Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2682
Braunschweig (Niedersachsen)

Veltheimsches Haus am Braunschweiger Burgplatz

Das Veltheimsche Haus ist das linke der beiden historischen Fachwerkhäuser auf der Nordseite des Burgplatzes (Burgplatz 2). Im Gegensatz zu seinem rechten Nachbarn steht es noch am ursprünglichen Standort. Außer dem Dom ist es das älteste Bauwerk am Platz, da alles andere wiederaufgebaut wurde. Es handelt sich um ein typisches Stadthaus einer Adelsfamilie, und zwar eines mit drei Geschossen, wobei die Obergeschosse jeweils vorkragen, mit einer drei Achsen breiter Auslucht, die ab dem ersten Obergeschoß als Erker noch ein Stück weiter nach vorne gezogen ist, und mit der Hofeinfahrt auf der rechten Gebäudeseite. Es ist im Übergangsstil von der Spätgotik zur Renaissance erbaut worden. Früher gab es am Burgplatz insgesamt sechs Adelshöfe, von denen allein vier der Familie von Veltheim gehörten. Im Zweiten Weltkrieg wurde Braunschweig zu 90% durch Luftangriffe zerstört, am massivsten und mit maximalem Schaden am 15.10.1944. Weil das Veltheimsche Haus eines der wenigen Häuser war, das danach noch stand, legte 1945 die alliierte Militärregierung ihre Kommandantur in dieses Haus. Das jeweils 1868 (Datum am Erker), 1974-1975 und 1995 renovierte Gebäude, der einzig erhalten gebliebene historische Adelshof am Burgplatz, wird heute zusammen mit dem Nachbarhaus von der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade genutzt.

Auch das Nachbargrundstück rechts daneben, auf dem man 1902 das Huneborstelsche Haus wiederaufbaute, gehörte einst der Familie von Veltheim, zu dem genannten Zeitpunkt war es aber schon Eigentum der Stadt Braunschweig. Wenn man die beiden hier künstlich arrangierten Häuser nebeneinander sieht, fällt der konzeptionelle Unterschied auf: Links das Adelshaus, rechts das Bürgerhaus, links als Statussymbol die große, turmartige Auslucht, die über alle Stockwerke reicht, mit nur einer einzigen Ladeluke ganz oben, rechts zwei große Speichergeschosse noch unter dem Dachansatz und drei Ladeluken übereinander, links große Raumhöhen im Erdgeschoß und im ersten Obergeschoß und kein Zwischengeschoß, rechts niedrigere Raumhöhen und ein Zwischengeschoß, links die zurückhaltendere, noblere Dekoration mit Laubstabornamenten, Perlreihen, Tauwerkformen und Diamantquaderungen wie im Steinbau, rechts die üppigen, eine riesige Show erzeugenden Flachschnitzereien. Links besteht der Luxus in der Nutzung, rechts in der Dekoration. Daß man die beiden so wenig zueinander passenden Häuser hier zusammenstellte, entspricht zwar nicht der Historie, erzeugt aber in der Gegensätzlichkeit ein gutes Anschauungsbeispiel, wie ein edler Stadtsitz des Adels aussah und was für einen Prunk sich ein zu Geld gekommener Bürger hinstellte, der aber gleichwohl den Großteil des Hauses als Speicher und Lager benötigte und selber mit niedrigen Decken vorlieb nahm.

 

Den Namen trägt das Haus nach seinem Erbauer, Achatz von Veltheim d. J. auf Harbke ("Achatzes von Velthem"), vermählt mit Margareta von Saldern ("Margareta von Salder") und ist auf 1573 datiert ("f(ecerunt) Anno D(omini) 1573"). Achatz von Veltheim d. J. (3.1.1538-12.11.1588) war der Sohn von Achatz von Veltheim d. Ä. (1513-12.11.1558), Herr auf Harbke, Derenburg und Aderstedt, und Adelheid von Schwicheldt (1513-1545). Er studierte in Italien und in Leipzig Rechtswissenschaft und war fürstlich-magdeburgischer Landrat. Ein Epitaph für ihn befindet sich in der Schloßkirche zu Harbke, mit 32 Ahnenwappen geschmückt. Er wurde in der Familiengruft der Schloßkirche beigesetzt. Margareta von Saldern (17.4.1545-9.9.1615) war die Tochter von Burchard von Saldern (24.11.1483-28.9.1550) auf Eichfurt, Netzlingen und Lauenstein und Jakobe von der Asseburg (1507-1.7.1571). Die beiden hatten am 24.2.1568 in Derenburg geheiratet. Als Witwe vollendete sie den Schloßbau in Ostrau im Jahre 1592; ihr Mann hatte Ostrau 1585 an sich gebracht. Ihrer beider Sohn war Burchard von Veltheim (22.9.1579-23.3.1625) auf Ostrau und Harbke, der am 10.6.1605 in Harbke Helene von der Asseburg (13.6.1585-15.3.1651) heiratete. Deren Sohn wiederum war Josias von Veltheim (7.2.1619-21.6.1696), welcher am 7.2.1667 in Ostrau Catharina Dorothea von Mandelsloh (16.7.1638-15.4.1676) heiratete.

