im kommunalen Wappen von Neuhausen auf den Fildern.

Das Wappen der schwäbischen Familie von Stadion steht heraldisch links auf der Platte und zeigt in Schwarz drei goldene Wolfsangeln (Wolfsanker) übereinander, jeweils mit dem Ring nach unten gelegt, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem roten, golden bequasteten Kissen eine goldene Wolfsangel (Wolfsanker), mit dem Ring nach oben, darauf ein Pfauenstoß. Nachweise: Berliner Wappenbuch, Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 79 Seite 112, 78, Schöler Familienwappen S. 100, T. 151, Siebmacher Band: Wü Seite: 4 Tafel: 4, Band: Mä Seite: 145 Tafel: 106, Band: Bö Seite: 172 Tafel: 76, Conrad Grünenberg's Wappenbuch (1339), Wappenbuch St. Gallen, Ingeram Kodex (342), Wernigeroder Wappenbuch, Miltenberger Wappenbuch (361), Donaueschinger Wappenbuch (533), Stuttgarter Wappenbuch (124), Jörg Rugens Wappenbuch (1323), armorial allemand - BnF fr.24049 (248), Münchener Kalender 1899. Der Stammsitz der Familie liegt in Oberstadion. Im 17. Jh. erfolgte die Teilung in eine ältere fridericianische Linie zu Warthausen (1890 ausgestorben) und eine jüngere philippinische Linie zu Thannhausen (1908 im Mannesstamm erloschen). Der Schild der Familie wird als Kommunalwappen von der Gemeinde Oberstadion im Landkreis Alb-Donau-Kreis geführt.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.1491216,9.612372,20z - https://www.google.de/maps/@48.1491012,9.6124162,35m/data=!3m1!1e3
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 542
Kindler von Knobloch, Julius (Bearb.) / Badische Historische Kommission (Hrsg.), Heidelberg, 1919, Oberbadisches Geschlechterbuch: Band 3
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1919bd3 - S. 217-220, https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1919bd3/0227

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2021
Impressum