Über dem Tor sehen wir heraldisch rechts das Wappen der von Veltheim; es ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein mit zwei silbernen Fäden belegter breiter schwarzer Balken (Fäden hier nicht abgesetzt, Balken zu breit, läßt in Feld 1 unten und in Feld 4 oben kein Feld mehr frei), Feld 2 und 3: in Silber ein eigentlich schräggelegter, hier aufrechter roter Ast mit beiderseits einem abhängendem roten Lindenblatt, auf dem gekrönten Helm mit rechts schwarz-goldenen und links rot-silbernen (auch umgekehrt, hier aber falsch ganz rot angestrichenen) Decken eigentlich ein rautenförmiges rotes goldenbequastetes Kissen (fehlt hier komplett) zwischen zwei goldenen, je mit einem mit zwei silbernen Fäden belegten schwarzen Balken (hier trotz Relief-Befund nicht farblich differenziert) belegten Paar Büffelhörner.

Nachweise: Münchener Kalender 1909, Westfälisches Wappenbuch, Niedersächsische Wappenrolle Nr. 975, Aschaffenburger Wappenbuch, Grote, Siebmacher Band: Han Seite: 17 Tafel: 18, Band: MeA Seite: 112 Tafel: 64, Band: Pr Seite: 426 Tafel: 469. Die Darstellung folgt hier dem Umriß des Zwickelfeldes, was zu disharmonisch verzerrten Helmdecken führt. Der Anstrich in seiner gegenwärtigen Form läßt etliche Wünsche offen, denn er ignoriert die heraldisch korrekten Farben an vielen Stellen: Fäden, Decken, Balken und Fäden im Kleinod.

Die von Veltheim besaßen das Erbküchenmeisteramt im Herzogtum Braunschweig seit 1514. Sie spalteten sich auf in eine schwarze und eine weiße Linie. 1798 erlangte die Familie den Grafenstand in Preußen. Die schwarze Linie ist 1860 im Mannesstamm erloschen; ihr Besitz fiel an die weiße Linie. Sie waren auch Erbmarschälle des Herzogtums Magdeburg.

Das Wappen der von Saldern zeigt in Gold eine rote Rose (hier doppellagig), auf dem rot-golden bewulsteten Helm mit rot-goldenen Decken ein schwarzer Adlerflug (hier wurde alles in Einheits-Rot angestrichen ohne Rücksicht auf korrekte Tinkturen). Nachweise: Siebmacher Band: Pr Seite: 342 Tafel: 396, Band: Pr Seite: 24 Tafel: 27, Band: Anh Seite: 6 Tafel: 7, Band: AnhA Seite: 50 Tafel: 29, Band: Me Seite: 18 Tafel: 16, Grote, Münchener Kalender 1915, Niedersächsische Wappenrolle 2-971). Der Stammsitz des Geschlechtes liegt an der Fuhse in Salzgitter-Salder (heute ein Renaissance-Schloß). Ihnen gehörte einst auch die Burg Lichtenberg in Salzgitter-Lichtenberg, erst als Eigentum, dann als Pfand der Braunschweiger Herzöge. Weitere Besitzungen sind Schloß Salder bei Wolfenbüttel, Wilsnack, Burg Wohldenberg, Burg Gebhardshagen (heute auch Salzgitter), Burg Lauenstein, Schloß Henneckenrode, Schloß Nettlingen, Schloß Groß-Plasten, Schloß Plattenburg etc. 1744 erhielt das uradelige Geschlecht eine Bestätigung des Reichsadelsstandes.

Literatur, Links und Quellen:
Position in Google Maps: https://www.google.de/maps/@52.265077,10.5233197,18z - https://www.google.de/maps/@52.2650105,10.5232807,46m/data=!3m1!1e3
Burgplatz Braunschweig auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Burgplatz_(Braunschweig)
Veltheimsches Haus auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Veltheimsches_Haus
Veltheimsches Haus:
https://www.braunschweig.de/tourismus/ueber-braunschweig/sehenswuerdigkeiten/_huneborstelsches_haus.php - https://www.braunschweig.de/tourismus/ueber-braunschweig/sehenswuerdigkeiten/blik/kulturdenkmaeler/von_veltheimsches_haus.php
Veltheimsches Haus:
http://www.braunschweig.citysam.de/veltheimsches-haus.htm
Deutsche Stiftung Denkmalschutz:
https://www.denkmalschutz.de/denkmal/veltheimsches-haus.html
Peter Giesau: Veltheimsches Haus, in: Camerer, Garzmann, Schuegraf, Pingel (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon, Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-14-5
Grote, Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogtums Braunschweig
Niedersächsische Wappenrolle Gesamtausgabe 1910-2012, ISBN 978-3-00-041404-6
Otto Hupp, Münchener Kalender 1915
von Veltheim auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Veltheim_(Adelsgeschlechter)
von Saldern auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Saldern
Lebensdaten auf den Seiten der Kirche Ostrau:
http://www.kirche-ostrau.de/historisches-ostrau/familie-von-veltheim/achaz-von-veltheim.html - http://www.kirche-ostrau.de/historisches-ostrau/familie-von-veltheim/burchard-von-veltheim.html
Lebensdaten in der genealogischen Datenbank des Christoph Graf von Polier:
https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&n=von+saldern&oc=0&p=burchard+xviii - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=margarethe&n=von+saldern - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=achats+achaz+achatz&n=von+veltheim
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Braunschweig, Teil 1, Bd. 1.1, bearbeitet von Wolfgang Kimpflinger, hrsg, von Christiane Segers-Glocke, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Veröffentlichung des Instituts für Denkmalpflege, Verlag C. W. Niemeyer, Hameln, 1993, ISBN 3-87585-252-4, S. 50 ff., insbes. S. 64-65
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